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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177-202 (01. August 1902 - 30. August 1902)
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Die Wsi, 12. August M2. (Pvstes Vlatt. 44. Jahrgaug. — .tL 186

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Zum Keim.qang Wudotf v. Mennigsens.

An dio Hintvrbiiebenv» des Herrn von Bennigsen ist
von ber Zenirnlteitnng üer Nntionaltibe r a i e n
Partei solgcudeS Telegraunn gerichtet worden:

Familie v. Bennigsen, Bennigjcn.

Ter Heimgang nnseres groszen Fnhrers versetzt seine
nationalliberalen Frennde in allen Gauen des Vater-
landes, für desscn Einigung und Äräftignng er sein Bestes
dahmgegeben hat, in tiefe Trauer.

Aufrichtig und altgeinein ist das Beileid, das wir,
selbst aufs Schmerzlichste bewegt, dcn Hinterbliebenen
hiermit znm Ansdruck bringen.

Nicht die Partei allein, mit ihr empfindet jeder Vater-
landsfreund diesen Verlust als nnersetzlich.

Rudolf v. Bennigsens Verdienste nm Kaiser und Reich
sind mit goldenen Lcttern ins Bnch der dentschen Ge-
schichte eingetragen, ancrkannt von dem Helden der
Staatskunst, mit dem er als Volksmann ohne Gleickien
gemeinsam den Verfassnngsstaat anfrichten durfte.

Seine Verdienste nm das Volk, das er mit seiner
heilig glnhenden Vaterlandsliebe, seinem Gemeinsinn nnd
weitcn Blick, sciner hohen Anffassung des Bernfs der
Tentschen auf allen Knlturgebieten zn erfüllen strebte:
neidlos werden sie anerkannt von Hoch nnd Itiedrig, Alt
und Iung. Dem Parlament hat er die änßeren Formen
zimmern helfen, nm ihm dnrch eigenes Beispiel den edel-
slen, reichsten Lebensinhalt einznflößen, den die Verfas-
snngsgeschichte kennt. Und wie vicl, was er erstrebt, ist
anch erreicht!

SRitwelt nnd Nachwelt uinssen es als eine der glück-
lichsten Fügnngen Preisen, daß nbben dem eisernen Kanz-
ler ein Rndolf v. Bennigsen am rechten Platz erschien,
die Vergangenheit friedlich abznschließen, Fürsten nnd
Volk durch gegenscitiges Vertranen mit einander zn ver-
binden und die besten Kräfte für die Fövdernng eiicheit-
licher Ziele ansznlösen.

Tie Dankbarkeit der Tentschen wird sein Gedächtnis
in höchsten Ehren halten, dessen sind wir gewiß.

Für die Partei, die er ins Tasein gernfen nnd ein
Menschenalter hindnrch ruhmvoll geführt hat, dürfen wir
es an der Bahre des niivergeßlichen Frenndes feierlich
versichern.

Ter Zentralvorstand der Nationalliberalen Partei:

Tr. H a m m a ch e r. B a s s e r m a n n. v. E y n e r n.

Namens der Nationallibcralen Fraktion der Zweiten
Badischen Kammer ist seitens des Abgeordneten
Dr. W i l ck e n s, der znr Zeit in der Sommerfrische
weilt, an die Familie v. Bennigsen ein warmes Bei -
l e i d § t e l e g r a m m abgegangen. Beini Leichenbe-
gängnis wird die Fraktion dnrch den Reichs- nnd Land-
tagsabgeordneten Tr. Blankenhorn vertreten sein,
welcher zugleich im Namen der Nationalliberalen Partei
Badens einen Kranz am «arge des Verewigten nieder-
legen wird.

Tas Telegramm des Kaisers an den Sohn Bennig-
sens, Erich v. Bennigsen, haben wir bereits veröffentlicht.

