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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 256-280 (01. November 1902 - 29. November 1902)
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SamsLag, 15. Novcmver 1902.

Geftes BLsrtt.

44. Iahrgang. — ^ 268

Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. Preis mit Kamilienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweiganstalten abgeholt 40 Pfg. Durch

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an bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelb. Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprecher 82.

Aie Syanghai-Hngetegenheil.

LonVc> n , 12. Ilovembr'r.

Dir in tctztei' Zeit start' in Vcn Vvrvergrund des In-
tcresses getretene „L h a n g h ai - Fra g e" scheint that-
sächtich geeignet zu seiu, die Beziehungen zwischen Dentsch-
tanv nnd Engtand in ungünstigem Sinne zu beeinftussen.
Einer Aeußerung dcs ats Kcnner geschätzten Mr. Düd-
geons, daß Deutschlands Verlangen, China solle in der
betreffenden Provinz keiner europäischen Ätacht irgend-
wetche Sonderrechte einräumen, durchauS berechtigt sei,
wiüerspricht eine gteichzeitig im „Daily Graphic" pubti-
zierte Kundgebung, von der man woyt annehmen kann,
daß sie dem engticheu A u s w ärtigen A m t e ent-
ftammt. Entgegen alten anderen Pvetzstimmen in die-
sem Lande wird darin zunächst behauptet, daß die Frage
der Räumung der Provinz Sbanghai thatsächlich getöst
sei. „Deutsche und engliiche Zeitungen", heißt es dann
iveiter, „beschästigen sich mit der akademischen Erörterung
'der Frage, ob die Aktion Deutschlands in diesem Falte
ein unfreundticher Akt gegen England war. Wir sind der
Ansicht, daß hierüber kein Zweifet bestehen kann. Die
-Handtung war nicht nur unfreUndtich, sondern beabsich-
tigt unsreundtich. Vor atten Dingen mußte Deutschland
wissen, daß ein solches Eingreifen in die Geschicke
dcs JangtsethaleS uns unangenehm sein werde, da die
deutsche Regierung mehr ats einmat ofsiziell davon in
KenntniS gesetzt worden ist, daß, obwohl wir teine
erktusiven Rechte in dieser Region sordern, die-
setbe öoch in dem gleichcn Sinne als b riti s ch e E i n-
flußsPhäre zu betrachten sei, wie Shantung als
deutsche. Ferner ist es selbstverständlich eine Veieidigung
für uns, von Ehina eine Garantie für ekwas zu sordern,
was bereits den Gegenstand eines Abkommens MischM
Teutschland und England bildet. Wir sind mit D«Mtsch-
tand dckhin übereingekommen, in Shanghai nichtäh n-
tiche Rechte zu erwerben, wie Deutschland in Shan-
tung. und deshalb bedeutet die Forderung, daß China
uns keine solchen Rechte gewähren dürse, nichts andcres
als daß man unseren Versicheruirgen keinen G l a u-
b e n schenken könnc. Endlich 'hat öie Aktion Deutsch-
tands keinen anderen Grund, als die einer Demoustration
gegen Engtand. da niemand befser weiß ats Deutsch-
tand, daß die Garantien Chinas nicht das Papier wert
find, auf dem fie geschrieben werden. L-ie binden unS
nicht, und wenn wir eines Tages sür gut halten sollten,
crklusive Rechte von China zu verlangen, so jkönnto
Deutschland keine Kompensation in Shcmghai sordern.
Der ganze Zwischensall ist ein schr unvernünftiger „Na-
dtzlstich", und obgleich wir gerade im gegenwärtigen
Augenblicke ni-cht gern etwas gegen Deutschland sagen
möchten, können wir doch unsere Äugen nicht den That-
sachen verschließen."

So die englische offiziöse Auslassung, die an merk-
würdigen Widersprüchen leidet. Jn eineni Atem wird
zugegeben, datz England sich verpflichtet ha'be, nicht ähn-
liche Rcchte in Shanghai Zu erwerben wie Deutschland
in Shantung und zugleich ausführt, daß England das
Jangtsethal als britische Einflußsphäre betrachte, wie
Deutschland Shantung als deutsche. Was soll man von
dergleichen Auslassungen halten? Fm Jangtsethal ist
Deutschland niit England gleichberechtigt und wenn es
danach handelt, so liegt darin durchaus kein unsreund-
licher Akt.

i Deutsches Reich.

