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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 229-255 (01. Oktober 1902 - 31. Oktober 1902)
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44. Jahrgaug — kr. 250

Erscheirit täglich, Sonntags ausgenommen. Prcis mit Familienblättern monatlich SO Pfg. in's Haus gebracht, bci der Expedition und den Zweiganstalten abgeholt 40 Pfg. Durch

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an bcstimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafelu Ler Heidelb. Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprechcr 82.

SamsLag, 25. Oktobcr 1W2.

er bisher Dirnst that, hat der Prinz eine Anzaht Oelge-
mnlde, welche Episüden aus den Schlachten von 1870-71
darstellen, zum Geschenk gemacht. Die Gemnlde wurden
an den Wänden in der Kaserne aufgehängt.

— Das Enüe des Kartenbriess scheint,
wie Berliner Blättern geschrieben wird, in Sicht zu sein.
Der Kartenbrief war in anüeren Ländern schon seit einer
Reihe von Zahren eingeführt, ehe die Reichspvstverwat-
tung sich zu einer Einführung entschließen konnte. Atan
war ofsenbar der A>einung, datz kein Beünrsnis sür dieses
Formular vorliege. Jm Iahre 1897 wnrde den viet-
sachen Wünschen nach der Einrichtung stattgegeben und
der Kartenbrief verausgabt. Jm Lanf des' JahreS 1898,
dem ersten vollen Iahre seiner Ausgabe, wurden etlvas
über 8 Millionen Stück verkauft, im Vergleich zn dem
Umfang des gesamten Briesverkehrs keine erhebliche
Zahl. ^chon im folgenden Jahr, 1899, ging der Absatz
von Kartenbriesen fast anf öie Hätste zuriick. Es wnrüen
nur.noch 1i/4 Millionen Stück verlangt. Im Iahre
1900 sank der Absatz abermals aui wenig über 3 Miltio-
nen Stück. Nach der nenen Postslatistik vom Jahre 1901
ist nun der Berauf von Kartenbriefen im tetzten Jahre
abermals zurückgegangen. Er betrug noch 2 025 809
Stück. Diese Zaht erscheint n»i jo geringer, wenn mait
bedenkt, daß in demselben Iahr über 86II/2 Miltionen
Postwertzeichen zu 10 Psennig abgesetzt und 1771 Mil-
lionen Briefe im engeren iLinn befordert wurden. Es
liegt offenbar kein Beüürfnis für den Kartenbries vor.

Baden.

— Die Leitung der badis ch en S 0 ziatöe m 0-
kratie macht sich anf b a I d i g e R e i ch s t a g s w a h-
len gefaßt und muntert ihre Anhänger zur Agitation
nnb zn Geldspenden auf. In einem vom LandeSvorstand
nnlerzeichneten Aufrus wird gesagt: „Es versteht sich
ohne meiteres von selbst, daß die 'Sozialdemokratie in
allen tl Wahlkreisen des Landes selbjtändig in den
Wahlkamps eintritt. Wo die Anfstellniig der sozialisti-
schen Kandidaturen bisher noch nicht erfolgt ist, innß sie
jetzt unverzüglich vorgenommen werden. Ebenso ist auch
ohne Verzng allenthalben mit der Wähtagitation zu be-
ginnen.ZurBetreibung derselben bedarf es aber vor allem
einer nmfassenden nnd wohlgegtiederten Organisation.
Unsere Vertrauenstente, Wahl- und AgitationSkomitees
mögen nicht zögern, in alten Orten, wo dies irgendwie
möglich ist, mit der Gründnng neuer und der Zöeube-
tebung bereitS vorhandener Parteivereine zn beginnen
nnd sich von den übrigen Orten znverlässige Vertrauens-
adressen zu beschasfen. Die beispiellose Jntensivität und
der gewaltige Umfang der Wahlarbeit, die wir diesmal
allen Anzeichen nach zu teisten haben werden, ersordern
jedoch auch bedeiitende Geldmittel. Diese in den einzelnen
Kreisen, wo nnr irgeiid möglich, setbst ailfzubrliigen, mnß
allenthalben der Stotz unserer Parteigenossen sein. Der
Umstand, daß der Wahlkampf diesmal mitten in die Zeit
einer wirtschastlichen Depression füllt, die den Zuflnß grö-
ßerer Gelümittel in imsere Zentralkassen henimte, müssen
die Qrganisationen und Wahtkomitees üer einzelnen
Kreise bestimmen, ihre Ansprüche an die LandeS- und
ReichSkasse der Partei von vornherein anf daS beschei-
denste Matz zu beschränken, damit im entschridenden Mo-
ment keine Berlegenheiten nnd Enttäuschungen ein-
treken."