Der Reichskanzler Graf Biilow sandte folgende
Depesche ans Reval an den Gonverneur v. Bennigsen:

Erhalte soeben Nachricht von dem Heimgang Jhres
verehrten Herrn Vatsrs. Tas dentsche Volk wird dcm
Verewigten, der von Ingend anf ein Vorkämpfer des
nationalen Gedankens war, nin dessen Venvirklichung er

sich hohe Nerdienste erworben hat, ein trcues Andenken
bewahren. Ausgezeichnet als Mensch dnrch Selbstlosig-
kcit nnd Würde des Eharakters, eine Zierde des dentschen
Parlainentarismus nnd ein hervorragender Beamter,
wird er in nnserer Erinnernng fortleben.

Deutsches Reich.

— Da sich in S ü d w e st a f r i k a sowohl das
Klima wie die Bodenverhältmsse vorzüglich ifür den
W e i n b a n zn eignen scheinen, hatte die Kolonial-
abteilung den seinerzeit bei seinen Ettern in Grünberg
in Schlesien anf Nrlaub weilenden Feldwebel Albert
Bohr von der dentsch-füdwestafrikanischen Schutztrnppe
zn einem zweimonatlichen Weinbaukursns nach Trier ab-
kommandiert, woranf er später mit der Oberanfsicht
über die DentsckpLÜdwestafrika angelegten Weinknltnren
betrant wnrde. Wie die „Sckilesischck Zeitnng" jetzt eincm
Privatbriefe cntnimmt. sind diese Weinknltnren Prächtig
gediehen nnd berechtigen zu den schönsten Hoffnnngen.
Fn diesem Iahre wird die erste größere Weinernte statt-
finden, so daß der nnfgemendctcn Mühe anch ein Erfolg
in AnSsicht steht.

Baden.

— Elnem Korrespondenten der „Straßburger Post"
ist angedeutet worden, daß in der Klosterfrage noch
alles in der Schwebe sei; man will, so schreibt er
weder nach der etnen noch nach der anderen Seite hin einen
raschen Entschluß fassen, sondern alle in Betracht kommen-
den Fragen der reiflichsten Erwägung unterziehen, wenn
nach der Erbolnngs- und Urlaubszeit der Gang der Staats-
geschäfte erst wieder ein lebhafteres Tempo annimmt. Das
im Anschluß an die Professorenkundgebung neuestens ver-
breitete Gerücht von dem Rücktritt deS Ministers Frhrn.
v. Dusch, der nach seiner Erklärung in der Kammer der
Einführung von einigen Klöstern um „eine Nuance" sreund-
licher gesinnt ist, als sein Vorgänger, dürfte schwerlich
einen ernsteren Rückhalt haben. Vorerst hat das Staats-
ministerium noch keine Entscheidung getroffen, und so lange
diese nicht erfolgt ist, wird man so wenig von dem Rücktritt
dcs Herrn v. Dusch bei Ablehnung der Klöster wie von
dem des Ministers Schenkcl bei Genehmigung derselben
sprechcn können. Die Erwägungen und Erörterungen im
Schoße des Gesamtministeriums werden sich keinesfalls so kurz
gestalten, wie man vielleicht annehmen möchte, da, nach
einer vielfach bemerkten Znschrift an die „Allg. Ztg." zu
schließen, die Zulassung einiger Männerklöster thatsächlich
bcreits in den Bereich der Möglichkeit gerückt wäre. Viel-
mehr dürfte die „Ncue Bad. LandeSztg." in Mannheim
in dieser Soche wohl das Richtige getroffen haben, wenn
sie sagt: „Auf jeden Fall dürftcn vor der Entscheidung
die beteiligten Gemeinden und wohl auch die Bczirksräte
der in Betracht kommcnden Gegenden zu Rate gezogen
werden, und nur falls von dieser Seite wedcr eine Vcr-
schärfung der konfesfionellen Gegensätze noch eine bedenkliche
wirtschaftliche Verschiebung befürchtet wird, ist an ein
Eiitgegenkommen der Regicrung gegenüber den kirchlichen
Wünschen zu denken." Freilich ist dabei nicht außer Acht
zu lasscn, daß gewisse Gegenden, die ganz unter klerikalem
Einfluß stehen, wie z. B. Walldüin. von vornberein in

der Einführung von Kapuzinerklöstern unter keinen Um-
ständen eine Benachteiligung erblicken werden.

