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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281 - 305 (01. Dezember 1902 - 31. Dezember 1902)
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MM« IZ Dezcmbn im,z Zweites Blatt. 44.1-brma«. — ir. 291.

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Muddöismus und Knergie.

Jn einem Feuilll.'ton über Peking , eine Gründung
bes geivalngen ü ubIai Chans, eines Enkels
Dschingis Ehans, schreibt ein Berichterstatter der „5i'öln.
Zeirung":

Man darf mohl dreist behaupten, das; wsder vor
Krchlai Chan nach nach rhm jemals eine solckxe bauliche
Ribsenschöpfuug erdacht unö «rsolgreich ansgeführt Ivorden
ist, rvie sis Psking war. Ich sage: war, denn dis heutige
Stadt ivurds im Nordsn wie im «üden uni einigs taussnd
Mster ihrer ursprünglichen Auschchnung gekürzt, wie loir
aus der Geschichte des Mingkaisers Hung Wu (Ende des
14. Iahrhunderts) wisscn. Aber anch in ihrer heutigen
Gestall überragt die Stadt an Grotzartigkeit ihrer Än-
kage noch beguein alles, was wir sonst in der Welt ken-
nen. Sie zeigt heute noch deutlich, was sie damals sein
sollte: das Hauptlager des grötzten Mrsten der Welt, der
stch das von seinem Grotzvater srsrbte Reich durch rast-
lose -Thäligkeit und maßlosen, von unerhörtem Erfolge
geförderten Ehrgeiz ausgestaltet hatte zn dem grötzten,
semals nnter einem Zepter vereinigten istaatengebilds,
das die Weltgsschichte t'Mnt. Rein räumlich betrachtet,
schrumpfen die-Reiche Alexanders des Grotzen, der römi-
schen Kaiser und die Eroberungsn Napoleons zusammen
vor .Kublai Chans Besitzungen, dis von Kamtschaka bis
Schlesien, von Tibirien bis zum Aequator rsichten. Die
ganze ihm danials bekannte Welt war ihm nnterthan, und
von den suropäischen Königen und dem Papste empfing
er geschenkbringeride Gesandtscha-ften an seineni Hose, als
ob jene Machthaber dss mittslländischen Kulturkrsises
seine gehorsamsn Grsnzwächter in abgelegsnen Ländsr-
strichen seien, die ihm ungesährlich und gleichgiltig er-
schienen. Gelehrte und Künstlers Krieger und Fürsten,
Wahrsagsr und Wenteurer aus aller Herren Ländern
lebten am Hofe dieses grotzen Mongolen, von dem nur
verworrene Sagen ins westliche Enropa drangen und
die Mutigcn und UnternelnMngslustrgen zu abenteucr-
lichen Fahrten lockten.

Zu den Schützsn des Brinschen Museums in London
gehört der lateinische Reisebericht, den der fläniische
Franziskanermönch Wllem van Miysbroek, meist Ru-
bruquis'genamit, seinem Könige, Ludwig dem Heiligen,
über seine Reise zum Grotzmogul erstattet hat, den Frank-
reichs frommer Herrschsr gern zum Christeiftnm bekehren
woüte. Aus dem kindlichen, aber geschichtlich und geo-
graphisch autzerordentlich wertvollen Berichte wissen wir,
datz aus allen Ländern Europas, auch aus Deiftschland,
Männer und Frauen, so eine unerschrockene Dame aus
Metz, ihren Weg Zur Hoshaltung dieses frisch aus der
Barbarei aufgetnuchten Fürsten gesunden hatten, dsr wis
ein geivaltiger iNagnet ssine Anziehungskraft in die
grötzten Ws'iten spürsn ließ. Die Sternwarte, deren
Geräte hente vor der Potsdamer Orangerie stehen, wurde
von Kchblai Chan zu einer Zeit begründet, wo in Enropa
der Hohenstaufe Friedrich der Zweite sich an feine Araber
wendßn mutzte, lveim er sich über Dinge nifterhalten
wollte, deren Gesichtskreis über Aristoteles und die.Kir-
chenväter hinausging. Tie grotzartigen Kanalanlagen,
die noch hsuts für manches Land außerhcftb Chinas vor-
bildlich sein kömften, schuf dieser selbe Kublai Chan, um
seiner Hauptstadt über die Ungunst der natürlichen Lage
hinwegZuhelft'n. Die Grundlage zu zahlreichen künstle-