Preuße«.

Düsseldorf, 21. Okt. Nachdem erst kürzlich die
hiesigen Röhren- und Eisenwalzwerke bedeutende Arbeiter-
entlassungen vornehmen mußten, teilt nunmehr ein zweites
großes Werk der Eisenindustrie, die Kesselschmiede von
Jaques Piedboeuf, ihrcn Arbeitern durch Anschlag
Folgendes mit: „Jn Folge der allgemeinen schlechten
Geschäftslage und des dadurch herbeigeführten Arbeits-
mangels ist es uns trotz aller Bemühungen und den
teilweise bis unter die Selbstkosten ermäßigten Preisen nicht
gelungen, die zur vollen Beschäftigung nötigen Aufträge zu
beschaffen. Wir sehen uns daher zu unserm Bedaucrn ge-
zwungen, um Entlassungen von Arbeitern so lange als
möglich zu vermeiden, vorerst die Arbeitszeit einzu-
schränken, und zwar mit Beginn der nächsten Woche
Montags und Samstags den Betrieb ruhen zu lassen."

Ausland.

Türkei.

Konstantinopel, 23. Oki. Der russische B 0 t-
schafter überreichte gestern der Pforte cine Note, in der
dem Vertrage gemäß die regelmäßige Zahlung der Krieg s-
entschädigung (für 1877/78) verlangt wird. Die
Pforte erklärte, daß die Zahlung der ganzen Jahresrate
von 350 000 Pfund für Neujahr gesichert sei.

Konstantinopel, 23. Oktbr. Der russische Botschafter
der sich nach Livadia zu begeben gedenkt, wurde heute vom
Sultan in Audienz empfangen. Der Sultan teilte mit,
daß die Säuberung Mazedoniens von den Banden
und die Beruhigung des Landes gesichert sei, und ljeß dem
KaiserNikolaus die freundschaftlichsten Versicherungen
übermitteln. Montag oder Dieristag wird eine türkische
Mission abreisen, um dem Kaiser von Rußland ein Hand-
schreiben und Geschenke zu übermitteln.

Aus Stadt und Land.

-e- Tossenheim, 22. Oktober. (D e r H er b st) ist dahier
vorübcr; cr ist m jcder Beziehung, sowohl nach Qnalität als
nach Quantität g e r i n g ausgefallen. Es war der geringen
Menge wegcnxzar kein cigentlicher Herbst anberaumt; jedcr Be-
sitzer hat in den letzten Tagen seine Trauben geholt wie es ihm
beliebte, und hat dieselben nnter den Obstmost mitgepretzt.
Von rmcm cigcntlichcn Hcrbst, der sonst bei vielen Winzern in
bessercn Jahren reichlich ausgefallen ist, kcmnte keine Rede sein;
die wenigen Tranben in besseren Lagen, welche gut ausgereist
wareir, wurden zum grotzen Teil von den Vögeln verzehrt.
Winzer, die in bessercn Jahren Fässcr voll Most nach Hause
führten, nahmen dieses Jahr mit wenigem fürlicb. So gut
und hoffnungsreich es im Frühjahr in den Weinbergen aus-
gesehen hat, so gering ist der Herbst jetzt ausgefallen. Das
beste ist das, dah es ziemlich viel Obst gegeben hat und daß
Obstniost wenigstens Ersatz für Traubenmost bietet, sonst wäre
es für die durstigcn Kehlen ganz gefehlt! Hosfentlich wird es
kommcndes Jahr besser!