— Gutem Vernehmen nach sind die Vorbereitungen
zu cinem Gesetzentwurs für k a u s mä n n ische
S ch i e d s g e r i -ch t e so weit gediehen, daß alle srüher
geltend gemachten Bedenken und entgegenstehenden
! Schwierigkeiten als -beseitigt angesehen werden dürfen.

Bremen, 14. November. Der aus der Aktienge-
sellschaft Weser für die kaiserliche Marine erbante kleine
Kreuzer „Frauenlo b" ging gestern von Nordenham
aus zu einer zweiten Probefahrt in See, welche trotz un-
sichtigen Wetters ohne Störung verlies. Es wurde
zwei Stunden lang mit der kontraktlichen Leistung von
8000 indiret'ten Pserdekräften gefahren, wobei Mäschinen
und K'esssl zur vollsten Zusriedenheit arbeiteten. Die
Geschwindig'keit betrug etwa 21 Seemeilsn Pro Sunde.

Aeutjcher Weichstag.

Berlin, 14. November.

Antrag Aichbichler.

Abg. v. Tiedcma n n begründct dcn Antrag auf Ueber-
gang zur Tagcsordnung über die sozialdemokratischen An-
iräge und erklärt, die gestrige Sitzung Iverde die Mehrhcit ver-
aulassen, weitcre Aenderungen der Geschäftsordnung zu er-
wägen.

Abg. Suedekum spricht gegen den Uebcrgaug zur
Tagesordnung und wieüerholt unter Berufung auf den Wort-
laut der Geschästsordnung den gestern abgelehnken Antrag auf
Uebergang zur Tagesordnüng über den Antrag Aichbichler.

Darauf geht d-as Haus über die sozialdcmo-kratischen An-
träge mit 104 gegen 76 Stimmen bci 4 Emhaltungen zur
Tagesordnung über. Der erncute Antrag Sued-ekum über
den Amrag Aichbichler zur Tagesordnung überzugehen, Ivird
vom Präsidentcn für nnzulässig erklärt. Ans den Äppell des
Äntragsteüers an das Haus, erkläri auch dieses, gcgen die
allcinigen Stimmen der sozialdemokraten, den Antrag für un-
zulässig.

Es folgt die namentliche Abstimmuug über den Antrag
Aichbichler. ^ ^ .

Der Antrag mird m i t 19 < g e g c n 78 S t i m-
men bei 2 Stim m e n l h altnngc n augcnom -
m e n. DciS Ergebnis wird von öcn Soziatdemokraten mit
grotzem Lärm aufgenommen.

Die Reichstagsdiener -verteilen nunmehr die neuen Ab -
st i m m n n g s k a r t e n.

Jn der fortgesetztcn Zolltarifberatung beantragt Abg.
B r ö m e l (Freis. Vg.) Uebergang zur Tagesordming über
die Anträge Wangenheim nnd Herold zu Paragraph 9 des Zoll-
trafigesetzes. (Bravo bei den Soziald-emokraten, Unrnhe rechts
und im Zentrum, Glocke des Präsidenten.)

Der Präsident erklärt den Antrag für zulässig.

Abg. Brömel spricht für seinen Antrag, Abg. Doktor
Spah n dagegen.

Hierauf beginnt die erste Abstimmung nach dem neuen Ver-
fahren.

Die Reichstagsdiener begleiten init Urnen die die Abstim-
mungszettel einsammelnden Schriftfnhrer, die entlang den
Gängen zwischen den Bünken der mif ihren Plätzen befindlichcn
Abgeordncten schreiten. Die Einsammlung bei den S-ozialdcmo-
kraten nahm die meiste Zeit in Anspruch. Rach 18 Minu-
t e li verkündet der Präsident das Ergebnis.

