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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150-176 (01. Juli 1902 - 31. Juli 1902)
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Zuhörcrn angefüllten Ritterhalle ein soziademokratifcher Red-
ner, Hcrr Hofmann aus Berlin, Tersclbe rritt schon seit
fasr 20 szahren mir dem Worte für die sozialdemokrarischen
Jdeen ein; er fprichr demgemäs; sehr geläufig, auch wird er
durch ein starkes, wohlklingendes Organ unrerstützr. Mit seinen
Ausführungen hielr sich der Redner fast ausschliejzlich auf dem
politischcn Gebiete in engerem Sinne, Einen grogen Teil seiner
Darlegungen widmete er dem verflossenen Sozialistengesetz,
dann sprach er pon der Umsturzvorlage, der sog, Zuchthausvor-
lage, der Lex Heinze, alles zum Beweise, dasz das „Volk der
Denker" sich in einer Zwangsjacke befinde. Da indessen das
Sozialistengesetz seit zwölf Jahren nicht mehr besteht, und die
andcren Vorlagen überhaupt nie Gesetz geworden sind, so hätte
das Thema vielmehr laiitcn sollen: „Wie das Volk der Denker
aus derZwangsjacke herauskam und wie es sich derselben seitdem
erlvehrt hat," Weitcre Ausführungcn des Rcdners betrafen die
Kolonialpolitik, die Weltmachtpolitik, das Unternehmen in
China, die Frage nach der Vaterlandslosigkeit der Sozialdemo-
kratie usw, Eine Diskussion fand nicht statt. Jn seincm
Schluszwort mahnte der Redner dann besonders zur Einfüh-
rung der Frauen in den sozialdemokratischen Fdeenkreis und
zum Halten sozialdemokratischer Blätter, Unverholen gab er
kund, datz es mit beidem nicht günstig aussehe.

Rettungsmedaille. Der Kaiser hat dem Leutnant
d, R, Rechtspraktikant Gockel hicr für Lebensrettung mit
eigencr Lebensgefähr die preutzische Rettungsmedaille am Bande
berliehen,

** Von der Strasrcnbahn. Seit hcute früh fahren die
Wagen der elektrischen Stratzenbähn Heidelberg-Friedhof und
Heidekberg-Wiesloch wieder vom Bähnhofsplatz aus ab. Mit
der Legung der Leitung zum elektrischen Bahnbetrieb in der
Hauptstratze der Stadt geht es nur langsam vorwärts. Man
hört vielfach die Meinung, die notwendigen Einrichtungen
würden bis zum 1, Oktober, zu dem Zcitpunkte, der bisher
als Eröffnungstermin galt, noch nicht vollendet scin. Jn der
Oststädt liegt das nene <Schienengeleise nun vollendet bis zum
Endpunkt, oberhalb des Bahnhofs am Karlsthor beim ersten
Bahnübergang, Die Fahrstratze selbst wird auf der kurzcn
Strecken vom Friesenberg bis zum Karlsthor mit verschiedcn-
artigcm Bodenbclag versehcn: eine kurze Strecke mit dem ncuen
Stratzenpflasterungsmatcrial, von der Herrenmühle ab ost-
wärts eine Strecke mit Schotterbelag. Dann folgt wieder ein
Pflaster mit den seither verwendeten Pflastersteincn usw,

st- Polizeibericht. Ein Student wurde wegeu fortgesetzter
Nuhestörung verhaftet. Wegen Unfugs kamen fünf Per-
fonen zur A n z e i g e.

-tz Wieblingen, 26, Juli. (Rauferei) Gestern gerie-
tcn in einer hiesigen Wirtschaft mehrere Gäste, darunter anch
zwei Stuhlmacher, in Streit miteinander, der zu einer bös-
artigen Schlägerei ausartete, wobci cinige Beteiligte zum
Messer griffen, Drei wurden erheblich verletzt, Einer der
Raufbolde wurde verhaftet, während ein anderer infolge er-
haltener erheblicher Verletzungen vorläufig auf frciem Futze
belasscn wurde.