— Die V e r t r a ii c n S m ä n n e r der natio-
nallibcralen L a n d e s p a r t e i sind auf den
15. Angnst nach B a ü e n - B a d e n znr Besprechung der
pvlitischen Lage eiiiberufen wvrden.

IIG. Schopfheim, 11. August. Jm Saale der
Bahnhofwirtschast tagte gestern Nachmittag 'die vom
Illationalliberalen Bezirksverein einberufene Prote st-
vers a m m I n n g gegen die Zulassung der Lst änne r-
orden. Obgleich mehrere Umstände den Besuch der
Versammlung beeinträchtigten, war derselbe doch ein
gnter; namentlich von den Landorten, soivie auch aus dem
hinteren Wiesenthal, von Zell, Atzenbach nsw. waren
zahlreiche Freunde der liberalen Sache erschienen. Nach
einem meisterhaften Vortrag des Staatsanwalts Jung-
hans aus Freiburg wurde eine entsprechende Resolution
einstimmig angenommen.

110 S ch w e tz i n g e n, 11. August. Gestern wurde
hier in der Kirche eine P r o t e st v e r s a m m l u n g im
Rahmen eines GotteSdienstes gegen die Einführung der
ÜN ä n n e r o r d e n abgehalten. Professor Dr. Thorna
führte der zahlreichen Zuhörerschaft ergreifend vor
Augen, wie sehr gerade die evangelische Bevölkerung
von der Klostergesahr berührt werde. Zu der Ver-
sammlung hatten sich zahlreiche Männer aus acht um-
liegenden Ortschaften eingesunden. Zinn Schluß war
noch eine Nachversammlung im „Falken", in der laut
.Bad. Landesztg." viele sich das Versprechen gaben, fich
bei der Protestversammlnng in Mannheim am 18. An-
gnst einznfinden.

Bopern.

M ü n ch e n, 11. August. Ter Fall Landmann ist
nunmehr erledigt. Vcinister v. Landmann wurde
durch ein Handschreiben des Prinzregenten vom 8. August
bis aus Weiteres in den Nuhestand versetzt. Tie
Versctzung erfolgte ohne Verleihimg eines Ordens.

Gleichzeitig wurde der außerordentliche Gesandte
nnd bevollmächtigte Minister am österreichisch-ungarischen
Hose, Staatsrat im außerordcntlichen Tienst Klemens
Freiherr von Podewils-Dürnitz zum Staatsrat im or-
dentlichen Dienste nnd Staatsminister deS Jnnern für
Kirchen- und Schulangelegenheiten ernannt.

ÜN ü n ch e n , 11. Angust. Die Korrespondenz Hoff-
mann meldet: Nachdem am 26. v. M. der einverlangte!
Rechtfertigungsbericht deS Senats der Nniversität Würz!-
burg beim KuItuSminister eingetroffen war, wurde durch
tMinisterialentschließung vom I). ds. die vom Rektor nnd
i) Mitgliedern des Senates eingereichte Protesterklärung
nach Form und Znhalt als nngehörig erkannt, nnd ebenso
wie deren Veröffentlichnng, für die der Staat ausdrück-
lich die Nerantwortung übernommcn hat, ernstlich gemiß-
billigt. Ueber das Enthebungsgesuch des Rektors und
dcr beteiligten SenatSinitglieder wnrde in der gleichen
Entschließung ausgesprochen, daß es sich ans dienstlichen
Gründen zur Vertretung an allerhöchster Stelle nicht
eigne.

— Die „Münch. N. Nachr." deuten an, daß das Mit-
glied der Kaiinner der Reichsräte, das dem Prinz-Regen-
tcn 100 000 Mark zur Verfügung gesteü-t hat, nm den
durch den berüchtigten Beschluß der Zentrumsmehrheit
der Zwciten Kammer vereitelten Ankanf von Kilnstwerken

Aie Mmchener Wichard Wagner Iestspiete.

X München, 10. August.

