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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281 - 305 (01. Dezember 1902 - 31. Dezember 1902)
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Mitlwoch, 17. Dezcmber 1W2. Grftes Blatl. IahlMo. 44. — ^ 295

Lrjcheint täglich, Sonntags ausgenorwnen. Preis mit FamilienLlättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweiganstalten crbgeholt 40 Pfg. Durch

die Post bezogsn bierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen
an brstimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelb. Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprecher 82.

DerttjHes RejH.

— Znr R c i ch s t a g s e r s a tz w a h l in i e g-
uitz ,'chrei'bt die „Lreis. Ztg.": Auch 1898 entschie'd die
Sli-chwaht zwischen Freisinn und Äozialdemokratie. Aber
diesmal war es sehr nahe daran, daß die L>ozialdemo-
tratie iiberhanpt nicht einmal bis zur Stichwahl ge-
langte. Tas isr also die Entscheidnng des „Polksge-
richts", ans das sich die Sozialdenwkraten dem Freisinn
gegenicher in den letzten Tagen so ost bernfen haben.
Der „Vorivärts" ist jetzt ganz kleinlaut geivocden da-
rüber, und auch unter den Genossen kann man vielsach
Aeußerungeu hören, welche eine starke Ernüchterung
beknnden über den Eindruck, den die Radanszenen im
Reichstage im Landc gemacht haben. Gerade zn dieser
Wahl hatte die Lwzialüemokratie aus ert'lärlichen Grün-
den die denkbar größten Anstrengungen gemacht. Die
Liegnitzer Blätter heben besonders den starken Rückgang
der sozialistischen Stimmen in der Stadt Liegnitz (496
Stimmen) hervor, währench dort die Freisinnigen nur
29 'Ltinrmen verloren.

— Durch daS neue Z o l I t a r i f g e s e tz wird
eine ganze Anzahl früher erlassener Gesetze beseitigt
werden. Zunächst das Zolltarifgesetz vom 24. Mai 188ö.
DaS Gssetz, ans welchem die neue Schutzpolitik Deutsch-
'lands basiert, stammt bekanntlich aus dem Jahre 1879.
Ihin folgten recht bald abändernde Ilovellen, die erste
schon im Iahre 1880; sie hob den Zoll für FlachS aus.
^m Jahre 1881 wurden sogar zwei Novellen nötig.
Auch nach dem Jahre 1885 sind noch die verschiedcnsten
Zolltarifnovellen erlassen wordcn. Ällle ditzse Ilovellen
verlieren ihre Geltung, sobald das neue Zolltarisgesetz
in Krast getreten sein wird. Von der gesamten früheren
Zolltarisgesetzgebung würde nach dem Jnkrafttreten des
neuen Gesetzes nur noch die sogenannte Klansel Franken-
stein, die schon in das Zolltarifgesetz vom Jahre 1879
eingesügt war nnd die bekanntlich den über 130 Millionen
Mark ausmachenden Erkrag der Zölle den Einzelstaaten
überweist, mit der sich anS der bezüglich der Arbeiter-
witwen- und Waisenoersicherung getroffenen Vorschrift
ergebenden Aenderung in Kraft bleiben. Aber auch dieje
soü ja, wie im neuen Zolltarifgesetz ausdrücklich ansge-
sprochen ist, späterhin einer Umgestaltimg unterzogen
werden.

— Der bisherige erste Botschaftssekretär bei der deutschen
Botschaft in London, Legationsrat Frhr. p. E ck h a rd t stei n,
der, wie bereits erwähnt, einen längeren Ilrlaub geiiommen
hat, ist, dem „Berliner Lokalanz." zufolge, im Wahlkreise
Hersfeld-Rotenburg (Reg.-Bez. Kassel) sür die nächste
Reichstagswahl als gemcinsamer Kandidat der Konservativen
und Nationalliberalen aufgestellt worden. Gegenwürtiger
Abgeordneter dieses Wahlkreises ist der Aiitisemit Werner.

