Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 256 - 280 (2. November 1903 - 30. November 1903)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11499#1050
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
richt Ler Orden un'd Ordensmitglieder endgiltig auf-
hören wird, sondern vornehmlich auch in -parteipolitischer
Beziehung. Jn der Tat bedeutet die Annahme des An-
trags Delpech zugleich die Annahme der vom Minister-
präsidenten Combes angeküudigten Borlage über das
Unterrichtsverbotfür alle Ordensleute
und auf allen drei Unterrichtsstufen. Auch erscheint es
nicht zweifelhaft, daß die Kammer mit einer viel größeren
Mehrheit den Entscheid des Senats gutheißen wird. Der
Besiegte des gestrigen Tages ist Waldeck-Rousseau. Zum
zweitenmal trat er offen gegen seinen Nachfolger und ge-
gen dessen Führung des antiklerikalen Kampfes auf inrd
zum zweitenmal ist er unterlegen.

Amerika.

— Der neue Kanalvertrag wurde am 18.
November von Hay und B u n a u - B a r i I l a unter-
xeichnet. Er unterscheidet sich in gewissen Einzelheiten
von dem Hay-Herran-Vertrage, den Kolumbien nicht an-
nehmen wollte. Der Unterschied ist aber überall zu Gun-
sten der Vereinigten Staaten. Panama verbürgt deir Ver-
einigten Staaten für alle Zeiten die Benutzung einer 10
Meilen breiten Kanalzone, während in dem Vertrage
mit Kolumbien nur ein Streifen von 6 Meilen Breite
auf 100 Jahre abgetreten wurde. Panama gewährt
ferner die ausfchlietzliche Kontrolle dieses Streifens in
polizeilicher, richterlicher und sanitärer Beziehung und
tritt weitere Gebiete zum Bau von Hülfskanälen ab.
Ferner überläßt die neue Republik an die Vereiniglen
Staaten Jnseln im Busen von Panama, den Küstenstrich
innerhälb der 10 Meilen-Zone, Häfen u. Kohlenstationen
un-d verpflichtet sich gleichzeitig, ähnlrche Vorrechte andern
Mächten zu verweigern. Die Städte Panama und Colon
bleiben dem Namen nach unter der Oberhoheit der neuen
Republik; sollten sich aber in polizeilicher oder anderer
Beziehung Aenderungen als wünschenswert erweisen, so
fo fteht es den Vereinigten Staaten frei, diese Aenderun-
gen vorzunehmen. Die Gegenleistung der Vereinigten
Staaten besteht in der Zahlung von 10 Millionen Dollar
bei der Ratifikation >des Vertrages und in einer jähr-
lichen Zahlung von 250 000 Dollar nach Ablauf von
neun Jahren. Ferner wird der neuen Republik die Sou-
veränität über das bishevige Döpartement Panama zu-
erkannt, und die Vereinigten Staaten Verpflichten sich,
nicht gegen dieses Souveränitätsrecht zu verstoßen, und
bestätigen gleichzeitig, daß es nicht ihr Verlangen ist, sich
irgend ein zenträl- oder südamerikanisches Gebiet ein-
Zuverleiben. Der Kanal bleibt neutral und für den Han-
del der Welt geöffnet, obwohl die Vereinigten Staaten
das Recht erhälten, die Kanallinie und die Endpunkte zu
befestigen, sowie Militär als Polizei zu benutzen.

