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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.11498#0344
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gin witt iiicht lii der Gruft ihrer Väter begraben sein,
sondern im Helenthal bei Baden, wo sie schon vor Jah-
ren ain WaldeSsanin ein Grnndstilck sür ihve Grabstätte
ankauftei dort foll eine Gedächtniskapelle errichtet wer-
den. Die Erzherzogin ist die crste, welche mit der Tra-
dition bricht, nach der die Leichen ve.rstorbencr Mitglieder
des österreichischen Kaiserhanses selbst aus weitester Ferne
herbeigeschafft wnrden, nin in der Kapnzinergrust iu
Wien beigeseht zn werden.

Enqland.

Loudon, 16. Febr. Unter den Auspizien eines Re-
dakteurs der „National Review", Maxse, der als Schrift-
führer tätig ist, tritt hente Nachmittag hier eine sogenannte
Konferenz zusammen, die ohne „Partcicharakter" die Not-
wendigkeit der Gründung eines Nordseegeschwaders
imd die Anlegung eines Flottenhafens zwischen Hull
(England) nnd Peterhead (Schottland) erörtern soll. Der
Ton der Konferenz ist zum vorans in dem Gedankcn an-
gcdeutet, der F-lottenschwerpunkt verschiebe sich von der
französischen nach der deutschen Seite. Das nord-
amerikanische Geschwader sei überflüssig, ein Nordseegeschwader
dagegcn dringend notwendig geworden. Die vorgeschlagenen
fltcuernngen seicn den guten Beziehungen mit Deutschland
chcc.förderlich, weil damit die Versuchunz bsseitigt werde,
dic inncre Harmonie dnrch einen Krieg im Ausland herbei-
zusühren. Eine wirkliche Freundschaft mit Deutschland sei
dcshalb unmöglich, wcil beide Staaten dasselbe Ziel
anstrebten.

Asten.

P e 'king , 17. Fcbr. Der E insp r n ch des eng-
lisckwn, aincrikanischcn und franzäsischen Ge'sandten gc-
gcn die Erneiiniiiig P n c l i c n s a ni s zum G o u -
ver n e u r von 'S ch ansi wegen dessen fremdenfeind-
licher Gesinnnng hatte den Ersolg, daß Nueliensam, wie
gemeldet wird, wegen schlechtcn Gesimdheitszustandes
seine Entlafsung erbeten hat, welche die Regierung air
genommen hat.

Aus Stadt und Land.

Heidelbcrg, 18. Fcbruar.

