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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281 - 305 (01. Dezember 1902 - 31. Dezember 1902)
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Pas Iahr 19V2

ii.

Von den inneren Angelegenliriten der ü e n l s ch en
Politit hnt die o I I g e s e tz v o r l a g e die öffent-
liche Meinnng das ganre Iahr hinünrch öeschäftigt. Am
1U. Iannar hatle die Zollgesetz-Aonnnissian des Reichs-
tags die ersten l Paragraphen des GesetzeS erledigt,
Zn Anfang Kbrnar ivarnte üie „hioröd. Allgem. Zlg."
die Agrarier sehr ernst vor einer Ueberspannnng ihrer
^ordernngen hinsichtlich der Getreidezölle. Bald daranf
bezeichnete der Reichstanzler anf einem Festmahl des
Landwirtschaftsratec' den Getreiüezollvorschlag des
Pnndeörates als die änstersre Uonzession an die Land-
wirtschaft, menige Tage später legte der Abgeordnete v.
Aardorff nach einer tumnltnarischen Litznng den Vorsitz
in der Üommisson nieder; an seine Ltelte trat der Ab-
geordnete Nettich. Am 2l>. Zebrnar nahm die Aommission
den von der Negiernng bekämpsten Antrag anf Grhöhnng
der Minimalsätze fiir die vier Hanptgetreiüearten an.
Am l:l. Äst'ärz verlagte fich der 'Neichstag bis znm
1o. April, die Zollgesetzt'ommission bis znm 8. April. Zn
Anfang April besnchte Ätaatssetrelär Grnf Posadowsky
die siiddentschen Hauptstädte in der Zolltarifangelegenheit.
Am ä. Ri'ai bewilligte der Reichstag den ästitgliedern der
Zollgesetz-ztommission Tiäten. Endlich am 2. Oktober
war die Uommission mit der zweiten Lesnng des Gesetzes
fertig. Am 21. Ottober nahm der Reichstag den Rog-
gen nnd üen Weizenzoll trotz dem Einsprnch der Regie-
rung nach dem Vorschlag der .Eommissioii an; zwei
Tage später ging es mit dem Hafer nnd Gerstenzoll
ebenso. Tesgleichen am 10. Oktober mit dem Viehzoll.
Tabei wnrde anf Antrag des Zentrnnis iiber die weiter-
gehenden Anträge deS Bnndes der Lanümirte betreffs
der Mindestzölle flimmarisch znr Tagesordniing über-
gegangen. Tas weitere anf Aeitvergeudnng berechnete
Verhalten der Oppoiition fiihrte zum Antrag Aich-
bichler, wonach die namentliche Absiimmnng dnrch Zet-
lel vorgeiiomnien wird. Ter Antrag wnrde angenom-
men. Am 2<i. Rovembrr nahm der Reichstag üns Zoll-
tarifgesetz ansschliesilich ües^ Zolltarifs in zweiter Lesiing
an. iZnzwischen einigte sich die Regiernng mit der
Mehrheit hinsichtlich der Tarife. In Beziig anf die>.
Mindestsätze wnrde dabei anf die nrsprüngliche Regie-
rnngsvorlage ziiriickgegangen, an der die nationalliberale
Partei immer frstgehaltrn hatte. Nnr der stRindestzoll
ans Brangersle wnrde etivas erhöht. !Nach Abschlusi
des .Nampromisses beantragte der Abgeorünete v. Aar-
dprff, den Zolltarif als Znbehör zn K 1 zn behandeln, was
darauf hinanS lief, nicht über jede einzelne Position deS-
selben abznstimmeii. Leidenschaftliche GeschäftSordnnngs-
debatten mit wüsten Szenen tniipften sich an die Erörte-
rnng dieses Antrages. llin die Obstrnttion der Oppo-
sition zn brechen, iiiusitr dann noch die Geschäftsordniing
- dahin geändert werden, dasi der Präsident das Wort znr
Geschäflsordnnng nach feinem Ermessen erteilt n. dasi tein
Redner z»r Geschäfttzordnnng länger als 5> Minnten spre-
chen darf. Ter Antrag v. Kardorfs wnrde fiir znlassig
erklärt nnd angenommen. Das Zolltarifgesetz samt Zoll-
larif ivnrde am l l. Dezember in zweiter nnd am lt'.
Dezencher mit 202 gegen 100 Stimmen in dritter

