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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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Heidelberger Zeitung

Dienstag, den 8. Juli 1918

Fernsprecher Nr. 82

Nr. 157

Nr. 157

Megererfolge gegen englische
Ü-Voote
WTB. Berlin, 8. Juli. (Amtlich.) Ank
Juli nachmittags haben 2 Staffeln von
Eeesliegerndes Marineamtes unter Füh-
rung von Oberleutnant der Reserve Chri-
stiansen und Leutnant d. R. Becht vor der
Lhcmsem Ladung die englischen U-
« oote „C. 25" und „B. 51" durch Bomben-
reffer und Maschinengewehrtref-
er schwer beschädigt. Feindliche Zer-
störer versuchten die beiden U-Boote einzu-
chleppen. „C. 25" wurde zuletzt in sinken-
»enl Zustande beobachtet.
Der Chef des Admiralstabs der Marine.
» * *
Der Kampf Mischen U-Boot und Flug-
eng ist eine der phantastisch anmutenden neuen
Sefechtsarten. ist der Kampf zwischen zwei technisch
fufs höchste entwickelten, selbst todbringenden, aber
Inch äußerst verletzlichen Waffen. Wir erfahren zu
dieser Begebenheit noch folgende Einzelheiten:
Bevor „C. 25" Zeit fand, zu tauchen, stieben un-
ere Flieger aus ihre Beute herab und griffen das
Boot aus nächster Nähe mit Maschinenge-
wehrfeuer an. Binnen kurzem war die an Deck
befindliche Besatzung des Fahrzeuges getö-
tet' nur der Kommandant hielt sich noch eine Zeit
lang auf dem Turm und suchte, mit dem Karabiner
euernd, der gefährlichen Gegner Herr ru werden,
bis auch er fiel. Der Tauchmechanismus war of-
enbar so beschädigt, daß ein Untevwasserbringen
-es Bootes nicht mehr möglich war. Aus nächster
Nähe wurde das U-Boot immer wieder von den
salven unserer Maschinengewehre überschüttet, bis
'ihre gesamte Munition verfeuert war. SS Minu-
ten lang dauerte das Gefecht. Steuer- und bewe-
gungslos trieb das U-Boot im Strome, als unsere
Flugzeuge den Rückzug antraten. Auf ihre Mel-
dung flog sofort eine zweite Staffel nach dem Orte
j«s Gefechts. Sie traf „C. 25" im Schlepptau
eines anderen U-Bootes „E bl" und griff sofort
Heide Boote an, diesmal auch mit Bomben,
tluf „T. 25" wurden zwei Vomben-Noll-
jresfer erzielt. Nach einer halben Stunde wurde
>as Gefecht abgebrochen, nachdem abermals der
Munitionsoorrat erschöpft war. Die Staffel Chri-
stiansen, die sich inzwischen erneut auf den Weg ge-
macht, stellte fest, daß „T. 25" völlig manövrievun-
Lhig, anscheinend in sinkendem Zustande,
»or der Themse trieb, während das andere Boot
k offenbar schwer beschädigtem Zustande von hin-
Mgskommenen englischen Zerstörern in Schlepp ge-
kommen wurde. Stolz auf ihren Erfolg, kehrten
Znsere Flugzeuge, ohne selbst irgend welchen Scha-
den erlitten zu haben, in den Hafen zurück.
Ein unerhörter Freispruch
Nach einer Berner Meldung aus Newyork
Püd in dem Prozeß gegen die Mörder des
Deutschen Albert Prager diese nach kur-
zer Beratung der Geschworenen einstimmig fveige-
drochen worden. Der Verteidiger der AngeElagten
Hhrte zu ihrer Entschuldigung die Aeußerung des
chemaligen Botschafters Gerard an, datz man
Rr die angedrohten 50 000 deutschen Reservisten in
Marika 50 000 Laternenpfählo bereit Halten werde
-md meinte, wenn schon ein Diplomat von hohem
Hanse sich zu -den ungeschriebenen Gesetzen bekenne