— Eine außerordentlich langatmige Erklärung des
engeren Vorstandes des Biindes der Laudwirte
gipselt in dcr Erklärung: Der Bun'd der Landwirte muß
auf ein weiteves Zusammengehen mit denjenigen politi-
schen Parteieu und Abgeordneten verzichten, welche seine
wichtigsten Ziele durch Annahme des Antrages Kavdorfs
preisgc-en. Andererseits faßte die k o nservativs
Fraktion eincn Beschluß, worin sie die Erklärung
deS Mmdes der Landnürkc b e 'd a n e r t nnd- m i ß-
b i l l i g t.

— Nach der Wiener „N. Fr. Pr." wtzrden 'die Ver-

> handlungen übcr die Erneucrung der Ha n de l S v e r -
! träge zwischen Deutschland, Oesterreich, Jtalien und

Rußland im SNärz oder April nächsten JahreS zn Berlin
stattfinden.

Badea.

j I!< > Villingen, 16. Dezember. Gestern wiirde
hier ein j n n gIiber a ler Verein gegründet, dem
^ sosort 75 Mitglieder beigetrcten sind. Auch im national-
liberalen Verein pnlsiert ein frisches Lsben, seitdem
Landgerichtsrat Obkircher einen zündenden Vortrag ge-
halten und beherzigenswerte Winke erteilt hat.

LO Karlsruhe, 15. Dezember. Diö Gesaint-
zahl der in be r u s s m ä ß i g e r K r a n k e n P f l e g e
im Großherzogtum Baden thätigen Personen betrug nach
einer im Jahre 1898 von Reichswegen vorgenomMenen
Zählung 2451, darunter weibliche 2224, wahrend nur
227 männliche Krankenpfleger gezählt wurden. Von
den Pflegerinnen gehörten 236 einem w'eltlichen Ver-
baüde an, 1600 einem geiftlichen Verbande oder einer
! religiösm Anstalt, wovon 263 evangelische Kranken-
l schwestern und 1237 katholische Oird-ensschwestern waren.
i Hente dürfte diese Zahl beträchtlich gestiegcn sein.

! 0.0. Zn dcr Karlsruher Bahnhoffrage ist es

> anffallend still geworden. Man ninnkclt, daß die Ber-
schleppung nnt der immer noch in Sicht stchenden Müiister-
krisis zusammeuhängt.

Württemberg.

Stuttgart, 16. Dez. Der Köistg richtete an den
Reichskanzler Grafen Bülow nachstehendes Telegramm:
Angesichts deS großen Ersolges, welchen Eure Excellenz
durch Annahme ter Zolltarifvorlage errangen, kann ich mir
! nicht versagen, Jhnen meinen würmsten Glückwunsch aus-
zusprechen. Wilhelm.

Sachsen.

- Die sächsische Regiernng plant solgende Aende-
rnng in Bezng auf die E i se n b a h n f a h r p r e i s e
nnd öie Eise n bah n 'f ahrkarten :

1. Eine Rcform des Personentarifs für die särhslfche
Siaatseffenbahr: wird sobald als möglich und unbeschadet
des Beitritts auderer Eisenbahuverwaltunigen durchgeführt.

2. Die Preisermäßigung für Hin- und' Rückfahrt wird be-
seitigt. 3. Rückfahrkarten werdcn im Binnenverkehr, sowie im
dirckteu Verkchr mit Bahnen, die für Hin- und Rückfahrt
keine Preisermäßigung gewähren, uicht möhr ausgegeben; fie
bleiben bestehen im übrigen direkten und durchgehenden Ver-
kehr. 4. Jm Binnenberkchr werden gleichzeitig mit den Fahr-
karten für die Hilffahrt besonders gekennzeichnete, nur am
Lösuugstage für die Rückfahrt giltige Fahrkarten ausgcgeben.

