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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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von Mecklenburg-Schwerin, aus England kominend, hier
ein und wnrde von dem Großherzog am Bahnhof begrüßt;
es waren daselbst noch anwesenö: der Flngeladjutant Ge-
neralmajor von Sponeck und der Rektor der Technischen
Hochschule Hofrat Dr. von Oechelhaeuser. Der Groß-
herzog geleitete den Herzog zum Schloß, wo die Groß-
herzogin denselben empsing und zur Frühstückstafel führte.
Derselben wohnten auch die Kronprinzessin von Sch-weden
und Norwegen und der Erbgroßherzog an. Danach be-
gleiteten die Höchsten Herrschaften den Herzog in seine
Wohnung. Der Großherzog nahm dann den Vortrag des
Staatsministers von Brauer entgegen. Um halb 1 Uhr
trasen der Fiirst und die Fürstin zu Fürstenberg mit dem
Prinzen und der Prinzessin Reuß hier ein. Dieselben
wurden von dem Flügeladjutanten Genevalmajor Grafen
von Sponeck am Bahnhof begrüßt und mit Hofwagen zum
Fürstlich Fürstenbergischen Palais geführt. An der bei
den Höchsten Herrschaften um 1 Uhr stattfindenden Früh-
stückstafel nahmen teil: der Herzog Johann Albrecht von
Mecklenburg--Schwerin, die Erbgroßherzoglichen Herr-
schaften, die Kronprinzessin Viktoria, sowie Prinz und
Prinzessin Reuß, Fürst und Fürstin zu Fürstenberg. Nach
3 Uhr traf traf der frühere Botschafter in Wien, Fürst zu
Eulenburg, hier ein und stieg auf Einladung der Groß-
herzoglichen Herrschaften im Schlosse ab. Die Großher-
zogin zeigte dem Herzog Johann Albrecht die Spinnerei-
Ausstellung, zu welcher sich auch die Reuß'schen und Für-
steubergischeu Herrschaften begaben. Um 4 Uhr begann
der Herzog Johann Albrecht mit der Besichtigung der
Teutsch-Kolonicilen Fagd-Ausstellung , wo derselbe von
dem Gesamtvorstande empfangen wurde. Fürst Reuß und
Fürst zu Fürstenberg besuchten glei-chfalls diese Aus-
stellnng. Nach 5 Uhr versammelten sich die Höchsten Herr-
schaften, mit Ausnahme des Herzogs Johann Albrecht,
Lei dem Prinzen und der Prinzessin Max zum Tee. Abends
6 Uhr reisten die Fürstenbergischen Herrschaften nach
Stuttgart nnd die Reußschen Herrschaften nach Baden-
Baden. Ter Großherzog und die Großherzogin beglei-
teten ihre Verwandten zum Bahnhof und vexabschiedeten
sich dort von denselben. Die Erbgroßherzogin ist heute
Nachmittag für einige Tage zu ihren Eltern gereist.

Ausland.

Frankreich.

— Eine Anzahl sranzösischer Blätter ist geneigt, den
Vorfall in der Oafe Figi g als von dem Generalgou-
verneur absichtIich h e r v o r g e r u f e n anzusehen.
So sagt eines derselben: Ter Unfall mußte vorauszu-
sehen sein und mar es auch, wie schon die starke Bedeckung
o.weist, die der Generalgouverneur mitgenommen hatte.
Es ist anzunehmen, daß Frankreich nnr einen Streifzug
nntecnehmen wird, der sich wohl zur dauernden Besetznng
der Oase auswachsen wird.

Zur Wahlbewegung.

— Wie scharf die P o l e n in Posen gegen das Z e n-
t r u m vorgehen, erhellt daraus, daß sie in dem einzigen
Wahlkreise, den das Zentrum in Posen besitzt — Frau-
stadt-Lissa —, einen polnischen Gegenkandidaten aufstellen,
und zwar erlebt man hier das sonderbare Schauspiel, daß
sich in diesem Kreise zwei katholische Geistliche, der eine als
Vertreter des Zentrums und der andere als National-
pole, bekämpfen.

