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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 256-280 (01. November 1902 - 29. November 1902)
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Dienstag, 18. Rovcmbcr 1902. Grstes Blatt. 44. Ialiimna. — -4L 270.

Erscheint täglich, Sonntags ansgenommen. Prei- mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweiganstalten abgeholt 40 Pfg. Durch

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an bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelb. Zeitung und den städt. Anschlagftellen. Fernsprecher 82.

Aie Kriegserinnerungen des Generals de Wet.

<Div Wahrhcit über deu 'Burimkrieg.)

Am 1. Dezembc'.r d. I. rrschelnrn gleichzeitig in Ber-
liu, tioudon, Puris, Rchwyork uud Amstrrdam die Ariegs-
eriuneruugen ües Generals Christian de Wet. Mit be-
greiflicher Zpauunug sieht uiau atlgemeiii der Beröffent-
lichimg dieses Buches entgegen, dessen deutsche Ausgabe,
verlegt vou C a r t -s i w i u n a in Aattowitz und Leipzig,
den Titel: „D e r t! a m pf z w i s ch e u B u r u n d
Brit e" fiihrt. Ter „Berliner Lotal-Anzeiger" ift heute
schon in der Lage, auf Grund von Jnformationen eines
genau unterrichteteu GewährSmanues, aus dem Inhalt
dieses Wertes Mitteilungen z» macheu. Christian de Wet,
derpopulärste Held deS BurentriegeS, üegegnet nns hier
zum erstenmale als Mann der Feder, nud was er uns
sagt, trägt in jeder Aeile dazu bei, die schlichte Größe
seincr Persönlichkeit und seines Charakters nur noch
leuchtender hervortreten zu lassen.

Tieseuigen Leser, welche erwarten, in dem Werke de
Wets vor allem eine gegen England gerichtete Antlage,
eiue Agitatiousschrift gegeu die Ännerion der Bureiirepu-
bliten zu finöen, werden arg enttäuscht sein. Te Wet
macht freimütig Cngland alle die Borwürfe, die es wegeu
der Provotation des Arieges nnd wegen der gransauien
Führnng desselbeu verdient, äber der Ton, in deui dies
geschicht, ist um so wirtungsvoller, weil er durchans ernft
und würöig ist. Ju reichstcm Bl'atze wird de Wet den
englischen Heerführern gerecht, nud am «chlusse des
BucheS fvrdert er seine Landsleute auf, sich willig den
neuen Verhältnisseu zu fügen nnd der neuen Regierung
treu zu iein.

Eine gewaltig e A u k l a g e äber enthält daS
Buch gegen d a s B u r e n v o l t selbst. Wir haben
in Tentschland mit tiefem iMitgefühl den Verzwciflungs-
tampf der tleinen Burenjchar gegen daS übermächtige
England verfolgt, Ivir haben nuS empört über die Ver-
gewaltigung deS freiheitliebenden, sittenstrengen und ed-
len Bilrenvoltcs nud waren schlietzlich der lleberzeugung,
das fast jedcr Bur co ipso ein Held und edler Charakter
sei. DaS Buch de Wets tlärt uns darüber grünülich auf!
Tie Helden und edlen Charattere unter den Buren sind
im Gegenteil fehr, s e h r s e l t e u gewssen! (Diese wer-
den dadnrch in Wirklichkeit nnserem Herzen nm so theu-
rer.) Aber riesengroß >md erschreckend ver-
breitet nnter den Vuren waren nach der «childerunb de
Wets: llnverstand, Feigheit, DiszipIin- j
Iosigkeit, ll n t r e n e nnd s ch m ähli ch e r V e r-
r a t, begangen am eigenen Vaterlande nnd an den bluts-
veiüvandten Stammesgenossen! Ja, wir glan'ben es den
Schildernngen de WetS bei der Lettüre, daß die Bnren-
repnbliken n i e m a I S von England vollständig besiegt
worden wärcn, daß sie n i e m a l s ihre Unabhängigkeit

Siinden vor. Er schont niemanden, selbst seinen eigcnen
Brnder nichtl Es ist ihm darum zu thnn, die Wahrheit
zu sagcn, die reine Wahrheit uud nichts anderes!