Newyork, 13. Nov. Jn der amerikanischen Eise n-
industrie macht ein Ereignis im Exporthandel ein
Ausfehen. Gerade in dem Augenblick, wo das Stahlge-
werbe sich anschickt, in größerem Maßstabe sich durch
Ausfuhr Luft zu machen, geschieht es zum ersten Mäle,
Laß ein europäischer Staat sich gegen die Ueberschwem-
mung mit amerikanischen Erzeugnissen mittelst derselben
chikanösen Zollkniffe wehrt, die bislang auf der Aankee-
seite den sichersten Schutzwall gebildet häbeni, einen viel
sichereren, als die hohen Wertzölle des Dingleytarifs. Die
Stahlblechindustrie des Ostens hatte einen in der letzten
Zeit recht regen Absatz nach Jtalien aufzuweisen,
welcher der jungm italienischen Stählerzeugung recht
lässig war. Die Bleche wurden vor ihrer Verschiffung
mit einem leichten Ueberzug von billigem Firniß versehen.
Diese Behandlung hatte den Zweck, das Rosten des Stables
während des Seetransportes zu verhüten. Die italieni-
fchen Zollgelehrten haben nun erklärt, daß diese Firnis-
behandlung die zollpflichtige Wars in den „Zustand vor-
geschrittener fabrikatorischer Bearbeitung" versetze. Da-
raus ergab sich, daß die Einfuhrgebühr von 6 Frcs. auf
über 12 Fr. pro 100 Kilogramm erhöht werden mutzte.
Deutsche und cnglische Bleche sind nicht gefirnißt; auf
sie kann der Tric der Zolltechniker keinje Anwendung
finden. Man nimmt an, daß eine ganze Reihe von ameri-
kanischen Stählprodukten durch dieses Vorgehen von der
Gestreitung des italienischen Marktes ausgeschlossen
«erden.

mung und traurige Geschichte zuerst eine Art Schranke auf.
Eine Zeit lang sah man in ihr die Reprasentantin einer an-
dcren höheren Welt.

Nach nnd nach jeboch, je mehr man fich über 'die der Ba-
ronin eingeräumte Ausnähmestellung ärgerte und je mehr sie
der anerkannte Liebling des Publikums wurde, desto störeNder
wirkten jene GreNgen. Die scheelen Micke mehrteu sich und
mit ihnen Neid' und Mtzgunst. Trotzdem mußten ihre Kame-
raden ihr zugestehen, in ihrem Fache etwas ganz Hervor-
ragendes zu leisten und deshalb die hohe Gage, durch dic Nery
den neuen Stern an sich fesselteäwohl zu vcrdienen. Aber der
Aerger, daß sie diese hohe Stufe mcht Schriü vor Schritt,
sondern im ersten Anlaufe gleichsam mit einem Sprunge er-
reicht hatte, machte viel böses Blut. Das waren Momente,
in denen jene >Scheidewand nicht nur fank, sondern wo mauche
twm zahlretchen Personal auch ansiugen, trötz der herrschenden,
bortrefflichen Disziplin, Jnes däs Leben in Stall und Bahn
drrrch allerlei kleine Angrifse und Ungefälligkeiten zu ver-
bittern.

Dazu kam uoch eiu auderer Uebelstand. Obschou Jnes nicht
lprüde war und selbft vieles^ äußerst drastisch beim rcchten
Namen nannte, wurde sie doch durch ihrer Kollegeu zu unver-
schleiertes Benehmen oft verletzt, zumal wenn ihre Genossinnen
der „Baromn Zimperlichkeit" äbsichtlich zu beleidigen suchten.
Trotzdem konnite sich die juuge Frau der Berührung mit diesen
unsauberen Elementen nicht ganz entziehen, sondern muhte,
tvenn auch zurückhaltend, doch eine Ärt Kameradschast pflegen.

Das wurde ihr bald nm so schwerer, je mehr der äußere
Flitter zu Boben fauk und je mehr sie bei der herrschenden
lUstblldung, >ost anch -HerzestsnnbMnng, das ^Gefühl hatte,
durch einen Sumpf zu waten. Bcl näherer Betrachtuug ergab
sich eben vieles ganz anders, als sie es sich vorgestellt hatte.

Nun konnte es nicht fehlen, daß shre reizvolle Erschemung
nicht nur bei der jeuüesse doree, sondern auch in den Herzen
mancher Kollegen toärmere Gefühle erregte. Nachdem man
sie zuerst vou sern bewuuderte, drängte man sich kühner an
!sie heran. Der eine oder der cmdere erlaubte es sich wohl.

Von unserer Eisenbahn.