X Badisch-Unterläiidrr Fischrrci Verein. Aus dcin Jah-
rc.sbcricht pro 1902 hcbcn Ivrr hervor: Die Anzahl ctn korpo-
rativcn Aiitglicdcrn isi bcsondcrs gcwackscn, und man daff
wohl mir Recht dcn Bcitritt dcs Olrotzh. Rcntamtes Zwingen-
bcrg, dcr Kreisansschüsse Mamiheim, Heidclberg und M-osbach,
dcr Itckdtgemcinde Bretten als eine Ancrkennung dcr nuh-
bringendcn Tatigkeit des- Bercins üetrachten. Das Grotzh.
Ministcrium des Jnncrn hat im abgekaufenen Betriebsjahre
dre Bcstrebnngcn dcs Vcrcins in jedcr Wcise tatkräftig nnter-
stüht. Dcr Bcrcin crhlekt vom Grotzh. Ministerium des Jnnern
wicdcr die Vcrmittlnng von Eicr nn-d Brut mit Staatsznschus;
übcrrragcn nnd autzcrdcm zur Anssührnng dcs, dcm Ministe-
rium für 1602 cingcrcichten Arbeitsplancs eineü Staatszu-
schutz. Auch für dic Fischcrciausstellung dcr deutschcn land-
wirtschaftlichen Wandcrversanimlung zu Manuheim wurden deu
badischen Ausstcllcrn Mirrcl von dcmsclbcn bomilligr, sodatz
den Ausstcllcrn kcinc Koslcn cntftandcn sind. Nus dcr Aus-
stelluiig der -deutschcn landwirtschaftlichcn Gesellschaft zn Mann-
heün ini Jnni 1902 hatte der Vercin die 'Vertrctnng dcr Bad.
.Fischerei-Äusftcllcr Hbertragcn crhalten. Nur zwei Fischzncht-
anstaltcn liehcn sich 'bcwegcn auszusicllen — Grimmer-Unter-
schüps nnd Bnrg-Offcnbnrg. -Es war somit das badische
Oberland nnd Unterland vertreten nnd z'war in hervorragender
Weisc, ivas allgemcin ancrkannt wnrdc. Beidc Anstalten
zeigten in den verschicdensten Alicrsklasscn ausgezcichnete Re-
genbogcnforellcn-Züchtnngcn. Bon Heidelberg hatte das Ver-
einsmirglicd Fifchcr Rohrmaim intcrcssante Fischereigeräte mld
Modelle alter Fischfangvorrichtungen, welche zugleich dekorativ
wirkten mid das Intercsse dcr Bcrufsgcnossen erregtcn, aus-
gestcllt. Das Borstandsmitglicd Herr Dr. Lauteriborn, Privat-
dozent an der Universität Hcidclberg, hattc das hübsche Modcll
scincr projckiicrtcu, schmimmcndcn, biologischeu Station aus-
gcstellt nnd hieffür in daiikeiiswertcr Wcise in der Fischcrei-
Wtcilung dcs Ministcrimns dcs Iimcrn cincn Plap cüigcräuiut
crhaltcn. Die praktische Tätigkeit des Bcreins anlangcnd, ist
zu berichren, datz der Vorsistendc mchrfacki znr Begchnng von
gcnosscnschaftkichen Fischwassern dnrch dic betreffenden Be-
zirksämtcr bcigczogcn wnrdc und sckiristlickic Gntachtcn übcr dic
Bewirtschastimg d'ersclbcn. sowic auSzNführendc Fischcinsätze
abzugcbcn hattc. Bom Ministcrimn dcs Jnncrn znr Abgabc
einer Ueußerung wcgen Frcigabe dcr-Fischerci mit dem Bar-
bengezahr anf dcm Ncckar anfgcfordcrt, wnrde znfolgc nnscrcr
Rückäntzerimg das Fischcn mü dcm Barbcngczahr für die Mo-
nate Aiigust und Scptcuibcr an zwci Tagen der Wochc, näm-
lich am Montag nnd Donnerstag gestattet. Der Verein schlotz
scincr Antwort cin Gcsnch dcs Fischers Fries wcgen dcr Aus-
gabc cincr gcringcrcn Anzähl von Angclkarten fnr dic domä-
ncn-ärarische Fischerci dcs Neckars nnd Erhöhnng des Preises

derselbcn, befürworteud, an, und brachte noch sonstige Uebel-
stände am Neckar zur Sprache. Zu begrüßen ist es, datz der
Verem nunmchr selbständig beim deutschen Fischerei-Vereiu
Mittcl anfordcrn kann, nnd er hat ün vcffkossenen Jahre
zwecks Einsatzes von Karpfen in die Tauber 170 Mk. über-
-wtesen erhaltcn. Der Berein vermittelte mrt Staatszuschuß
dcn Bezug von 300 000 Stück Eier und Brut der Bachforelle
für die Brntperiobe 1901-02. Eingcsetzt wurden durch den
Bereüi mit Verwcirdung van Staatszuschüssen nnd Beürägen
der Gcnossenschaften und sonstigen Jnteressenten: 1. fränkische.
Spicgelkarpsen, Schlingc, 8000 Stück, 2. Bachforelle, Söm-
merlinge, 7100 Stück, 8. RegcnüogFnsorellen, Sömmerlinge
und Jährlüige 8626 Stück, 4. Setzaäle 1000 Stück. Dic.
Bruttrögc, welche dcr Verein kostenlos, leihweisc an Jntercs-
seisten gibt, sind fast sämtltch verstellt und wevden gerne ge-
braucht. Der Borstand hat sich teilweise selbst davon über-
zengt, teiltveise ist es ihm berichtet worden, datz dic seit Jahren
fortgesetztcn Einsätze von Karpfen in den Reckar, von Bach-
imd Regenbogenforcllcn in den verschiedcnen Bcrcinsgcbictcn
von gutcm Effolge begleitet find. Leider werdcn in der Schon-
zeit dcr Rcgcnbogenforelle, welche in die Monate März und
April fällt, nachdem die Bachforelle längst wieder freigegeben
ist, vicl laichende Rcgenbogc'nforellcn gefangen. An matzge-
bcndcr Stelle ivird zu crlvägen sein, -welche zweckmätzige Matz-
rcgcl-n gegen diesen Mitzstaiid ergriffen werden könncn. Der
Bcrtilgung von Fischschädlingen wird immer noch zu wenig
Jnkeressc gezeigt. Die für die Bertilgung dcrsclbcn vom Staate
ausgcsctztcn Prämien sind bedeutcnd, und sollten dcn Eifer
Fischottern imd Fischreihcrn nachznstelten, rege crhaltcn. Be-
sonders aber sollten die Fischer und Fischercibesitzer eifriger sein
und selbst das Jniercsse dcr Jäger an dcr Nertilgnng dieses
Raubzeuges lvecken. Die Einnahmen betrugen 4700,39 Mk.,
'die. Mlsgabcn 4864,84 Mk.; Einnahme S'aldo d. 31. 12. 1902
136,88 Mark.

