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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281 - 305 (01. Dezember 1902 - 31. Dezember 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23861#1126
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Aie Werörauchsaö.j^2:n in deu öad. Städten.

8Kl<. Die Ver'handlungen im Reichstag rcchtferrlge.: enren
Blici auf die Entwickelung der Verbrauchsaügaben in den der
Städleordmmg unterworfenen badischen Städten, wie sich eiu
solcher aus dcn Veröfsentlichnngcn des statistischen Zabrbnches
übcr die Gcraeindevoranschläge göwinnen lätzt. Leider ist nicht
auch eine Statistit über die thatsächlichen Ergebnisse beigefügt,
ebenso !uie auch ein Ueberblick über diejenigen nicht zu den
Städreordnnngsstädten gehörigen Gemeinden fehlt, welche Ver-
brauchsabgaben crheben, zu denen in letzter Zeit sogar einige
Landgemcinden hinzugekommen sind.

Von den «tädleordnungsstädten erhob Lahr bis zum
Jahr 1900 kcinerlei Verbrauchsabgaben. Bruchsal erhebt
svlchc erst seit Mitte November 189S. Letztere Stadt ist dar-
um bei den folgenden Vcrgleichen weggeblieben.

Die Verbrauchsabgaben der Städteordnungsstädte zusam-
men ergaben 1891 abzüglich der Rückvergütungen abcr svnst
brutto: 1 187 016 Mark, das ist 27,3 Prozent des Umlage-
Letrages, 1900: 1 379 6S6 Mark, das ist 19,7 Pr^->enr; ne
sind also zivar um itwa über ein Füusiel hinauf-, aber im
Vergleich zum Umlagebetrag von einem sehr starken Viertel
auf ein schwaches Aünftcl des letzteren hcruntcrgcgangen. Lcdig-
lich mii oem Umlageertrag aus Einkommen-Steueranschlägen
verglichen betrugen sie 1891: fast 98 Prozent, 1900: nur
noch 68,7 Prozent dcrselben. Während sie im Jahrc 1891
noch 3,9 Mark auf dcn Ltopf der Bevölkerung dieser Städtc
betragen habcn, stellt sich der Satz für 1900 nur noch auf
3,3 Mark und während 100 Mark Einkommen-Steueranschlag
im Jahre 1891 noch 1,15 Mark an Verbrauchsabgaben bezahlr
haben, zahlcn sie jetzt nur noch 87 Pfennig. Eine drückende
Last wird man darum in unseren Städten die Verbrauchabgaben
nicht neimen können. Die Last ist übrigens in den einzelnen
Städten einc verschiedene, wie nachfolgende Täbelle nachweist:

Konstanz . .

Freiburg . .

Baden . .

Karlsruhe
Pforzheim .

Mannheim .

Heidelberg

Die höchste Belastung findet also in Baden statt; diese Stadt
ist auch die einzige, welche eine Steigerung der Kopfquote
aufweist. Jn allen anderen Städten sehen wir die Kopfquote
gleich bleiben oder mehr oder weniger herabgehen. Die Stei-
gerung in Baden läßt sich unschwer aus dem grötzer werdenden
Fremdenverkehr erklären, ein Umstand, der auch in Konstanz
einigermatzen zutrifft. Am erheblichsten ist der Rückgang in
Mannheim.

Jm Vergleich zu den Umlagen überhaupt und auf Etn-
lommensteuerumlagen stellten sich die Verbrauchsabgaben

zu Umlagen überhaupt Einkommenstemrumlagen

1891

auf den
Kopf

1900

auf öen
Kopf

M.

M.

M.

M.

78 101

4,8

102 651

4.8

222125

4,5

253 000

4.1

93 000

6.7

117 699

7.5

250 000

3,4

323 000

3,3

128 000

4,3

166 500

3,8

236 350

3,0

271 806

1.9

129 400

4,1

14 5 000

3,6

1891

1900

1891

1900

Konstanz

28,8 Proz. 31,7 Proz.

105,4 Proz.

115,0 Proz.

Fretburg .

41,9

„ 30.2



147,0



100,0


Baden . .

45,5

„ 32,1


152,8



102,5


Karlsruhe .

32.5

„ 22,3



116,6


67,7



Pforzheim .

47,4

„ 80.2



179,6


109,8



Mamrheim .

