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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 256-280 (01. November 1902 - 29. November 1902)
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dereimmhme isl ausschlieszlich bei den Transportgefällen
entstanden. Von der Mehrausgabe entfallen die Haupt-
summe auf bauliche Unterhaltung der Schiffe nebst Zu-
behör (18 734 Mart) nnd anf die Kosten der Schiff-
fahrt iiiid des Transportes (39 288 Mark). Das ver-
wendete Anlagekapital hat auf den Jahresschlnf; 1901
ini Durchschnitt 2 059 843 Mark betragen.

Bapern.

— Die „Vossische Zeitnng" meldet ans Vürnberg,
24. Nüveinberr Bei den Gemeindewahlen siegte die
F r e i s i n n i g - N a t i o n a l l i b e r a l e Liste init
7200 Stimmen gegen 4000 stlmmcn der Sozialdemo-
kraten.

Preuße«.

>>t ö n i g s b e r g i. Pr., 23. November. Ueber
die Trakeh n e r S ch u l v e r h ä l t n i f f e, wie sie
der Prozes; Paalzow-tlUckel illustriert hat, referierte Pro-
rektor Böhm in einer Versammlung des Vereins Wald-
eck in Königsberg i. Pr. Er teilte dabei unter anderem
Folgendes mit: Den Lehrcrn Geschwandter und
Sch i w e k jun., die auch in den Gerichtsvechandlnngeii
gegen Herrn von Oettingeu als Zeugen aufgetreten sind,
sei, so führte Redner ans, von diesem seinerzeit eröffnet
worden, dafz sie sich uni neue Stellen umsehen sollten,
da sie im Gestütsschuldienst ungeeignet seien. Jnfolge-
dessen sehlen seit dem 1. Mai d. I. an der Schule in
Gurdszen und seit I. Iuli d. I. an der Schule in Danz-
kehmen ie ein 2. Lehrer. Die dortigen 1. Lehrer müssen
seitdein allein ein jeder über 120 .Uinder unterrichten.
Zweite Lehrer seien bis heute noch nicht in Aüssicht, da
bisher uiemand Lust verspürt habe, sich um diese «tellen
zu bewerben. Lehrer Geschwandter hat inzwischen in
unserer Stadt, Lehrer Schiwek an der Präparaudenan-
stalt in Lötzen Anstellung gefunden. Der zweite Fall
bezieht sich auf die Zeit nach deni Prozeß. Es handelt
sich um einen Hauptentlastungszeugen Nickels, deu Leh-
rer Lamprecht in Jonasthal, einen erst 46 Jahre
alten Herrn, der au einem Augenübel leidet. Lehrer
Laniprecht wurde, wie der Referent nütteilte, am 17.
d. M. von einem Regierungskommissar revidiert. Die Re-
vision habe von 8,15 Uhr bis 12 Uhr vormittags ge-
dauert, mit einer einzigen Paufe von 6 Minuten. Nach
Beendigung der Revision, als Lehrer und Schüler ge-
radezu 'echauffiert und erschöpft gewesen seien, habe
der Regierungskommissar Herru Lehrer Lamprecht ge-
fragt: „Glauben Sie, noch die Kraft zu haben, weiter
unterrichten zu können?" Lamprecht habe geantwortet:
„Jawohl, ich habe, seitdem sich meine Gesundheit ge-
besfert hat, auch schon bedeutend mehr gearbeitet." Hie-
rauf habe der Kommissar erwidert: „Fa, das meinen Sie,
wir aber nicht! Und das Schöne dabei ift, daß unsere
Meinung gilt!"

Ausland.

Frankreich.

P a r i s, 22. November. Wie der Ministerpräsident
Combes in dem heutigen Ministerrat mitteilte, isl die
A u s slandsüe w e g u n g unter den französischen
Bergarbeiteru überall als erlos ch e u anzusehen, mit
Ausnahme des Loirebeckens, wo ebenfalls heute oder
iiiorgen der Schiedsspruch des Präsidenteu des stassations-
hofes die Wiederaufnahriie der Arbeit herbeiführen
dürfte.

