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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.11498#0673
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Erscheint täglich, Sormtags ausgenommen. Pveis mrt Familienblättern monatlich 60 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expeditton und den Zweiganstalten abgeholt 40 Pfg. Durch

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Anzrigenpreis:20 Pfg. für die Ispaltige Petttzeile oder deren Raum Neklamezeile 40 Pfg. Für hicsige GeschästS- und Privatanzeigen ermätzigt. — Für die Airfnahme von Anzeigen
an besttmmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Ansch lag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelb. Zeitung imd -en städt. Anschlagstellen. Fernsprecher 82.

Der Kaiser in Kopenhagen.

Kopenhagen,3. Aprit. Heute Vormittag 91/2
tthr stchr der deutsche Kaiser in Begteitung des
^ronprinzen und des Prinzen Waldemar
rm offenen Wagen durch dtc Stadt nach dem M u seum
^ er nordischen A l t c r t ü m e r. Der Kaiscr be-
iichttgte unter Führung der Direktoren mit grotzem Jn-
Eeresse die prähistorische Mteilung des Nationalmuseums,
iowie die der mittelalterlichen Kirchenkunst, und begab
iich sodann nach dem T h o r w a l d s e n - M u s e u m ,
er vom Kammerherrn Meldahl und dem Jnspektor
^auberg geleitet wurde. Der Besuch der Museen dauerte
^Ugefähr zwei Stunden. — Dte Zeitung „Politiken"
ichreibt: Der deutsche Kaiser wurde gestern von dem König
Mnd der Kopenhagener Bevölkerung mit grötzter Herzlich-
^it empfangen. Allesfühlte, datz derBesuch
E>eZ Kaisers ein Ereignis von anderer
^ rt sei, als ein gewöhnlicher F ü r st e n b e -
i st ch. Mit grötztem Jnteresse wird man die Reden lesen,
^ie bei der Tafel gewechselt wurden. Die Rede des Kai-
^rs ist eii: Zeugnis von der großen rednerischen
. ^egabung des Monarchen, und die überströmende Be-
^underung gegenüber denl König und dem stamrnver-
^andten dänischen Volke wird sicherlich die selbstverständ-
^iche Würdigung finden, die eine so große Liebenswürdig-
keit hervorruft. — Wie dasselbe Blatt meldet, ließ sich der
^aiser nach der Tasel die Gäste vorstellen und bewegte
sich zwischen denselben mit großer Liebenswürdigkeit; es
nicht zu viel gesagt, daß kaum ein einziger Gast war,
Mit dem der Kaiser nicht gesprochen hätte. Besonders
Unterhiclt er sich mit den beiden Präsidenten des Reichs-
^gs und dem Ministerprästdenten, mit dem er über meh-
^re Fragen der auswärtigen Politik sprach;
Urit dem Konfessionarius sprach der Kaiser über kirchliche
^erhältnisse hierzulande. Während gewöhnlich derartige
^aladiners uur bis 10 llhr dauern, dauerte das gestrige
bis 11 Uhr.

> KoPenhagen, 3. April. Der deutsche K a i-
r besichtigte mit dem Kronprinzen und dem Prinzen
^aldemar, sowie nnt großem Gefolge das V e r k a u f s-
iager der königlich dänischen P o r z e l l a n m a n u -
laktur, wo fie von Direktor Dalgas, Professor Krag
Uild dem Mitgliede des Kontrollkomitees Apotheker Ren-
empfangen wurden. Der Kaiser betrachtete die einzel-
Uen, Stücke mit grotzem Jnteresse und wählte sich eine aus-
^suchte Sammlung aus dem für diese Fabrik charakteri-
uischen Material aus, speziell einigs grotze Gegenstände
Uud Tiere. Der Kaiser sprach sich schmeichelhaft über die
^irksamkeit der Fabrik aus. Um halb 12 Nhr machte
Kaiser der K r o n P r i n z e s s i n einen Besuch. Bald
Alrauf empfing er den Besuch des Königs in seinen
^emächern. Um 1 Uhr begab sich der Kaiser zum
rsth stü ck bei dem deutschen Gesandten v. Schön. Er
!?Urde auf seiner Fahrt durch die Stratzen vom Publikum
^erall 'herzlich begrüßt. Beim Frühsttick satz der Kaiser
^ischen Frau v. Schön und dem Ministerpräsidenten
^eiintzer; dem Kaiser gegenüber saß der Gesandte von

Schön. Jm Anschlutz an das Frühslück empfing der
Kaiser in der Wohnung des Gesandten den Vorstand des
Vereins deutscher R e i ch s a n g e h ö r i g e r.