»rhötzt. Offizieren wurde n größere Summen
tusgehündigt. Unter den Tschecho-Slowaken be-
indcn sich zwei französische Offiziere, General
kavcrgue und Maser Berget

darf man dies auch den Angeklagten nicht als Ver-
brechen anrechnen.
Wir Zweifeln nicht daran, datz der unerhörte
Freispruch, nach dem unsere Landsleute in Amerika
geradezu vogelfrei geworden sind, entsprechende
Maßnahmen der deutschen Regierung zur Folge
haben wird. Glücklicherweise sind wir in der Lags,
durch entsprechende Behandlung der Amerikaner in
Deutschland wenigstens Leben und Freiheit der
Deutschen in Amerika zu gewährleisten.
Ein bukowinisch-oftgslizisches
Kronland?
Die Blätter entnehmen der Krakauer „Noiwo Re-
forma" den Wortlaut des angeblich vom Minister-
präsidenten Dr. v. Seidlev mit iden Ukrainern
geschlossenen Vertrages. Die Vereinbarung
lautet: Da die Ukrainer den in der Ukraine woh-
nenden Minoritäten, darunter auch den Polen,
weitgehende Autonomie und die .Möglichkeit ihrer
kulturellen Entwicklung zuerkannten, erklären auch
wir, um die kulturelle und nationale Entwicklung
desjenigen Teiles des ukrainischen Volke s zu sichern,
der auf österreichischem Gebiet lebt, zum Zwecke der
engeren Annäherung der Staaten, datz spätestens
Lis S1. Juli im Parlament ein Gesetzentwurf über
die Bildung eines besonderen Kronlandes
aus der Bukowina und aus dem Teile O st -
galiziens. der in überwiegender Zahl von
Ukrainern bewohnt wird, eingebracht werden
soll. Die österreichische Regierung wird alle ihr
zur Verfügung stehenden verfassungsmäßigen Mit-
tel anwenden, damit dieser Entwurf auf parla-
mentarischem Wege Gesetzeskraft erlange.
Deutsches Reich
Aus dem Reichstag
Der Reichstag will am Freitag in Ferien
gehen, und da bis dahin noch die Steuervor-
lagen erledigt werden sollen, wird der Rest de,
Vorlagen in vielstündigen Dauersitzungen erledigt.
Im umgekehrten Verhältnis zur Zeitlänge steht
aber die Wichtigkeit der Beratungen. Man kann
sich des Eindrucks nicht erwehren, als ob das „zü-m
Fenster hinausreden" und kleinlicke Streitigkeiten
um Parteiprinzipien viel zu sehr im Vordergrund
stehen. Ging zwar der Gesetzentwurf über dis
Verlängerung der Legislaturperiode
Lis zum 12. Januar ISA) in allen drei Lesungen
verhältnismäßig glatt vor sich, so lässt die zweite
Lesung des Gesetzentwurfes über di« Zusam-
mensetzung des Reichstags und die Ver-
hältniswahl in großen Wahlkreisen nament-
lich bei dem vom Ausschuß eingeschobenen Para-
graphen Sa, wonach automatisch in Wahlkreisen
von über 500 000 Einwohnern Mr jede angefan-
gene 200 000 ein neuer Abgeordneter binzukommt,
eine langatmige Debatte aus, die um so unver-
ständlicher ist, als es sich nach Lage der Dinge doch
nur um Selbstverständlichkeiten handelt. Im all-
gemeinen war die Gegnerschaft gegen die Ver-
hältniswahl recht groß, und es bedurfte dos Ein-
greifens des Vizekanzlers von Payer, um den ge-
fährdeten Paragraphen durchzubringen, was aller-
dings nur mit knapper Mehrheit gelang, Im übri-
gen wurde die Vorlage angenommen. Bei fast lee-
rem Hause wurde dann die geplante Reform des
Militärbeamtenwesens in Fassung des
Mehrheitsantrages des Ausschusses erledigt.

* Der Staatssekretär des Auswärtigen, von
Kühlmann, traf gestern aus dem Großen Haupt-
quartier wieder in Berlin ein.
* Fürst Bülow. In Berliner politischen Krei-
sen verlautet mit größter Bestimmtheit, daß Fürst
Bülow sich dem Reichskanzler gegenüber bereit
erklärt habe, wieder in den aktiven Dienst
einzutreten, falls ein Ruf des Kaisers an ihn er-
ginge.
* Vorübergehende Einschränkung -er Freizügig-
keit? Auf dem Provinzialstädtetag von Sachsen-
Anhalt teilte Bürgermeister Hued deckens (Er-
surt) mit, er habe eine zuverlässige Information,
daß die Regierung gegenwärtig zur Milderung der
Wohnungsnot eine vorübergehende Ein-
schränkung der Freizügigkeit ernstlich erwäge.