Lesnng definitiv aiigenommen. Eine achtstündige Taner-
rede des Sozialdemotraten Antrick tonnte dieses Resnltat
etwas verzögern, nicht verhindern. Noch hallt die Er-
> regnng über die bis dato nnerhörten Vorgänge im Reichs-
' tag im Pnbliknm nach. Sie wird sich legen, nnd die Re-
gierimg wird, mit einer siarten Waffe in der Hand, an die
R'enordnnng nnserer Handelsvertragsbeziehiingen zn an-
deren Völkern gehen könneii.

Von sonstigen Beschlüssen des lli e i ch S t a g s sind
iiisbesondere zn erwähnen die Annahme der Zucker-
tonvrntion, des Saecharingesetzes und detz Branntwein-
steuergesetzes.

Ansierdem hat üer Reichstag mehrmals als Spre-ch-
ranm rür den Neichstänzler in Sachen der answärtigen
Politik gedient. So IvieS Graf Biilolv am 8. Ianuar
i die Worte EhamberlainS über die dentsche Kriegssührnng
! 1870—1871, die ängeb-Iich minder hnman alS die-l
jenige Englands in Südafrilä gewesen sei, entschieden
^ znrück. Nm 10. sfanuar ergänzte der Abgeordnete von
^ Liebermann in seiner Art diese Rede dnrch einen
beleidigenden Ansfall anf Chamberlain und das eng-
lische Heer. Ani 7. Zebrnar verteidigte Ltaatssekretär
v. Tirpitz seinen geheimen Erlasi, der auf eine zut'iiintige
vermehrte Indiensrstellnng von Kriegsschiffen abhebt.
Am. 2. OR'ärz sprach der Reichskanzler über die deutsche
Politik in Ehina nnd ertlärte, dasi dnrch das englisch-
japanische Bündnis in der Stellnng Tentschlands nichts
geändert iverde.

Die S t e l l n n g der poli t i s ch e n P artei e n
im Reich zn einander hat sich im Verlanf deS Iahres nicht
gcändert; doch machten sich Ansätze dazn bemerkbar. Die
Zollgesetzvorlage zeigte freisinnige Vereinignng nnd So-
zialdemokratie Tchnlter an Schnlter, wozn ansierhalb des
Parlainents die dort nicht vertretenen Rationalsozialen.
traten. Andererseits wiirden dnrch die Obstrnktion der
Linken die Konservativen, das Zentrnm nnd die i>lational-
liberälen ziisammengebrachk, doch ist ans diesem Vor-
komniiiis ein sicherer Schlnsi anf die Znknnft nicht zn
ziehen, ebenso menig wie aus den Tifferenzen zivischen
Konservativen nnd Bnnd der Landwirte gelegentlich der
Zollfrage. Einstweilen isr leider immer noch Zentrnm
Trnmpf im Reichstag. Tie R'ationalliberalen hielten im
Ot'tober einen Telegiertentag in Eisenach ab, der einen er-
frenlichen Verlanf nahm. Verbeisinngsvoll ist die Ent-
,,wicklnng der nationalliberalen singeiidvereine i sie leigt.
dasi anch in dem Politschen R'acliwnchS die national-
liberale sidee nicht erlosckuni ist. Die Sozialdemokraten
hielten ihren Parteitag im Sepetember in Pl'ünchen ab,
vorans ging ihm eine sozialdemokratische psranenkonfe-
renz. Tas Zentrnm beging seinen Kätholikentag in
'Mannheim. Renes haben sie nicht gebracht.