-i- Wiesloch, 28, Juli, (Realschule, Ernte.)
Nach dem Jahresbericht der hiesigen Reälselmle pro 1901—02
wurde die Anstalt in dcu 6 Klassen am Schlusse des Schul-
jahres noch von 165 Schülern, daruntcr 23 Mädchen, besucht.
An der Schule wirkten 6 etatmätzige Lehrkräfte, 4 Professorcu
nnd 2 Reallehrer, ferner 2 nichtetatmühige, 1 Lehramtsprakti-
kant und 1 Zeichenlehramtskandidat, sodann 3 Nebenlehrer für
Sen Religionsunterricht, Die Turnprüfung findet am Nachmit-
tag des 29, ds, und zwar zum erstenmale auch für Mädchcn,
die Schulprüfung am Vormittag des 30, ds, und die Schlutz-
feier am Morgen des 31, ds, statt, Von den 8 Besuchern der
obersten Klassc erhicltcn alle das Reifezeugnis, bczw, die Be-
rechtigung zum Einjährig-freiwilligen Nlilitärdicnst, — Die
im Laufe der Wochc niedergegangenen Regen kamen den sog,
Hackfrüchten sehr gut, obschon sie die Erntcarbeiten beein-
trächtigten. Die Fruchterntc hat seit Montag ihren Anfang
genommen, Korn und Gerste liegen teilweise äbgeschnitten
auf dem Feldc, Wegen des unbeständigcn Wetters konnte
lcider nur wenig eingebracht werden, Körner- und Stroh-
ertrag wird ein befricdigcnder wer'den, Die Hopfen haben
Stangenhöhe erreicht, sind bis jetzt gesund und versprechen eine
reiche Ernte, Jn der Gewann „Wilhelmshöhe" hat der Hagel
in den Weinbergen und an den wenig vorhandencn Trauben
dadurch geschadet, datz die Beerchen aufsprangen, wodurch die
weitere Entwickelung gehemmt ist, D!e Aussichten auf Obst
sind gering, doch gicbt es noch mehr Kernobst als Steinobst.

-i- Schatthausen, 25, Juli, (V e r s ch i e d e n e s.) Hier
hat die Fruchternte begonnen, und zwar unter guten
Äussichten, Dagegen ist das Obsterträgnis bci uns ein ganz
geringes infolge des kalten Maimonats, — Der Turnver-
cin hat in seiner letzten Versammlung beschlossen, datz die
Zöglinge ein Zöglings-Preisturnen bis Ausgang September
abhalten dürfen, damit die jungen Turncr mehr Mut und Lust
bekommen,

X Weinheim, 25, Juli. (V e r s ch i e d e n e s.) Das
Realprogymnasium dahier veröffentlicht soeüen seinen dies-
jährigen Jahresbericht nebst Einladung zu den öffntlichen
Prüfuugen, Nach dem Bericht wirken an der Anstalt 5 etat-
mätzige Professoren und 2 Reallehrer autzer den 2 Lehramts-
praktikanten, 1 Zeichenlehrer, 1 Schulkandidat und 4 Neben-
lehrer, Schüler sind es am Schlusse des Schuljahres noch
183, 119 hiesige und 64 auswärtige, worunter 25 Nichtbadner,
Beigefügt ist dcm Programm eine umfangreiche Geschichte der
Anstalt, — Die Ernte hat bereits begonnen, das heitzt
man hat mit dem Schnitt des Korns angefangen, eingeerntet
konnte aber ob der schlcchten Erntewitterung kaum etwas wer-

herl Essen und Weine waren vorzüglich, und so war die Stim-

mung bald derart, datz es auch den beredetsten Rednern nicht
gelang, sich Gehör zu verschaffen, Man sah meistens nur
Arm- und Haädbewcgungen, Auch im engcn Kreise unserer
Heidelberger ging's lustig zu, Die Aitwesenheit einer Anzahl
Schützenschweftern rrug das ihre dazu bei, Uud selbst einer
von üns, ein hartgesottener Junggeselle, der zuerst über die
Teilnähme der Weibersleute weidlich geschimpft hatte, befreun-
dete sich mit deren Dasein und war sehr froh, als ihm eine
derselben mit geübter Hand beim Festnühen einiger Westen-
knöpfe half, die ihm — wohl infolge zu reichlichen Essens —
abgesprungen waren,