Aus Baden
Eröffnung der Kurland-Ausstellung
in Karlsruhe
Am Sainstag vormitag wurde in Anwesenheit
des Grotzberzogs die im Orangeriegebäude un-
tergebrachte Kurland-Wanderausstellung des Deut-
schen Auslandsmussums (Stuttgart) eröffnet. Zu
dem Festakt hatten sich u. a. eingefunden die Mi-
nister v. Bob man. Rheinboldt, Dürin-
ger und Hübsch, der stellv, komm. General Js-
Lert. der preuß. Gesandte v. Eisend echer,
Oberbürgermeister Siegrist, Vertreter der Techn.
Hochschule und andere Persönlichkeiten. Nach dem
Erscheinen des Grotzberzogs und der Großherzogin
richtet« der Leiter der Ausstellung Kommerzienrat
Wanner aus Stuttgart an die fürstlichen Herr-
schaften Worte der Begrüßung und führte dann aus.
wie die Kurlandausstellung ein umfangreiches Bild
von der Entwicklung des Deutschtums in der älte-
sten deutschen Kolonialsiedlung geben wolle. Der
Eroßherzog dankte Mr die Begrüßung und
führte aus. er habe die Gründung des deutschen
Auslandmuseums mit Interesse verfolgt und er
wünsche dem Unternehmen eine segensreiche Wirk-
samkeit. Die Kurlandausstellung werde gewiß
neue und wertvolle Aufschlüsse und Rückblicke in die
Gestaltung Kurlands bringen, habe doch dieses
Land durch Jahrhunderte hindurch mit bemerkens-
werter Zähigkeit am Deutschtum festgehalten. —
Hierauf folgte eine Besichtigung der Ausstellung.
* Auszeichnungen. Das Ehrenzeichen für treue
Arbeit wurde verliehen dem Steinbrucharbeiter
Ferdinand Hagel in Winden ('Gemeinde Sins-
heim). sowie den Steinbrechern Karl Kunkel
und Christoph Ries und dem Obmann Job. Georg
Vogt in Dossenheim, ferner den BaHnhofarbei-
tern Joseph Freierich in Heidelberg und Jakob
Wolf in Rohrbach: den Werkstättenarbeitern
Leonhard Frauenfeld in Rohrbach, Adam
Pfaff in Plankstadt, Friedrich Schweigert in
Kirchheim: -dem Maschinenhausarbeiter Peter
Schmitt in Heidelberg und dem Bahnarbeitsr
Georg Hunger le in Plankstadt.
X Wiesloch, 8. Juni. Der Eisenbahnsekretär
Gustav Weindel in Wiesloch-Walldorf ist nach
Donaueschingen versetzt worden.
Mannheim. 7. Juli. Der Arbeiter Karl Zie-
gelmaver würbe von der nach Seckenheim fah-
renden Nebenbahn überfahren. Er starb bald
darauf.
Karlsruhe, 7. Juli. DivWonsvfarrer Alfred Ge-
rich, der vor Kriegsausbruch in Lahr und Karls-
ruhe wirkte, wurde Mr seine Pflichterfüllung in
der vordersten Linie mit dem Eisernen Krem 1. Kl.
ausgezeichnet.
Bad Dürrheim. 8. Juli. Trotz aller behördlichen
Vorsichtsmaßnahmen treiben dis hamsternden Kur-
gast« in den Schwarzwald-kurosten nach wie vor ihr
Unwesen. So hat in der Umgegend ein Berliner
Kurgast Butter aufgekauft das Pfund zu 28 Mark.
Lörrach, 8. Juli. Zwischen Brombach und Stei-
nen geriet ein Rabe in dis Leitung der elek-
trischen Wissentalbahn. Es entstand Kurzschluß,
sodaß der Zugverkehr mit Dampflokomotiven auf-
recht erhalten werden mußte.
Vom Schwarzwald. 8. Juli. Der Fremdenver-
kehr nimmt im Schwarzwald ständig »u. Dabei ist
zu bemerken, daß dis fern von allem Bahnverkehr
in tiefster Einsamkeit liegenden Ort« mit Vorliebe
ausgesucht werden, in der Hoffnung und Erwar-
tung, den Tisch dort noch reichlicher gedeckt zu fin-
den. In Etnzelfällen ist diese Rechnung richtig, im
allgemeinen aber nicht, da die Boschränkungsoor-
schriften den Gasthäusern usw. nur eine bestimmte
engbegrenzts Zahl auswärtiger Kurgäste aufzuneh-
men gestatten, das Einmieten in Bauernhäusern
aber überhaupt verboten ist.
Neustadt i. Schw., 8. Juli. Der bissige Kommu-
nalverband veröffentlicht die Namen von drei
Kurgästen aus Köln, Berlin und Barmen, die
hier Butter usw. gehamstert haben. Die Kurgäste
wurden sofort ausgewiesen und bestraft. Dis Be-
hörde fordert die Bevölkerung rum Kampf gegen
das Hamstern der Fremden auf und bezahlt Mr
jede Anzeige mindestens 10 M._

