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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 256-280 (01. November 1902 - 29. November 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23861#0967
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Drittes Blatt

44. ^Mgang. — wr. 268

Samstaa, 15. November 1902.

Erscheint t ä g l i ch, Sonntags ausgenorwnen. Preis mit Familicnblättern monatlich 60 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweiganstalten abgeholt 40 Pfg. Durch

die Post bezogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschliehlich Zustellgebühr.

Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Ranm. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Ausnahme von Anzeigen
an bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelb. Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprecher 82.

Mrennende Agrar-, Aoll'- und Kandels-
fragen,

Bearbeirct uud hcrausgcgeben vou Hcrmauu Eguer, Kgl.
Württemb. Zolliuspekwr, Stmtgiut, uno Karl Schuemacher,
Revisor bei Grosz. Bad. Zolldircktiou, Itarlsruhe. Verlag oou
I. I. Rciff, Itarlsruhc. 380 Scitcn, gchcfrct 3 Mk.

Uebcr Tendcnz uud Hauptinhalt eutiiehmcu wir dcm Vor-
worre dicscs rcichhaltigen und hüchst iutercssaiiten Buches Fol-
gcndcs:

„Als Zicl unsercr gemeinsamcu Arbcit schivrbte uns vor,
einen Uebcrblick üücr die Emwickluiig ücs Zollittesens und dic
wirtschaftspolitischc Bedeutung der Zölle zu geüen, ferner zu
zeigen, in welch' uiimittclbarem oder mitrelbarcm Zusammen-
hang üas Zollwcseu mit den scheinbar entlcgcnstcu wirtschaft-
lichen Vorgüugcn stcht, wic uuerlählich cs daher jedem Gebil-
dcren ist, sich mit dicsen viclfach vcrnachlüssigtcn Fragcn ver-
iraur zu macheu und dazu Stellung zu nchmcri.

Sollte cs u»s uebcu der crstrebteu Belehruug gcUiigen,
auch nur eiiieu Teil uusercr Lcser vou dcr uus Mittclcuro-
päcrn drohcndcii Ueberflurung mit übcrseeischeu Produktcn zu
überzeugen und für die hohe und dankbare Aufgabe zu ge-
wiuuen, au der Verbrcitung der Erkcuntnis dieser Gcsahr und
des einzigeu ALwehrmittels — Zoll- und Haudclsüüiidnis der
bedrohten mittcleuropäischeu Staaten — nach Kräftcii mit-
zuwirken, daiiu war uuscre Arbeit nicht vergebensl"

Nach einem oricutiereiiden Ucberblick über die Eutwickluug
des Handcls- uud Zollweseus werden je in einem aiisführlicheu
Kapircl uud ciuer dcm Gelehrten wie dem Laicn verstäudlichen
Sprache Lehandclt: D er ncue Zolltari f, die Gctreide-
zolle, Maximal- und Miuimaltarif, Handelsv c r t r ä g e,
Meistbcgiiiistiguugsklausel. Eiu für die weitestcn Krcise hoch-
intcressanter Abschnitt schildcrt die sogcnauiiteu „k lciueu
Mittel" zur Hcbung uuserer Landwirtschaft uud bewcist,
datz der Zoll allcin — uud sei er uoch so hoch — dcr Landwirt-
schaft auf die Dauer nicht zu helfeu vcrmag.

Fm zweiteu Teile (Kap. 9—25) wird sodaiin als eiu-
zigcs Abwehrmittcl gcgeu dic drohende amcrikanische Ucberflu-
tung der wirtschaftliche Zusammenschlusz der mitteleuropäischen
Läuder zu einer Zolluuiou Ivarm empfohlcu. Uud dicse bisher
immcr uur theorctisch bchaudclte Uuionsfrage wird hier erst-
mals prakrisch behandelt, indcm au der Hcmd statistischer Ta-
bcllen die Wirkuug einer Zolluuiou auf unsere Rcichsfiuanzcu
gczcigt uud chie Norbediuguiigcu, Ucbergangsstufeu und Be-
gleiterscheinuugeu ciuer Uuion ucbsr dcu hierzu ius Leben zu
rufcndcu narioualen und ilitcriiatioualcn Bchörden beschrieben
wcrdeu.