5. Die Einheitsprcise für die Personenzugsfahrkarten werdeu
fiir das Kilomcter fcstgefetzt auf 1. Klasse 7 Pfermig, 2. Klasse
4,5 Pfennig, 8. Klasse 3 Pfermig, 4. Klasse 2 Pfennig. 6. Für
Benutzung bou Schnellzügen wird durchgängig ein Zuschlag von
1 Pfenuig für das Kilometer erhoben. Freigepäck wird zu-
uächst fortgewührt. 8. Aufgehoben wtrd die Preiscrmäßlgung
für Gesellschafisfachrten, für zusammengestelltc Fahrscheinheste,
die aber als besondere Kartenform bestehen bleiben. 9. Auf-
gehoben wird die Ausgäbe von Arbeiter-Monatskarten, Ar-
beiter-Rückfahrkarten, festen Rundreisekartcn, Sonntagsfahr-
karten. 10. Bcstchen üleiben die Preisermüßigungen für
Kinder, Ausflüge zu 'wissenschaftlichcn und belchrenden Zwecken,
Schulfahrten und Ferienkolonicn, milde Zwecke, wchrpflichtige
Angchörige dcr österreichffch-nngavischen Monarchie, Vcrival-
tungssonderzüge, nach Festsetzung in jedem einzelnen Falle.

11. Bestehen bleiben ohne Preisänderung: dic Schülerkarten,
dio Arbeiter-Wochenkarten. 12 Vestehen bleiben die Monats-

karten. Zur Frage stcht, ob die Preise nach 22 oder nach
26 Fahrten zu bilden sind. Zahlreiche Stadtverkaufshallen
für Fahrkarten solleu eingerichtet werden.

Wenn diese Vorschläge znr Aussührung gelangeiß
wird man in Sa-chsen dritker Klasse Schnellzug für 4
Psennig den Llilometer fahren, während in Ba'den mit
dem Kilometerhest man sür 2,4 Pfennrg fährt. Das
Pubkiknm in Baden hat also keinen Grund, die sächsischen
Vorschläge zu tobpreisen.

AuS der Karlsruher Zeituug.

— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
dem Großherzoglichen Badearzt Hofrat Dr. Arnold Obkir-
ch e r in Baden das Ritterkreuz erster Klasse mit Eichenlaub
des Ordens vom Zähringer Löwen, dem Verwalter am Grotz-
herzoglichen Landesbad Georg Becker in Baden die kleine
goldenc Verdienstmedaille, Z>cm Masseur Cyrill Sch wanst
dem Badewärter Heinrich S t a p f, dem Heizer Josef K r i e-
g e r, dem Badewärter Angust Küh n, der Kassierin Karoline
I Meyer, dem Maschinenwärter Wilhelm Müller, dem
Badwärter Wilhelm Gerber, dem Badwärter Karl Kabis
und dem Portier Akathias Votzler, sämtlich an den Grotzh.
Badeänstalten in Baden, die silberne Verdienstmedaille ver-
liehen.

— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog habeu
dem Privatdozenten Dr. Emil Freiherrn v. Dungern cm
dcr Universität Freiburg den Charakter als auherordentlicher
Professor verltchen, dem Postsekretär Heinrich Sommer
aus Weinheim miter Ernennuiig desselben zum Postnreister die
Vorsteherftelle bei dem Postamte in Appenweier übertragen.

K arlsruhe, 16. Dez. Am Sonntag Vvrmittag
nahmen die Großherzogin, die Kronprinzesstn von Schwe-
den und Norwegen, der Erbgroßherzog nnd die Erb-
großherzogin an Lem Gottesdienst in der Schloßkirchs
teil, wobci Hofprediger Fischer die Predigt hielt. Der
Großherzog war durch Geschäfte vom Besuch des Gottes-
dienstes abgehalten; derselbe nahni verschiedens
Meldungcn entgegen. Um 1 Uhr war Familientafel bei
Len Erbgroßherzoglichen Herrschaften. Abends besuchten
alle höchsten Herrschaften die Oper im großherzoglichen
Hoftheater. Montag, den 15., vornstttags nahm der
Großherzog dcn Vortrag des Präsidenten des Ministeriums
der Justiz, dcs Kultus und Unterrichts Geheiinerats
Freiherrn oon Dufch entgegen. Von halb 1 Uhr^an
meldeten sich eine Anzahl Offiziere: Nachmittags hörts
Seine Königliche Hoheit den Vartrag des Legationsrats
Dr. Seyb. Am Abend besuchte derselbe den ersten
Vortragsabend des Karlsruher Schriftstcller- und
Journalisten-Vereins im kleinen Saalc der Fxsthalle.
Heute Vornnttag hörte der Großherzog Lis 11 Uhr ver-
schiedene Vorträge und cmpfing dnnn den Staatsminister
von Brauer zur Vortragserstattung. Zur Frühstückstafel
erschien die Prinzessin' W'ilhelm. Heute Nachmittag be-
suchten die höchsten Herrschaften das Kunstgewerbemuseum
znr Besichtigung neu aufgestellter Kunstgcgenstände un-
ter Führung Les Direktors Hoffacker. Danach nahm der
Großherzog die Vorträge des Geheimerats Dr. Freiherrn
von Babo und des Legationsrats Dr. Seyb entgegen.
Heute Abend beabstchtigten die sämtlichen höchsten
Herrschaften die Oper im großherzoglichen Hoftheater
zu hören.