II' ---—
Werke von großen Geistern sind Spiegel^^-
; wenn «in Affe hineinguckt, kann kein Apostel L
, herauSsehen. Lichtenberg . «
Gespenster des Glücks
>. .. L, Roman von Alfred Moderns. ...
(4. Fortsetzung.)
«Als Mutter eines solchen Jungen würdest du
vielleicht auch ähnlich denken, Hermine". Der
töehoimrat nickte seiner Frau freundlich zu. »Um
siora brauchst du niemals diese Sorgen zu haben,
sind dennoch, beispielsweise, du würdest Nara ge-
piß nicht auf einen Apfelbaum klettern lasten,
»nd was wäre das gegen das Leinwandeinholen
»och oben in den Rahen eines turmhohen Mast-
jaumes. Habe ich nicht recht, Herr Leutnant?"
Der Offizier mußte eine zuw,artende Haltung
»ewahren, denn Frau Rademann erwiderte an
einer Statt ruhig und ohne Schärfe: »Du hast
richt recht, lieber Richard. Ick verwecksle die
Zweige eines Obstbaumes keineswegs mit der
kakslage eines großen Schiffes; es würde sich in-
tes für Nora nicht schicken, einen Apfelbaum zu er-
teisen".
Unwillkürlich richteten die Eltern und auch
tenzberg gleichzeitig die Blicke auf das junge
Rädchen, und zu viert mutzten sis herzlick lachen.
.Nun kommen wir gar noch auf die Bäume!"
Her Geheimrat zeigte sich sskr belustigt.
»Aber Vergnügen würde es Ihnen vielleicht
-och machen, gnädiges Fräulein?" Der Leutnant
feiste sich seinem jugendlichen Gegenüber leicht zu.
slows Mienen verrieten nickt die leiseste Ver-
esenheit. Ihre muntere Art gefiel Lenzberg, und
«och mehr freute ihn. daß das junge Mädchen für
«ine Antwort dieselbe Ungezwungenheit fand,
M der er sich Nora zugewandt hatte, obgleich es
iie erste Aussprache war. die sick der Leutnant ihr
fegenübsr gestattete.
»Hier vor allen Leuten ja nicht, aber im Obst-
gärten vor unserem Hotel stieg ich auf den höchsten
kpfelbaum hinauf, wenn er nur -auch die reichste

Blütenfülle trägt. Das müßte doch Herlich sein,
inmitten der zahllosen rosig schimmernden Blüten
zu sitzen, von duftenden Bienen umtsummt. umflat-
tert, von schillernden Schmetterlingen; ganz leise
könnt« man sich dazu auf dem Ws wiesen, der
wurde gewiß nicht abbrechen. Ach, das müßte herr-
lich sein! — Was ich dir wieder zu danken habe.
Papa! Ohne dich wäre ich nie auf diesen Ge-
danken gekommen, so naheliegend er auck ist, wenn
ich die vielen blühenden Apfelbäume vor meinem
Fenster sehe".
»Laß diesen Gedanken nur einmal vor unseren»
Wirt laut werden!" lachte der Geheimrat. »Wenns
ein Flisdcvbusch wäre, noch eher —
, Da säße man nicht so bequem und sicher und
auch nicht wie unter einer aus Blüten gewölbten
Kuppel".
»Es wäre das Reizendste, was ich m meinem
Leben sehen könnte." sprach Lenzberg halblaut zu
Nora. Und sich vergessend oder in den Anblick des
vor seine Seele getretenen wahrhaft entzückenden
Bildes versunken, senkte der junge Mensch seine
Blicks in Noras große Veilchenblauaugen.
So neu war dieser wortlose Vorgang Mr Nora
und so seltsam wirkte er aus das ahnungslose Ge-
müt ein. daß das junge Mädchen ein paar Sekun-
den lang den sie durchleuchtenden Blick Lenzbergs
aushielt. Plötzlich aber, als sei dieser Blick auf
eine bisher ihr selbst unbekannte, jedoch überem-
pfindsaMe Stelle ihres Innern au,»getroffen, fühlte
sich Nora in jähem doch nicht angstvollen Erschrek-
ken erschaudern. Errötend senkte st« hastig den Kopf
und machte sich mit zitternden Fingern an ihrem
Avmband zu schaffen.
Seltsam verwirrt erwachte auch der Leutnant
zur Wirtlichkeit.
Mar ein drittes Zeuge des wundersamen Vor-
gangs gewesen, der ja nur wenige Augenblicke ge-
dauert hatte?
Ruhig klang die Stimme des Geheimrats, dem
Offizier schien sie zwar noch von weit her zu
kommen.
»Eigentlich »nächte ich nun aufbrechen und lang-
sam zu meinem Wald zurückkehren. Und St«, Herr
Leutnant, bleiben Sie noch?"
»Wenn ich die Wahl Habs. nein. Ich möchte
Sanz gerne ebenfalls nach Haus« gehen".