14,3

„ 3,5



51,0


32,4


Heidelberg .

27,8

" 23.1



102,3



82,5



Nur in Konstanz wird also in steigeudem Verbällnis zu
den Umlageu überhaupt und zu den Umlagen aus Einkommen
im besonderen die Verbrauchsctbgabe in Anspruch genommen. Jn
allcn anderen Städten ist dieses Verhältnis zum Teil sehr be-
trächtlich gesnnken. Eine Abschaffung der Verbrauchsabgabe
würde zwar die städtischen Finanzen lange nicht mchr in glei-
chem Mahe bcrühren, wie vor zehn Jahren, aber doch noch
immer eine erhebliche Steigerung des Um-
lagefutzes im Gefolge haben.


KLeine Zeitung.

— Berlin, 3. Dezember. Das Projekt der.üschmebe-
bahst hat heute die Verkehrsdeputation beschäftigt. Nach
längerer Beratuug nahm die Deputation zu dem Plane
in 5er Weise Stellnng, daß sie zunächst von den Nnter-
nehmern den lltachweis erwartet, daß znr Durchführung
des Projektes die Möglichkeit gesichert sei, die Stadtbahn
mitzubenutzen. Neber dem Viadukt der Stadtüahn soll
sich nämlich zu einem guten Teil das neue Nnternehmen
bewegen, das den Gesundbrunnen mit Rixdorf verbinden
soll. Eingereicht ist das Projekt von der N'ontincntalen
Gesellschaft für elektrische Nnternehmnngen in Nürnberg.

— Erlangen, 29. November. Eine w a h n w i tz i g e
Wette ging ein Student ein. Anf freiem Felde sprang er
zwischen Fiirth und Erlangen anf den in voller Fahrt befind-
llch.m Schncllzug, der 12 Uhr 24 Min. in Erlcmgen eintrifst.
Ein Fahrgasi zeg dcn Verwegenen, der an seinem Abteil hing
imd geschleift ward, hmei::, wo er halbtot und am ganzen
Körper zitternd sich auf der Bank aussteeckt:. Der lebens-
gefährlichen Narretei lag, dem „Schwäb. Merkur" zufolgc,
ciuc Wette von 1000 Mark zugrunde, die er also gewoimen
hat,

— Zu deu Borgängen auf Cnpri. Der Aufenthalt
des bekannten Bismarck-Malers Allers, der mit den Vor-
gängen auf Capri in Verbindung gebracht worden ist, scheint
unbekannt zu sein. Sein Bruder erläßt folgende Aufforderung
an ihn in Form einer Anzeige in der „Frkf. Ztg.":
Oeffentliche Aufforderung an den Maler C. W. Allers aus
sLapr'. LCb:: Wisth! Wenn Dn dies liest, so gieb mir
sofort Teinen Aufenthaltsort bekannt. Hast Du eiwas
begangen, was nach dem Gesetze strafbar ist, so mußt Du
Dich dem Gericht stelleii und die Strafe auf Dich nehmen.
Nach Rücksprache mit eincm Rechtskundigen kana diese
cventuelle Strafe nicht sehr hart sein. Wir haben jetzt
Briefe der Capreser und Neapolitaner Camorra aufgefangen,
deren Du zu Deiner Verteidigung dringead bedarfst. Wenn
Du Dich aber fern hältst von Jtalien, so wird die Camorra
nicht zögern, auch noch die Schuld an der gegen Exzellenz
Krupp ch verübten schändlichen Beleidigung und dercn er-
schütternden Folgen auch noch Dir aufzubürden. Der An-
fang dazu ist bereits gemachr, um dadurch Andere (Jia-
liener) zu entlasten. Auch werden die Capreser Banditen
nicht unterlassen, Deine jetzt schutzlosen, wertoollen Besitz-
ungen auf Capri auszuplündern. Dein Bruder Heinrich.