-i- Dns Kaiscr-Piinsrama bictet gegenwärtig cine grotz-
artigc Wandcrung dnrch dcn S ch >varzwal d. Tas 'bc-
rühmte Baden-Ba-don mit der malerischen Schloßrninc eröff-
net dic Reihe der in Farbe und Perspektive ungcmein wirk-
samcn Natur-Anfnähmen. Eine besonders prächtige Perspek-
tive zeigt dic Lichtentalcr Allee. Es folgen dann der Hornis-
grinde-Tnrm, ciiic rcizendc Szcnerie am Mummelsee, die
Badeorte Petcrstal nnd Griesbach, die mächtige und intcressante
Ruine dcr Abtei Allerheiligcn mit dcn in der Nähe befindlichen
Wasscrfällcn, die Städte Offenburg nnd Gcngcnbach, das
schön gclegcnc Schloh Ortenberg, die -Burgruinen Hohen-
gerolseck, dcr von intercssanten Gcbirgsformationen nmsäumte
Ort Wolfach, die Siadt Hornberg mit rcizendcn Ausflugsorten,
der schöne Wasserfall bei Tribcrg, die alte Birrgriiine Mägde-
bnrg, der Titisee mit malerischen Gebirgslandschaften, dic
Ruincn dcr Fefte Hohentwil, das Höllenial, der Ravenna-
Biadnkt »sw. Wir cmpfchlcn unscren Lcscrn, sich dicsc Seric
nicht entgc'hen zu lasien..

ff- Schöffenncrichtssitzung vom 16. Febr. Friedrich Moscr
Vvn hier crhielt wegcn Bcrgehens gegen das Nahrungsmittel-
gesctz cine Gcldstrafe -von 300 Mark oder 180 Tage Gefängnis,
Johann Rensch IX. von Nnsloch wegen Körpevverletznng 3
Mavk Geldstrafe odcr 1 Tag Gefängnis, die Berhandlnng ge-
gen Johann Frank von Nußloch wegen Rühestöriing, Beleidi-
gnng und Widcrstands ivnrde vcrtagt, Ludwig Dörr bon Sand-
hausen crhielt Ivegcn Körpevverletzung 20 Mark Geldstrafe
odcr 6 Tage Gcfüngnis, Michacl Pfirschiiig von Sandhausen
-ivcgcn bes gleichen- Vergehens 8 Tagc Gefängüis, der mitan-
geklagte Joief Rcfior von Nußloch wnrvc sreigssprochen, Jokob
Scheidcl von Waldhilsbach crhielt wegcn Beleidignng 40 Mk,
Keldstrase oder 10 Tage 6-efängnis, der mitangetlagtc Wilh,
Friedrich llon dort 10 Mark -Geldstrafc oder 2 Tage Gefängnis,
Lndwig -Heid und Jahann 6-eorg Hcid VI. bon Meckesheim
sind -ivcgen Iagdvcrgehcns und Hehlerei angcklagt, cs er'hält
der ersterc einen Vevivcis, der lctztcrc einen Tag Gcfängnis,
Karl Hcrdcl von Handschuhsheim crhielt wcgcn Dtcbstähls
eine» Verweis, Iohann Hicbcler wcgen desgleichcn 8 Tage
.Gefängnis, Aloys Vogel hier Ivegen desglcichen 1 Tag Gef,