Bezirk Gernsbach, 1. Juni. Die Reichstags-
wahlen sind vor der Türe, aber es regt sich nichts. Dis
Sozialdemokraten häben zwar schon Versammlungen ab-
gehalten, so eine gut besuchte in Staufenberg, wo sie auch
aüem nach eine noch höhere Stimmenzahl als bei der vori-
gen Reichstagswahl erhalten dürften. Vorigen Tienstag
wollten auch die Herren vom Bund der Landwirte eine Ver-
sammlung in St. abhalten; es erschienen aber nur 8—10
Mann, wie in andern Orten auch. Für diese Herren ist
im Bezirk G. kein Voden. Die Landwirte fehlen; die Jn-
drlstrie und das Gew-erbe sind überwiegend nnd beide
wollcn von hohen Zollsätzen nichts wissen. Aber die Na-
tionaüiberalen haben fr-üher nnd hätten immer noch
Chancen, wenn sie ni-cht so untätig gerade hier wären.
Wir munterten früher sehr vielfach auf, auch zu anderen
Zeiten, als erst zur Wahlzeit sich etwas zu rcgen nnd an
der Aufklärung zu arbeiten, aber vergeblich.

Niedner; in der Begleitung des Prinzen Eitel Friedrich werden
sich befinden Leutnant b. Schweidnitz, in der Begleitung des
Herzogs von Sachsen-Coburg und Gotha Hauptmann v. Gill-
hausen.

Theater- und Kunstnachrichten.

-p Heidelberg, 3. Juni. (S t a d t t h e a t e r.) Der kgl.
bahrische Hofschauspieler Herr Konrad Dreher, welcher sich dcr-
zeit wieder auf einer Kunstreise befindet, beginnt am Dienstag,
den 9. Juni, ein metzrere Abende umfassendes Gastspiel mrr
seinem trefflichen Münchener Possen-Ensemble und wlrd ber
uns ebenso wie vorhergehend in anderen Städten zwei überaus
lustige Werke und zwar: „Jn der Sommerfrische" und „Anno
48" zur Aufführung bringen. Billets für diese Vorstellungen
sind in der Musikalienhandlung des Herrn Eug. Pfeiffer am
Ludwigsplatz von morgen an zu haben. Näheres ist aus der
heutigen Annonce ersichtlich. — Ob Matkowsky in diesem Som-
mer wieder kommt, ist noch zweifelhaft. — Der Hebbelvereln
beabsichtigt die Aufführung des Dramas seines Patrons „Ghges
und sein Ring" durch Mannheimer Hofschauspieler. — Frt.
Koppenhöfer, der Liebling des Heidelberger Pnblikums, wird
nnr noch eine Saison hindnrch als arsiibende Kiinstlerin tätig sein
und sich dann von der Bühne zurückziehen. Um diesen ihren letzten
Bühnenwinter in Heidelberg wirken zn können, hat Frl. Kop-
p-nböfer ihren Kontrakt mit dem Berliner Tbeater gelöst. Wir
werden also die Freude haben, Frl. Koppenhöfer in der nächsten
Saison hier wiederznsehei!

Ans Ttadt und Laud.

Heidelberg, 3. Juni.

X Bom 10jährigen Stiftungsfest des Vereins süddeutscher
Laryngologrn. Auf das an S. K. H. den Großherzog
abgeschickte Huldigungstelegramm traf folgende telegraphtsche
Antwort nnter der Adresse des Prof. Jnrasz ein

„Jch danke Jhnen für die Uebermittlung der mir ge-
widuu-tcn Begrllßnng seitcns der in der Anla der Universität
versammelten Vereinsmitglieder und anwesenden Gäste. Jch
schätze sehr diese freundliche Aufmerksamkeit und erwtdere
durch Jhre Vermittlung diese Begrüßung mit treuen Wün-
schen für erfolgreiche Beratungen.