Wciiu es bcrcits zu dcn schwicrigsteu Ausgabcu der crsten
Polirisch und wirtschaftlichc thätigen Männcr eiues Volkes ge-
hört, dic Tragweitc der grotzcn Züge und Problcme auf dcm
Weltmarkt zu übcrblickeu uud zu behcrrscheu, so mus; cin ver-
srändnisvolles Folgen auf dicseu steilcn Bahncn fürwahr kein
geringcs Matz gediegeucn Wisscus uud aufopferiingsvoller Ar-
beiksfrcudigkeit voraussetzcu. Hierzu tritt bci dcn Vcrfasseru
dieses Buches noch als fühlbares weitcres Momcnt cin patrio-
tisches Empfinden, die Erkciintuis vou der Möglichkeit dcr dcm
Vaterlande crivachsendcn Gefahren, das Pflichtgcfühl, die Be-
strebungen unsercr bcstcu Sozialpolitiker zu uutcrstützeu uud
unter dcm Volke in populärer Wcise nach Kräften auf dicse
cinmal crkauntc Gefahr Hiuzuwciscn, um dcr rechtzeitigcn Ab-
tvehr drohenden Unheils deu Wcg ebncn zu hclfeu.

Jn richtiger Vorahnung dcr durch dic übertricbciicu agra-
rischen Fordcrimgcu hcraufbeschworenen Gefahr haben dis
Verfasser dcn Abschlutz l a n g f r i st i g c r Handels-
berträge als die G r u n d b e d i n g u n g des Wiede r-
aufblühcns u u s c r cr I u d u st r i e u n d uns e r e s
Handels und somit als das erste Ziel der dcutschen Zoll-
dolitik bezeichnet. 'Gctrcidczallerhöhungen siud daneben in so-
lveit zuzngestehcii, als der Abschlutz annehmüarer Handels-
berträge mit nnsern ausländischen Gctrcidclicferanten, die zu-

Aom koreanifchen Kofe.

Einem Briefe der „Köln. Ztg." aus der Hauptstadt
von Korea entnetzmen wir fotgende betetzrende Schil-
derung:

Sonderbare Dinge werden von den wilden Festen
srzähtt, die der Kaiser »nd seine Höslmge feiern. Autzer
winer Hnuptfrau und a-cht amttichen Icebenfranen ver-
tugt ja der glückliche Landesherr über 300 Kebsweiber,
die unter den schönsten und t'tügsten Töchtern des Landes
uusgesucht sind, um dem vielgeplagten Herrscher die
^ürde dcr Kronc erleichtern zu helfen. Die besten Tän-
äerinnen, die anmutigsten und begabtesten Sängerinnen
des Lanües müssen sich in erster Liiüe zur Versügung des
Hoses hatten, und da Frohsinn nnd Freude an Wein,
Es'b nnd Gesang den Koreaner in ganz anderer Weise
^uszeichnen als den nüchternen Chinesen, so läßt sich woht
?ornrnten, datz Ssouter Hoffeste lustiger und reizvoller
^ud ats ähntiche Feste der Pekinger Hofhaltnng oder gar
oor Tokioer, die in ihrem Bestreben, möglichst korrekt
^Uropäisch zu erscheinen, schon langweilig nnd uninteres-
wut geworden ist. Wührend meines langen Aufenthaltes
'n Stadt habe ich das Glück gehabt, mehreremals
ou großen Hoffesttichkeiten eingetaden zu werden. Ob-
oohl sosche Veranstaltungen, zu denen die fremden Diplo-
saten oder Reichsbeamten Zutritt erhalten, selbstver-
z stUfllich etwas ad usnm delphini zurechtgestutzt sind, ging
B doch jedesnml mit großcr L-panmmg durch die
llchkorte der großen Ruhe" ein zu den geheimnisvollen
idallen, ans denen ich so oft den Ktang festlicher Getage
..o^'^önon hören. ttnd jedesmal war es ein seltsames
^usisch uvn Befriedigung und Enttänschnng, womit ich