AusLand.

Oestcrreich-Ungar«.

B ii d a P e st 15. Dezember. „Magyar Nemzet" be-

2 populäres Sympßoniekonzert.

O Heidelberg, 17. Dezember.

Zii pietätvollcm Erinuern an Beethobens Geburtstag (das
Programm nennt übrigens unrichtigerweise den 16. statt des
17. Dezember) stcllte Herr Musikdircklor Radtg die Pastoral-
sinson-ie an die Spitze des Programms, mit deren im Ganzen
tüchtiger Ausführung er gewitz allen Freunden des grotzen
Meisters Freude bcrcitete. Jn keiner seiner anderen Sinfo-
nien tverden freilich so grotze Ansprüche an die Klangschönheit
des ganzen Orchesters und der einzelnen Jnstrumente gestellt,
und "datz in dieser Beziehung unser treffliches städtisches Or-
chester nicht alle Anforderungen erfüllen kann, wie sie fich
durch die von Weingartner, Nikisch, Steinbach u. a. geleiteten
'Orchcster allmälig herangcbildet haben, ist in der Natur der
Sache begründet. Am meisten lassen Flöten und Oboen in
diescr Beziehung zn wünschen übrig, während sich Clarinetten
und Fagotte, wclch' letzteren gerade in der Pastoralsinfonie
viele hervortretendc nnd sehr heikle Partien zugeteilt sind,
recht wacker hielten. Hoch cstrcut 'waren wir, endlich wieder
eimnal Cherubini auf einem Programme zu begegnen; ist doch
die überall mehr oder weniger Lblich gewordene Vernach-
lässigung dieses hohcn Geistes, der wohl von allen uvseren
grohen Klafsikern am nächsten steht, ganz unbegreiflich. Auf
welcher Bühne hört man noch die grohartige, Glück in erhöh-
ter Potenz bietende tragische Oper „Medea", imd wo den rei-
zenden „Wasserträger", die Perle aller Spielopern? Wie
selten gclangt das tiefernste Requiem in C-nioll zur Anffüh-
rmig, eines der gedankenfchwersten und von tiefster Gclehr-
samkeit zeugcndes Werk, das genialste nnd doch durchaus mah-
volle Kirchenmusikwerk des voingen Jahrhunderts I Denn
Becthovens Missa solemnis ist keine eigentliche Kirchenmufik.
Kaum, datz man äb und zu eines der prächtigen Streichquar-
tette geniehen darf. Am ersten gelangt noch eine der Ouver-
turen zu den, zum Teil ans textlichen Gründen berschollenen

Opern an die Ocffentlichkeit, jene zu „Anacreon" zierte vordem
häufig fogar die Programme großer Musiffeste und in der
That ist es' ein autzerordentlicher Genuß, diese seinc, leichtbe-
schwingte Musik von einem grotzen, in den Violinen stark be-
sctzten Orchcster zu hörcn, denn dann gelangt der zweimalige
Sturmlauf gegen Ende des Stückes zu geradezu fortreitzender
Wirkung. Auch gestern bestanden übrigcns die Violinen die
Prohe gut und liehen die durch das beflügelte Tempo schwie-
rigen Passagen leicht imd behend erklingen. Das dritte Or-
chesterstück des Abends, „Carncval in Paris" von Svcndscn,
ist ein gutklingendes, wenn auch vfters lärmendes Stück, welches
das, ivas es ausdrücken -will, gnt erkennen lätzt, ohne aber
irgendwelche tiefcre Ansprüche erfüllen zu können.