rischen nnd wissenschaftlichsii Leistnngsn und Anstalten
wurde. von ihm geschasfen, dessen (tzrotzvater noch em
wüsrer StePpenfürsr gewesen, dssseu Volk noch zn seiner
Zeit loeit miter deu besieaten mid uiftsrjochteu Ehineseu
stand. Aber dieser mertwürdige Mougols hatte den welt-
muspaimeudeu freieu Blick, der die Besien seiues Nolkes
iiuiuer ausgezeichuet hat.

Wir deukeu frsilich hsule, weuu >vir vou Mongolen
sprecheu, meist iu etlvas imklärsr Weise au das Bölt'er- l
gewimiuel, das die Stsppeu mid Hochländer Iimerasiens l
füllt, harmlose Hirleu imd Reitervölker, die den gaiizen !
Tag zu Pferde sitzeu, sich imterm Scheukel ihr Beessteak
fürs Mittagessen mürbe reiteu uud mir zweimal im
Lsbeu, bei (N'burt n»d Tod, mit Waschwasser Bet'amft-
schasl macheu. Es ist ivahr, das sind auch Mougolen,
Mongolen von heute, iu der jammervolleu Eutartuug,
zii der sie die erfolgreichste aller Religionen gemacht hat.
Weim die Erziehmig zur Friedfertigkeit, die von gauzen
Bölkerstäimnen durchgesührte wörtliche Befolgmig der
Lehreu „Du sollst nicht töten, dn sollst deliien Nächslen
lieben wie dich seihst" einen Rlatzstah abgeben dürfen sür
oeu erzieherischeu Erfolg einer Sitteulehre. oder eiuer
religiöseu Weltauschammg, dmm verdieut diesenige die
Palme, die aus deu ehraeizigen, bliitdürstigeu, kainpfes-
froheu Reiterschareii Dsthiugis Ehans nud seiner Enkel
die stillen, autzerordeiftllch giitmütige», gastfreieu Pserde-
Inrten und Kämeltreiber gemacht hat, die. der Reisende
als die zahiiifte imd entgeaenkomnieiidste aller sogenaun-
ten wilden Pölterschafle» schätzt. Das ist das Werk deS
Biiddhismns, der solgerichtigsten aller Demiitslrhren imd
Nächstenliehesreligionen, öie das Mark im Mamie tötet,
ihm die imiskelstarke Faust iu eiue traftlose Saminet-
vfote waudelt mid an Stelle von Thatendrang, Ehrgeiz
und natürlichei' Timienilnft Friedfertigkeit sius Hsvz
pflanzt, Beschaiilichkeit iind Eiftsngimg. Der BnddhiLd
ums hat dis Mougolru verwandc'lt, Ivie noch ifte. sius
Religion eiu Volk verlvandelt hat; er hat sia znr Un-
kemftlichkei-t eutstellt, so datz ivir an ihrrr Absiammmig
von deu Mvugoleu der uiittelalterlicheil Geschichte zlvei-
felu möchleii. Uud doch sind. es dicselbru Völker, die iu
ihrer Heiuiat Mäuuer wie Dschiugis Ehau, Kulckai Ehan,
Timiir Leug hervorgebrucht imd im fremden Lande den
Befiegleu eiue so gläiizg'iibs Herrscherreihe geschenkt ha-
ben wie At'bar, Schäh Tschehau, Dschehangir nnd Au-
raugseb, die mougolischril R'achkoiiiiiieii Timur Lengs
(Tniiierlaus), deueu Fudieii seiur herrlicheu Marmor-
Paläste, den Tadsch Mahall, das küustlerisch vollkoiuiiieuste
Gebäude. der Welt, mid seine großartigrn Stratzen nnd
.Kanäle verdankt.