Bis zum vorigeu Jahre hatle die musikalische Welt in der
Einbildung gelebt, daß eine Offenbarung der Werke Richard
Wagners nur in Bayreut h so möglich sei, daß die Absich-
tcn dcs Mcisters rcin und rcstlos zur Verwirklichuug kom-
men. Die Eröffuuug dcs Prinz-Regenteutheaters im vorigen
Jahre hat bewicsen, daß man auch anderswo zu mustergiltigen,
ganz der Auffassuug Wagucrs ciitsprcchcudeu Vorführungen
seiner Musikdramcn gelangeu kann, wenn nur die nötigen
Mittcl und ein heiligcr Eifer dcr treibcnden Kräfte vorhanden
sind.

Zum zweitenmale cröffnctc nun gestcrn Possart die Pforten
des Prinz-Rcgentcntheaters, das sich auf den rechtsufrigen
Jsarhühen dort erhcbt, wo cinst Wagner und sein königlicher
Schützer ein Heiligtum der Kunst crrichtcn molltcu. Possart
hat mit klarcm Blick erkaunt, daß die Schöpfung eines zweiten,
hauptsüchlich dcr Muse Richard Waguers geweihteu Kunststätte
hier in Müncheu gcradezu cinc Notwcndigkeit war. Es gilt
eben auch auf dcm Gebietc der Kunst — es klingt prosaisch,
>st aücr wahr — das Gesetz von der hcilsameii Wirkung der
Konkurrenz. Bayreuth mag ein noch so hohes Streben haben:
Monopolc führen zuleht immer zum Schlendrian, uud man
hat dahcr auf dcm Gebiet der geistigen Produkriou das Mono-
bol aus gutcn Grüudcn zcitlich eng begrenzt. Was der Geistes-
heros schafft, schafft cr sciucm Volke, denn aus diesem Volk
stt er geborcn, aus der Kultur scines Volkcs cntspringt dcr
llrquell seiues Schaffens!

Possart hat cs nicht lcicht gchabt, schwer geuug hat man

ihm gemacht. Aus praktischcn Gründen hat er sich darauf
singclasscn, nur d i e Wcrkc Wagncrs aufzuführcu, wclche
w dcm betreffendeu Jahr iu Bayrcuth uicht gcgcbcu wcrdcn.
Aßarsival" uatürlich bteibt bis 1913 Bayrcuthcr Privatbesitz.
Dcr ucugegrüudcte „Parsival-Bund"" frcilich stcllt an das

deutsche Vvlk das uaive Verlangeu, mau mögc durch eiu Aus-
nahmcgesetz dcn „Parsival" für alle Ewigkeit alleiu der Bah-
rcuthcr Bühue vorbehalten, die angeblich allein fähig sei, dies
gröhte Werk des Meisters stilgerecht aufzuführen." Nun, bis
1913 werdeu die Festspiele in Münchcn ihreu jmigcn Ruf der-
art gckräftigt habeu, daß jene Behauptung in ihrer Nichtigkcit
auch dem Letztcu klar geworden sein wird. Danu werdeu
nicht uur das Priuz-Regententheater, sondern auch alle auderen
großeu Bühueu uuserem Volk das Werk Richard Waguers
vermitteln, das bisher jetzt wenigen Auserwählten, iu der
Hauptsachc dcu Landfremden vorbehalten blieb.

Jndes sind wir noch nicht im Jahre 19131 Unü so müssen
wir uns mit dcm ücgnügen, was uns bis jetzt Herr von Possart
bieten kaim.

Seit Wochen schon wurde eifrig geprobt. Die Akustik des
Hauses, wclche sich im borigeu Jahr als nicht gauz cinwaudfrei
erwies, ist wesentlich verbessert wordcn. Die Aulageu des
Thcatergarteus, wclche im vorigeu Jahrc iwch Spnrcu der
Neuheit sehr deutlich aufwiesen, siud prächtig hergerichtet, kurz-
um, das Unteruehmeu hat sich mehr kousolidiert. Dcr Chor
ist durch Auleiheu an deu Hoftheateru von Schweriu uud
Dessau auf 111 Köpfe gebracht worden; ini verscukteu Orchester
dirigieren die Z u m p c, Fischer und Röhr cin Hccr von
134 Musikern. Als Kuriosum sei erwähut, daß dcr 135ste
Mtisikcr — Prinz Ludwig Ferdinand bon
B a y e r u ist. „Ja, ja", sagte er neulich zu Generalmusik-
dircktor Zumpc, „Sie Häben uns Geiger hart mitgeuommcn."
Er hatte wirklich während einer Probe zu „Tristau uud Jsolde"
dcu ganzeu Vormittag unter den ersten Violinen eifrigst mit-
gegeigt, abcr auch gestern in dcr Vorstellung hielt cr sich schr
tapfer.