Karlsruhe, 22. Nov. Am Eude des Jahres
1902 betrug die Gesamtlänge der vom badischen Staat
betriebeuen Bahnen 1666 Kilometer. Die Bau-
kosten (Anlagekapital) stellten sich auf run!d 600 Ml-
lionen Mark. Der Eisenbahnverwaltung standen für die
Budgetjahre 1902—03 zu Beginn derselben 88 009 723
Mark zur Verfügung. Hiervon wurde im Jahr 1902
etwa der vierte Teil, nämlich der Betrag von 21 995 062
Mark verwendet und blieben daher für 1903 66 014 661
Mark übrig. Von dem 1902er Bauaufwande entfallen
auf neue Bahnen 2 765 836 Mark, befteheude Bahnen
1 440 348 M., Stationen der älteren Strecken 10 807 768
Mark, Eisenbahntransportmaterial 6 768 414 Mark,
>die Bodensee-Dampfschiffcchrt (für ein neues Dampsboot
usw.) 282 012 Mk., Lasten und Verwaltungskosten
927 395 Mk. Es beträgt hiernach der 1902er Auf-
wand für das badische Bahnnetz 21 991 803 Mk. Für den
badischen Teil der Main-Neckar-Bahn wurdcn 3 269 NK.
verwendet. Mithin stellt sich der gesamte Bauaufwand
des Jahres 1902 auf 21 995 062 Mk.

Zu Beginn des Jähres 1902 waren für den Betrieb
der bad. Bahnen 720 Lokomotiven und 611 Tender vor-
handen. Der Wagenpark Lestand Ende 1902 aus
1795 Personenwagen mit 3936 Achsen und 13 204 Last-
wagen mit 27 032 Achsen. Zunähme 1902 um 60 Per°
sonenwagen mit 165 Achsm und 271 Lastwagen mit
633 Achsen, 1 Motorwagen mit 2 Achsen.

Ueber den! Bau neuer Bahnen lesen wir im
Jahresbericht der bad. Bahnen für 1902: n. Nebenbahn
Mmmenhausen-Frickingen. Ueber die Führung und
Höhenlage verschiedener in> Betracht kommender Linien
wurden Vorerhebungen gemacht; die erfovderlichm Plan-
auszüge sind angefertigt. b. Fortsetzung der Murgtal-
bahn von Weisenbach bis zur Landesgrenze. Für deu
Bau dicser Linie wurde am 1. Juli die Eiseubahnbau-
inspektion Gernsbach errichtet, welche die Vorarbeiten für
den enjdgültigen Entwurf alsbald in Angriff nahm. Bei
nochmaliger Durcharbeitung dersekben erwiesen stch ver-
fchiedene Verschiebungen und Aenderungen, namentlich der
Stationsanlagen als zweckmäßig. Von Weisenbach bis
Profil 32 wurde die Bahnachse neu abgesteckt und die
Längen und Ouerprofile wurden aufgenommen; ebenso
wurden auf dieser Strecke die Probegruben vollendet.
e. Linie Kappel-Bonndorf. Die auswärtigen Arbeiten
zur Berichtigunjg der Katasterpläne wurden beendigt, das
Fixpunktnivellement und die Querprofilaufnahmen auf
Bolygonzüge bis Bonndorf wurden durchgeführt und für
Lie Linienverlegung zwischen Kappel und Gündelwangen
sowie für den Bahnhof Lenzkirch sind vergleichende Pro-
jekte und Anschläge in Ausarbeitung genommen. ä. Linie
Rheinau-Brühl und Linie Mar'bäch-Dürrheim. Die ganze
Ausar'beitung der Entwürfe für Liese beiden Abzweig-
linien wurde ini Angriff genommen.

Am Schlusse des Jahres 1902 waren in Baden 436
Wfertigungs- und Haltestellen im Betrieb, nämlich:
332 Stationen für Personen- und Güterabfertigung, 63
für Personenabfersigung allein, 7 für Güterabfertigung
allein, und 34 Haltestellen für Personenverkehr. Jm
Durchfchnitt kommt auf je 4,22 Kilometer der vollen
Betrieslänge eme Personen- und auf je 4,92 Kilometer
eine Güterabfersigungs'stelle.