X Patentbericht für Vaden vom 21. Oktober 1902, mit-
getsilt vom Jnternationalen Patentbureau C. Kleyer in
Karlsruhe (Baden), Kriegsstraße 77. (Auskünfte ohne Recherchen
werden den Abonnenten dieser Zeitung kostenfrel erteilt.)
Dte Ziffern vor den betreffenden Nummern bezeichnen die Klasse.
Pa te nr anm eldungen: 49k. W. 18 373. Verfahren zur Be-
festigung des Bodcns an eisernen Behältern, Fäffern u. dgl.
Georg Wießler, Durlach. 11. November 1901. 491. K. 22 933.

Ieutschländs Außenyundel in deu neun Mo-
nnten Znnuar öis Septemvee t902.

Nach deinlüedcn voui Kaiserlichen Statistischen Anit
heransgegebenen Septeinberheft üer nwnatlichen Rach-
weise über den answärtigen Handel betrügt von Iannar
bis Septeinber 1902:

1. Die Einfuhr iu Tonncn zu 1000 Kilogramm:
31 801 813 gegen 33 308 418 und 33 545 399 für dic gleiche
Zcir in dcn beidcn Dorjährcn, daher wcniger 1 446 605 und
1 683 586. Ein starke Einfuhrzunahme zeigt sich uur vci Matc-
rial- usw. Waren i.-st 180 960) und zwar ücsondcrs bci
Schwcincflcisch, Fischen Südfrüchren, Kaffec, Kakao, Rcis,
Salz.

^ 2. Dic Ausfuhr in Tonnen zu 1000 Kilogramm:
25 117 620 gcgen 23 571 07: und 21 100 186 für dic gleichc
Zeir i» dcu beidcn Vorjahrcn, daher mchr 1 576 548 und
1 047 131. Bei 31 Zolltarifnummern zcigt sich einc vcrstärktc
Ausfuhr. Hieruntcr ragcn hervor: Eisen nnd Eisenwarcn
(st- 772 549), Kohlen (231 098), Adaterialwarcn (213 679),
Erdcn, Erzc (170 025), während die Ausfuhr von Getrcide
(— 25 833), Jnstrumenteu, Maschinen und Fahrzeugen
,(— 19 376)) erheblicher, bei cmdern Nummern weniger nach-
gelassen hat. Die Zuckerausfuhr war wesentlich höhcr als in
dcn Vorjahrcn, namcntlich jene nach Grotzbritaiiuicu, den
Niederlanden uud Britisch-Nordamerika, während die Zucker-
ausfuhr nach den Vercinigten Staaten von Nordamerika, /a,
pan und Jndien eine starke Einbutze erlitten hat.

3. Dic im Wescntlichen nach dcn Vorjahrswerten üerech-
neten Einfuhrwerte für Januar bis September 1902
betragen iu 1000 Mark: 4 276 830 gegen 4 209 795 für die
gleichc Zeit in den beiden Vorjahren, dahcr gegen 1901 mehr
67 035, gcgen 1900 weniger 199 389.

4. Dic im Wesentlichcn »ach den Vorjahrswcrten bcrechne-
ten A usfuhrwerte betragen für Januar bis September
1902 in 1000 Mk.: 3 599 501 gegen 3 290 654 und 3 510 829
für dic gleiche Zeit in dcn beiden Vorjahren, daher mehr
308 847 nnd 88 672. Edelmetcrllausfuhr: 78 837 gcgen
52 826 und 112 735. Wesentlich höhere Ausfuhrwerte zeigen
sich öei Baumwollc und Baumwollwarcn, Droguerie-, Apothe-
tcr- und Farüewaren, Eisen- und Eistnwaren (87 Millioncn
Mark) Erdcn, Erzen, Edelmetallcn, Knpfcr 11. s. w., litterari-
schcn und Kunstgegcnständrn, Matcrial-, Spezerei-, Kondilorei-
waren, Papier nnd Pappivarcn, Seide und Seidenlvarcn, Wolle
11. s. w., und Waren daraus, während sich nur bei Getreide und
anderen Landbauerzeugnissen mit einem Ausfall von 7,5 Mil-
lionen einc bedeutendcre nnd bei Flachs, Kohlen und einigeu
andercn Gruppen eine geringere Abnahme der Ausfuhrwerte
Zeigt. Die ermiiteltcn Ausfuhrwcrte sind zwar dic höchsten im
Iahrfünft, sie wcrüen jedoch voraussichtlich iufolge dcs anhal-
renöen Preisrückganges bei ciner Reihe von Waren nach Ab-
iauf des Jahres uoch eine Ermäßigung erfahren.