Bouerbnch ('A. Bretten), 16, Febr, (V e r h a f t u n g,)
Olrotzcs Anfsehcn errcgt iu misercr Gemeinde die Vcrhaftung
ciner 68 Jahre alten Witlve namcns Göpfcrich und cines in
den 70er Jähren stchcnden Manncs namcns Scherer wegcn
SitMchkeitsverbrechens und wegen Verleitung eines 13jährigen
Volksschülers hicrzu. Die beiden- find in vorläufiger Unter-
snchnngshaft im Amtsgefängnis in Bretten.

I!E Knrlsruhc, 15, Febr, (Lotterie.) Dcm Komüee
für die im Jahre 1903 in Karlsrühe zn veranstaltende
Deutsch-Kolonialc Jagdausstcllung wnrde die Gcnehmigung
crtcilt, cine Lotterie zu veranstalten, bci welcher zusammcn
100 000 Lose, das Stück zu 1 Mark, ausgegebcn werden und
61cldge-wüme ün Gesamibetrage von 25 000 Mark, sowie Ge-
gcnständc im Wcrtc von 18 000 Mark, somit Gcwinnc im Ge-
samrbctrage von 40 000 Mark zur -Ausspielung gelangen,

8O Karlsruhe, 16. Fcbr. (P l ö tz l i ch vcrstorbe n)
ist an einein Herzschlag in Waldshnt am 14. d. M., dcr anf
eincr Dienstrcise bcgriffcne Grotzh, Verbandsinspc'ktor W.
Stadl e r von hier. Dcr Verblichcne errcichtc ein Nter von
nahczn 60 Jährcn.

IkL Müllbeim, 16. Fcbr. (W e i n m a r k t.) Dcr von
dcr Stadt Müllheim alljährlich veranstaltete Weinmartt für
Markgräslcr Weinc findet diescs Jähr am 27. Februar, nach-
mittags von 1—3 llhr, im Saale dcs Raihanscs hier statt.

Heidelbevger Vereinsangelegercheiten.

-s- Lirdcrtafcl. llcbcr den H e r r c II a b e II d der Liedec-
lafel berichtct man uns nach: Wc die nffidele Stimimmg del
Liedertäflcr am letzten Samstag Mend im „Faulcn Pclz"
znr Genüge bcwics, mntztc sich -wohl jcdes Mitglied vorgcnow-
mcn habcn, dcn bestcn Humor an dieseni Abend mitzuüringei'-
B" witzigstcr Weise vcrstand cs abcr auch der Narrciipräsident,
die „Fidclitas" immcr „an Bord" zu haltcn. Alle DaiLietnn-
gcn hattcn dncchschlagcndcn Erfolg. Allgemcine Heiterkeit ver-
nrsachtc das Cnsemble: „Jm Wartcsaal". Dic Vcrcinskomikcr
liehcn ihr Bcstcs an dicsem Abcnd vom Stapcl nnd wurdeN
durch reichcn Bcisall für ihrc Lcistungen belohnt. Das DoP-
pelguartctt criitete mii eincm schön vorgctragcncn Licd rumor-
vollcu Applaus, so datz cs sich uoch zu cincr Zugabe bcqncmen
mutztc. Dcr Wählsprncki dcs Vercins: „Harmonic hält uns
vcrcint", bewährte sich bci scincn Mirglicdern bis zur fi-ühen
Ntorgcnstundc.

Kleine Zeitung.