gteich die Hauptabnehmer deutscher Gewerbeerzeugnisse siud,
hicrdurch nicht iinmöglich gcmacht wird. Möchteu doch diese
durch gcschichtlichc, zollgeschichtliche uud statistische ^Dateu er-
härteteu Grundsätze einer gesundeu deutschen Haudelspolitik
noch iu letzter Stuude bei unseren Volksvertreteru Auklang
fiiidcul

Doch ivie auch die Würfel in der Zolltarifvorlage falleu
mögeu, mit. Freudc begrützeu wir das vorliegende Werk als
eiueii höchst zeitgemätzeu Leitfadcii in dem Labhrinth der durch
dcu demnächstigen Ablauf der Handelsverträge aus dem
Glcichgewicht geratenen deutscheii Zollgcsctzgebung, d'creu küus-
tige Eiitwickluug für alle Berufskreise im deutschcu Rcichsge-
biet, wie iu deu Nachbarläiidcrii uud uicht zum miudeste» für
deu Beamten vou grötzter Wichtigkeit ist. Doppctt freudig sei
die Bewillkommiiuiig die'ses Buches, cinmal, weil es gerade zur
rechten Stunde erschciut, um eutgegen dcu vou „dcr Parteicn
Has; uud Gunst berzerrten" Schildcrungcn ims das' Verstäudnis
für die sich immer schärfcr zuspitzeiideu Zolltarifvcrhandluugeii
zu crmöglicheu. Vorrätig iu Hcidelberg 'bci Baugel u. Schmitt
(Otto Pctjers) tliiivcrsitätsbuchhaiidlung.

Deutfches Äeich.

Badeu.

LL K arlsriih e, 13. Nov. Die Gcsamtzahl dcr wcgcn
ll e b c r t r e t u u g e u b e st r a f t e u P e r s v n e u bctrug
im vorigcu Jahr 60 603. Gegcuübcr dcm Vorjahre habcu sich
vcrmiudcrt die Uebertretuugeu der Gesuudheits-, Bau-, Hau-
dels- und Gcwerbe-, Fcld- inid Gemarkimgs- uud der Schiff-
fahrtspolizei. Eine Zunahme machte sich bemerkbar bei den
Ucbcrtretungeii der Ordiiungspolizei (um rund 2000, daruuter
1200 Mehrbestrafiuigeii wegeu Bcttelns uud Landstreicherei),
der Sittciipolizei (um rund 300, wovon 63 Mehpbestrafuiigen
ivegen gewerbsmähiger Unzucht), dcr Wasser- uiid Straheu-
polizci (um ruud 1000) und dcr Fischereipolizei (um rund
200). Trotz dicser Zimähme hielt sich die Zahl der Ueber-
trenmgen der Ordnungs- und Sittenpolizei noch unter dem
Durch'schnitt dcr letztcn zehn Jahrc, der jedoch überschritten
wurde bei deu Uebertretuugcu der Gesiuidheitspolizei (um
618), Baupolizci (um 88), Wasser- und Stratzenpolizei (um
1446), Fischereipolizei (iim 36) und der sonstigen Ucberlretun-
gcn ('um 52). Die Zahl der von Bürgermeistcrämtern cndgil-
lig bestrasten Pcrsonen betrug >m Durchschnitt 1892-1901:
100 002. Es ist somit cine Äbnähmc svwohl gegeuüber -dcm
Jahre 1900, als gegeuüber dem' Durchschuitt der Jähre 1892-
1901 sestzustellcn.