Um 3 Uhr begab sich der Kaiser in Begleitung des
Kronprinzen und des Prinzen Waldemar und der Herren
des Gefolges und des Ehrendienstes nach Klampen-
b o r g, wo die königlichen Wagen warteten, die die
Herren durch den Tiergarten nach dem Jagdschloß Ere-
mitage fuhren. Nach kurzer Besichtigung wurde die Fahrt
durch den Tiergarten uach Fortuna fortgesetzt; dann kehrte
man durch die Wolfsschlucht nach deni Bahnhof zurück.

Deutsches Neich.

— General Herwarth v. Bittenfeld, Kom-
mandeur des 15. Armeekorps, ist in Genehmigung seines
Wschiedsgesuches mit Pension zur Disposition und gleich-
zeitig st lu suile des Königin Elisabeth-Grenadier-Regi-
ments Nr. 3 gestellt worden.

— Sein fünfzigjähriges Militär-Jubiläum hatte am
1. ds. auch der Oberpräfident der Provinz Sachsen,
Staatsminister v. Bötticher, gefeiert. Er ist Oberst-
leutnant der Jnfanterie des 1. Aufgebots des Landwehr-
bezirks Magdeburg. Zu seinem Jubiläum wurde ihm
der Charakter als Oberst verliehen.

Badcn.

Karlsruhe, 3. April. Jn der heute im Saale
des Restaurants SchremPP stattgesundenen Mitglieder-
versamnilung des „Natioualliberaleu Vereins Karls-
ruhe" teilte der Vorsitzeude, Herr Professor Dr. Gold-
schmit mit, daß Herr Dr. Bassermann die ihm an-
gebotene Kandidatur anzunehmen erklärt häbe.

Boxberg, 3. April. Jn einer sehr stark besuchten
Vertrauensmännerversammluiig der nationalliberalen
Partei des 14. Reichstagswahlkreises wurde nach einem
Vortrag des Herrn Landgerichtspräsidenten Uibel aus
Mosbach der bekaninte Landwirt, Herjr Ratschreiber
Leiser aus Sindolsheim als Kandidat aufgestellt.
Abg. Klein hatte eine Kandidatur entschieden abgelehnt.

Aus der Karlsruher Zeitung

— Die Großh. Zolldirektion hat den Hauptamtsassistenten
Anton Kilb in Karlsruhe zum Revidenten ernannt.

— Es wurden Betriebsassistent (Eisenbahnpraktikant)
Adolf Hock in Müllheim nach Mannheim und Betriebsassi-
stent Theodor Erhardt in Appenweier nach Offenburg
versetzt.

— Es sind der Bezirksgeometer Wilhelm Hauer in
Bonndorf nach Breifach und der Vermeffungsassistent Her-
mann Bodenmüller in Eppingen nach Bonndorf versetzt
worden. Der Vermessungsasfistent Gustav Morlock in
Pforzheim ist zu dem Bezirksgeometer in Wiesloch versetzt
worden.

Die „Frankfurter Zeitung" bringt in ihrer Nr. 80,
Morgenblatt bom 30. März d. I., eine auch in badische
Blätter übergegangene Notiz aus Baden, wonach „der Mim-
ster" gesagt haben soll, daß die vom Reichstag bewilligten Ve-
teranenbeihilfen nicht in vollem Maß in Anspruch genommen
worden seien. Es wird dann diese angebliche Tatsache darauf
zurückgeführt, daß die Bedürftigen, auf die Beihilfe lieber
verzichten, als daß sie fich den mit der Erlangung einer solchen

verbundenen „Weitläufigkeiten der Verwalrungsbehörden"
und Nachfragen durch den „uniformierten Schuhmann" un-
terwerfen wollten. Dem gegenüber sei hier festgestellt, das;
einmal ein Minister in Baden eine Aeutzerung im obigen
Sinne nicht getan hat, sodann daß auch die von der „Frankf.
Ztg." in der fraglichen Notiz bchaupteten Tatsachen der Wirk-
lichkeit in keiner Weise entsprechen. Jn Wirklichkeit sind nach
dcm Stand vom 1. April d. I. nicht nur die auf das Großher-
zogtum Baden entfallenden Beihilfen (809) voll aufgebraucht,
sondern es sind darüber hinaus 75 Beihilfen für den Fall
des Verfügbarwerdcns dcr Mittel vorgcmerkt. Bei der iat-
sächlich stattfindenden Ueberhäufung der Behörden mit Gesu-
chen um Veterancnbeihilfen ist cs aber im Jnteresse einer ge-
rechten Berteilung der verfügbaren Gelder unerläßlich, daß
die Erhebungen über das Vorliegen der gesehlichen Voraus-
sehungcn mit der erfordcrlichen Sorgfalt gemacht werden;
dabei lassen sich wenigstens in städtischen Verhältnissen Nach-
fragen auch durch die Organe der Polizei gar nicht immer
vermeiden. Diese Erhebungen werden jedoch auf das unum-
gänglich notwendige Matz beschränkt und kann von „Weitläu-
figkeiten" der Verwaltungsbehörden oder von „Büreaukratis-
mus", welcher die Bedürftigen von der Bewerbung um die
Beihilfe abschrccke, wie übrigens schon obige Zahlen beweisen,
keine Rede sein.