Der Antrag aus Uebergang zur Tagcsordnung ist in namcnt-
licher Abstimmung mit 197 gegen 71 Stimmen bei 3 Enthal-
tungen abgelehnt.

Dcr Präsident teilt mit, datz die offizielle Abstimmungsliste
binnen einer Stunde auf dem Bureau des Hauses aufliege.

Nunmehr folgen die Abstimmungen über Paragraph 9 nebst
Abäiiderungsanträgen. Der AMrag Herold, die einzige Ab-

äiideruug, die die Äommission an der Regierungssassung vor-
genommen hat, -wieder zu streichen, nämlich, die Bestimmung
über die Cinfuhrscheine sür Sämereien und Saaten, wird in
einfacher Abstimmung angenommen. Die anderen Anträge zu
Paragraph 9 werden abgelehnt. Zwei davon in namentlicher
i Abstimmung, die diesmal nur 12 Minuten erfor-
dert. Paragraph 5 wird schließlich nach der Regierungsvor-
lage in einfacher Abstiinmung angenommen.

Es folgt eine stürmische G e s ch ä f t s o r d n u n g s-
debaiste, wobei der Sozialdemokr-at Antrick den Schrift-
führer Himburg der Unwahrheit und Mogelei beim

Zetteleinscimmetn beschnldigt.

Dte Szene spielt sich folgendermaßen ab: Singer (Soz.)
und Bebet (Soz.) teiken mit, daß der Schriftführer Him-
burg nicht alle Abstimmungszettel selbst in die Urne gelegk
habe; einzelne Abgeordnete hätten das direkt gethan und so
hätte cin Abgeordneter mehr Zettel in die Urne legen können.

Präsident Graf Ballestrem erklärt: Er habe die
genaue Einhaltung der Bestimmungen angeordnet.

Abg. Himburg (Kons.): Er habe die Zettelabgabe ge-
nau kontrollieren können. (Rufe links: Jst nicht wahr. Lärm
imd Pfuirufe rechts.)

Auf die Frage des Präfidenten meldet sich Abge-
ordneier Antrick (Soz.) als der Rufer und erhält einerr
Ordnungsruf.

Mg. Anirick rnft: Es war Mogelei.

Der Präsident: Jch rufe Sie zum zweiteninale zux
Ordnung. Wir sind hier im deutschcn Reichstag. (Leb'hastes
Bravo rechts und im Zentrum.)

Als Abg. Bebel sagt, die Sozialdemokraten hätten kon-
trolltert, datz Abgeordneter Himburg unmögtich die Zettetab-
gäbe gcnau konrrollieren konnte, erklärte Präsident Graf
Ballestrem erregt: Hier ist niemand angestellt, die Ge-
schäfte des Hauses zn kontröllieren, wic ich. Jch bin gerecht
gegen alle Parteien. (Andauerndes Bravo rcchts und im
Zentrum.)

Nachdem in unerheblicher Debatte Paragraph 10 in der
Fafsung ber Regierungsvorlage angenommen worden ist, ver-
tagt sich das Haus auf morgen 1 Uyr. Tagesordnung: Peti-
tionen.

Baden.

L. 0. Karlsruhe, 14. Nov. Währeiid alle andern
Blätter, welche 5zerrn Prof. Böhtlingk mit Be-
schimpfungen überhäuften, die drohende Klage durch eine
Ehrenerklärung abgewendet haben, will es der ultramontane
„Acher- und Bühler-Bote" mit seiner Sonntagsbeilage^
wie es scheint. auf einen Gerichtsgang ankommen lassem
Die Verhandlung findet in Bühl statt. Rechtsanwalt
Fehrenbach aus Freiburg, der die Verteidigung übernommen
hat, will den WahrheitSbeweis dafür erbringen, daß Herr
Prof. Böhtlingk „unter der Kappe nicht ganz richtig sei."
(siol). Zu diesem Zwcck soll das Gutachten von Herrn
Geh.-Rat Schüle in Jllenau erhoben werden. Außerdem
sollen dle Herren Wacker und Wilckens bezeugen, daß der
ganze Laudtag Prof. Böhtlingk nicht anders beurteile„
Dcr Prozeß verspricht sonach mehr als interessant
zu wcrden.