Weim uian sich etivas mit dec Geschichte dieses msrk-
Ivürdigen Bolkes uud sriner grotzen Führer bsschäftigt,
Ivas Ivir heute dmft' dem imermüülicheu Fckeitze deutscher,
französischer uud russischer Fvrscher kömien, drängt sich
einem imiuer wieder der Gedanke mif, datz dns unge-
bmidene Lebeu iu der steppe, die Besiegung uiigeheurrr
Entfermmgen dnrch eigeue Aiistreuguiig und die laugeu
Träumerc'icn im Sattel, Iveun der Blick uugehindert
iiber diefs weileudeu Grasflächen ivie ü'bsr das Wslt-
mesr gleitet, solchen Steppenvölkern z,u Pferde einen Zng
ins (strotze gebsn, wie ihn svnst nnr seefahrende Völker
so ansgeprägt besitzen. Selbst uach Jahrhundcrten der
Setzhaftigkeit knim dieser Drang ins ikiieudlichs, diess
! imgebmidens Phantasie und in ihrem Gefolge zügelloser

Ehrgeiz noch sehr deutlich seiu. Wer tömfte beim Lssen
. russischrr Dichter vergessen, datz es die Steppe ist, die
aus ihuru spricht? Wem toiiuueu nicht, wenn ihm
! Schrifteu wie die Teift'würdigkeiteu Pobiedouoszews,

! diesss Erzslaweu uud Allslaweii, eiimial sinsii tisfen
Biick iu die russischs Volt'ssesse zu thuu erlaubsn, Er-
limeruiigeii au Dschiugis Chan uud Tamsrlan, die län-
derfrrsseudeu StePPrufiirsteii, die heuts eiidllch ihrs bis-
Iierigs „Weltineisterschaft" im Crobern und Aiigllrdern
von Läuderii uud Völkeru au ihre slawischen Nachfolger
aluzetreieii ',u uabeu schemeii?

Ausland.

Oksterreich-Unqarn.

W>cu. 10. Dez. Bei der gestrigeu Audieuz drS ehe-
maligeu drnlschrn Botschafters Fiirsten zu Euleiiburg
beim Kaiser, ivelche vvn 2 bis halb .8 Uhr ivährte,
teilte der Kaiser drmselbeu mit, datz er ihm als Zeichen
seiner besoiidereu Wertschätzimg seiu lebrnsgrvßes Porträt,
gemalt uvu Prvfessor Latzlv, zudachte. Fiirst zu Eiilen-
burg stattetr gesteru dem Mimster des Aeutzeren, Grafen
(Kvluchvwski, svwie deu DRiuisterpräsideuleii v. Körber
imd v. Szell, deu Bolschafteru imd audereu Hoflvürdeu-
rrägrru Besuche ab. Infvlge der durch diese Besuche
veriirsachleu Olustreugmig ist Fürst ^Euleuburg heute
wieder bettlngerig mid länu Niemaiideii empsaugen.
Die Abreise uach Liebenberg mußte berschvben werden
mid wird erft uack> erfvlgter Wiederherslellimg des Für-
sleu staltfindeu.

Spanien.

Madrid, lO. Dezembsr. Cins Depeschs des „Liberal"
mis Tauger besagt, datz der S u l t a n darans verzichtet
i>abe, bis uach Rabbat zu grheu, weil er vom Komman-
denr der kaiserlichrn Armre die Nnchricht erhalten hat,
das; sie iwn. drn R e b e l l e n r i n g s n m g sben sei.
Dis Tepesche fiigt hinz», datz eiuige bis dahin trsue Ks.»
blileustämms mit dem Nebe»l»il>lri: des Liiltans gemein-
smue Sache gemacht hätte».