— London, 3. Dez. Die Frage, ob Dienst-
mädchen Klavierspielen sollln oder nicht, wird
augenbl'cklich in der englischen Preffe lebhaft eröitert.
Vor einem Londoner Polizeirichter erschicn vorgestern ein
Dockarbciter, der seiner Tochter, damit ste sich „die langen
einsamen Winterabcnde in d-r Küche verlürzen könne", ein
Klavier auf Abzahlung gekauft hatte. Etwa die Hälfle
des Kaufpre.ses hatle er beceits bezahlt, als er anßer
Arbeit kam und die Zahlungen nicht mehr einhalten konnte.
Jnfolgedcssen nahm ihm die Firma das Jnstrument wieder
ab. Der Richter, den ec in der Angeiegenheit um Rat
bat, sragte erstaunt, ob es der Tochler von ihrer Herr-
schaft gestattet set, ein Klavier in der Küche zu halten,
und als oie Frage bejaht wurde, nef er aus: „Nuii, das
ist in der That ein Zeitalter dcr Privilegien für Dienst«
boten." Dann enlließ er den Arbeiter mit der Bemerkung,
das sei schlicßlich noch das Beste, was ihm angesichts
seiner Ardeitslosi>,kett passiercn konnte, denn nun set cr
wmigstens eire Sorge los. Ein Teil der Prcsse findet
nun diese Bemerkung des chters unfrcundlich und un-
berechligt, wähiead der „Clo " enlrüslct eiklärt, man solle
deai Publikum in Zukunft ncht mehr mit Sammlungen
zu gunsten der armen, notle. nden Dockarbeiter kommen.
Wenn es anch ganz schön sei, daß die Lieve zur Musik im
englischen Volke angcregt und gefördert werde, so könne
man doch nicht behauplen, daß eiu Klavier zu den not-
wendigsten Lebensbedürfnissen gehöre, uud auf keinen Fall
häiten Leute, die sich solche Exiravaganzen lcisteten,
Arispruch auf die Mildihäiigkeit des Publikums. — Da-
gegen ist nur einzuwenden, daß lcider — oder glücklichcr-
weise — nicht alle Dockarbeiter ihreu Töchtern Klaviere
auf Abzahlung kaufeu.

.— Der Löwc als Schauspiclcr. Mit einem merkwürdigen
Fall hatte sich soeben die Gesellschaft zur Verhütung von Grau-
samkciten gegen Tiere in Jersey-City zu beschäftigen. Jn
einem dortigen Theater fpielt man ein Stiick „Die Löwen-
braut'V in dem ein Lülve, der im Ktifig auf der Bühne ge-
'haltcn wird, laut briillt, wenn die „Braut" iu Sicht kommt.
Die Regelmützigkeit, mit der nun der vierfützige Schan-
spieler nüt seinem Brüllen immer zur rechtcu Zeit eiusetzte,
erregte den Verdacht des Vertretcrs der Gesellschaft, und bei
seiner Untcrsuchuiig cntdeckte er, datz Elektrizität als anreizen-
des Mittel gebraucht wurde. Dic Gesellschaft 'hat den elektri-
schen.Draht, dcr unten am Käfig befestigt war, ausschalten

lasseu, und dcr Löwe brüllt jetzt in mehr oder weniger un-
regelmätzigen Zwischenräumen.

— I» dcr Spiritisten-Berfammlung. Vorsitzender: „Bie-
len Sic dem Geist keine Zigarren an, meine Herrenl Er
hat mir gesagt, datz cr das Rauchcn nicht vertragen kcnml"

— Jm Konzert. Leutnant (als eine Sängerin den Bduud
auffallend wcit öffneti: „Kolossaler Kräwinkel!"

Vermitwortlia) sü: d"n redaktionellen Teil F. Montua, für dcN
Jnseratenteil T>>. Berlc::bnkK, peide in Heidelberg.

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^iöll>'.8elimillt,8astpt8tr.135

smpüslllt ssin Iivgsr in ksrtigsr

> "'8tsllsnä in l'agllsmäsll, Modtllsmäsn, Lsinlllsiäsrn, dlsgligc'-
! u-llsn, Ontsr-l'Lilisn, Hntsrröeksn, Ikrisisr-Näntsln sto. in
dsvällrtsn tzualitätsn rn llilligsn Lrsissn.