Von einzelnen Angelegenheiten interner Art, die das
dentsche Pnbsiknm beschäftigt habe». sind zn erwähnen:
der Prozesi wegen Ermordnng detz Rittmeisier v. Krosigk,
der am 11. siaiinar an die Zweite Vnslanz znriickgewiesen
ivnrde n. mit der Zreisprechnng des angeklagten llnter-
ofsiziertz encete: der Tod eines Solmes von Bennigsen.
der im Tnell mit dem Verfiibrer seiner Psran fiel; der
Kasseler Trebertrocknnngsprozesi, der mit empfindlichen s
(tzeldstrafen für die Angeklagten endete: die Hinrichtnng l
des Ranbinörders .Kneisel, dessen Tbaten und Gefangen- :
nahme im vorigen Iahre das dentsche Pnbliknm erregte; l
dic AilSweisung rnssischer Stnü'ierender anS Berlin: die

Ansstellniig in Tüsseldorf, die von ihrem Prolektor, dem
Kronprinzen, am 1. Mai eröfsnet wnrde; das Jnstande-
kominen eines Tampferkärtells, bei dem die großen
dentschen Linien sich ihre Selbständigkeit gewahrt habenz
der Untergang eines von eineni englischen Schiffe ange-
rannten Torpedobootes; die Erhebnng der Akademie
Münster zn einer Universität; der Untergang des von
dem Tampfer „Hanja" anf der Elbe angerannten Tam-
pferS „Primns", wobei 100 Personen de» Töd fanden;
der Leipziger Bankprozesi, der mit einer Pernrteilnng des
, Hanptschnldigen Erner zn fünf Rahren Znchthans en-
! dete; die Pensioniernng öetz Provinzialstenerdirek'torS
! Löhning in Posen wegen seiner Verheiratnng mit der
, Tochter eines ehemaligen Z-eldwebcls; die Afsaire des
s Letitnants Hildebrand, der, von der Zestung kommend,
von seinen Kameraden in demonstrativem Zng znr Bahn
begleitet ivnrde; der Znsammentritt der Anlitnberknlose-
konferenz in Berlin nnd die Ermordung des Unteroffi-
zicrs Tiederitzki dnrch den Matrosen Kohler anf der
„Loreley". sin den letzten Tagen hat datz bedanerliche
Ereignis im sächsischen Königshause, die ans ehebrecheri-
scher R'eignng zn rinem Sprachlehrer erfolgte Z-lncht der
Kronprinzessin die Gemiiter bewegt. Diirch den Tod mur-
den in diesem Iahre eine Anzahl teils dnrch ihre Stel-
lnng nnd teils dnrch ihr Wirken hervorragende stR'änner
abbernfen. Von regierenden Z-iirsten starben der K'önig
Albert von Sachsen nnd der Z-ürst von Rensi ä. L. Anch
das prensiische KönigshanS hatte den Verlnst eines An-
gehörigen, detz Prinzen Georg, zn beklagen; der wiirt-
tembergische Thronfolger verlor seine Gemahlin. Es
starben der frühere Botschafter Ziirft Miinster, der Zen-
trnmsfiihrer Lieber, der ehemalige Z-ührer der R'ational-
liberalen, v. Bennigsen, der berühmte Gelehrte nnd min-
der glückliche Politiker Virchöw, der Führer der ireisin-
nigen Vereiiiignng, Rick'ert, der srühere nationalliberale
Abgeordnete Oechelhänjer, der.ehemätige prensiische Mi-
nister, Oberpräsident v. Goßler, der bedenteiidsre deniiche
Zndnsirielle, Krnpp.

Was die einzelnen Bnndesstaaten betrifst, so hal die
> prensiische Polenpolikit in diesem Zahren stärker ange-
! zogen. Zin Zannar wandte sich die „Rordd. Allg. Z>tg."
scharf gegen eine Erklärnng, die Z-ürst Ezartorysky in
Wreschen abgegeben hatte. Roch in demselben HRonat
sprach Graf Bülow im prensiischen Abgeordnetenhanse
! für energisches Zeslhalte» an einer kräftigen Abwehrpoli-
i tik gegenüber den staatSgefährlichen Bestrebnngen des
Polentnms. Am 7. Znni bewilljgte datz prensiische Ab-
geordneteiihans iveitere lloO ckRillionen znm Ankanf von
Grnndbesitz im polnischen Osten. Andererseils fnchten
die Polen dnrch eine Z-eier znr Erinnerung an die
Schlacht von Tannenberg zn demonslrieren. Anch der Käi-
ser ergrisf in der polnischen Z-rage das Wort, worüber
R'äheres weiter nnten.