Friedrich, Großherzog."

Nachdem sich nach der Feier in der Aula eine große Anzahl
der Teilnehmer des Kongresses mit ihren Damen an der Be-
sichtigung der Ohrenklinik beteiligt hatten, versammelten stch
um 2 Uhr alle zum Festeffen im „Grand Hotel". Nach dem
ersten Toaste des Herrn Prof. Jurasz auf das weitere Ge-
deihen des Vereins hob sich die herrfchende Feststimmung unter
dem Einfluffe einiger sehr humoristischer Tischreden immer
mehr. Nach dem Effen begab sich ein Teil der Gäste zu Fuß
nach Ziegelhausen, während andere mit der Eisenbahn nach-
kamen. Zusammen mit den Anatomen fuhr der Verein süd-
deutscher Laryngologen auf festlich erleuchtetem Schiffe zurück,
um sich vom Waffer aus die von der Stadt dargebotene Schloß-
beleuchtung anzusehen. Diese sowie die sich anschließenden
Feuerwerke verfehlten den gewohnten Eindruck nicht und riffen
die fremden Gäste zur höchsten Bewunderung hin. Die letzten
Abendstunden wurden im Hause des Herrn Prof. Jurasz in
heiterster Stimmung zngebracht. — Die wiffenschaftlichen
Sitzungen fanden, wie alljährlich, im Hörsaal der medizin.
Klinik statt. Sie begannen um 9 Uhr Morgens. Die Prä-
senzliste ergab 101 Teilnehmer, unter diesen befanden sich auch
Herr Geh. Rat Czerny, Hofrat Loffen und Hofrat Fleiner von
hier. Die verschiedenen Vorträge und Demonstrationen waren
durchweg von höchstem Jnteresse. Ganz besonders fesselten
die Ansfübrmigen des Herrn Prof. Gluck-Berlin über die mo-
dernen Operationen der oberen Luftwege, die er durch eine
ganze Reihe bon Präparaten sowie durch die Vorführung bon
mehreren geheilten Patienten illustrierte. Auch am Nach-
mittag fanden Sitzungen statt, doch würde es zu weit führen,
auf die cinzelnen Vorträge näher einzugehen. Jedenfalls
waren die wissenschaftlichen Ergebniffe auch dieser Tagung im
höchsten Grade befriedigend. Am Abend fanden sich die Larhn-
gologen mit ihren Damen in dem festlich geschmückten großen
Saale des städtischen Saalbaues zum Bankett ein. Jm
Laufe des Abends sprach Herr Dr. Eulenstein-Frankfurt a. M.
den wärmsten Dank der süddeutfchen Larhngologen für das
so überaus herzliche und liebenswürdige Entgegenkommen dcr
Stadt Heidelberg aus und betonte nochmals, welch innige und
starke Bande den Verein mit derselben verknüpsen. Herr Bür-
germeister Wielandt antwortete in herzlichen Worten, sprach
die besten Wünsche für das lernere Gedeihen imd die Hoff-
nung aus, auch fernerhin die Larhngologen in Heidelberg zu
sehen. Jm wciteren Verlaufe des Abends gclangte der Hn-
mor immer zu seinen Rechten, besonders durch die Vorlesung
einer äußerst interessanten Bierzeitung. Nur ungern trennte
man sich nach Mitternacht mit dem Bewußtsein, nicht nur
ichenc und gnmßreiche Tagc vmicbt, sondern auch o-e Jwccke
imd Bestrebinigen dcs Vereiiis Süddentscher Larhngologen in bester
Weise gefördert zn babsn

-p Die 17. Versammlung der anatomischen Gesellschaft hat,
wie wir im Anschluß an unseren gestrigen Bericht noch her-
vorheben dürfen. einen anßerordentlich bekriedi-
genden Berlauf genommen. Mehr denn 100 Teilneh-
mer aus den verschiedensten Staaten, aus Süd und Nord hat-
ten sich zu den wissenschaftlichen Sitzungen und Demonstratio-
nen zusammengefunden, in welchen eine Reihe wichtiger
Probleme erörtert wurden. Besonders Jnteresse crregte ein
Vortrag Sr< Exzellenz des Herrn Geh. Rat Kölliker aus
Würzburg, dLr, obgleich 87 Jahre alt, mit fast jugendlicher
Frische vortrug.