— Lcipzig, 16. Fcbr. (Dcr Lcipziger Bank-
krach vor Gericht.) llnter großcm Ändrang des
PublikiimS wurdc hcute dic durch Reichsgerichtsiirtcil voR
4. Oktobcr 1902 augeorductc nochmaiige Vcrhaudlung gegc»
dcn frühercn Dircktor dcr Leipziger Bank,
Exucr, vor dcm hicsigeu S ch >v urge richt durch den
Vorsitzendcii Laudgerichtsdirektor Müllcr cröffuct. (3>^
der frühercu Vcrhaudluug ist Exucr, dcsseu Lcrbiudimg nfft
dciu noch dcr Vcrurteilimg eutgegcuseheudeu Gencraldirektoc
Schmidt bou dcr Kasselcr TrebcrlrocknuugSgescllschast dff
Katastrophc bci dcr Leipziger Bauk herbeisührtc, zu sünl
Jahrcii ZuchthauS imd füufjährigem Ehrvcrlust vcrurteilt
wordcu. Seiii Mitdircktor Rechtsauwilt Dr Geutzsch erhiclt
drci Jahrc Gcfäugnis, während gegeu die glcichfalls auge'
klagtcu AiifsichtSratsinitglieder Geldstrafcu von 5—15000 ^
ausgesprochen wurden. D. Red,) Tcr Vertcidiger Justizrat
Dr. v Gordou-Berliu erklärt, dcr Angeklagtc lehnedeN
B orsi tzeudeu als befaugeu ab. Landgcrichtödircktor
Müllcr sei Vorsitzeiidcr und Berichtcrstatier dcr Beratiings
kammes gewescn imd habc als Vorsitzeuder der vorigeu Haupt'
verhaiidluug durch verichicdeue Z>oischcnbemcrkuugen soV^
bci dcr Rechtsbelehruug zu crkeuueu gcgcbcu, das; cr vor-
eiiigeiloiumeu sci. Laudgerichtsdirektor Ntüllcr erklärtc hier'
auf, daß er den Vorsitz vorläufig uiederlege uud das ältcste
Mitglicd des Gcrichtshoses, Landgerichtsrat Lchmidt, ersuche-
deu Vorsitz zu übcruchmcu. Staatsauwalt Dr. Weber hä^
die Ablchimug nicht für begründet, stellt jedoch zum Zwea
der Enlscheiduug übcr dcu Ablehuuugsautrag dic Vertagunü
ter Vcrhaudlimg anheim. Der Vorsitzeude Laudgerichtsrot
Schmidt bcmerkt, daß cr die Sitzimg auf morgeu DicnM
vormittags 10 llhr vertage. Alsdaim werdc der Ee-
richtsbeschluß übcr deu gestclltcu Ablehuimgsantrag ver-
küudet werden.

Lcipzig. 17, Fvbr, Jn dem Prozcß gcgcn är"
sriilicreu Tircktor der Leipziger Baiik E x n cr verkündoto
heute der Bonitzende des S-chwurgerichts, Landgerichto-
rat Schmidt. daß die Beivc-isführuug über deii von be'
Verteidigung gesteütcn Ablelmungsaiitrag nicht zu EU^
geführt werd-eii komite, llm die auswärts wohnendo"
Geschworenen nicht wicdcrum vergeblich porzuladeii, vor'
tage cr die Sitzung auf Tomierstag vormittog halb t"
Uhr, Alsdami wird der Olerichtsbeschlutz über -den
stellten Ablehiiuiigsautrag verkündet werdeu.

Brnunschwcig, 16. Febr. Ileber eiuc ve
g e s s e ii c Bk i l l i o n M a r k lveiß die „Magdeb. Ztg-.
folgeiides zu berichten: Tie sogen. Brau n s ch w e i g
s ch e ii 20 - T a l c r l o s e, die seit 1V69 im Umla^
sind und im Zahre 1021 ausgeloft seiu werdeu,
wohl übei-^die gauze Wclt verbreitet, wie man ost genNp
aus dcn Ltempclu und haudschristlicheii Bemerken oN-
solchen Losen, die wieder in den Bert'chr gelaugt siüd, ok'
sehen kaim, Viele, sogar recht -viele dieser Lose siud ind0o
verschollen odcr sie ruheu in sicheren Behältnissen uuseE
Laiidbevölteruiig. wo sie uach vielcu Jahreu vielleiw
eiumal durch Zusall wieder an das Tageslffcht wcrdeu
sördert wcrdcii, Iedeusalls habcii sich zahlrciche Lcuio
um ihreii Losbesitz gar nicht mehr be'tummert, denn na^
deu Bekaiintmachttiigeii des herzogl, FiuauzkollcgiuiNi'
die nach jeder Zie'hung veröffentlicht wer'den, sind WÄ
ü ber t a n s c n d L osc , die g e z o g e n worden siw'
uiid darimter befiildet sich sogar ein Los, auf das cm
Bargewimi von 150 000 N,'ark gesalleu ist, gar niast
zur Einlösung gelangt imd jetzt verfa11en. Dn^