Karlsruhe, 13. Iiovember. Aus Gruud des Para-
graph 1 Abs. 2 der Verorduung vom 18. August 1894 wurden
sür die Kommissioiicu zur Prüsmig von Nährungsmittelchemi-
kern au dcu Uiiivcrsitäten Freiburg und Hcidelberg, sowie an
ber Techni'schcn Hochschnle in Karlsruhe für 1902-03 als
Vorsiheube eruauut: für die Prüfuugskommissiou iu Freiburg:
dcr Grotzh. Amtsborstand Geh. Regierimgsrat Muth dorsclbstz
für die Pril'fuiigskommissioii iu Heidelberg: der Groszh.
Amtsvorstaiid' Geh. Regierimgsrat Dr. Becker dortselbst; für
die Prüfimgskonimissivii in Karlsruhe: der Gvohh. O'berregie-
rnngsrat im Mmisteriilm des Jnnern Dr. Glockuer dortselbst.
Gesuchc um Zulassnng so'wo'hl znr Vorprüftmg als auch zur
Haiiptprilfuug sind mit dcn vorgeschriebencn Nachweisungcn au
dcu Vorsitzcndeu der betrcffeuden Prüsungskommission zu
richtcu.

Aus StadL und Land.

LE Aiaimhcim, 13. Novembcr. (D i c K u p f e r d i e b-
st ä h l e i u R h eiua u) habeu trotz der Festnahme uud Ver-
iirteuuug mehrerer Diebc iu letzter Zeit uoch keiu Ende ge-
nommen. Vorvcrgangeiie Iiacht ist cs' uini iu dcr Rhcüiischen

abends meinsn Rückweg wieder antrat durch die tangen
Reihen einstöckiger tempelartiger Halten, an den nichts-
fagenden Wobnräumen der Patastwache vorbei nnd wie-
der hinaus zur „Pforte der großen Ruhe", die ihren Na-
men erst verdient beim Vertassen ües Patastes. Lärm
nnd Licht 'bteiben hmter einem, Dunketheit und Ruhe er-
warten einem 'beim Hinanstreten in die Stadt. Eine
Enttüuschung war es für mich, zn sehen, wie fabelhast
zivilisiert alles zugeht am Hofe des .Kaisers von- Dä Han.
Wenigstens wenn fremdländis-che fGäste gjetaden sinö.
speist man an Prächtig gedeckten Tischen, läßt sich Trüffel-
pasteten und die auserlesensten enropäischen Leckerbissen
vorsetzen und trinkt das Wohl des Landesherrn und sürft-
lichen GastgeberS in sranzösifchem Schanniwein, ganz als
ob man an irgend einem unserer westlichen Höfe wäre.
Das hat die geschickte Leitnng des kaiserlichen Hanshaltes
znwege gebracht, die seit einer Reihe von Jahren sich der
schätzbaren Dienste einer vielgewandten Etsässerin, des
Fräutcins Sonntag, ersrent, die dem früheren russischen
Gesandten, ihrem Schwager Waeber, den Haushalt
sü'hrte und schon damals den Beifall des Königs sand.
Als anf Anstisten des japanischen Geschäststrägers Vi-
comte Miura inr Oktober 1896 eine Rotte spanischer
Soldaten von der Gesandtschaftswache in den Patast
drang nnd in viehischer Rohheit die K'önigin mordete,
ihren Leichnam in Stücke hieb, mit Petroleum bego.ß und
an Ort und Stelle ver'brannte, flüchtete sich der geang-
stete König in der dicht verhängten Sänfte einer Harems-
dame in die russische Gesandtschaft, die ihm in jenen
schrecklichen Tagen revolutionärer japanischer Hochflut
allein völlige Sicherheit zn gewähren schien.

Jn der Behausimg des Gesandten Waeber, ganz ats

Gmmiii- und Cellulvidsabrik gelungen, wicdcr eiucu Kupfer-
dieb in der Persou eiiies in Ncckarau iu Arbcit ste'hciiden
Lllaurers aus Philippsburg auf dcr Thar zu cvwischen uud fest-
zuiichmcn.