Ans Prensie» ist dann noch zn verzeiclmen der dRini-
srerwechsel im Eisenbabnministerinm. Än die Stelle deS
Herr» v. Tbielen trat General Bndde. Ob man an ihm
einen Reformniiiiister baben ivird, ist noch nicht zn über-
ielien. Bedentsam fiir das «chnlivesen isr die prenßische
Verordiinng. welche die Abitnrienten von Realgymnasien
nnd Oberrealschnlen znm Stndium der si.nrisprndenz
berechtigt.

(Lchlnsi des Artikels 11 folgt.)

Der Kuß.

Hiniwreske voii Heiiriette DSvidö.

(Nachdruck verboten.)

Die Weihnachrsfericu ivaren vorüüer und die jungeii Da-
uien Ivieder iu das „höhere Töchler"-Peusionar untec die schütz-
endeii Fitriche der Frau Direktor Wolrar zurüagekehrt.

Män harte ihucii uoch eineu halbeu Feiertag gegönnt, uud
iiun sahen sie um das flackerude Kaminfeuer und plauderten.
«ie hatten sich schou wechselseirig ihrc klcineu Erieünisse im
Elteruhause erzühlt, alle Gescheuke, die sie erhalteu hatteu, auf-
gezühlt, uud nriu drohre der Gesprüchsstvff zn versiegeu — ge-
ivisi ein scljier uiiglaubliches Ereignis unrer juugen Müdchenl

Aüer sie Ivaren alle noch ein wenig schwermütig: der M-
schied vom Elternhause, wo man sie so verhütschelt und mrr
Zuckerwerk gefuttert hatte, war ihueu nicht leicht gewordcn,
auch hatten sie sich alle wührend dieser goldenen Bonbon-Zeit
grüridlich den Magcn berdorüen -— und das macht auch.me-
laiichoklsch!

Allmühlich war cs srill gc-worden rm Zimmer, so still, datz
ma» mir das Knisteru nird Prasseln des Feuers im Kamin
vernahm.

Jn diesem fererlichen Moment erschien Nanetie — Stuben-
müdchen nnd Pedell der iveiblichen Alma mater in einer Per-
son — ruid uebrbrachte die Briefe, die eben eingetroffen
waren.

Niui käm 2ebeii in die Gesellschaft. Hastig wurden die
Briefumschlüge «rusgerisseir, mau fhörte -das Raschelu riitd
Ransrheu der Blüttcr, eiu Kichern und Lachen, halblaute Aus-
ruse des Staiineiis, der lieberraschmrg — es musitcn interessanie
Neuigkeiten ans der Heimat eingelaufen sein.

„Dcnkt Em-Hj mein Bruder, der Conleurstudent, hat einen
'langen Schuiisi über die Nase bekommen."

„Mama verspricht mir ein hünmelblaues Ballkleid."

„Meiner Schlvester ist ein wunderhübscher Kanarieirvvgcl
ziigeflogen!"

„Ttill, meine Damen," rief Paula in das Ttimmengewirr
hinein, „etwas höchst Jnteresscunes. Hört nur an: Meine
'Frciuldiii Tilda schickr mir eiue ucu erschienene Damenzeitiuig,
die sür uiisere uiiterdriickteii Rechte eiutrirt."

„Bravo!" riefen alle im Chorc wic aus einem Miuide,
„das Dlarr äboiinieren ivir!"

„Das isr noch iiicht alles", fuhr Paula fort, ürdem sie iu
das Blatt blickte, „hört uur, eine lvichtige Preisfrage: Was
isr eiu KusiV'

Nun geriet die ganze ltzesellschaft in hellen Llusruhr, die
silb'ernen Stimmcheu sprndelten durcheinander, datz es eine
Freude war.

Ei» Kuß? Das Rürsel kan» doch nicht gar so fchwer sein.