Karlsruhe, 3. April. Der Großherzog nahm
heute Vormittag verschiedene Vvrträge entgegen nnd ge-
währts den beiden PhotograPhischen Geschäften von Hof-
photograph Schuhmann und Photographen Gebrüder
Hirsch Sitzungen für gewünschte Aufnahmen. Darnach
meldeten sich der Generalmajor von Safft, Kommandeüx
der 22. Jnfanterie-Brigade, bisher Kommandeur des 2.
Badischen Grendier-Regrments Kaiser Wilhelm I. Nr. 110
nnd Oberst a. D. Schauffler znr Danksagung fnr die ihm
gelegentlich seines 60jährigen Militärdi-enstjnbiläums zu
teil gewordene Ordensanszeichnung.

Abends 6 Uhr fand eine größere musikalische Auf-
führung bei den Großherzoglichen Herrschaften statt, welche
durch die Fürstin Sophie zur Lippe veranlaßt war. Auch
im vergangenen Winter versamnielten sich viele Damcn
bei der Fürstin zu gemeinsamer musikalischer Produktion
nnter Leitung des Geheimen Oberregiernngsrats Dr:
Krems. Ein großer Damenchor trug sehr schöne Ge-
sänge vor; anch einige Solopartien kamcn zur Anffüh-
rung. Die Fürstin beteiligte sich am Chorgesang. Die
Angehörigen aller mustkalisch mitwirkenden Personen wa-
ren eingeladen.

Ausland.

Holland.

— Der Ausftand der Eisenbahn- und
S t r a ß e n b a h n b e a m t e n scheint unvermeidlich zn
sein. Jn Amsterdam ist außerdem ein großer Streik
d-er H a f e n a r b e i t e r zu envarten, da diese sich mit
der ihnen zngestandenett kkeinen Lohnerhöhung nicht be-
gnügen, sondern einen größeren dnrch Ansstand erzwin-
,gen wollen. Für China bestimmte Schienen nnd Kohlen
des dentschen Syndikats werden bereits statt in Amsterdam
in Emden verfrachtet.

Schweden.

— Die türkische Regierung hat durch ihren
hiesigen Vertreter General Scherif Pascha an König
Oskar den Antrag auf Ueberlassung von zwei

heit in Hannover hatte fich der Kaiser bereit erklärt, bei
dem jüngst geborenen Töchterchen des Hauptmanns und
Kompagniechefs im 1. Hcmno-verschen Jnfanterie-Regi-
ment Nr. 74, v. Feldmann, eine Patenstelle zu überneh-
men. Die kleine Erdcnbürgerin erblickte das Licht der
Welt in dem Augenblick, als der glückliche Vater gerade
vor dem obersten Kriegsherrn auf dem Waterlooplatze in
Parade stand. Nun hat der Kaiser seinem Patenkinde,
das in der Taufe den Namen Wilhelma crhielt, einen
koftbaren Becher mit dem eingeschnittenen Namen des
Kindes nebst entsprechender Widmung zugehen lassen.
Das Geschenk wurde, wie die „Tgl. Rdsch." berichtet,
durch den Oberst und Flügeladjutant v. Heyden-Linden
den Eltern der Kleinen dieser Tage persönlich überreicht.

— Breslau, 3. April. Wie die „Schles. Ztg." meldet,
wurden bis heute Nachmittag auf der Königtn Luisegrube
von den noch vermißten 14 Mann sechs tot zutage
gefördert. Heute Vormittag fuhren Berghauptmann
Vogel und Geh. Bergrat Hiltrop in den Unglücksschacht
ein.

—- Stranbinger Keuschheit. Aus Stranbing wird ein
neues Stücklein von Sittlichkeitseifer gemeldet. Die
„Augsb. Mdztg." berichtet: Viel besprochen wird, daß
dtzr Religionslehrer an der hiesigen Realschule, Dr.
Schmittner, an zwei hiesige Friseure Briefe schrieb, in
welchen er sie ausford-erte, aus ihren Auslagen die Da-
menbüsten, wie sich solche allenthalben in den Frisem'-
läden befinden, zu entfernen, weil sie die Sittlichkeit der
Realschüler gefährden könnten.