Amerika.

W a s h i n g t o n , 24. November. Das Staats-
departement ist genau darüber unterreichtet, wie weit
G r o sz b r i t a n n i e n, D e u t s ch l a n d iiud dce üb-
rigen Mächte V e n e z u e l a gegenüber zu gehen beab-
sichtigeu. Grosibritannien und Deutschland vergewisser-
ten sich bereits, dasi das Staatsdepartement keiue Ein-
wendungen gegen krüftige Maßnahmen zur Sicheruiig der
Einziehung der Gelder zu machen hat, die ihren llnter-
thanen für die Verletzung ertellter Konzessioneii und
Zerstörung vou Eigentum infolge der innereu Kämpfe
geschuldet werden. Das Staatsdepartement beobachtete
bci der Behandlung dieser Anfragen die größte Vorsicht.
Die Antwort ist in der Erklärung des Präsidenten Roose-
vell festgelegt, nach der die Bereinigten «taaten die Mon-
roe-Doktrin nicht so auslegen, als ob fie irgend welche
amerikanische Republiken gegen die Folgen eigener Misse-
thaten oder Verletzung der internatioualen Höflichkeit
schützen sollte. Der einzige Vorbehalt, den Roosevelt
macht, ist, daß die von irgend einer europäischen Macht

„AHI Schon ivieder bei dem Fall Monnard! Das ist
eine verteufelte Geschichte! Was?" begann dieser sofort.

„Allerdings!" stimmte Braun ihm üei und fuhr fort: „Es
rst alles wie abgeschnitten. Jch kann dcn Faden nicht finden!"

„Ruhig, alter Freund! Einmal kann sich der gewandtestc
Kriminalist vergaloppieren I"

„Ein schlechter Trost!" meinte Braun dazu.

„Wer weitz, ob Sic nicht doch noch den rtchtigen Anschlutz
finden?"

„Eigentlich mützte es sein!"

„Es mutz der Mörder aber auch eiu verdammt geriebenec
Bursche sein. Nicht das Geringste blieb zurück, das von ihm
hergerührt hätte."

„Es ist nichts dabei zn machenl"

„Allerdings nicht!"

Braun stand von seinem Platze auf und ging unruhig und
nervös im Bureau nmher.

„Sie erlauben doch, Herr Kollege, wenn ich die Akten etwas
Lurchsehe?" fragte der Kommissär, setzte sich an den Platz
Brauns und blätterte in den Aktenstücken herum,

Braun sagte nichts dazu, Seine Zimmerpromenaden tvur-
Len immer rascher und Yeftiger. Bon seinen festen Tritten
hallte der Boden. Plötzlich blicb er vor den aufgcspeichcrten
Mordivaffen frehen und sagte, auf diesc hinzeigend:

„Jch Ivollte, die Waffe, mit der der Mord ausgeführt
ivurde, läge schon unter diesem Gerümpel."

„Glaub's!" brummte der Kommissär vor sich hin, der sich
bereits in den Akteninhalt vertiest hatte.

Braun ging unn wieder auf und ab —- wobei er di«
Hände auf den Rücken gelegt hattc. Bei diesen wcitaus-
schreitenden Schritten brummte er dann immer irgend ein
Wori, das sich eben ans der logischen Rcihenfolge seiner Ge-
danken verirrt hatte, vor sich hin.

Vor dem offenen Fenster maclste er wieder Halt. Er sah
in den Gefängnishof himmter imd rief dann dem Kommis-
sär zu:

verliüiigte Strase nicht die Besitzergreifnng anierikanischen
Bodens einschließi.

Kaiser Wikhekm wirbt fiir die Spiritus-
industrie.