Elsaß-Lothringcn.

— Die Gesamwtbevölkcrung Elsaß-Lothringens betru§
1719 470. Davon gabcn bei der Zählung 1 492 347 das
Deutsche als alleinige Muttersprache an. Deutsch und eine
fremde Sprache gaben 7485 an, während 219 638 eine
fremde Sprache rcdeten. Naturgemäß spricht der größte
Teil der letzteren französisch, was besonders in den Kreism
Metz, Chateau-Salins und auf der französtsch-elsässischM

1. Konzert des Kaim-Hrchesters.^

O Heidelberg, 15. November.
Das Münchener Kaim-Orchester, an seiner Spitze Hof-
kapellmeister Wcingartner, ist bereits ein wichtiger Faktor im
Wtusikleben Heidelbergs geworden, was am gestrigen Abend der
überaus herzliche Empfaug dem genialen Dirigeuten und sei-
nem stattlichen Truppenkörper bewiesen haüen mag. Wir ge-
horen zwar mcht zu denen, -welche der Attstcht sind, datz das
im Theater so häufig zur Aufführung gelangende Vorspiel zu
Wagners „Meistersingern" auch zahllose Konzertprogramme
zieren müsse, znmal die Jnstrumentierung -eine solch wuchtige
ist, datz sie für größere Räume, nicht aber für kleinere Säle
Seeignet erscheint. Allsin die reisenden Wirtuosenorchester
.(freilich anch andere, welche weder an Besctzung, noch an
sonstiger Lefftungsfähigkeit hierzu genügen) wollen sich eüen
sn ihrem vollen Glanze zeigen, und dazu find allcrdings
Pnes Vorspiel, -wie auch die „Tannhäuscr"-Ouverture wie ge-
l'chaffen. Die Ausführung des' ersteren mutz eine meisterhafte
8enannt werden, wundervoll war das oft fo sehr komplizierte
Skimmengef'lecht auseinander gelegt, un-d die ganze Farben-
dracht des modernen Orchesters kam zur schönsten Geltung.

folgten Liszts zwei „Faust"-Episoden nach Lenau, „Nächt-
ircher Zug" und „Tanz in der Dorffchenke". Wir haben uns
tsoch nie für die Kompofitionen des unerreichten Klaviervirtuosen
^geistern können, weil wir fast immer Anläufe zum Höchsten
krnden, denen aber nur geringes G-elingen zuteil wird, denn
fehlt eben Liszt' an einer wirklich hervorragendcn schöpferi-
Ichen Begabung und darüber kann alles Raffinement in Har-
^jonie, Rhhthmus und JnstrNmcntation nicht hinwegtäufchen.
^erade durch diese Mänget wurde Liszt zur Begründung der
I^ogramm-Sinfonie hingedrängt, denn es ist weit leichter,
N an dichterische Schvpfungen anzulehnen, als musikalffche
"Arke von selbständiger Bcdeutnng zu schaffen. Auch die beiden
I-«aust"-Episoden sind düstere Stimmnngsbilder, nichts weiter;
erstere kommt, eine Eigenart Liszts, nicht recht in Flutz,