Nach Beendigung des Essens wurde das Verbandsschietzen
mit Koukurrenzschietzen eröffnet. Wie du schon weitzt, hatten
wir dabei das Glück, datz unseren beiden Schützen, die sich be-
teiligien, Preise errangen. Während dcs Schietzens hatten
wir andereu Zeit uns auf bem Festplatz weiter umzusehen, Von
der Festhalle links bergab liegt das Schiehhaus der Neustädter
Schützengesellschaft, das durch entsprechende Vergröherung der
Stände zweckentsprechend hcrgerichtet war, Man muhte etwas
bergauf schietzen, doch gewöhnte man sich rasch daran, vor
allem war der grüne Wald-Hintergrund dem Auge sehr wohl-
thuend, Neben dem Schietzhaus befanden sich zwei Rutsch-
bahnen, Eine freiwillige und eine unfreiwillige. Es führten
nämlich von da zu der tiefer liegenden Weinhalle Treppen;
La aber die Mehrzahl der Leute den Spatz, den man auf der
uebenan befindlichen Rutschbahn für 10 Pfennige haben konnte,
sich unentgeltlich verschaffen wollte, so wurde neben der Treppe
hinäbgerutscht. Leidcr wurde das Vergnügen, wohl wegen des
unlauteren Wettbewerbs, am anderen Täge eingestellt, Unten
fiel man in die Weinhallc hinein, woselbst von feschen Schützen-
lies'ln offener Wein gereicht wurde, und etwas weiter äb-
seits verkündete weithin ruchbarer Duft von Sauerkraut und
Würsteln, dah man sich in der Nähe der bayerischen Bierhalle

den, Bei gutem Wetter kann mir dcm Schnitt von Gerste
und Spelz alsbald begviineii wcrdcn. Zm ganzen stehr die
Fruchr recht schön, Birnen- und Apfelbäume hängeu reilweise
bis zum Zusammenürccheii voll, andere wieder, besondcrs
Apfelüäume, haben nichrs, Jm Weschnitzthal soll es gar teine
Aepfel geben, Zwetschen giebt es nur wenige, — Zn diesen
Tageu srürzte ein Arbeiter der Faürik Freudenberg nachts
die Haustreppe herunrer rmd fand marr ihn morgens tot inr
Hausgange liegen,

Karlsrrrhe, 24, Juli, (Eine Ehrung des v e r-
storbenen F a b r i k i nf p e k t o r s.) Der Sozialdemo-
krarifche Verein hielt gestern feine übliche Monatsversammlung
ab, Vor Eintrirt in die Tagesordnrmg gedachte der Vorsitzende
des vor wenigen Tagen verftorbenen Vorstandes der badischen
Fabrikinspektion, Herrn Geh. Oüerregicrungsrat Dr, W ö r i s-
hoffer in ohreriden Worten, Der Verftorbene haüe zwar
uicht znr soz, Parrei gehört,, allein sein Wirken und Schaf-
fen im Jnteresse dcs Schutzes rmd der Kebung der Arbeiter
aus materieller rmd geistiger Notlage verdiene die gröhte An-
erkeimung und werde dem Verstorbenen allzcit ein ehrendes
Andenken, nicht nur bei der üadischen, sondern der ganzen
deutschen Arbeitörschaft sichern. Dio Anwcsenden ehrten das
Andenken Les Verstorbenen durch Erheben von den Litzen.