LL Knrlsruhe, 13. Ilovemver. (B ü r g e r a u s s ch u sz.)
Das neue Ortsstatut bctreffeiid die Somitagsruhe im Handels-
gewebbe wurde heute vom Bürgerausschutz nach scchs'stüudiger,
lebhafter Debatte mit großer Mehrhcit angcuommeii. Jm
Laufc dcr Berarung brachten die Vertretcr des Detailiftenver-
eins eineu 'Autrag cüi, der -Stadtrat möge die Vorlage zurück-
ziehen inid erwägeu, ob nicht eine ortsstarutarische Bestimmung
zu erlassen sci, gemätz welcher sämtliche Lädcu im Wintcr von
11 bis 2 Uhr uud im Sommcr vou 11 üis 1 Uhr ofseu gehalten
werden dürfen. Oberbürgermeister Schqctzler erklärte jedoch,
das; dcr Stadtrat aus sciuer Vorlage üeharre. Die städtische
Verwaltung verfolge in diesem Klassenkampf uur eine Richtung:
Gerechligkcit. Durch einseitigen Egoismus, wie er iu dcm
Antrag des Dctniliftcnvereins zum Ausdruck komme, währe
das Bürgcrtum scine Jnteressen nicht. Vorausgesetzt, datz.
das ueue Statut die ministcrielle Geiiehmigung erhält, sind
nun künftig dic Arbeitgeber verpflichtet, i'hre im Han-delsgewerbe-
bcschäftigtcii Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter, mindestens je-
dcn zweiten Sonntag bou der Arbeit bollständig freizuiasseil.
— Wcücr gcnchmigte der Bürgerausschutz mit alleii Stimmen
gegen die des Zentrums und der Konservariveu die Vorlage bc-
treffcud Errichtuug eiucs Krematoriums auf dem ueueir
Friebhof. Oberüaurat Baumeistcr (kous.) meiute, es liege
kciu Gruiid vor, die hergcbrachte, ehrwürdige Sitte der Erd-
bestaitmig aufziigebeii, zumal die Unhänger der Leichenbe-
stattiuig in der Negel keiner Kirche angehören (I). So lange
dcreu Zahl so gcring sci und dte Sache nur als Spott (!) b'e-
rrieben werdc, habc dic politische Gemeinde keiue tirsache,
eiue Aenderuug vorzuuchmcii. Oberbürgermeister Schnetzlcr
betonte dcmgcgenübcr, datz an der hergebrachten Sittc nichts
gcäudcri werde. Wcr aus' äschetischen oder sonstigcn Gründcn
dic Feucrbcstattiiiig vorziehe, sei doch auch cin 'Mensch, dem
die gleichen Rechte zustehen, wie den Anhängern der Erdbe-
stattung. Das Bedürfnis sei nicht zu bestreiten. Stadtver-
vrducter Bergmaiin erklärte im Nameu des Zentriims, datz es
aus prüizipiellen Gründen gegen die Vorlage stimme. Das
Zentrum wollte auch noch eine Garantie vom Feuerbestartungs-
verein für die Zinscn; seine Vertreter vergatzen äbcr, eineir
bczüglichcii schriftlichen Antrag zu stellen.