Von sich selbst nnd von seinen kriegerischen Leislun-
gen spricht er in dem denkbar bescheidensten Tone. Selbst
ivenn er Episvden schildert, die zn den großartigsten
Kriegsleitungen aller Zeiten gehören dürften, tritt er aus
seiner 'üescheidencn Reserüe nicht einen Augenülick heraus.
Ten legendären Nimüus, der sich nni ihn nnd einzelne
seiner strategischeu Meistcrleistuugen gebildet hat, zerstört
er selüst.

Er schildert schlicht und einfach, in ruhigem, gleich-
mäßigem Tone, nur hin und wieder sindet sich ein knr-
zer, aber ans tiesstem Herzen konimender Ausschrei über
den 'VerlM der Unabhängigkeit, über die schreckliche Ver-
wüstnng des Lanües, über den schändlichen, schmählichen
Verrat der Stammesgenossen. De Wet ist kein Schrist-
steller, kein „Knnst"schreiber. Er erzählt wie ein SRensch,
der seinen Bekannlen in nngekünstelter Form seme Er-
i lebnisse niittcilt, vulgür gesagt: er redet, „wie ihin der
! Schnäbel gewachsen ist". Das schädet äber dem Buche
! iiichts, im Gegcnteil, die einfache Sprache wirkt nm so
s eindringticher nnd überzengender.

Das Buch beginnt init der Erzählung, wie de Wet
mit seinen drei Söhiien als einfacher Bürger ins Feld
rückt. Er steht znerst in Natal, wo er bcild von seinsn
Umiipsgeiiüsseii zum stellvertretenden Konuuandanten ge-
wäl>lt wird. Nur knrze Zeit ist er bei der Belagerung
von Ladysmith, dann wird er telegraphisch zum Fecht-
general srnannt nnd geht sofort nach dem westlichen
Uriegsschaiiplatz. wo er vergeblich den bis zur Narrheit
eigensinnigen Cronje zu veranlassen sucht, seine unglück-
liwe nnd höchst gefährliche Stellnng 'bei Magersfontein
alifziigeben. Er selbst üleibt nicht müßig, sondern ver-
richtet seine erste That, indeni er bei Blauwbank einen
riesigen ProbianttranSport der Englünder fortnimmk.
Der Veilust dieses TranSPortcs zwingt Lord Roberts,
wochenlang nnthätig in Bloenifontein zu sitzen, bis die
Proviantvorräte ivieder aus der Kapkolonie herbeige-
schafft sind. Mit tiefem Schmerzs mnß de Wet sehen, wie
in knrzer Entfernnng von seinem Beobachtnngsort Cronje,
den er mit Aufbietung aller Kräfte Zu retten versuchte,
sich ergeben iiinß. Te Wet behanptet, die große Nieder-
geschlagenheit, die sich der Buren nach der Kapitulation
Cronjes bemächtigt hätte, habe bis znm Ende des Feld-
znges nngünstig eingewirkt.

Dann beginnt dic Schilderung s iner Kämpfe rmt den
Engtändern. seiner Krenz- nnd Qnerzüge im Oranje-
sreistaat, seiner Fliicht nach TranSvaal, seiner wiederhot-
ten Versnchc. in die Kapkotonie einzubrechen, um dje
Kapbnren zn insnrgieren. Er schildert einfach nnd schlicht,
wie er inimer wieder den Verfolgimgen ganzer engtischer

vertoren hätten, wenn es nicht so viete Ber räter > Äsween. entging, nnc gieüt (pott die Ehre, der ihn und
in ihnen gegeben hätte. Fene Bnren, die fich in den ^ome Kampfgenosieii voi >o vietein Unheit bewahrt nnd
letzten Stadien des UriegeS auf die Seite der Engländer
stellten, die dem Feinde als Führer, Ratgeber nnd Na-
tionalsconts dienten, haben den tetztcn Widerstand der
Bnrenkämpfer gebro-chen, haben ihr Baterland ins Un-
glück gebracht.