LO Knrlsruhe, 25, Juli. (D a s E r z b i s ch. Ordi-
nariat) hat der Karlsruher Gcmeiudebchörde Kompeteuz-
überschreitung vorgeworfen, weil sie das Verhalten des Kaplans
Kromer im Religionsnnterricht „vor ihr Forum" gezogen habe,
Der Stadtrat wies diescn Vorwurf zurück, da die Gemeinde-
behörde in dem vorliegenden Falle nichts anderes gethan habe,
als dah sie Erkundigung darüber ernzog, ob die dem Kaplan
in der Presse zugeschriebenen Aeuszerrmgen wirklich geschehen
seien, und datz sie damr der zuständigen kirchlichen Behörde
bon der Sache Anzeige erstattete, allerdings mit dem Beifügen,
dah sie die Aeuherungen des' Kaplans für rmangebracht und
unpassend halte, Hierzu habe die Gemeirrdebehörde zweifellos
das Recht und sie werde auch in küuftigen ähnlichen Füllen von
ihrern Rechte uneingeschränkt Gebrauch machen,

Karlsruhe, 24, Juli, (D i e murrtere Amsel.)
Vor einigerr Tagcn verlangte ein junger Mann früh morgens
nm halb 5 Uhr von seinem über ihm wohnenden Hausgenossen
dah er den Käfig mit der Amsel darin, der drauhen vor dcrn
Fenster hing, ins Zimmcr nehme oder doch mit cinem Tuch
verhänge. Einc Amsel hat bekarmtlich die lobenswerte Eigen-
schafi, weniger lang M schlafen, als es junge Herren zu thun
pflegen, Auch besagtes Tierchen vertrieb sich zu so früher
Stuude schon die Zeit rnit einem lustigen Liede, Das hatte
abcr dcn erivähntcn jungcn Mann in sciner Nachtruhe gc-
stört, Da man abcr im oberen Stvck seinem Verlangen nicht
nachkam, griff dcr um seinen Schlummer Betrogene in der
Verzweiflung znm Revolver — und schoh nach dem Vogcl,
Damit war das Fcucr cröffnet, das der Amselbesitzer mit
cinem Bombardement mit Blnmcntöpfen crividerte, Ein Glück
nnr, das; weder der Vogel noch die fcindlichen Parteien 'bei der
Selilacht etwas äbbekamen. Die Amsel psiff dem Schützen
was,

Baden, 24. Juli, (Abrturicntenprüfung.) Bei
dcr heute imter dem Vorsitz des Herrn Geheimen Hofrats
Dr, Oster vorgenommenen Reifeprüfnng erhielten die vier
dlbiturienten der Oberrealschule und der eine Abiturient dcs
Rcalgymnasiums das Zeuguis der Reife. Von den zehn
Oberprimanern des hiesigen Gymnasiums haben acht die Abi-
tnrientenprüfung bcstanden.

Aus Baden. Gefreiter Weier bon der 3, Kompaguie.
des Kehler Pionierbataillons wnrde am 24, ds, in einer
Scheune in Varlen erhängt aufgefrmden, Der Unglückliche
ist aus Plankstadt gebürtig und soll die unselige That aus
Gram wegen einer über ihn verhängtcn Arreststrafe verübt
haben.

Keidelöerger Konservatorium.

-r- H e i d e l b e r g, 26, Juli.

Jemand hat eimnal gesagt: „Als Paradoxorr kommt die
Wahrheit zur Welt, sie stirbt als Trivialität." Dah Johann
Sebastian Bach Täglich Brot sein muh für jeden, der Musi -
k c r, nichr Musikant sein will, ist eine etwas unbequeme rmd
darum leidcr noch n i ch t zur Trivialität gemachte Wahrheit.
Desto mehr freute es uns, in der gestrigen Prüfungsauffüh-
rung des Heidelberger Konservatoriums dcm Altmcrster wieder
zu begegnen. Und wie hat man es verstanden, sein Konzert
für dreiKlaviere rmd Streichorchester dem Höhrer nähe zu brin-
gen! Wer bedenkt, hier Schüler, Lerncnde gehört zu häben,
wird die Anfführung dieses Bachschen Stückes für eine Glauz-
leistung erklären. Soll Einzelnes hervorgehoben wer'dcn, so
sci des schöncn Legato am Anfang des zweiten Sntzes gedacht,
rmd der Schluhkadenz dieses Teiles. Gut herausgearbeitet
wurden auch die Unterstimmen im ersten Satze. Wäre Bach
selbst inmitte» dieser seiner Jünger erschicnen, der ernste
Schöpfer unzähliger Wunderwerke, er hätte dre Brauen nicht
streng zusammengezogen wre auf seinen Brkdern.