Außer dem ebeu crwähntcn Werke, das fünfmal iu Szene
gchen wird, sind vicr Nbende sür „Lohcugrin", vicr für „Tauu-
häuscr" und sieben für „Die Meistcrsinger von NLrnberg"
vorgcsehcn. Die lctzte Aufführung — „Mcistersinger" — fin-
det am 12. September statt.

Die Hanptrollen sind allc drcifach, viele vicrfach besetzt.-
Außer dcm eiuhcimischeu Personal wcrdcn auftreten: Milka
Teruiu a-Loudon, Liliau Nordic a-Ncwhork, Thila
Plcichingcr- Berliu, Giscla Staudigl - Drcsden,
Bcrtha F ö r st e r - Wicu, Fritzi S ch e f f - Londou, Dheodor
Bertram - Bcrliu, Theodor R e i ch m a n n-Wieu, Lco
Slezak - Wien, Ejuar F o r ch h a m mer - Dresdeu, Ernst
Wachtcr -Dresdcn und Georg A nthes -Dresden. Für das
nächste Jähr ist cs Hcrrn von Possart gelungen, auch dic Kräfte»
die bisher in Bayrenth wirkten, zum Tcil zu gcwinneu, was
ihm frcilich bon Frau Cosima sehr übel genommen wurdc, so
übcl, daß sie sich mit eiucr Eingabe an dcu Priuzrcgentcn
wandte, in der sie von fast unlauterem Wcttbcwerb sprach.

Schon von 3 Uhr an rollte Wagcn um Wagen über dis
Priuz-Rcgentcnbrückc, crklomm die Höhc des Sicgcsdcnkmals,
nm dann in langcm Zuge vor dcm Theater zu haltcn. Die
Spiete beginncn nm 4 Uhr, bczichungswcise 5 Uhr, um mit
zwei drcivicrtelstüiidigen Pausen gegcn 10 Uhr zu eudcn.

Festlich gekleidetc Mcuscheiimcngcn, daruutcr zahlreiche
Ausländcr, durchwogcn dic prächtigeu Wandelgänge, denn
Jupitcr pluvius leidet sie nicht im Gartcn. Endlich Fanfaren
als Zeichcn des Beginns statt des üblichen Geklingels, rnfcn
cine feierliche Stimmung wach; man nimmt die Plätze ein.

Und nun folgte eine Vorstellung der „Me i st e r s i n g e r",
diescr einzigartigen, humorvollcn Perle dcntschcr Musik, die
nähezu vollendct war. Unter Gencralmusikdirektor Z u m p c s
hingcbnngsrcicher, äußerst temperamentvollcr Leitung erzielte
das Orchestcr eine Klangschönhcit, die stcllenweise geradczu
bcrückcnd war. Welche uugchcurc Arbeit steckt in solch einem
Ersolg! Als Darsteller warcn iu der Hauptsachc die cinhcim-
ischcn Kräftc thätig: Knote, dcsscn taufrischcr Tenor alle An-
wcsciidcu aufs ncuc eutzückie als Walter von Stotzing, F e i n-
h a l s, dcr sciucn Hans Sachs gegeu das Vorjahr uoch erheb-
lich hcrauszuarbeitcn vcrstaudeu hat, Klöpfcr, der mit
ciucm Batz bcgabt ist, der wohl zu dcn cdelstcn und vornehmsten
gcrcchnci wcrdcn darf, dic man hcute hört nnd last uot least —-
 
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