Man wird fast an die Schriften erinnert, die in Preu-
ßen nach dem imglücklichen Fetdziig nnd dein nnsäglichen
Verrat von t806 veroffentticht wnrden, wenn man de
Wets Buch tiest. Auch er hätt seinem Volk alle seine

immer wieder gerettet 'haüe.

Sehr warm ivird sein Ton, wenn er von dem tapferen
nnd imermüdlichen Präsidenten des Oranje-Freistaates
Steijn erzählt, der die meisten seiner Kriegszüge mit-
gemacht bat.

Wir haben in den bisherigen Verösfeiitli'chungen über
den Krieg meist in Wort nnd Bitd die TranSvaatbnren
kennen gelernt. De WetS Buch schildert nns vor allem
die Buren des Oranje-Frcistaates.

Liederaöend von Krnst Kraus.

O Heidelberg, 18. November.

Bci Lcni grotzcn Rufe, ivelchcn Ernst Kraus, der berühmte
Heldcnlcnor dcr Berliner Hofoper, gcuietzt, härte man einen
besser besetzten ivaal erwarten dürfen, als es gestern Abend
der Kall war. Die vielen leeren Stühle in Verbindung mit
dcm entsetzlich kalten, höchst ungemütlichen Saal waren
jedenfalls schnld üaran, dah die Zuhörer auch innerlich nicht
fo warm wnrden, wie es die phänomenalen Stimmmittel des
Sängers sollten erwarren lasfen. Wenige Tenoristen dcr
Gcgenwart werden sich eines sotchen Umfanges der in Lie
Region des Barytons herabsteigendcn nnd dort auch baryronale
Färüung annehmenden Stimme, welche sich aber auch in der
hohen Tage gleich mühelos bewegr, rithmen könneii; dabei sind
namcntkich die höheren Töne von einer Kraft und Fülle, datz sich
der grotze Saal des Städtischen Saalbaues zu ihrer Aufnahme
als zu klein erwies. Was aber fast das Bewundernswerteste,
ist der sütze Wohllaut, welcher den mittteren und hohen Lagen
innewohin, während üie tiefen Töne einen erwas rauhcn Bei-
klang besitzcn; ob dies bielleicht eine Folge augenblicklicher
Jndisposition war, vermögen wir nicht zu beurteilen, da wir
heure zum erstenmal Gelegenheit 'hatten, Herrn Kraus zu hö-
ren. Ein etwas verschleierter Klang einzelner Töne schien
Uns in der That darauf hinzudeuten, datz er gestcrn nicht
bollständig Herr seiner grotzartigen Stimmmittel war. Opern-
^änger sind in der Regel nicht glücklich in der Wahl ihrer
ttorträge, und auch gsstern tonnte man bedauern, datz der
Künstler an den unerschöpflichen Schätzen unscrev grohen
Liederkomponisten Schubert, Schumann, Franz und Brahms
bpllständig vorüberging; andcrcrseits scheint Kraus fo wenig
Istr echter Liedersänger zu sein, ivie die meisten anderen Bühnen-
lästger, und insofern hatte er die meisten Lieder nicht un-
tzünftig gewählt, da sie ihm Gelegenheit zu dramatischem Vor-
t^age gaben, so Hugo Wolfs „Der Freund", Arnold Mendels-
ivhns ftimmungsvolles „Nachtlied", Weingartners recht charak-

teristische „Frühlingsgespenfter" und das hübsche, auch von
Franz tomponlerte tzioerhesche „Mailied" von Reznieek. Seinen
eigentlichen Triumph feierte der Opernfänger freilich mit dent
an Stelle der „Freischütz"-Arie gesungenen Liebeslied aus Ler
„Walküre". Wie leise nnd sütz klangen hier die ersten Töne,
nnd wie herrtich wuhie der gottüegnadote Sänger der macht-
vollen Steigerung des in seiner Art bei Wagner einzig dastehen-
den LiebesgesangeS gerecht zu werden. Hier war auch die sonst
nicht immcr dentliche Anssprache dcr'Worte eine vorzügliche und
nur die unschöne des Votäls u machte sich auch hier geltend.