Auch mit dem D-dur-Divertrmento bon Mozart hatte sich
däs Orchester cine nicht leichte Aufgabe gestellt. Der erste
Satz wurde zicmlich gut vorgetragcrr, im zweiten leisteten die
Hörner Gediegenes. Die grohen Jntervalle rn den Läufen
am Ende diefes Satzes' sind von dcm Violinisten rein gegriffen
worden. Der dritte Satz gab uns Gelegenheit, seine Finger-
fertigkeit zu bewundern. Zweimal noch sprach die Geige das
Hauptwort. Zuerst in der Schubertschen G-moll-Sonatine;
der junge Vrolinrst hat mit viel Verständnis gespielt, und man
gewmm dre Ueberzeugung, dah er, dank guter Schule, ber ruhr-

gem Vlute den Tch'wierigkeitcn dieser Bogenführung durchaus
gewachsen sein muh; die Begleirung !var fein und sicher. Sv-
dann eine Legende für Violine von — Wieniawski. Warm
werden Vieuxtemps rmd dieser Tondichter — der auch stcls
zum Dämpfer greift, wenn er ganz rührselig wird — endlich
auf deutschen Musikschulen ausgesrmgen haben? — Von den
Klavierstücken seicn noch erwühnt ein Haydusches Konzert; die
Spieler wurdeu, schon auf dem Rückzuge begrifferr, vou der
dankbaren Zrchörerschaft durch andauerirdes Klatscherr wieder
nach vorn gernfen — ferner sei crwähnt ein Jmpromprrr von
Max Reger: stellenweise ein Echo Brahmsscher Kunst. Die
Wiedergabe dieses Jmprompru war meisterhaft. Nur war!>
auch hier mil dem Pedal nicht sparsam genug umgegangen. Uud
nun der Gesang. Da standen sich zwei ausgczeichnete Leisrungen
gegenüber. Vortrefflich in der Auffassnng, fein in der Ausfüh-
rurig, war die Wiedergabe der Weberschen Arre „Mnst
träumte"; dann hat eine außerordentlich wciche, volle, schmieg-
same Stimme unserem Gefühl dic lcbenswarme Schönheir
zweier leidcr selten gcsungenen Lieder von Berger und Lassen
nahe gebracht. Zu solchen Schülerinnen gratulieren wir
dem Konservatorinm, wie wir jene selbst ja wohl auch wegen
ihrer gediegeneir Schulung beglückwrmschcn dürfen.

Heidelberger Vereinsangelegenheiten.

X Mlrseirrn. Die gestrige auherordentliche Mitgliederver-
sammlung !var ' sehr zahlrcich besucht. Bei der
Wahl eines Prüsidenteu der Gesellschaft wurde Geh. Hosrat
Prof. Dr. E. Pfitzer einstimmig wiedergewählr. Zum
Finanzdirektor wurde Fabrikant W. Henning, als Mrt-
glieder des Verivaltungsrates wurden Hofrat Los f e rr, Geh.
Hofrat S ch ö l l, zur Bibliothekskommission Geh. Rat Bülo w,
Hofrat Iellinek, Professor Kahle, Hofrat v. L i l i e n-
thal, Stadtpfarrer Schmitthenner, Professor v o n
Waldberg gewählt.

f Die Zither-Gescllschnft hrelt gestern in ihrem Lokal zur
„Diemerei" ihre halbjährrge Hauptversammlung ab. Rachdern
der Vorsitzende Hcrmann Eichhorn die zahlreich Bereiligten
begrüßt hatte, schrrtt man zur Erledigung der Tagesordnung-
welche sich zu aller Zufriedenheit floti abwickelte. Den Haupt-
punkt nahm der Bericht über die Gründung des Badrschen
Zirherbundes am Sonntag, den 13. Juli in Anspruch, an
welcher dje Zither-Gesellschaft beteiligt war. Mit Freuden
wurde der Bericht übcr den Verlauf der Gründungsverhand-
lrmgen von derr Versammelten aufgerrommen; zumal ja auch der
Vorsitzende der Zither-Gesellschaft zum zweiten Prüsidenten
des Badischen Zither-Bundes ernannt worden ist. Zum Schlutz
beglückwünschte der Vorsitzendc Hcrrn Wrlhelm Klein zur
Feier seiner zehnjährigen Mitgliedschaft und dankte ihin für
fcrne, in dieser Zeit treu geleisteten Dienste als Vorstandsmir-
glied. Mit bewegten Worten antwortete Herr Klern und lietz
seine Rede in einem Hoch auf das Wachsen, Blühen rmd Ge-
deihen der Zrther-Gesellschaft ausklingen. Bald darauf schlotz
der Vorsitzende die Versammlung, die in allen Teilen recht
zur Befriedigung verlaufen ist.