Sollte er es auf cincn Bersnch ankommcn lassen? Doch nc'in!
DaS, was er sich in jencn Stunden der grötzten V-erz-weiflung,
der Selbstvorioüffe gclobt, er durfte dieses sich sclbst gegebene
Versprcchen nicht brcchen-, cmch nicht um den Preis eines —-
sicher nur knrzcn, vorübcrgehendcn — Ziistilnmnngs'lächelns
seiner Frau, Aber machte er sich jetzt nicht desselben Fehlers
schuldig, den cr so oft bci Gtsela gerügt, den der Matzlosigkeit,
Ler Uebcrtreibung? War cs denn nötig, gleich Wer alle Stränge
-zu schlagen? Datz er gerädc wicdcr in seinen alten Fehler ver-
fiel? Gäü cs nicht einen Mittelwcg, um Grse'la's Wünschen
gerecht zu wcrden, ohne mit seinen Grundsätzen in Widcrspruch
zu gcraten?

Weshalb nmtzte cr seine schwerblütigen, p-hilistevhaften
Jdee» der jungcn, anders gearteten, ganz anders erzogcnen
Frau geradezu änfdrängcn? Jn erster Lrnie stand für ihn doch
der Friede seines Hauses, Mochte sie, wenn sie es eiu-mal
durchaus wollte, -das übliche Herkomme-n durchbrechcn! Was
ging es schlietzlich die anderen Leute an? Geredet wur'de doch;
so -wic so, Sic ivaren doch nun bci-de cinmal ailfcinandcr an-
gowiesen, und schließlich mutzte Mün die Menschen ne'hmen,
wie sie waren nnd nicht, wie sic scin sollten, Ändcre Lente
tvaren auch nicht in allen Dingen voWommen, Wie tausend
an'dcre an scincr Stelle wiirden mit Bcrgnügen die Gelegenheit
ergriffen habcn, gerade diesen Wunsch nach einer üppigeren
LebcnSführnng zu crfüllcn, noch dazu, -wo die matcriclle» Ber-
'hältnisse so günstig lagcn^ Also vogue la galörel

18,

Mit dicscn „guten Borsätzen" trat -Siernbergk am nächsten
Morgen 'Gisela gegenüber, die ihn mit fest zusammengekniffe-
nen Lippe» empfing und auf seine Frage nach ihrcm Ergehcn
nur cinsilbige Antworten hatte. Paül schwieg, lag cs doch
nicht in seiner Absicht, den Streit ivieder bon neuem auflckben zu
lassen. Autzerdem war den gesellschaftlichen Verpflichtungen
einstwcilen Genüge getan, unb für die nächsten Monate schlotz
Giseläs Zustand an und für sich 'schon jede Möglichl'eit einer
Wiederaufnahmc dersclbcn aus.

So le'bte das junge Päar, ohne datz es zu ciner erncuten
Aussprache gekommen iväre, scheinbar friedlich neben einander
fort. Paul war dcr aufmcr'ksame Gatte, ängstlich bemüht,
Allcs aus dem Wege zu räumen, -was Veranlassung zu neuen
Konfliktcn gebcn konnte. Scin Dank war cine me'hr gleichmä-
ßigc Stimmung der Gestrengen, wen'n es auch nicht mehr zu
einem gemiitlichen Austausche von Meinungen und Empfindun-
gcn kömmen wollte, Die Unbefangepheit war Beiden genom-
men imd in erster Linie Panl, der vorsichtig jeden Gcsprächs-
stvff crst uach allen Seiten 'hin prüfte, bövor er sich anf das
frcmde Göbiet wagte; niemals gang sicher, ob es nicht doch zn
einem Aufeinanderplatzen der Geister führen könnte,