Der Ka ise r hat seine Anwescnheit in Sandring -
h a m dazu beiuitzt, der deutschen Jndustrie eincn wichrigen
Dienst zu erweisen. Es ist bekannt, in wie hohem Matze er
sich sür die tcchnis ch e Berwe n d u „ g d c s S p i r i r u s
intcressiert; alljährlich setzr er bei Gctegeiiheir der Sonderaus-
srellunge» der dentschen standwirtschasrsgesellschaft einen nam
haften Preis aus fiir die üedeutsamste Neuerung auf diesem
Gebietc. Wie der „Boss. Zig." ^cschriebcn wird, führte der
Kaiser am vvrigen Samstag i» L-andrüigham persönlich dem
König ii,id der gesamten Hofgesellschaft, dic in Deutschland
üblichcn Gcräte für Beleuchtung, fiir Kochen nnd Heizen mit
Spiritns vor. Divse Geräte waren telegraphisch von Berlin
bcstellt imd von der Spirituszentrale unter Vermittlimg der
englischen Botschafl und dcr deutschen Botschaft in London
in nnglaiiblich kurzer Zeit nach Eiiglan'd geschaffr worden.
Ei>> fachkimdigcr Jndustricllcr übcrwachlc die Beförderung und
stellte die Gegenstände an Ort nnd Stelle auf. Der Kaiser
aber üüernahm alsbald die weiteren Anordnimgen, gaü selüst
dic für ciuen möglichst vortcilhaften Eindruck erforderliche
Ari der Aufsteliimg an und verdolmetschte den Anwesenden
die in dcntscher Sprache gehaltenen Erklärungen des Fabrikan-
ten. Lampen, Kochapparate, Fristerapparate, Oefen u. s. w.
ivurden iu allen Einzelheilen vorgefiihrt; zum größten Vergnü-
gen dcs Königs zeigte der Kaiser, wie ein Spiritnsbügeleiserr
kiinstgerecht gebraucht wird. Er erzählte auch, datz er seit sechs
Jahren in Sanssouci nnd im Neuen Palais Spiritnsglühlam-
pen im Gebranche uud mit ihncn die allerbcstcn Erfahr'ungen
gemacht habe. Von der Zweckmäßigkeit der 'Spiritusöfen habe
er sich bci den letzten Manövern im Schlosse zu Sonnenburg
überzengen köimen. Jedem der Zuschaner wntzte er das, und
zwar mit genauester Sachkeimtnis, nahezulegen, was ihn
vornussichtlich besonders interessiercn mochte, so den Damen
die Haushaltungsgegenstände, den Landwirten beispielsweise
eine Stalllaterne, bei deren Beschreibung er den Betveffcnden
dringend riet, cndlich von dcr maugelhaften Petroleumbe-
leuchtung der Stnlle abzugehen und sich der besseveu Spiritus-
belenchtung zuzuwendcn. Der Kiinig, dessen Aufmerksamkeit
'die ganze. Sache im hohcn Matze erregte, erknndigte sich ein-
gehend nach allon einschlügigcn Berhnltnissen, insüesondere
nuch uach dvn deutschen Denatiirierungsvorschriften, u„d bc-
fähl cinem der hiuzugezogeneu königlichen Jngenieure, sorg-
fnltige Stndien über die smntlichen eingefühvten Gegenstände
anzilstelleii, nm zu ermittcln, wie sic siir englische Verhültnisse
nutzbar zu machen seien. Als' der König evfuhr, dah der
Spiritus zu Auromobilzwccken in Deutschland zunehmende
Benutzimg finde imd datz bei den Verkehvstvuppen der deutschen
Nrmee mnfangreiche Versuchc mit Spiritusautomobilen statt-
fänden, empfahl cr den Jngenieuren, auch diefcm Zweige der
Spiritiisverweriuilg ihr Jutevesse zuzuwenden. Etwa zwei
r-tmiden dauerte die in zwanglosester Weise verlaufene Vor-
führimg, nnd die Aüreise des Kaisers verzögerts sich bei dem
Eifer, den er in der Erörterung >des Gegenstandes entwickelte,
nm eine halbe Stunde. Zum Schlnsse bereitete der hohe Herr
'dem deutsch'cn Erklnrer noch eine Uebcrraschung. Er sagte
plötzlich: „So, mcine Herren! Der Mann hier ist herüberge-
kommen mit Unkostcn nnd Umständen. Lassen wir ihn nun
auch etwas verdicneu!" Und er crteilte augenblicks cinen
schriftlichen Auftrag auf mehrcre Gegenstände. Selbstvcrstnnd-
lich snnmren die übrigen nicht, dicscm Vorgchen Folge zu
leisten.