Nnßland

Tagangrag (Rutzl., Fekateriiioslaw), lO. Tezember.
AlS heutr eiue A nzahl R e k r n t e n, welche nach Port
Arthnr iu Ostasieu abgehen soiltru, von ihren Verwandte-n
zum Bahuhof geleitet ivurden, versagte die Bahnhofs-
verwaltuug letzteren die Ziilassmig zu»i Bahusteig. Der
Ciuspruch der Rekruten blieb mibi'rücksichtigt; dis Be-
gleiier der letzteren schlcuderten Steiue gegen das Bahn-
hofsgebändi', alle Scheihen ivurden zertrüimnert. Zwsi
(fteiidariiieii uud ein Schutzmami siud verwuildet worden.

Türkcl.

Kaustnntiuvpcl, 10. Dezember. Vier russische, nicht
ariuierte Tvrpedobootj ä g e r, denen die Fahrt
durch die Meereuge bewilligt wurde, sind vou Lissabon
hierher uuterwegs. - Die Engländer habeu sin Pi-
rateuiiest im Roten Meer uicht, Ivie es mifänglich
hietz, beschosseu, sondsrn es nur mit Züchtigung des
gmizeu Stmumes bedroht. Tie Pforte erklärt, dies sei
uugere-cht mid versprach, die Schuldigeii zn erforschen
und zu bestrafeu.

Amcrika.

Aokohama, 10. Dez. Der Kaiser ervffuete yeute
persvulich die Taguug des Parlameutes mit eiuer

2 Vierlala.

Novelle von Hans H a g e n.

(Forrsetzung.)

„Ach, macheu Lie ihr uichts weitz, Herr Lftmze," schmollte
die Frau Pastoriu. „So ein armcs Mädchen kaim gar nicht
ans Heiralen denken. Wen sie mag, den berommt sie nicht, und
wen sie haben könnte, den mag sie nicht."

„Warum denn uichi garl" rief Kuuze, „wer weiß, was Tie
für eiuen schneidigen Korpsier herkriegen uach mir."

„Nein, ich vermiete gar nicht wieder. Mit Jhnen war das
was anderes. So durch halbe Berivmidtschaft warcn Sie uns
empsohlen, und dmm gehörten Tie wie rmt zur Familie. Aber
einen fremden Menschen — -— einenl"

Max Kunze, der wohl wuhte, dah er den Löwcnanteil der
tenren Logisiniere hier getragen, — er hatte es für die gute
Verpflegung ja auch gern gethan, —- sah besorgt die Wirtin
an. Deren ganze Pension betrug ivohl kaum mehr als die
Wohnungsmiere hier.

„Wir nehmeii uns ein ganz kleines Logis," erklärte Fran
Pastor Walrher, „und Elschen kommt im Juli anfs Telephon-
amt, Angeiiommen ist sie schon."

Elsa nickte nnd bemühte sich, dabei hoffnungsfrendig zu
lächelir

Ueber Knnzes Gesicht ging ein tieftrauriger Zng.

„Komm, Elsa," mahnte die Pastorin, „Herr Knnze soll
zeitig znr Ruhe gehen. Wir müssen morgen um fünf Uhr
auf."

„Meinerwegeu," murmelte Bierlala, „aber darübcr spre-
chen wir uns noch, Frau Pastor, das' ist ja ganz neul Gnte
Nachr! Gute Nacht, Fräulein Elsa l"

Er war allein im Zimmer und schloh langsam die Fenster.
Vor seinen Augcn stand ein grotzes, schreckliches Ungehener,

eine fürchierliche Maschine, mit tausend Hebeln und Stöpseln,
nnd elektrische Funkeu hüpfreii bvn Draht zu Draht. Und iu
diese^ Maschine hinein stietz mau das zarte, bleiche Mägdelein.

Fhn jammerlel Liebe er Schönelschen etlva'k Neinl Es
ivar nur sein Bedürfnis, seiii gröhtes Lebensglück, zu helseu,
wo er Nor sah, nnd hier machte sich das Bedürfnis besonders
inrensiv gcliend.

Er harte sehvu jZackett uiid Weste abgelegt uiid nestelte seinen
Kragen anf. Nnd während er in den Alkoven hinüber ver-
schwand, rrällcrte er vor sich hin:

„Denn keine ist aeqnalis
Der filia hospitalisl"

II.