Setbst dic 'von Paul in Vorschlag gebrachte Wiederauf-
nähmc dcs geMeinsamen Lebens — für ihr Verhältnis viel-
Icicht das beste Auskunftsmittcl -— wollte bei Gisela nicht ver-
fangen. „Es sei jetzt Sommer und sie wolle so viel wie mög-
lich die so gepriesene Umgebung der Garnison kenucn lernen."
— Da Steinbergk mit großer Bereitwilligkeit auf diesen
Wnnscki cinging und man autzerdem answärts meist Bckannte
traf, so gestalteten sich diese Wochen zu den friedlichsten der
ganzcn Ehe, und Panl hättc dicse» Gedankcn noch iübrünstigcr
gepriescn, ivenn ihm nicht durch die nun fast täglich veranstal-
teten Ausflügc, die tcils zn Wagen, teils vernüttcls der Birhn
ausgeführt wurden und bei welchen eine möglichst gute — älso
auch entsprechcnd kvstspieligc — Verpflegung für Gisela un-
verbrüchlich mit zum ProgramM gehörte, neue Sorgeu ent-
standcn wären, Für derartige Ausgaben reichte sein Gchalt
und die davon gemachten kleinen Ersparnisse auf die Dauer auch
nicht cnfferntest aus, und mit einem nicht unberechffgten Grcru-
sen sah cr schon den Moment herannahen, wo er, ähnlich lvie
bcim Bözählen der Wöhnungsmiete, wieder als BiWeller vor
seine Frau treten mußtel

Ein Gefühl der unsäglichen Evbitterung ergriff Paul im-
mer mehrl Sollte die in Geldsachen so Erfahrene und llm-
sichtige nicht unschwer voranssehen, datz bei einer solchen Le-
benssührnng sein Ge'halk, desien Unzulänglichkeit sie öft unzart

genug verspottet hatte, bald nicht mehr ausrcichen lvürde,
mal cs ihr nicht cingefallcn war, ihm die nach ihrer cigeffsi
Erklärung doch nur vorgestreckte erste Ouartalsmictc ztirim-
zucrstatten? Sctzte sie ihn nicht bewutzt dadurch erneiüc
Dcnültignngen anS? Es iwar so wcir mit ihni gckommcn,
er die ganze plötzlich anfgetauchte Liebhabcrci für LandparG-,
lcdiglich in der Absicht effnnden glaubtc, ihm dcn ffeincn 9Ü1
von Selbständigkeii, den ihm scin Gehalt güwLhrte. auckl »)> i
zu entzichen nnd ihm scine Abhängigkeit von ihr immer ivicr^
vor Augen zu führcn. Abcr dcn Triump'h sollte sie nickst
lebcn! Anderscits durfte und wollte cr cs nicht zu cinem
ncuten Auftritte kommcn lassen, da gerade die letzten Wöchsi
ohne bcsondercn Zwischensall verlaufcn waren, Sollte cr 6 -,
an cincn Kameradcn oder gar an einen gcfälligen Gcldvcrlcih
wendcn, deren cs auch in , , , , einige hochprozcntige El»? ^
plare ga'b? Von beiden Sciten würde man ihm jetzt ü'U
Schwicrigkeiten bcrcüct häben, allcin damit gab cr jedcnsäU
zu allen möglichen Vermntungen und Klalschercicn begründ^
Vcranlassung. Wie sollrc cr sich aus diesem Dilemma rctEzü
Ganz entgegen seinen ursprünglichen Charaktereigcnschul
ten, die ihn mchr anf cin frisches, fröhliches Wagen hinüvüff '
üeschlotz Panl, die Entschcidung hinauszuschicbcn und svö ,
sagcn dic Sache versnnipfen zu lasscn. So schützte er bci
nächsteu Gelcgcnheiten Dienst, im Noffalle auch UwvohiÜ
vor und crrcichte dadurch wenigstcns cinen kurzcn Ausstai'd-
(Aorffetzun, fotgr.)

Bcim Hriratsvcrmittlcr. „Dieses Fräulein Mcycr'
fällt nür außerordentlich gut — nur schwarz mützte dic Da ja
scinl" — „O, damit kann ich dicncn — ich ha'üe auw
Fräülein Meher in schwarz!" ^ x-

— Zwci Jnseratc. „Mcincr Frau bitte ich nichts zu uo
gen, da dieselbe mich hcimlich verlasscn hat, Grob, Schnew „
meister." — Nach 14 Tagen: „Mcincr Frau bitte irh
zu borgen, da dieselbe zu mir zurückgckehrt ift, Grob, Sa>u
dermeister,"
 
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