Mit Vergnügen erneuertcn wir die Bekanntschaft mit Willy
Burmester ans Hamburg, mit dem sich zur Zeit wenigc Violi»-
spieler messen können. Vor allem dankten wir ihm die herr-
lichc Auswahl der vorgetragenen Werke; spielte er doch drei
„Väche", programmgemätz das Konzert in E-dur und die be-
kannte, nach der Tiefe transponierte Air aus der D-dur-
Suite für Orchester, beides mit Begleiüing bon Streichmusik,
als Zugabe einen Satz ans einer der Sonaten für Bioline
allcm. Ein Stück von geradezu überirdischer Schönheit ist
namentliä, der langsame Mittelsatz des Konzertes, in welchem
der gewaltige, ehrenfeste Meister sich einer fützen Melancholie
und einer zarten Jnnigkeit hingiebt, wie viele dcm strcngen
Manne kaum zutcauen lverdcn, Cigenschaften, die aber seinem
allumfassenden Geiste durchans nicht frcmd sind, sondcrn sich in
manchem instrumentälen und vokalen Werke findcni Wenn
in diesem Satze Burmester viellcicht nicht ganz die tiefe Jnnig-
kcit, welche ihm.fein Rivale Usaye zu verleihen wutzte, erken-
nen lietz spielte cr dagegen die beiden Ecksätzc, fowic die Zö-
gabe, mit ihrem autzcrordentlich schwierigen Figurenwerk, mit
staunenerregendcr Technik und kräftigem, klarem Tone. Jn der
Air dagegen konnte der Künstler seine sonoren Tiefen, an die
Braffche gemahnenden, nur wcit klangschöneren Töne znr
dauernden Anwendung bringen. Datz Burmefter neben so vicl

klaffisch Schönem auch c i n Stück spielte, das lediglich tech-
nisches Jnteresse hatte, soll ihm nicht verdacht werden; in
dem Pagainni-Burmesterf-ben Thema mit Bariationen für die
Violiue allein entjvickelie er denn auch einen wahren Sprüh-
regcn ausgesuchtester Schwierigkeiten und klanglicher Effekie,
wie sie sel'bst in der heutigen blasierten Zeit und bei den anf das
Tlcußerste gesteigerten Aniorderungen begreiflicherweise einen
Sturm des Beifalls entfefselicn. Zu einer vesonderen Spez:->
alitüt hat Burmcster das Flageolet ausgebildet, in welchem er
übrigens Sarasate, hierin gleichfalls Spezialist, was unendlichL
Sühe nnd Weichheii des Tones, betrifft, nicht ganz gleich-
kommt.

Alles in allem ein hochinteressantes, namentlich durch ein
vorzüglichcs Programm sich auszeichnendes Konzertl

Kleine Zeitung.

Hochschnlnachrichten. P n r i s, 14. Dezember. Die
Vorlesimg über neuere deutsche Litterastir, die Doktor
Benignus in 'Äentfcher 'S P r a ch e an der
Sorboniie nriter starkem Andrcmge der Studentenschaft
— er hatte 300 Zuhörer am ersten Tage — eingerichtet
hat, sind die ersten, die in einer fremden Sprache- an der
Pariser Nniversität gehalten werden. Dr. Benignus hat
in Berlin pronioviert. Er begann seinen Kursus mit
mner durch persönliche Erinnernngen lebhaft gefärbten
schilderung der kiinstlerischen Entwickelung Gerhart
Hauptmanns, von dem die Pariser durch die Bemühun-
gen Antoines und Lngne-Poes bereits „Die Weber",
„Einsame Menschen" und „Hannele" in französischer
Uebersetzung kennen gelernt habcn.

— Frankfurt a. M., 16. Dez. Dr. Josef Stern,
Chefredakteur der „Frankfurter Zeitung", früher preußischer

Die heutige Nirmrner umsaßt vier Blätter, zusammen 18 Seiten
 
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