Erwünschte Abwcchslung boten die Cellovorträge des Hof-
musiters Berthold von Stuttgart, welcher vor allem dadnrch
für sich einnahm, dah er mit Ausnähme des virtuofen Schlutz-
stückes lauter dem Charakter seines Jnstrumenrs entsprechende
'hauptsächlich getragene Stücke gewählt hatte. Den Anfang
bildete das schöne Haydnsche Konzert, das einzige Ktassische,
das sich üuherst wohlthuend von den meisten nichtssagenden
Kompositionen öer Cellovirtuosen unterfcheidet, ihm folgte
A. Schuberts „Du bist die Ruh'!" und das zum eisernen Bc-
stand aller grohen und kleinen Cellospieler gehörende wunder-
üar> verklärte Larghetw aus Mozarts Clarinettquintett. Es
rst nbrigens unglanblich, aus wie verhältnismätzig wenigen
Werken nnsere Künstler ihre Programme Fahr aus Jahr ein
zusamjmensetzen, hat ein solches einmal eingeschlagen, dann
ivird es sörmlich zu Tode gehetzt, freilich sind die Kenntnisse
nnserer reisenden Virtnosen in der musikalischen Litteratur ost
überraschend gering und reichen an die ernster, gebildcter Dilet-
'tanten nicht hin. Da findet slch znm Beispiel in dem herr-
lichen INozartschen Clarinettkonzert (das heutzutage lcider
gegen die weit weniger bedeutenden Konzerte Webers in den
Hintergrund getreten ist) ein Adagio von geradezu wunder-
barer Schönheit, das sich vorzüglich zur Uebertragung sür
Ccllo eignen würde, und das jenem Larghetto durchaus eben-
Lurtig zur Seite zu stellen ist, warum greifen die ivahrlich
nicht reich bedachten Cellisten nicht einmal irach dieser ent-
znckenden Eingebrmg des grotzen Gemus?

Mönchsaröeit

Fin Vsrlag detz „Seraphischen LiebeSwerkes" iir
Altötting in Oberhayern nnd nnter der Redaktion
des B r n d e r s M arian u s in jenem berühmten
WaUsahrtSorte erscheint eine Erb'anungsschrift, die sich
„Seraphischer Kinderfreuiid" nennt. Ats „LiebeSwerk
sür arme Kinder" genießt diese Zeitschrift hervorragende
Fördsrung in sehr bohen Kreisen. Jm Noveniberheft
dieser Erhannngsschrift besindet sich ein Artikel: „Meine
Romreise von Brnder Nl'arianns". Darin wird Fotgendes
serviert:

W i e i st ö o ch R o m s o gro ß, s o g r o ß dec
P a P st nnd ach, wie ktein der K ö n i g v o n I t a l i e n,
der so ge r n e g roß! Wie der Mcmd vor der Sonne,
se erbteicht daS itatienische Königtnm in Rom vor dem
Papsttnm der täthotischen Kirche. Hicr im Vatikan, da
steht ein Wettenthron, so att wie eine Welt; so fest, datz
keine Kraft der Erde nnd Hötle ihn auch nur zn erschüttern
vermöchte: so weit, daß er die ganze Erde nmspannt;
so mächtig, daß er, wie keine Erdenmacht, dem Himmel
imponiert und seine Beschlüsse bestätigt erhält von Gott
setbst: „Was ihr ans Erden binden werdet, sott auch im
Himmel gebrmden sein, waS ihr auf Erden löset, soll'
anch im Himmel gelöset seim" Ein Thron, der sich stützt
nicht aus „Kanonen nnd L-t e n e r z e t t e t", son-
dern auf die Trene nnd Liebe des Volkes und im übrigen
ats Devise erhatten hat: „Fürchtet Ench nickijt, denn ich
biu bei Ench, biS znm Ende der Wett!" — O, wie ktein
erscheint nns da der O.uirinal, der Sttz des U sn rpa-
torenkönigs von I t a l i e n in Rom? Sein
Thron besteht kanm dreißig Jahre, sein Fnndament ist
Revolution, seine Macht reicht nicht weiter ats seine Ka-
nonen, iind dem Himmet imponiert er nicht, denn ntcht
ist er von Gottes-, sondern von Sündergnaden. Darum
v e r s ch w indet a n ch. a l l e s K önigIiche vor
d em Päpsttichen i n R o m. Man 'hört in Rom
hundertmat Papst, bis man König 'hört. WaS ist der
König von Ftatien im Vergteich znm Papst, imgefähr
was der Fürst von Reuß-Grciz-Lobenstein im Vergleich
znm Käiser von Dentschtand.