Blitzschlaa. Bei dem gestrigen Gewitter, schlng der Blltz in
das Bootshans der Rndergesellschaft Untere Neckarstraße 24 ein,
znm Glück obne z-i zttnden

Unfall. An der Kiesgrube an dem Exerzierplatz stieg
gestern Vormittag ein Fuhrmann auf seinen mit Kies bela-
denen Wagen, er trat jedoch ins Rad, wodurch ihm der große
Zehe des rechten Fnßes abgerissem wurde. Er wurde ins
akademische Krankenhans verbracht rnd verbnnden, worauf
er sofort wicder entlasscn wurde.

— Polizeibericht. Verhaftet wurde ein Dicncr wcgen
Bettelns- Znr Anzsige kamen 5 Persinen wegen Rnhe-
störung.

Neckargemiind, 2. Juni. (Ertrunken.) Am
Pfingstmontag machte eine Anzahl junger Leute aus Mann-
heim bierher einen Ansflng. Sie vergnügten üch anch dnrch
Kahnfahren auf dem Neckar und wollten bei der Ziegelhütte
unterhalb Neckargemünd ein Bad nehmen. Dabei geriet ein
junger Mann von 19 Jahren in eine tiefe Stelle und ertrank.
Die Leiche ist bis jetzt noch nicht aufgefunden. An dcr gleichen
Stelle ist bor zwei Jahren ein junger Glaser ertrunken.

Hornberg, 2. Juni. (Br an d.) An Pfingsten brannten
hier die Anwesen des Müllereibesihers Aberle, des Schmiede-
meisters Köbele, des Metzgermeisters Herrenleben u. des Land-
wirts Gottfried Lauble nieder. Die Abgebrannten sind ver-
sichert. Die Entstehungsursache ist noch unbekannt.

Vom Bodensee, 1. Juni. (D c r P f i n g st v e r k eh r) am
Bodensee nahm heuer einen Umfang an, wie er bis jetzt noch nie
dagewesen. Jn vollbesetzten Zügen trafen die Pfingstgäste zu
unzähligen Tausenden am Samstag und den beiden Feierta-
gen an den Gestaden des Sees ein.

Heidelberger Vereinsanqelegenheiten.

-si Concordia. Ein festlicher Empfang wurde gestern
Abend den vom Mannheimer Bundessängerfest mit dem 2.
Preis im Kunstgesang zurückkehrenden Sängern zu teil. Die-
selben wnrden von Vertretern der anßerordentl Mitglieder nnd
drei Ehrenjungfrauen aufs Herzlichste beglückwünscht und nach-
dem sodann dem Dirigent, Herrn Musikdirektor Sahlender,
der wohlverdiente Lorbeerkranz überreicht worden war und
die Vertreter der befreundeten Vereine Badenia und Zitherge-
sellschaft, letztere ebenfalls unter Ueberreichung eines Lorbeer-
kranzes, ihre Glückwünsche dargebracht hatten, ging es mit klin-
gendem Spiel durch die Hauptstraße nach dem Vereinslokal
Harmonie, woselbst eine stattliche Damenschaar Aufstellung ge-
nommen hatte und die eintretenden Sänger mit einem Blu-
menregen überschütteten, eine Ueberraschung, die einen Sturm
der Begeisternng hervorrief. Das nun folgende Bankett, bei
dem manch' ernstes und heiteres Wort gesprochen, manch' fro-
hes Lied gesungen wurde, hielt die zahlreich erschienenen Mit-
glieder in fröhlicher Stimmung bis nach Mitternacht zusam-
men. Mit Befriedigung kann der Verein auf das 7. Badische
Sängerbundesfest zurückblicken. — Ueber den Preischor schreibt
der Mannheimer „Gen.-Anz." in einer allgemeinen Kritik u.
a.: „Jn feinster Ausarbeitung und schönem Stimmklang
brachte die Concordia-Heidelberg, die erstmals in der Klasse
für Kunstgesang auftrat, das Hegar'sche „Waldlied", von einer
Unreinheit am Ende der ersten Strophe abgesehen, in schönster
und wirkungsvollster Weise zur Wiedergabe. Der Verein be-
sitzt gute Stimmen und hat sich seiner Aufgabe mit viel Eifer