Eingesandt.

Eiucm Mnnnheimer Blatt Ivird von hicr das Folgendc ge-
schricben:

„Der Vercin gegen H a n s- u nd S t r a tz e n-
bettel hat, nach dcn Meldimgen der hiesigen Blätter, im
Monat Oktober 1800 Pecsonen unierstützt. Die meisten
Unterstützten dürften wohl reisende Handwerker und Ar-
üeiter sein, die sich gegenwärtig in so grotzer Zahl auf der
Landstratze besinden. Diese erhalten Karten, welche zum
Tchlafcu und Fvühstück odev Abendcsscn in den Herüergen
znr „Heimat" oder zum „roten Löwen" berechtigen. Bei
der Ausgabe der Karten wird, wie wir in Erfahrung brin-
gen konnten, sehr koulant vcrfnhren; eine Durchstöberung
aller Legitimationspapiere, peinliche Fragen an den Be-
dürftigcn, wie dies lcider in anderen Stä'dten an der Tagcs-
ordmmg ist, sollen hier nicht vorkommen. Aber trotzdem ist
ein Mitzstand zu vcrzeichnen und das ist das Verfahren beim
Ausgeben der Karten. Diese werden auf der Polizeistation
nm Rathaus ausgegebcn un'd da natnrgemätz nicht alle Rei-
fenden, die sich oft in grotzer Zahl einfinden, in die Wacht-
stube können, so müssen die anderen warten nnd zwar auf
dvm zugigcn Marktplatz. Was das heisst, wird derjenige
am besten wissen, der auch schon „gewalzt" ist. Zum großen
Teile haben die Wartcn'den einen größeren Marsch gemacht
und sind daher miide, sie sind autzerdem notdürftig gekleidet
nnd schlecht genährt, und unter diesen Umstän'den ist für
sie die Kälte und der Zug doppekt empfindlich. Jedenfalls

„Sehen Sie, dort unten geht eben dcr schwarze Noter, der
den Doppelmovd in der Karlstratze verübte. Wer hatrc bei
diesem Fall jemnls dara» gedncht, dah mau den Mörder cnt-
decken Ivüvde. Schlietzlich konnte ich ihn dennoch finden."

Dev Kommissär sah von dcn Akten auf, blicktc anf Brami
und sagte:

„Haltcn Sic es schlietzlich nicht doch füv möglich, datz dieser
Pedvo da den Monnard ermovdet hat?"

„Neinl"

„Hm! Jch ließe den Kevl doch nicht ans' den Augen.
Eine Kontrolle lvürdc ihm anch nicht schaden. Wer wcitz, was
in seinen Koffern alles zum Vorschein kommen wi'irde."

„Der kann cs umnöglich sein! Haben Sie das Telcgramm
nnd die Aussage des Lotter gelescn?"

Der Kommissär nickte nur.

Momentan herrschte eine atemlose Stille im Zimmer.

Bvaun troinmelte mit den Fingern aus der Fensterscheibe
und sah dem Kommissär zu. Als 'dieser das letzte Aktenblatt
durchgelesen hatte, stand er auf, schüttelte den Kopf und
meinte:

„?lber sehr verdächtig ist dieser Herr Serrao."

„Warnm?"

würde sich der Vorsiand des Vereins gegen Haus- und
Stratzenbetiel die Dankbarkeii nicht mir der dori allabend-
lich Ivartenden Handwerksburschen sichern, wenn er die Be-
seitigung dieses Mitzstandes veranlassen würde, sondeim aiich
den aller wahren Menschenfreunde."

Diescm Beschwerdeavtikel kann die Bevechrigung nicht ver-
sagt werden. Allabcndlich kann man am Rathaus die frie-
rendcn Leute sehcnl

Eincr, Ver mich schon „gewalzt" ist.