»»^»^^»»^»^>^»^»»>»»^c»»»»^^»»I»>»»»»»^

Kleine Zeitung.

Frankfmt a. M., 25. Juli. DerWettstreit deut-
scher Männergesangvereine umden Kaiserpreis in

Frankfurt a. M., ift, wie jetzt feststeht, fnr Iuni 19 o Z
in Aussicht genommen.

— Ein ueuer slawischer KompLNlst. Auf einer Reise
durch Kroaiien fand der r'ömische Korrespondent der „Allg-
Zeitung" in einer der größeren Städte ein Konzert ange«

kündigt, in dem laut Anzeige nur slawifche Musik auf-
geführt werden sollte. Wer beschreibt das Erstaunen, als
auf dem Programm zu lesen ist: Nr. 6 Potponrri aus
Hänsel und Gretel von E. Humpsrdinsk. Wie man
sieht, die Slawisterung hat ungeahnte Fortschritte gemacht'

Kandel und Werkeyr.

Mannheim. 25. Juli. (Aktien.) Oberrh. Bank 118.50 G-
Rhein. Creditbank 142.10 G- Rhein. Hypolh.-Bank 179.75 G-
Braueret Kleinlein, Heidelberg 160 G. Schroedl'sche Brauerei'
Aktien 175.— G. Portland Zement Heidelberg 109.— B.

Frankfurt, 25. Juli. Efsektensozietät. Abends SV« Ubr-
Creditaktien 2!3.60 b., Diskonto-Kommandit 183 60 b. ult. 18»
b. cpt., Deutsche Bank 208.10 b., Staats-bahn 150.50 b., LoM-
barden 17.80 b., Gotlhard 168.50 b. G. ult. u. cpt., 5proz. amort-
Mexikaner 41 b.. 3proz. Pr. Consols 93 b. G. cpt., 3proz. D-
Retchsanleihe 93.40 b. ult., Gelsenkirchm 16570 B. M G.,
Harpener 164.60 b., Bad. Zuckerfabrtk 69.50 b. G., Oberschl-
Eisen-Jndustrie 113.50 b.

6'/. bis 6 V-Uhr:.

Bei stillem Berkehr notierten nur 3proz. Reichsanleihe un»
Consols etwas höher. Die iibrigen Gebiete blieben unverändert-
Heidelberg, 26. Juli. (Marktprctse.) Heu der Zentner
2.80—3.00, Korn-Stroh der Ztr. 3.20-3.50, gem. d. Zsi-
2.80—3.00, gelbe Kartoffeln der Zentner 3.20—3.50,
neue d. Zentner 4.20—4.50, Butter in Ballen 1.05—l.lO'
in Pfd. 1.10—1.20, Johannisbeeren das Psd. 10—12 -S'
Stachelbeeren das Pfund 10—15^, Kirschen das Pfd. 20—25^
Zwiedeln 8—10 Knoblauch 35 Lohnen das Pfund 25 b>-
30 Erbsen das Psd. 4—6 Gedund Gelbrüben 2—3 S'
Heidelbccren drs Pfd. l8—20 der Liter 25—28 Eierda-

befand. Der bekannte Festwirt Lang, der zugleich Leiter einer

gutgeschulten Kapelle von Oberländern, Gstanzlsänger>. und
Trompctenbläser ist, mimte dort, umringt von einer dichtge-
drängten Menge. Das Geschäft schien sich zu lohnerr. Der
Bierverbranch soll cin ganz gewaltiger gewesen sein.