Die seit einer Reihe von Jahren beobachtete Zu-
nahme der Personenbeförderung hat anch
im Jahre 1902 angehalten; der Verkehrszuwachs war so-
gar etwas erheblicher als im Jahr 1901 verglichen mil
1900. Jnfolgedesfen ift die Einnahme aus Personen-
verkehr im Berichtsjahr mit 29,82 Prozent an der Ge-
samteinnahme beteiligt gegen nur 29,66 Prozent im Vor-
jahre. Es hat sich nömlich im Jahre 1902 die Zahl der
beförderten Personen um 3,12 Prozent gehoben, 2,28
Prozent Zunähme i. I. 1901, -ie von diesen zurückge-
legten Kilometer um 4,20 Prozent (3,04) und die hierfür
erzielte Einnahme um 2,91 Prozent (0,40 Prozent Ab-
nahme). Es wurden befördert: in der 1. Klasse 189 353,
in der 2. Klasse 2 490 204, in der 3. Klasse 33 752 697,
Militär 681 913, zusammen 37 114 067 Personen. Die

«»»»Ifll»»»»»»»»»»»»»»»

beim Heben anfs Pfevd itzren Fuß zärtlich zu drücken oder ihr
gar ein heißes Wort zuzuflüstern. Voll ettlen -Selbstbewuht-
feins glaubten die lvarmblMgen Ritter von der Peitsche Frau
von Staden 'durch ihre Nei'gung um so> mehr zu ehren, als ihre
Männerschönheit das Herz mancher vorne'hmen Dame -evobert
hatte. Blaublütige Wstammung galt ihnen mlcht als Hinder-
nis, gehört zu werden.

Aber diese offenen Annähernngen entsetzten dic junge Frau
förmlich. Aus Stolz und Trotz gegen den Schiviegervater hatte
sie sich kopfüber in >ein Fahrwasser 'gestürzt, 'dessen Tücken und
Untiefen ihre reine keusche Natur kaum annähernd a'hnte. Wie
sief mußte nrm solch schamloses Wer-ben sie beleidigen, -deren
ganze Seele am verstorbenen Gatten hing. Fe rücksichtsloser
Neid, Sinnlichkert rmd Gemeinheit ihr entgegentraten, um so
unglücklicher wurde sie, um so mehr glaubie sic. m ein Elend
verstrickt zu werden, gegen das sie, nun ihce stolze Zurück-
haltung sich eirtdrnckslos evwies, ohne Wehc nnd Waffen
dastand.

Dieser Kampf hmter der Szcne bergällte ihr die Frende
an der Ansübung ihrer Kunst.

Doch noch mehr der Prüfuinigen. Ziermann entblödete iich
nichi, än die junge Witwe mit offener Werbung heranzutcetcn,
die sie in beklemmende Angst versetzte. Er hatte nämlich Ge-
legenheit gesucht nnd leider anch gefunden, sich ihren Brüdern
in schwachen Slunden dnrch Mrschüsse gefällig zu zeigen. Der
Schwefter Hcmd sollte sie ihm einkasfieren, denn sie waren zu
bedeutend, äls daß Fnes lläran denken konnte, sic abznzahlen.
Und das nm so weniger, weil sie> ihrcm lSchwiegervater die erste
Rate für die Pferde zustellcn wollte. Dieser bedrückendcn
Schuld mußte sie vor allem- ledig wevden, denini von dem Mann
-wollte sie sich nichts schenkcn lassen.

Wie nun aber den Nachstellnngen des Bankiers entgehen.
der sich nicht entblödete, die geschwisterliche Liebe unter den
R-ühIens als Druck auf Jnes auszunützen? Er hatte ihr im-
mer deutlichere Winke gegeben, daß ihrer Brüder militärische
Zukunst von seiner Nachsicht abhinge. Gut sür sie, so lange er
in ihnen seine zukünstigcn Schwäger erblickte. So wurden

Emnahme betrng in der 1. Klasse 1 380 537 Mk-,
der 2. Klasse 6 282 043 Mk., in der 3. Klasse 14 477 778
Mark, Militär 429 428 Mk., zusammen 22 569 786 M'-
Der Schnellzugsverkehr erftchr im Berichtsjahr abernrals
eine weitere Ausdchnung. LVienn von den mit reinen
sonenzügen, also mit Ausschluß aller gemischten Züge iM
Jahr 1902 gefahrenen Wagenächskilometern nur 33,03
Prozent auf die Schnellzüge entfallen, während die enü
fprechende Verhältniszahl im Vprsahr -33,65 Prozent
betrug, so rührt dieser scheinbare Rückgang daher, dav
die im Jahr 1902 eingetretene Permehrung der durw"
schnittlichen! Betriebslänge um 65,77 Kilometer bei Baha'
strecken zu verzeichnen ist, aus denen überhaupt keine
oder nur sehr wenige Schnellzüge geführt werden.
der Gesamtsumme der beförderten Personen sind gesahren-
mit Schnellzügen 4 926 387, mit Personenzüü^
32 187 680 Personen.