Deutsches ReiH.

— Zur I in m a t r i k n I a t i o n des P rinz e n
C i t e l - F r i e d r i ch an der llniversitüt in Bonn tres-
sen dieser und der Kronprinz ani Montag Nachmittag
dort ein. Der seierliche Att findet in der Lluta der Uni-
bersität am Dienstag statt. Prinz Eitel-'Friedrich wird,
wie sein älterer Bruder, Mitglied des Bonner Korps
Borussia Iverden. Bei diesem sind der Erbprinz von
Bentheim, sowie der Prinz von Usenburg eingetreten,
die soeben die Universität bezogen haben. Vor seiner Ab-
reise nach Bonn hat der Prinz in Potsdam dem Osfi-
Zierst'orps des 1. Garde-Regiments z. F. ein großes Ab-
Ichiedsessen gegeben. Der Leib-Kompagnie, bei welcher

Min Don Juan.

Skizze von Gräfin v 0 n W e n g st e i n.

(Schlutz.)

Hcute war eine Rndcrfahrt geplant; mau traf sich bei dem
Pavillou am Strcmde. Frau von Rosey wollte die Jugend
tzllein fahren lassen, da sie den starken Wind scheute. Margot,
w einem einfachen, hellen Waschtleid, Gerta in einer crcmesar-
Rgen Toilctte mit hellblauen Bändern erschien der Freundin
elegant für eine Bootfahrt, doch lieh sich Gerta auf diesem
^ebiet nichr hineinreden. Margot sühlte peinlich das Be-
lffebcn des alternden Mädchens, sich für den Mann, den sie zu
ijeben schien, so jugendlich und hübsch wie möglich zu machen.
^ie mußte zugeben, datz Gerta wirklich sehr gut aussah: ihre
7°llc, schmiegsame Gestalt trat in dem knapp anschlietzenden
Aieide vorteilhaft hervor, ihr welliger dunkler Scheitel umgab
ms leicht gerötete feine Gesicht, i'hre klugen Augen blickten
Eeudig uud erwartungsvoll in die Ferne — Fränlein 'von
/osey konnte sich eines unbehaglichen Gefühls nicht erwehren
Zi dem Anblick der ihr so lieben, sympathischen Freundin,
Uren jetziges Wesen ihr unverständlich blieb. Man wußte doch
si' gar nichts von dem Baron, wie wurde man immer gewarnt
Bsi solchen Badcbekanntschaften, wenn er nun mit Gerta sein
/hiel trieb, wenn er sich über sie lustig machte — mitunter
^mulffe Margot solch' malitivses Lächeln aus seinem Gesicht zu
eiuerken — aber alle diesüezüglichen Einwendungen oder Er-
^sthnungen zur Vorsicht prallten an Gertas Worten: „Er hat
/K sein ganzes Leben erzählt, ich will nichts weiter über ihn
Ibsen^ — wirkungsvoll ab. Jn der Stille aber hatte die
c>We Frcundin Schritte gethan, um Gewitzheit übcr die Per-
^lichkeit dieses Mannes zu erlangen.
imzwischen kangte dcr Baron an, in einem hellen, elegan-
M Strandanzug, den weitzen Filzhut auf das lockige Haar
"^uckt, schneidig und schön wie immer — das mutzte man ihm

lassen. Er trug eiuige Roseii in der Hand, von denen er die
schönsten auswühlte, um sie Gerta zu gcben. Margot beobachtete
die beiden, wie sie einander tief in die Augen blickten — ein
Mick voll Begehrlichkeit auf der einen — voll tiefer, heitzer
Liebe aus der anderu Seite; Gerta errötete tief und senkte ihr
Antlitz auf die Blumen nieder. Warum empfand Margot
solch' tiefes Mitleid in diesem Augenblick mit der Freundin?

Die Drei schritten dcr Brücke zu mid wühlteu eines der
kleinen Ruderboote. Tchiessow und Dirk standen wie gewöhn-
lich an ihren Posten.