üas letztere entbehrt diefer Eigenschast weniger, sucht aber das
Fehlen wirklich genialer Gedanken durch absonderliche, oft
recht hätzliche Harmonien und grellste, znweilcn in rohen Larm
ausartende Jiistrnmentatioii zu verüecken. Unwillkürlich mntz-
ten wir an die im 1. B-ach-Konzert gespielte Jupiter-Siiffonie
Mozarts denken, ein von Kraft und Energie strotzendes, im
Finale tiefstgründiges, zn immcr ncuem Stndium anregendes
Werk, wetches man „sütze" Musik genannt hat, bon dessen
Genutz man sich am Studium einer Lisztschen Partitur er-
holen mnsse! Gerade heute konnte man fich davon überzeu-
gen, datz viel Blech und Kraft durchaus nrcht identisch sind,
soii'dern öatz wahre Kraft im Kern der musikalischen Gedanken
selbst enthalten scin mutz. Die lärmendfte Musik kann sogar
weichlich sein, während selbst ein einfach instrumcntiertes, leise
vorzutragendes Thema kühn und mächtig erklingen kann. Man
denke doch nur an das erste Thema des ersten Satzes von Bee-
thovens heroischer Sinfonie, das lediglich aus dem rhythmisch
zerlegten, nur vom Violoncell piano vorgetragene Es-dur-
Akkord besteht. Welche Kühnheit und Energie bergen diese
Töne l Und damit gelangen wir zuin Schlutz- und Hauptstück
des Mends, dem der Sinfonia eroica. „Wie aaders wirkt
dies Zeichen anf mich ein l" muhte man unwillkürlich ausrufen,
als nach Liszt Grotzmeister Beethoven zu Wort kam. So oft
man dieses herrliche Werk auch gehört hat, immer Ivird man
bon neuem durch diese wunderbaren Töne erhoben und erschüt-
tert. Die Ausführnng ließ kaum einen berechtigten Wnnsch
unerfüllt, fei es nach Seite der technischen Wiedergabc, sei
es in Hmsicht der Auffassung, so datz wir auf ein oder das
andere nicht g-erade Beethovensche Tempo rubato kein großes
'Gewicht legen tvÄlen. Besonderes Lob möchten wir den
mit entzückender Weichheit spielenden Holzbläsern und im Tria
des Scherzo den Höimern, nachdcni diefe einc kleinc Unreinheit
uberwunden hatten, spenden. Mit grötztem Fntercsse sehcn
wir dem zweiten Weingartner-Konzcrt entgegen.

Maudereien aus Stadt und Land.

(?) Heidelberg, 15. November.

Hiii und wieder äutzern sich alte Handwerksmeister unzn-
frieden über die jetzigen Arüeirerverhältnisse und führen oft
zum Vergleich von Einst und Jetzt die Lehrlmgszucht in der
„guten alien Zeit" an. „Aus den Lehrjungen wird gar nichts
mehrl" klagen die Verfechter des alten Shstems. „Wischt mair
ihnen, wenn sie nicht aufpassen, oder unartig sind, eine aus»
flugs gehen sic zu einem anderen Meister oder verklagen einen
garl"

Manche Meffter haben aus ihren Erfahrungen dre Mei--
nung gewonnen, ans einem Lehrbuben, der keirie Prügel crhalte«
könne absulut nichts werden und versechten diese Jdee besonderI
in den Wirtschaften mit einem grotzen Aufwand breiter Reden
und mit Anführung von oielen Beispielen aus ihren Lehrjah-
ren; doch die Fortschritte. welche in allen Zweigen des Hand-
werks seit den letzten 30 oder 40 Jahren, da nicht mehv
in alter Weisc geprügelt wird, gemacht wurden und die an dm
Leistungsfähigkeit des Einzelnen herantretenden qrotzen An-
forderungen der neuen Zeit, ferner die vielfach geradezu kunst-
rerchen Produktc. welche rn unserer Zeit auch in den handwerks-
maßrg betrrebenen Werlstatten erzeugt werden, ziehen die
Wahr.hei^nm^Reden bezugtrch der, jetzigen Handwerksgesellen

uicht vergessen werden, datz zur guten Aus-
unsere Gewerbeschuten, eins
-t ili.ung»statte, dre man früher gar nicht kannte, ungemein viel
oertragen. Uebcr den hohcn Wert -derselben ist niemand inr
Zwersel.

Was die elementare Bildung und die Erziehung unserer
.^ugend zu Zucht und Ordnung betrifst, so leisten unsere Volks-
fchulen gewiß viel; wenn besonders in Bezug auf letztererr
Punkt der Lehrer in der Schule das, was die Eltern allen-
falls versäumt haben, nachznholen sucht, so war das in frühe-
rcn Zeiten merstenorts anders, wo das Schntwesen noch sehtz

Die heutige Nuinrner umfaßt vier Biätter, zusammen 16 Seiten.
 
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