Aus Stadt und Land.

-p Zur Reform der Höheren Mädchenschulen. Am letzs^
Freitag legte aus Einladung des badischen Lehrerinnenvere">^
und des Vereins Frauenbildung-Frauenstudinm Grl. 2lur>

Iungh aus Karlsruhe vor einer zahlreichen Versammlanv
ihre Gedanken über die llmgestaltung der Höheren Mädch^i
schulen in einem vortrefflichen Vortr-age dar, der warrn em
pfunden und klar durchdacht, nach Form und Jnhalt
bedeutend, di-e Hörer bis zum En'de sesselte und zu tvarn'c
Danke begeisterte. Die Rednerin ging von deni Gedankcn
daß seit langen Zeiten das Bedürfnis nach wahrer BilduE
vorhandcn gewesen ist, sich aber jetzt stärker geltend macht u>
ganz besonders bei den Frauen; denn ihnen fällt immer n>^„
dic Sorge um die Erziehung des heranwachsen-den Geschlech>
zu. Dies-er Aufgabe sind sie keineswegs gewachsen, denn^
eigcne Erziehung hat sie nicht dazu befähigt. Es ist
der Allgemeinheit und besonders der Schule, diesem MävAf
abznhelfen, und schon lange beschäfsigen sich der allgeniew
deutsche L-ehrerinnenverein, der Verein Frauenbildung
Fraucnstudium und der Deutsche Mädchenschulverein mit ne,
Frage, wie dies zu geschehen habe. Die Lehrcrinnen sind
ihrer eigenen ungenügendcn Ausbildung sehr wohl bewull'
und aus Anr-egung der Lehrerinnen selbst hat Preußen
Einrichtung der Oberlehresinnen geschafsen; Baden hat sich
lehnend verhalten, wohl im Gedankcn, daß an Stelle chv
jehigen seminarissisch gcbildeten Lchrerinnen an dcn
klassen künftig ak-ademisch -gebildete zu tr-eten haben. —' -öe,
Auftrage des Lehr-erinnenvcreins hat Frl. Jungh zusnnum„
mit anderen wisscnschaftlich gebildeten Fraucn einen Lehrpm
für die Mädchenschule ausgearbeitet, der zum erstenmal dn
lcgt, wie die deutsche Mädchenschule aussähe, wcnn sie ,
Wunsch und Willen deutscher Frauen cingerichtet wärc.

Plane liegt der Gedanke zu Grund, daß das Wenigste, tE.
man Knaben an einer höheren schule an Bildungsstoffcn
führt, für Mädchen nicht zuviel ist. Er weist vicr Vorsai's>l
klassen auf, in denen ein fester Grund tzelcgt werdcn soll; uft
erste Uniterricht ist Sachunterricht (etwa nach Fritz: Jm Sv
nenschein). Jm dveiklassigen Unterban (5.—7. Schuljah >
wird auf deutsche Sprachlehre und Naturgeschichte viel
ßcrer Nachdruck gelegt als bisher; es erfolgt hier schon u
Einsührung in die Geometric; das Französische beginnt im -'s
statt wie bisher im 4. Schuljahr. Dieser Unterb-au ue»ö"^lK
sich mit dcm 8. Schnljahr in zwei je sechsklassige Schulen: '
Nealgymnasium nnd die Nealschule. Das erstere ist.üisl-
schließlich für diejenigen Mädchen bestimnit, die sich l'PUv,?
durch akademisches Studium aus eincn wissenschastlichen Ee'.
vorbereiten wollen, und hat sich durchaus nach dem RbO
gymnasium für Knabcn zu richten. Die Realschnle soll
Schülerinnen eine bessere Ausbildung als die jetzige für > ^
Leben als Hausfrau, Gattin und Mutter, als Bürgerin >> ^
Mitarbeiterin d-er menschlichen Gesellschaft geben und in M>7^
drei Oberklasscn den wcrtvollsten Ersatz für Pensionen, -E -
bildungskurse und ähnliche Veranstaltungen bi-eten. Da a^
für kleinere Städte dieser sechsklassige Oberbau wohl