„K'eik ens," sagte er, dem Genossen eiiien Nippenstotz ver-
setzeiid, „die twe heb' ik oll laug scho» beglürt, dat durt nich
lang', da geit die mit'n gräunen Mjrtenkraiiz int't' Hoor un
im'u langes slden Brutkledl"

„Jß man'n bildsauber Dern, 'n bisken uich gauz soug —
äwers —" Dirk zivinkerte mit den Augen — „de Sacken vull
Gold!"

„Den Düwel ok — Geld un Gaudl De Kirl gefallt mi
uit, dat itz ener, die Wiew un Fründ hinnergahtl" und Thies-
sow spuckte aus.

Thiessow war ein stiller, aber schärfer Beobachter, ivo
mochte er wohl seine Kenntnis hernehmen? Mit diesen Ge-
daiffen beschäftigte sich Fräulein von Roseh, die Ohrenzeugin
dieses Gespräches geworden war, während der Baron und
Gerta mit dem Besitzer des Nachens unterhandölt hatten. Als
alljährliche Besucherin von Göhren kannte Margott oie Mönchs-
guter Gchiffer so ziemlich alle und war gut Freund mit ihnen.
Bon der Ruderfahrt heimgekehrt, beschlotz sie Thiessow auszu-
forschen, denn das Schicksal ihrer Freundin brannte ihr auf
der Seele.

„Jk weit ivat ik weit, Fröle," gab der Mann auf ihr vor-
sichtiges Fragen zurück, und als sie Hn dringend bat, sich
näher auszusprechen, erzählte er endlich in seiner kurzen See-
mannsart:

„De Kirl es encr von den Schlechten, wisscns, Fröle; wenn
wir Mönchgauter um'n Dirn frein', gaut, dnn keken wir uns

uicht ua eu andre üm, mag ümmers pei de Stadtleit Adode
sein; äwers die Kirll Hot min Fru en Magd, en schmucke
Dirn, die ehr Sak verstaht, arbeit'n dut s' wie son Kirl, sihr
tanredeii sin wir mit ehr. iKum' ik gistern A-bend up min Hof
un schtender so mns Hus rüm, wat sihn min Ogen? ganz
hinner in'm Eck' gedruckt stiht da üie Kirl, den se'n Baron
iieniien — un hot min Mät'n im Orm, unse Minen, die üm-
mers son brav Dirn was, un druckt se un.kützsise wie 'n Ver--
rückter. Dat durte nich lang', Fröle, dunn hot ik die Kirl von
min' Hof runnerjogt — son Slechter l un an Tage kekt hei die
odre mit Ogen an so füerrig, as wenn s' brLnnen ded'n. Js
dat nu nich sträflich Daun un Latenl"

Fest entschlossen, Gerta noch einmal die Angen zu öffnen»
cilte Margot nach diesem Gespräch heim; doch alle Vorsätze
erstarben auf ihren Lippen, äls Gerta aus sie zueilte, sie in
ihre Arme schlotz und ausrief: „O Margot, ich bin so glücklich
wie »och nie in meinem Lcbcn! O du weitzt nicht, was ich
früher gelitten habe, wie ich betrogen worden bin, so datz ich
glaubtc, nie wieder froh werden zu tönnenl Aber jetzt — 0
Margot, wie liebe ich diesen Mannl Pnd wie er heute zu
mir gesprochen hat, so lieb, so innig! O 'bald, baid mutz das
entscheidendc Wort sallen!

Sollte sie wirklich diescm armen Herzen in dieser Stunde
seinc Jllusionen rauben? Sie vermochte es nicht.

Der folgende Morgen sollte Margot noch näher ans Ziel
bringen; cs lief ein kurzer Brief aus Wien ein: „Ein Baron
Hongry lebtc vor Jahren hier, war Offizier, mutzte den W-
schied nehmen wegen eines' sträflichen Verhältnisses mit dcr
Frau eines Kameraden; auch sollten seine Vermögensverhält--
»issc total zerrüttet sein. Ev verheiratete sich vor ca. 6 Jahren
mit einer Schauspielerin und soll in der Nähe von Wien
leben. Jn der Gesellschaft spricht man natürlich nicht mehv
von ihm."

Das war genugl Baron Hongrh verheiratetl Wenn ec
Witwer war, warum sprach cr nicht von Zeiner Ehe? Cin
furchtbarer Verdacht stieg in Margot anf. Sie eilte fort, um
 
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