Städtische Wücheryaü'en.

„ Die N e u g c st a l I n n g des st ä d r i s ch e n Bib -
l i o t h e lwes e n s nebst eincr Uebcrsichi übcr den gegen-
wärtigen Slaud der BUchcrhallenbewegung von Bibliothekar
Dr. G. Fritz", beritcli sich einc von der in dieser Sache seir
längeren Jahren khätigeu Comenius-Gesellschafr neuerdiiigs
Herausgegebene -schrifr. Es isi darin ein reiches Material
verarbeiiel, das zum grötzteu Teil von deu deurschen Städren,
au die sich die Gescllschaft s. Zt. mir cineni Niindschrciben ge-
ivandt hat, zur Verfügung gesrelli wurde. INir Erstaunen
sieht man, welche Fortschritle in der Begründung
d e r mode'rnen B i l d n n g s b i b l i o t h e k e n (Bücher-
hallen) iu den letzten Jahren gemacht sind: miler den 6ö grötze-
ren dentschen Städren, die der Berichr nemit, finden sich solche
wie z. B. Berlin, Charlottenbnrg, Elberfeld, Bremcn niit
Leistungcn aufgeführr die an Bedeurung hinler deneii der vicl-
gerühmren englischen imd amerikanischen public libraries kauni
zurückstehen und die noch bis etwa vor einern Jahrzehnt bei uus
ulierreichbar erschieuen wärcu. Vor allcm mus; die wichtige
und cntschcideude Thatsache hervorgehoben werdcn, datz die
Grüudmig und Unterhaltung von Bücherhallen als k o m-
m u nale Aufgabc nicht nur im Prinzip, sondern an zahlrei-
chen Orlen nuch dnrch thatkräftiges Vorgehcn der Gememde-
Verlvalimigen anerkannr worden isr. Haud iu Haud damit
geheu die von stabr zu Zähr sich mchrcnden Z,uwendungen vou
privater «eite: wir lesen sogar von einer Stiftnng in der Höhe
von üver eiu'dreivierrel Millionen Nkark, von audern im Bc-
trage von 100 000 Mk., 20 000 Mk. u. s. w., ganz abgesehen
von Gründungeu ausschlietzlich ans Privatmitteln, als welche
sich dic Kruppsche Bücherhalle in Essen und die Hevmannsche
Bibliothck iu Berlin darstellen. Die Schrift ist jedem, der sich
übcr die Biichei'hallensache mitei'richtcn will, empfohlen; sie
erschien in R. Gaertners Vcrlaq <H. Henselderi Berlin, zum
Preise von 0,78 Mk.