spielig ist, un-d viele Mädck>en der häuslichen Verhäl
wegen ihre Bildung früher abschließen müssen, so ist eiu
wisser Abschluß des Unterrichts nach dem 10. SchuljahrF
gesehen; es wäre hier eine Abschlußprüfung einzusetzen, dic
Schülerinnen zum Eintritt in Fachschul-en: Lehrerinnensm ^
lcn, Handelsschnlen usw. berechtigt. Dicse Realschule tz>»s^
Ler 'heutigen Mädchenschule in der Zeitdauer und in den
zielen der meisten lFächer, unterscheidet sich aber von
der Anordnung, Verteilnng und Darbietung des Lehrstosi
Sic betont besonders die Fächer, die folgerichttges Denken U
klare Einsichr verlangen; die vorzugsweise gcmütbildeno.
Stoffe sind zesichtet (äls Muster der Art diescr Sichtung 8 ,
ten die Lescbücher von Keller-Thorbeckc). Jn den drei oberl
Klassen (11.—13. Schuljahr) trcten- Lchrstoffe hiuzu,
zum erstenmale auf deni Lehrplane d-er Mädchenschule
nen: Erziehungslehre und Psychvlogie mit praktischen

qcn im Kindergarten und in der Kinderpflege, Bürger- -

Schulzeit dic Mädchcn dem Elternhause entzogen
begcgnct die Redncrin dnrch die Bemcrkung, daß in dni

der Brüdcr Ehrenschulden unerträgliche Daumschraubcn l -
die Schwester, die ihr den Bankier natürlich noch widerwär"^^.
machten, als seine leidenschaftlichen Hul-digungen an und I

^ vcrbe

Aber weder durch abschweifen'de Mienen, noch durch M
Worte ließ er sich in seinem Sturmlauf stören, denn si'" ,,,,
und keinc andere wollte er unter allen Umstäirden crr">»^^
ob im Gutcn oder im Bösen. Doch er urteilte von sich o
auf Jnes und ergsiff sich in der Wahl seiner Mittel.

Wenn Frau von Stadcn auftrat, saß unter der Schar ^
Verehr-er Ziermann stcts auf d-cmsclben Platze und gebcs^e
sich beim Klatschen und- Herausrufen äuherst auffallend.
Blumenspendcn — cr verschwendetc dafür ein kleines
mögcn — waren von so übertriebener Größe und Vft ^
daß man üLerall, ncn-eridings auch in den Zeitunzen, über
Huldigungen der viclfachen Millionärs sprach und l'c>uc
bindung mit der gefeiertcn Reitcrin für nahe bevorste>d
hinstellte.

Ob er selbst odcr irgend ein anderer ihr n-un diesen u»
sten Zeitun-gsklatsch dienstbehilflich zusan-dte, bleibt dah">
stellt, jedenfalls er'hielt Jnes anonym einige Notizen, "c
vcrsteckter Sinn- jede anständige Frau beleidigen u>uPft^,rk;
ersten auflodernden Zorn verbrannte sie das elende Wachu^je
es sollte wenigstens ihrer Mutter keine Stunde vergisten-
junye tapfere Frau verbarg nämlich, wo es irzend gi"8-
Käm'psc vor Fran von Nühlen odcr suchte das, was der ^
zu 'Ohren drang, sich auch wohl in deren Gegenwart absp, ^
als zum Kun'streiterberufe gehörend auf die leichte Achl he->
nehmen. Damit nun ihrc Mutter nicht argwöhne,
reue, was sie getan, Legann sie weiter Zufriedcnheit )».
cheln, nachdem sie schon lange uneins mit stch war u"

Hirn zermarterte, einen Ausweg zu finden. Vereinsaru gr
ausgestoßen fühltc sic sich wie ein wehrloses Weib uuo.^-,
uüd verlor durch diese inneren Kämpfe immer mehr ihr
gewicht.

(Fortsetzung folgt.)
 
Annotationen