Das ist eine wniiderbare Kiiidererbannng! Wir wot-
ten, fo 'bemerkt die „Attg. Ztg." dazu, den srommen Ver-
sasser dieses Ausfalles ans das itatienische Königshaus
nicht dnrch Erinnenmgen au fiänzösische und andere Ka-
nonen, anf die sich vorkonimendenfalls der Kirchenstaat
gestützt hat, in Verlegenheit bringen. Uns interessiert
der Znsammenktang mit den Ansprachen des Herrn
Schädler imd Genossen: nnd insofern, als im Jahre 1903
sich das Jahrhundert vollendet, seit anch in Bayern, wie
in vieten anderen deutschen Staaten, eine Anzahl geist-
licher Staaten verschwiinden ist, die jetzt einen untrenn-
baren 'Bestandteit wie der betreffenden übrigen Bundes-
staaten, so des bayerischen Staates ausmachen. Wis
würde es woyl in Deutsckitand und besonders in Bayern
aufgenonimen werden, wenn geistliche VotWs'chriftstellen
in Itatien, die dazu der Protektion von Angehörigen des
itatienischen Köingshanses sich erfrenten, ähnliche Pfeite
ü'ber die Berge herüberschickten.

Deutsches Reich.

—Das mititärische Ehrengericht hatte gegen den
agrarischen Norkänipfer Dtaj. a. D. Endell wegen der

Dle Technlk des Herrn- Bcrthold ist eine bedeutende, ivenn
auch nicht alles gelang, zum Beispiel einzclue Flagolettöne
uud mehrstimmige Griffe, uamcntlich im Mozarlschen Lar-
ghetto mthglückten. Dcm sonst schönen und kräftigcu Tons
hastct aber etwas Rauhes an.

-Noch müssen wir des unbetannten Begleiters des Herrn
Kraus gedenken, welcher durch eiuen äuherst weichen und
warmen Anschlag crfreute, während der den Cellisten beglei-
tende Herr Sienold in der Tutti des Haydnschen Konzertcs.
dic doch sür Orchester geschrieben sind, etwas mehr Krast Ulli)
Energie hätre entwickeln dürfen.

Stadttßeater.

X Heidclbcrg, 18. November.

„D i e Ty ra nne i der Thränen." Lustspiel in
4 Akten von C. Haddon Chamber s. Deutsch von
Bertha Pogso n.

Der Berfasser hat bei sciner Arbeit ohne Zweisel ein sehr
nützliches Wert im Auge gehaüt. Cr hat jenen Frauen eineu
Spiegcl vorhalten wollen, dre mit einem Fädchcn Setbssiucht.
eincm Fädchen Herrschsucht, ciuem Fädchen Eifersucht und
einer Anzahl ähnlicher Fädchen ihre Männer so umspimien»
dah emc unerträgliche Fessel Haraus entsteht rmd schliehlich die
Liebe erdrostelt wird. Ganz so weit läht es der gutmütigs
Autor nicht kommen; im letzten Moment öffnet er der jungeir
Frau die Augen rmd man nimmt von seineur Stück mit dcv
Hoffnung Abschied, datz nun alles gut wtrd, datz die Eheleute
ein neues Leben, ein Leben gegenseitiger Rücksicht, gegenseitigcu
Bertrauens und gegeuseitiger Achtuug, mit einem Wort: ein
gtückliches Lebeu beginnen werden. Die Tyrannei dcr Thränen,
die, wie cin steter Tropfen den Steln, so die Zuneigung des
Manncs zu der geliebten Frau aushöhlen, wird aufhören.

Man bekommt sehr viel BeherzigenSwertes zu hören, aber
traftvolles dramatisches Leben pulsiert tn dem Lustspiel nicht;
die Szenenführimg macht bielfach den Eindruck des Schüter-
 
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