16 Seiten.

Stadttheater.

Heidelberg, 4. April.

^ „D i e Herren Söhne", Volksstück von Walther und

r>Die schwierige Frage der Berufe und Begabungen haben die
^fasser mit Glück und gesundem Gefühl zum Gegenstand
für unsere Bühne recht wertvollen Volksstücks gemacht,
ches ssch dnrch natürliche Situationen, flotte Szenenfüh-
und eine verständnisvolle Behandlung des Berliner-
sitä^ auszeichnet. Ein Hofschlächter ist einem Rittergutsbe-
Es u„d Landtagsabgeordneten kontrastiert, während die
isllMe dieser Herren ihrerseits in einem Gegensatz stehen. Der
dAe Gutsbesitzerssohn ist zwar ein schlechter Jurist und
s^,8rfach ghne Erfolg geprüfter Rechtskandidat, aber ein fri-
tatkräfttger Mensch von praktischem Blick und gut ent-
H^lten Sinn fürs Geschäftliche. Dem Schlächtermeister da-
fMU hat der Himmel einen Sohn beschert, der hcranwachscnd
^ hinter den Büchern sitzt und, als es soweit ist, wenig
ae am Geschäft zeigt, vielleicht nie leruen wird, Schweine
und eine solide, ungefärbte Cervelatwurst stopfen.
Her, Wünsche der Väter müssen der Logik der Tatsachen wei-
Kj,?' sndem der unbegabte Jurist sich der geschäftlichen Kom-
i>ex Gutsbetrieb und Dampfschlächterei zuwendet, und
h>^,,^chlachtersohn zur Universität geht. Die beiden Väter
versöhnt. Der cine dadurch, daß der Herr Filius eine
siiie Partie macht, die seinen geschäftlichen Absichten gleich
wttde Basis gibt, der andere durch 4 Mensuren, die der
Studiosus schlägt, weil man ungebührlich von seinem
^ Vater gesprochen hat.

»r behagliche Humor und die ungezwungene Entwicklung
kK ^charaktere und dcr Handlung sichern dem Stück, so oft
h>ichmchsint, eine warme Anfnahme. Für die Darstellung
^ich si! sind die Rollen des Hoflieferanten, der beiden Söhne
Nichte, einer frischen Person, die im Laden mitarbei-

tet, das Herz auf dem Fleck und 7b 000 Mark im Vermögen
hat. Sie wnrde gespielt von Frl. Milde, und zwar mit so-
viel Sicherheit in der Beherrschung des Berlinischen und soviel
echter Farbe des Lebens, daß man Frl. Milde zn der- Entwick-
lung, die sie genommen, aufrichtig Glück wünschen darf. Auch
Herr Krones zeigte als Student, der keinen Mumm fürs
Studium hat, welcher Sicherheit und welch' schöner Natür-
lichkeit er fähig ist. Besonders Maske und Haltung waren
sorgfältig gewählt und festgehalten. Ein jnnger strammer
Einjähriger war Herr Eckhof. Er ist in ernsten Szenen
eines schönen echtem Tones mächtig, der ihm die Herzen ge-
winnt. Ganz in seinem Element schien sich Herr Schnei-
der zu befinden. Er setzt meist mit sehr energischen Tönen
ein, zum Glück gibt sich das meistens bald und die Darstel-
lung macht dann einen ausgeglichenen Ein-druck. Gelobt sei
noch die Meisterin des Frl. Fischer und das kleine Berliner
Mädchen des Frl. Hartmann. Die Herren Brandt und
Großmann schufen zwei charakteristische Figuren. Frl.
Hohenau sollte sich nicht bemühen, Berlinerisch zn spreveil.
Das Haus war leider nicht gut besetzt. K. W.

Kleine Zeitung.

— Mainz, 3. April. Wie dem „Mainzer Tageblatt"
aus Sponsheim beiBingen gemeldet wird,
wurde die 72jährige Privatiere Stein-er von ihrem 22
Jahre alten Neffen Detroit aus dem Elsaß, der sich einige
Tage bei ihr zum Besuche befand und erfolglos von ihr
eine Geldunterstützung verlangt hatte, mit einer Hals-
binde e r d r o s s e I t. Die Leiche fand man im Keller;
die Hände waren auf dem Rücken zusammengebunden.
Dem Mörder fiel kein Geld in die Hände.

— Hannover, 1. April. Bei seiner letzten Anwesen-

Die heutige Nummer umfaßt vier Vlätter, zusammen
 
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