>»»M Vertvsncken 81« rivL Orckne» Idrsr l'apiere

8«I»i»v1II»«L^«r

kaekxeatell«, 8«brände nnck kiireanartillel.
Vsrkan ksts IIs bsi

»Inl. IssvInlvLxv«.


fchutzMann, welchen er sofort zu sich heranwinkte, ihn i>r wcni-
gen Worten von allcm verständigte und sodann ersuchte, i'hm
Beistand zu leistcn, den dieser ihm auch sofort zusicherte. Brauu
machte ihn nun sogleich darauf aufmerksani, datz die beiden
Berfolgterl vor nichts zurückschreckeu würden, nur um ihre
Freiheit zu behalten; es könnte sich dabei also um ihr Leben
handeln. ^

Jetzt bogeu Pedro und Hans in eineu Hausflur eiu. Mit
sin paar Sprüngen war Braun so nahe gekommen, datz er
sehen konnte, wie die beiden mi Treppcnflur vcrschwanden.
Er folgte ihnen leise nach nnd blieb dann lauschend stehcn. Er
hörtr mm. wie jie m den zwciteu Srock kamcu, dann '.n den
dritien; leise schlich cr in den zlreiten Stock hinauf. Jetzt
wurde eiue Thür rickts r.n vierten Stock geöffuet und t>ami
krachend zugeschlagcn.

Jetzt satzen sie fest.

Er trat wieder auf die Srratzc, verstäudigte den ihn be-
gleitenden Kriminalpolizisten und rief noch einen in
nüchster Nähe postierteir Schuhmann herbei. Sämtliche drei
Legabeu sich jetzt hinauf in dcn vierten Stock. An der Thür
rechts ivar cin kleines Schildchen angebracht. „Frau Marie
Laug", las Braun. Cs war dies wohl die Wirtin. Er schellte.
Sic mußten kurze Zeit lvarteu, hörten aber bald, wie schlür-
fende Schritte sich näherten. Die Thür öffnete sich und in dem
Spalt stand eincn kleine dtcke Person. Braun machte ihr mit
einer HaudLewcgilng sofort cin Zeichen, daß sic schweigcn
lollte nnd fragie:

„Siich Jhre Zimmerherren zu Hause?"

„Ja! Ebcn sind sic gekemmcn!"

„Wir wollcn sic sprcchcn. Wo befindet sich ihr Zimmcr?"

„Gleich hierl" Die Frau zeigte auf eine Thüre.

Braun pochte. Seire belden Begleiter hielten ihre Waffen
Lereit, falls es zu Thätlickllliten kommen sollte.

Aber nichts regte sicb. Es blieb alles ruhig. AbermilZ
klopfte Braun, und zwar diesmal ziemlich stark. Die im Zim-
mer Bsfindlicheu rübrten sicl. nicht. Jetzt erst drückte Brarn
aus die Thürklinke, um zu cfsnen. Die Thiir aber war ver-
schlossen.

Die Wirtin rief nun auch noch, indem sie cm die Zimm u^-
thür klopfte:

„So öffuen Sie doch, cin Herr lvill sie sprechenl"

Wiedcrum eine tvic'.iälmlichc Stille. Braun börte cili
leises Geräusch wic das Ocfsncn eines Fensters.

„Rasch die Thiir cmdriickeu, sie wollcn anf das Dach em-
slichcni" rief cr flüstcrnd scmcn Begleitern zu.

Drei Körper stcmmten sich mit der Last ihrer Leiber gegeir
die THUr; ein kurzer Widcrstand, dann ein Krachen — und die
Thür sprang auf.

Als Pedro und Hans in ihrcm Zimmer angekommen waren,
hattcn 'die beidcn sofort ihre Taschen von den gestohlcnen Sachcn
entlecrt. Hcms holte eine kleine Reisetasche herbei, in die sie
die Sachen eiligst verpackten.

„Nun äber rasch fort, sonst versäumcn wir schlietzlich noch
den Zugl" sagte Pedro.

„Die Arbeit ivird bald erledigt scin", meinte Hans hierzu.

„Auf wie hoch schätzt du denn alles?"

„Wir löscn mindestens 2—300 000 Mark llafür einl"

„Dann hat sich das Wagnis ja sehr gelohnt!" sügte
Pedro lachend hinzu.

Sie hörteu jeht, wic geklingelt wurde.

„Wer mag das scin?" fragte Hans und horchte.

„Wahrschcinlich kommt irgend ein Besuch zur Haussrau."

„Pstl Stilll Jch höre reden. Sie rmtcrhandeln. Jch
kaun kein Wort verstehen. Das kann kein Besuch sein."

Mehrere leise Tritte näherten sich ihrer Zimmerthür.

„Jst ste verschlossen?" slüsterte Hans fragend Pedro zu.

Diescr nickte zur Bestätigrmg.