Kleine Zeitunn

— Krupp nns stapri. Ter „Figaro" schreibt nbei'
den Aiifeiitbiilt Kriipps aiis Capri: stNnsik, Rudern lind
Fischfang anf hober See init den Direktoren des Aqua-
rinms von dieapel füllten seine Zeit nicht genügend aus.
Er ließ auch Straßen dnrchbrechen: eine derselben hat
ihn iOO 000 Lire gekostet. Er ließ ferner —- es ist
schrecklich zn sagen — Tennisplätze anlegen nnd Löwen
aus Papierinachee anfstellen, welche die prächtigsten Aus-
sichtspnnkte, an denen sie angebracht waren, verunzier-
ten. Die freie nnd töstliche Vegetation dec Landschaft
von Capri wnrde ersetzt dnrch sorgfältig geschnittene
Palnien nnd dnrch Cactus, die würdig wären, don Zink
zu sein. Aber was war zu machen? Er hatte den Boden
zn einem Preise getanft, an den sich kein anderec heran-
gewagt hätte. Das alles war aber in Wahrheit nichts
Ernstcs. Tagegen hat eine andere, noch seltsamere Er-
findung dazn beigetragen, den Zorn zn erregen, dessen
Gegenstan-d er seit Wochen gewesen ist, Auf dem Ter-
rain, das er gekanft hat, befindet si-ch ein alteS Karthäuser
Kloster, ein Kleinod, das beinahe nnberührt erhalten
geblieben ist', obschon es in den letzten Jahren als Mli-
tärgefängnis gedient hat, Eines Tages entdeckte KrupV
dort, au dem blumigen Abhang dem Meere zu, eine
Grotte, die Grotte „Fra Felice", wo ein Karthäuser
Mönch, der aber schon lange gestorben ist, eine Brüder-
schaft um sich versaminelt baben soll. Krupp wollte ibn
wieder anserwecken, aber in einer Parodie, und er dachte
nicht daran. daß er in einem Lande war, das sehr fromw
geblieben ist, nnd in dem fich für einige Taufend Einwoh-
ner ein Kapitel von.zwölf Kanonikern erhalten hat, der
übrigen Geistlichkeit gar nicht zn gedenken. Er machtr
also Scherze. die ein Protestänt allein, der katbolischL
Dinge nicht kennt, wagen konnte, Er ernannte Würden-
träger nnd verteilte Medaillen, auf denen Fra Felicr
mit niodernen Zügen, das Haupt zwischen zivei gekreuzten
Gabeln, dargestellt war; der Portier war ein Bauer ist
Mönchskleidung; vor der Grotte läuteten Glocken, dst
Grotte selbst war als Einsidelei hergeri-ch,tet, gerade wst
ein Cabaret auf Montinartre. Die Feierlichkeiten diese>'
Brstderschaft bestanden in Liebesmahlen, die so reichlim
waren — ich habe das von einem der „Brüder" selbst
— daß Krupp gebeten wnrde, sie doch um die Mittags-)
zeit abznhatten, da der Pfad den Abhang enttang nichk

„Telephonieren Sie 'mall Sie ioissen doch den Namen dek
Gescllschaft?"

„Aber wozu?"

„Ob es ihm mit dem Geldeinkassieven wirklich so gleick^
giltig war, als er vorgab."

Braun trat an das im Zimmer steheude Telephon, naüP
die eine Hörmuschel zur Hand, während -dcr Kommissär di§
zweite an sein Ohr drückte.

Rrrrr! schellte die Telephonglocke.

„Bitte 1749 Arcädia."

„1749."

Nuu war urchts zu hörcu, als cin Summeu und Surrev
Ivie aus weiter Ferne. Dann klang deutlich vernehmbar ein^
Stimme:

„Hier Arcadia. Wer dort?"

„Polizeidirektion!"

„Bitte?" .

„Bei Jhnen war ein g>eivisser Fritz Monnard auf 60 00>
Mark versicherk. Diescr wurde vom 16. auf 17. ermordef;
Wurde die Versicherungssummc bci Jhneu schon erhobeu?

„Jawohl! 80 000 Mark!"

„Danke! Schlutz!"

„Haben Sle seine Papiere geprüft?"

„Fch hatte dvch keinen Grundl"

Nachdenklich sah der Kommissär vor sich hin.

Braun begann hierauf: „Auf mich machte er den denkbar
günstigste» Eindruck. Jch habe das erste Zusammeutreffen
mit ihm im Hotel gerade d-eshalb in meiuem Bericht so aus-
fiihrlich gcschildert, damit auch uicht der geringste Zweifel ba-
rüber herrschen kannl"

„Jch habc es gelesen! Aber vielleicht haben Sie sich von
ihm übvrraschen lassen, statt er sich von Fhuen!"

„Lächerlichl"

„Die 60 000 Mark hat er wohl schou erhobeu?"

„Fch weitz es nichtl"

„Schlutzl"

Rrrrr. Wieder klingeltc uud rasselte dte Glocke.

D-er Kommissär trat vom Telephon weg, ebenso Braun.
„Also das Geld hat er schon erhoben!"

„Wariim sollte er es 'denn nicht thun?" wandte Brmm
„Deshalb aber braucht er doch noch lange nicht der Mörde
zu sein!"

„Deshalb allerdigs noch nichtl Abcr hatte er deim
Recht, die 80 000 Mark zu erheben?"

„Das sind wohl zivilrechtliche Fragenl"

(Fortsetzung folgt.)

ciä
 
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