Du wirst nun, lieber Plauderer, noch das Hauptstück des
Festplatzes vermisscn, dre Ohrenweide für viele berm Heidel-
bcrger VLrbandsschießen: das Karusscl. Beruhige dich, auch
die Rertschule (wie !vir hrer noch gut deutsch sagen) war in
Gestalt einer Berg- rmd Thäkbahn vertreten, aber wohlweis-
lich so weit weggestcllt, dah man von der Festhalle aus nrchts
davon hören rmd sehen konnte. Daneben staüd auch die leben-
drge Reitschule: der Hrppodrom, der haupffächlich den Schützen-
licsl'n und deren höflichen Begleitern zur wohlverdrenten
Unterhältrmg diente. Jn dem dahinter befiüdlrchen Real-
schulgebäude ivnr — allerdings etwas sehr weit enffernt von
der Festhalle — die Postzweigstelle und das Geschäftszimmer
des Pretzausschusses nntergebracht.

Nach diesem Rundgang begaben wir uns wieder zur Fest-
halle zurück; das Schietzen war inzwischcn zu Ende, wir be-
grühten unsere Sieger und weihten deren Ehrenbecher mit
perlendem Schaumwein ein. Nach und nach verlief sich ,unsere
Schar, ein Teil begaü sich in dieStadt zurück, andere vergnügten
sich weiier anf dem Festplatze, der am Abend sehr wirkungs-
voll elektrisch beleuchtet war. 300 verschiedenfarbige Müh-
lampen, beleuchtete Sprmgbrunnen und Grotten, Bogenlam-
pen und Scheinwerfer vereinigten sich zu einem feenhaften
Bilde.

Jn Befolgung eines Spruches Lber dem Eingangsthor:
Geht's gräd,

Geht's krumm,

Kehrt wreder nm,

Jhr lnstigen Brüder,

Und korrrmt bald wieder l

und weil die Pfälzer Bahn für Freitag freie RLckfahrt
gesagt hatte, begab ich mich an diesem Tage noch einmal rrr
Feststadt und mit mir viele Tauserrde aus der ganzen Pftff?!
die am Festplatz eine Mark Eintrittsgeld erlegten und daft^
den Aiifstieg der Mitz Polly sehen wollten. Aber es war nick?>-'
Jn Heidelberg ist die Luftschifferin wenigstens aufgestiegerr,
Absturz schenkte sre sich; in Neustädt fuhr sie gleich gar
auf. Der Ballon lag halbgefüllit da, gegen 5 Uhr verkündc-^,
Zettel, der Aufsffeg erfolge erst nach 7 Uhr. Jnzwischen
heftiges Regenwetter ein, und es war vorauszusehen, datz
Ballon nicht mehr steigen würde. Jch fuhr deshalb in
der im Vergleich zu Heidelberg sehr teuren Wagen an ^ ^
Bahn rmd wollte nach Hause znrückreisen. Zu meinem Ersta^,
nen vernahm ich — was vocher verschwiegen worden !var „
datz die gelösten Fahrkarten auch gegen Zuschlag rricht
Schnellzügen gebraucht werden dürften. Man wollte
also mit Gewalt in der „Perle der Pfalz" zurückhalten.
ich hatte genug und gondelte heimwärts. Mrtz Polly sost ^
zu ihrer Ehrenrettrrng sei's gesagt —^ andererr Tags aufgem^
gen und glücklich abgestürzt sein. Darin ist uns nun NevstA
wieder über. Ueber das „geschäftliche Ergebnis" des
ist noch rkichts endgültiges bekannt, die Neustadter selbst 6-).^
ben, besser abgeschnitten zu haben, als irgend eine ar>"
Stadt I

Nun Schlutz für heute! Jm nächsten Jahre geht's
Hannover zum deuffchen Bundesschietzen, da wollen wir
sehen, wie sich so ein Fest in Norddeutschland ausnimmt- -
wohl bis dähin und sei gegrützt

von deinern

Schorsch §.

Schlachtenbummler a-
 
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