und Erfolg unterzogen. Mögen nach seinem ersten Schritt in
das Gebiet des Kunstgesangs weiiere Erfolge stch anreihen."

K Liedcrtasil. Dsr glänzeude Sisg dcr Liedertafel in Manil-
heim wurde pestern uach Nückkehr der Sänger im Prinz Max ge-
feiert. Näheres darüber morgen.

KLeine Zeitung.

— Hochschulnachrichten. Aus Würzburg wird geschrie-
ben: An der hiesigen Universität sind für das Sommersemester
1300 Studierende immatrikuliert nnd zwar 113 Theologen,
423 Juristen, 2 Kameralisten, 396 Mediziner, 41 Zahnärzte,
142 Philologen I. Sektion, 141 Philologen II. Sektion und 42
Pharmazeuten. Dazu kommen 21 Hörer und 45 Hörerinnen.
Jm letzten Sommersemester Letrug die Zahl der Studieren-
den 1198.

— Dresden, 1. Juni. Die Jnternationale'
kriminalrstischeVereinigung veranstaltet am
Freitag, den 8. und Samstag, den 6. Juni hier in den
Räumen der deutschen Städteausstellung einen Kongreß.
Die Verhandlungen betreffen die Reform der Vorunter-
suchung, das Kolonialstrafrecht, die Behandlung d-er Teil-
nahme am Verbrechen und die vermindert Zurechnungs-
fähigen. Am Samstag Nachmittag hält Prosessor von
Liszt einen jedem Besucher der Ausstellung zugänglichen
Vortrag über die Resorm des Reichsstrafgesetzbuches.

Handel und Verkehr.

Manuheim, 2. Jun . Oberrheinische Bank 97.— B., 96 75 G.
Rhein. Crcditbank —B., 138.50 G. Rhein. Hyp.-Bank —B.»
190.00 G. Branerei Klcinlein, Heidelberg —B. 178.— G.
Schroedl'sche Brauerei Heidelberg —. - B., 190.— G. Porlland-
Zement Hcidelberg —.— B. 109.50 G.

Ein Unfall der „Amazone".

V Brcst, 2. Juni. Der deutjche Kreuzer „A m a -
zon e", welcher von England kam und- zu dem an der
englischen Küste manöverierenden deutschen Geschwader
gehörte, h-atte von dem Prinzen Heinrich den Besehl er-
halten, den Kourier na-ch Brest zu bringen. Das Schisf
suhr gestern ohne Lotsen in den Hafen ein, ats es
plötzlich einen S t o ß e r I i t t. Es war auf einen im
Land befindlichen Damm ausgeIaufen. Der Kom-
mandant des Schiffes, Korvettenkapitän Gerdes, ließ die
M-aschinen mit äußerster Kraft rückwärts arbeiten, aber
die Schrauben drehten sich vergeblich, das Schiff rührte-
sich nicht. Man mußte die Munitionskasten und Geschütze-
in Lichterschiff schaffen; dann gelang es, trotzd-em Ebbe
lief, mit Hilfe von Schleppern, welche der Marinepräfekt
gesandt hatte,. die „Amazone" ohne sichtbaren Schaden
flott zu machen. Die französischen Behörden stellten alle
Hilfsmittel zur Verfügung. Die „Amazone" geht heute
Nacht wieder zum Geschwader.