80 Knrlsrnhc, 13. November. (V o m N e u e n.) Ilach-
dem Las dicsjährige Weinerträgnis eingebracht und der Most
sich gut cntwickclt hat, kan» man cin Urteil Lber dcn Mcnge-
und Güteaussall fällcii. Jm Oberland schwank'te das Ergebuis
zwischen cinem halbcu und Dreivicrtelhcrbst, im Uutcrlan'd ließ
der Ertrag zu wüiischen übrig. An dcr Bcrgstratze war der
Aus'fall geriug. Die Gütc d-es Weins ist aiisprcchend. Gute
Entwickluug vorausgc'setzt, wird dcr 1902er Jahrgang cinen
bräuchbarcn Dlittelweiii abgeben, der dem Handel 'willkommcn
ist. Jm Karserstnhl erlöste Bötzüigen 23—25 Mk., Jhringen
32—56 Mk. sür weiszes und rotes Gewächs. Endiiigen vcr-
kaufte zu 26—35 Mk., Rotweil zu 28—54 M'k. und Bürkheim
zn 29—30 Mk. Jm Markgräflerland erzielke Müllheim
28—34 Mki, Badcnweiler 30—31 Mk., Sulzburg 84—86 M.,
Dallrechten 28—33 Mk., Ehringen 27—30 Mk. Wolfcn'weiler
30—34 Mk., Stausen 28—80 Mk. u. Lörrach 26—30 Mk. Fm
Brcisgau setzte Hcrbolzheim zu 24—32 Mk. ab, Thiengen zu
22 Mk.; Rotgewächs erlöste in Buchholz 42—46 Mk., in Unter--
glotterthal 50 Mk. und in Hauweiler 46 Mk. Jn der Or-
tcnauer- iind Bühlergcgcnd erzielten Weitzgewächsc iii Hessel-
bach 40—-45 Mk„ Kvppelrodeck 42—45 Mk., Thiergarterr
46—49 Mk„ Ringclbach 40—45 Mk„ Rorgewächse i» Wald-
ulm 52—53 Mk„ in Kappelrodeck 50—60 Mk. I» der See-
gegend vereiniiahmte Meersburg sür Weißgewächs 24—30 Mk„
Rotgewächs 35—45 Mk„ in Hagnau 20—26 Mk„ bezw.
80—40 M.k, in Reichenau 22—24 Mk„ bezw. 32—34 Mk.
und in Markdorf 20—24 Mk, bczw. 30—81 Mk. An der

Gast der Gesnndtschaft, wartete er die Bernhigung des
Landes ab, die mit einer Ablösung des japanischen Ein-
finsses dnrch! den der Russen auch baid zu Staude kam.
Jn dieser Zeit seiner freiwilligen Flucht unö Gefangen-
schaft hatte der Kaiser, damals noch „König bon Tschos-
sönn", täglich Gelegenheit, die Annehmiichkeiten eineK
enropäischen Haushaltes kennen zn lernen. Er war so
entzückt, daß er Fräulein Sonntag bat, in seine Dienste
zu treteu, und seitdem ist eme deutsche Dame sozusagen
Alajordomus üou Dä Han. Es ist übrigens uicht bei
der Iiachahmung der hauswirtschastlichen Dinge aitein
gebliebeii. Auch das Haus der rnssischen Gesaiidtschast
selbst, allerdiugs eiu sehr stattlicher uud eindrucksvoller
Bau, hat so biel Begeisterung.erweckt, daß jetzt niit gro-
ßcn Kasteu uumittet'har neben deiu neuen Palast zn
Tschioug Doug und schou übergreifeud aiif die Grund-
stücke der Seezoltverwaltimg ein ueues «chloß gebaut
wird, gauz uach dem Vorbilde der russischen Gesandt-
schaft. Nnr soll alles noch prächtiger, kaiserlicher wer-
den. Das ganze Gebäude, mit seinen Wandelhallen und>
säulengetragenen Verandeu, wird aus gewaltigen Gra-
nitblöckeu aufgefübrt und verspricht in^ der That recht
großartig zn werden — wenn die stets in Nöten dcr Ebbe
schmachtende Staatskasse es aushält. Ob der Kaiser selbst
in diesein neiien Palaste wohnen wird, ist allerdings frag-
tich. Es scheint doch mehr die Rücksicht anf die Rcprä-
sentation den Fremden gegenuber zu sein, die den Neu'bau
beranlaßt hat. Deun der Kaiser selbst ist in seinen Le-
bensgewohnheiten noch ganz echt und nnberfälscht korea-
nisch geblieben. Dem ist es auch zn danken, wenn etn
Besnch an seinenr Hofe sür den Enropäer zn den interes-
santesten Erlebinssen einer asiatischen Reise gehört.
 
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