Mieze, die jüugste üer Peiisioiiüriiuieii, eiu vorlauter,
füiifzehiijühriger Backfisch, verfiel sofvrt aus die geniale Jdee
praktischeu Studüims uud kützte ihre N'achbarin schalleud auf
die Wauge.

„Denmach", sagte Lina, d!e also Uebersallene, „demnach
müre ein Käsi ein auf die Wange appllziertes Ding, das lant
klatscht."

„Fehlgeschossenl" rief Mrezc. triiunphierend, „das ist nicht
prüzis gcnug. Als ich jüiigst zu Hause war, hat Kärlcheu, weil
cr unartig gewese», Vvm Papa eür Ding cmf die Wange bc-
kvmmen, das laut klatschte, ohne ein jttitz gcwesen zn sein!
-Soll ich den Bcweis führen?"

Lebhaftcr Protest »nd Geiüchter der übrigen.

Was ist aber der Kuß sonst?"

„Wir wollen Mih Cvra fragen."

Mit einem einzigen Worte antwortete die strohgelügelockre
oürre Jungfrau aus dem fernen Nebellande, die mit mehr Eifer
als Erfolg bemüht war, ihren Zöglingen die Zischlaute ihres
heimatiichen Fdioms kruistgerecht beizubriiigen.

„Shokingl" rief fie entrüstet, als ihr die Mädchen die
Frage vorlegten. „Shoküigl"

Die saiifte Vorstehcriii erwiderte auf dieselbe Frage mit
mildem Augeimiifschlage, dasi dcr Kuh das Zeichcn des Fr-^-
deus sei, wckhrend die guccksilberne seriöse Französiii den Kuß
nls Ersäiidiuig des Tenfels bezcichiietc, dessen sich nur Perrüter
bedienen.

Wer soll aus so ividersprccheudeii Angaben t'lug iverdenl
Micze bestand dacauf, datz anch die Herrcn Professoren
bcfragr iverden müsiten, nnd sie selbst -— um den anderen Mut
zu machen — iinteriiahm das Waguis, deu Herru Professor
der Mashemarit, eiiieu alten, berrrockiicten Ziuiggcselleii, dies-
bezüglich zu üiterpelliercii.

äVitre, Herr Professor, ivaS lst eiu .Knß?"

Ter Herr Professor sah die kühnc Fragerin vorersr erstzxunt
au, schob die Brille nuf die Stirne und wieder a»f die Nase,
holte aus deu niiergri'uidlicheu Tiefeu seiuer Rocktcische el»e
mücbrige Schiiiipftabaksdose aus Horu heraus, klopfre dreimal
stark auf den Deckel imd uahm eine ansehnliche Prise, vermut-
lich iim sich auf die schwierige Frage würdig vorzubereiten.

-„Eher könuie man die Qnädratur des ZirkelS finden, als
herausziibekommeii, was ein Knsi ist", sagte cr cndlich langsnm
mid bedücbtig. „Ncbrigciis ist es eiu Uiisiunl"

„Bitre, Herr Professor, dars ich noch etwas fragen?"
„Weiin es etwas Gescheites ist, mir zul"

„Haben Herr Prvfessor schon einmäl geki'itzi?"

„Golt bchütel" entfnhr es dcm gclehrten Herru, aber er
sasite sich schnell, uahm noch eiir Prischeu, verwies dem R'ase-
weis die üidiskreie Frage und gab iyni eür schweres Mulü-
plikatioiisexempei 11117 siebcn Zisfern als Ltrafaiifgabc, über
das Mieze noch ratlos brütete, als sich der Niäthemariker schon
lüngst eiitfernt hatte.

Nun war gnter Rnt teuer, wo solltc die Lösung herkommen,
Ivenn die Lehrcr selbst nichts wußteni"

Den gciiizeii Tag über ivurde debattieri, das Geflüster mid
Gekichcr ivvllte kein Ende nehmcn, nnd an die hiuiderrmal rief
Mrsi Cvra euirüsiet über die unerhörte Unaiifmerksanikeit wüh-
 
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