P-aris, 2. Juni. Ueber den Unfall des Kreuzers
„A m a z o n e" im Hafen von Brest melden die Morgen-
blätter noch, daß der äußere Hafendamm gegenwärtig in
einer Länge von 600 Metern na-ch Süden vergrößert wird.
Sein Steinwerk ist bei Ebbe sichtbar,-bei Flut jedoch noch
teilweise unter Wasser, aber es ist eine Warnungsboje
aufgestellt, von deren Existenz der hydrographische Tienst
in -allen Marinebulletins Kenntnis gab. Man wundert
sich, daß der Kommand-ant der „Amazone", Gerdes, diese
Boje übersah. Die Größe der Beschädigung der „Amazone"
ist noch nicht abzuschätzen; sie wird in das Bassin des Brester
Arsenals gebracht.

R Paris, 2. Juni. Nachrichten aus Brest zusolgs
machte sich die „Amazone" nach der Flottwerdung an einer
Boje fest und salutierte die Flagge des Kommandanten
der Division des französischen stcord-geschwaders. Dec
Kreuzer „Jeanne d'Arc" erwiderte den Salut. Mehrere
Offiziere und Matrosen der „Amazone" gingen an Land.

I) Brcft, 2. Juni. Der Schifsskörper des deutschen
Kreuzers „Amazone" wurde durch Taucher u n t e r -
s u ch t. Dabei ergab sich, d-aß k e i n e e r n st l i ch e B e -
schädigung vorhanden war. Nachdem die „Amazone"
die von Bord geschafften Ausrüstungsgegenstände wieder
aufgenommen hatte, ma-chte sie sich segelfertig, um sich wie-
der zu dem Geschwader, welches auf hoher See geblieben^
zu begeben. Gestern Abend ftattete der Kommandant dec
„Amazone" dem Seepräfekten eitten Besuch ab, um ihm
den Dank sür die geleistete Hilfe auszusprechen.

Zum Vorfall an dev Gvenze von Mavokko.

Saida (Algerien), 2. Juni. Das Befinden der 17
Soldaten, die bei dem U e b e r s a I l b e i Z e n a g a ver-
wundet wurden, ist ziemlich befriedigend. Die Nachrichl
von dem Ueberfall machte in ganz Algerien einen tiefett
Eindruck. Generalgouverneur Ionnart würde überall
bei seinem Erscheinen mit lebhaster Sympathie begrüßt.
Bei seinem Eintreffen hier begrüßten ihn alle Behörden
und sprachen ihm ihre Glückwüns-che aus, daß er bei deM
Ueberfall unverletzt gebli-eben ist. — Nach einer Depesche
aus BeniUnif sind bei dem Ueberfall 66 Marokkaner
gefallen, ungefähr 20 wurden verwundet. Unter den Ge-
fallenen besind-et sich der Sohn eines Scheiks, der am Vor-
mittag den Generalgouverneur seiner Ergebenheit ver-
sicherte und den Wunsch aussprach, gute Beziehungen zu
ihm zu unterhalten. — Die Behörden von F- iguig sor-
derten Bu Hamara telegraphisch a»f, sofort uach Ze-
naga zu kommen.

Said a, Lk. Juni. Generalgouverneur Ionnart
ist inMechevia eingetroffen. Er empfing eine Anzahk
Kaids, die ihre Ergebenheit versicherten. Jonnart dankts
und erklärte, die Feindseligkeiten einiger marokkanischet
-Räuberbanden werde Frankreich nicht hindern, sein Werk
des Fried-ens nnd der Zivilisation weiter zu oerfolgen-
Ter Generalgouverneur begab sich dann von Mechevia nackl
Kreisler, wo ihm ebensalls von den Führern der Einge-
borenen Ergebenheitsbeteuerungen ausgesprochen wurdeN-
 
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