„Rose, Frnnz Rose! So aickivorte doch nnr, Mensch!
Bist dn's oder bijt du's nicht?"

Der Angernfene ivar ein schlanker, hochgeivachsencr, jnnger
Manrr von interessantem, künstlerhaftem Anssehen, der, eine
gröhere Handraschc in starkcr Hand über den Menscheri haltend,
sich durch die Menge nach dem Hanptrestanraick des Dresdcner
Zeiitralbahnhoses zudrängte.

Frcmz Rose drehte sich um und dnrchsnchte mit den Angen
die Mcnge nach der Richtung zn, woher die Srimme gekommen.

„Franzl, Rose Franzl, wahrhastig dn bist's," klang es in
seincr direktesten Nühe.

'Jetzt sah er den Rufer. Ueber das ernste Gesicht dcs jun-
gen- Mannes glirt ein Zng sreudiger Ueberraschnng.

„Rambow! - Wahrhafrigl -- Pardon, Hcrr von Ram-
bolv."

Er reickste nnd schüttclte denr Hiiiznkmnmenden herzlich die
Hand.

„Bist du närrisch, Frmizl," lachte der andere, „von Rmn-
bow, Herr von, dich hat's wohl! Dein alter Rambow bin ich,
und du -bist mem altcr Rose Franzl. Aber komm, wo lassen wir
uns jetzt häuslich nieder zu einern veriiünstigeii Glas Bier und
einem ebensolchen Gespräch?"

„K-omm mit nach der Hanprhalle," sagte Rose nnd zog
den kleinen, schniächtigen Rambmv nnbarmherzig mit sich fort,
„aber rasch, ich hab' nicht viel Zeit, in 28 Minnten geht mein
Zug."

„Und ich hab' in 26 »Nimcken ungefähr wieder Dienst,
das paht ja."

Tie Ivaren dem Hnnptftronr ciitronnen nnd flohen links
hinter nach dcr äntzerste» Ecke der gwtzen Restanratwnshalle.
'Dort, a» eiiienr einsamen Tisch, ncchmen sie Platz.

„Tn hast Dienst, Rambow, seit wann giebt cs denn das
Wort „Dienjr" iu deinem Bokabular?"

„Seit die liebenswürdige Notwendigkeit eS mir hincin-
schrieb," lachte der kleine Baron harmlos. „Siehst dn, Franzl,
die Menschen, d. h. meine früheren Bckaniiten sagen, mir sei's
nach Vater Tod schlecht gegangen. Einenr Rambolv kaim's
überhaupt nie schlecht gehen."

„Nach deines Vatcrs Tode, ivas Ivar da?"

„Gott, krachen thnt der ganze Plnmpatsch. Das heiht, bis
dahin wntzten wir, datz tvir nichrs hatten, nnd Vvn da an lvutz-
ten's die andern anch."

„Und darans nahmst dn Dienste, bei wern?"

„Bei jener hohen Frau, bei der ich anch vorher schon gedient
hatte nnd dcreu anfreibcndem Dienste ich mein ganzcs Leben
gewidmct habe, bei der Fran Miimel"

Franz Rose mnsterte lächelnd die kahlen Schläsen seineZ
adeligen Schulfrcnndes.

„Das schcint mir allcrdiiigs sol"

„Ach nein, Lesivegen," lachte Ram-üow, indem er sich übec
die Glatze strich. „Lieber Freund, die Kleinigkeiten siud schon
lange iveg. ^ Nein, mein Minncdienst ist jetzt ein anderer.
Wie soll ich sagcn, ein passiver, ein dnrchaus svliderl Jch stifte
E-Henl"

„Ach, dn licber Gott!" fnhr Rose erschreckt empor.

„Na, schreie uur nicht gleich. Tich will ich ja noch nichc
verheiraren. Siehst du, daS ist ein Geschäst, so ehrlich, so nn-
ehrlich Ivie - hnndert, Ivie tausend andere."
 
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