Ein Pochen wurde hörbar.

„Dic beidcn regtcn sich nicht; anch nicht auf ein erneutes
abernraliges Pochen.

„Das ist Polizeil" slüsterte Pedro erbleichend.

„Fort zum Fcnster hinausl" gab Hans zur Antwort.

Pcdro war sofort an das Fenster getreten, hatte mit einem
Rricke die Fensterflügel geöffnet rmd sich über die Brüstung
gcschivungen. Hans dagegen hatte rasch das Kofferchen zuge-
schlossen und uahm cs in der einen Hand mit sich, als cr
sich gleichfalls hinausbeugen ivollte. Pcdro hatte bereits mit
beidcn Händen die Dachkante gefatzt, als plöhlich unter lautem
Krachcn die T'hüre anfsprang rmd Braun irnd seine beiden
Begleiter in das Zimmer hereinstürmten.

So schnell es nur möglich war, zog sich Pedro auf das
Dach cmpor. Hans wollte ihm folgen. Da er aber nur eine
Hand zur Verfügung hatte, warf cr dcn Koffer rasch auf das
Dach rind wollte dann mit beiden Händen dic Dachkante ergrei-
fen. Jir der Eile rind Aufregrmg aber griff er dcmeben, ver-
lor das Gleichgewicht jvanfte rmd stürzte mit ernem gellenden
Anfschrei in die Tiefe hinunter.

Braun, der sofort an das Fcnster gesprringen war, sah,
jvie der Körper auf dcm Stcinpflaster anfschlug. Jm ersten
Augenblick war er jvie gclähmt, dann kam ihm zum Bewußtsein,
datz Pedro nun abermals entkommen könne. Das verlieh ihm
sofort wieder dic Bcsinnrmg. Er sprang jetzt ebenfalls auf die
Fensterbrüstung, ergriff die Dachkante mit den Händen und
schtvang sich hirianf.

Pedro lag nahe am Rande dcs Daches. Er sah, wie Braun
uach dcr Rinne griff. Durch den Absturz seines Genossen aber
lwar er so Lbcrrascht, datz er gar nicht daran dachte, seinen
Todfeind und Verfolger au dem Emporklettern zu verhindern.
Fast apathisch jvartcte er, wic Braun näher an ihn heran-
kroch.

Erst als dieser ihn schon mit den Händen ergreisen konnte,
erjvachte wieder der Drang nach Freiheit und der Selbster--
haltungstricb in ihm. Das Dach !var vollständig flach. Mit
eincm raschen Blick hatte sich Pedro übcrzengt, datz alle Häuser
miteinandcr iir Vcrbindung ftanden, und dachte, durch eine
Flucht über Solle Döcher deir Verfolger allmählich rre^zn
fnhren mrd zu verliercn.

Wie von ciner Natter gestochen, sprang Pedro empor.
Ebenso rasch abcr ivar Brarm ihm gefolgt, dessen scharfer
Blick die Bewegung des Verbrechers sofort erkannte. Die
Anne Brauns hattcu dcn Körper Pedros umklammert und
zu Boden gerissen. Jetzt entstand zwischen den beiden ein
furchtbarcs Riugen. Pcdro kümpfte für sein Leben nnd seine
Fveiheit, Braun für scine Pflicht. Brarm sah, wie sie jetzk
nahe am Rande des Daches lagen. Noch eine Wendnng urrd
beide stürzten mifehlbar in dic Tiefc. Mit allen ihm zur Ver-
fügung stehenden Kräften drückte Bramr sich anf Pedro, urn
eine weitere Wcndung, die den Tod zur rmmittelbaren Folge
haben mußtc, zu verhütcn. Aber die Kräfte Pedros waren den
umklammernden Armcn des schmächtigen Detektivs überlegen-
Ein gewaltiges Aufbäumen Pedros folgte nnd —' in demselben
Augenblick wurden beide von den inzivischen gleichfalls ange^
kommenen Begleitern Brauns zurückgerissen.

Jetzt war jeder wciterc Widerstand Pedros vergeblich-
Bald lag er gefesselt auf dem Dache. Durch eine auf den
den des Hanses führende Dachluke wurde der Abstieg beiverk-
stelligt, rmd anch der noch auf dem Dache liegende Koffek
imirde mitgenommen.

(Schlnß folgt.)
 
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