Dann haben wir ein und denselben -Weg. wenn
«s Jhuen beliebt".
Warum warf Lenzberg jetzt Nora einen fra-
genden Blick zu? Das Mädchen brauchte ihn in
seiner Verwirrung gar nicht bemerkt zu haben.
Und doch hob es die Augen zu dem jungen Offi-
zier, der sich im nächsten Augenblicke vor dem Ge-
heimrat leicht verneigte und ihn seiner Freuds
versicherte, die Herrschaften begleiten zu dürfen.
Fünftes Kapitel.
»Sie sprachen vorhin von Ihrer Frau Mutter,"
wandte sich Frau Rademann an Lenzberg, wäh-
rend sie zu viert die Alles hinaufschritten. „Be-
sitzen Sie noch beide Eltern?"
„Nur noch die Mutter, Frau Geheimrat. Ich
war noch ein Junge, als mein Vater starb- und
meins Mutter hoffte, in späteren Jahren an mir
einen treuen Begleiter zu haben. Diese Hoffnung
habe ich ihr leider bald rauben müssen. In je-
dem anderen Berufe hätte ich mehr von meiner
Mutter und sie mehr von mir. Auch wenn ich Offi-
zier im Heer geworden wäre, könnte ick mich mei-
ner Mutter mehr widmen. So aber, bin ich See-
mann geworden, wie Frau Geheimrat verstehen
werden, zum langjährigen Kummer meiner Mut-
ter, dis, wie sie sich ausdrückte, nickt nur den Gat-
ten. sondern auch das einzige Kind an das Meer
verlor. Mein Vater," setzte der Leutnant nach ei-
ner kleinen Pause mit etwas leiserer Stimme hin-
zu, „verunglückte nämlich mit einem großen Passa-
gierdampfer".
»Da versteh« ich Ihre Frau Mutter". Frau
Rademann nickte einige Male mit dem Kopf. Und
dann schüttelte sie leicht das Haupt und sah an der
hohen, straffen Gestalt Lenzbergs, der an ihrer
Seite schritt,, hinunter. »Aber Sie begreif« »ch
weniger. Herr Leutnant. Dennoch singen Sie zur
Marine".
Ein Lächeln tratt auf Lenzbergs feingeschnit-
tene Lippen; ein seltsames Lächeln darum, weil
es unpassend war. Doch lachen die Menschen bis-
weilen gerade dann, wenn tiefe Gefühle in ihnen
aufklingen. Mitleid oder Dankbarkeit, stilles Zu-
friedensein oder einsichtsvolles Sichbesckeiden,
Dann lachen sie lautlos, mit geschlossenem Mund,
und werden erst wieder ernst, wenn sie sich mißver-
standen sehen.

Meßkirch, 8. Juli. Im hiesigen Schlachthaus ist
vergangene Woche ein Zentner Schmuggelfleisch an
Minderbemittelte abgegeben worden,
das tm hiesigen Bahnhof (es sollte nach Konstanz
befördert werden) der Gendarmerie in die Hände
gefallen ist.
Oberschopfheim, 9. Juli. Jener von einer
Witwe hier zur Arbeit angenommene Soldat, de»
ihr einige Seiten Speck, Schinken, und Kleider-
waren gestohlen und die Beut« auf einem Kuhge-
spann der Bestohlenen fortgefahren hat. ist nun
im Anwesen der genannten Witwe, das er offen-
bar im Verlangen nach neuer Beute wieder auf-
gesucht hat, »m Heu entdeckt, mit Gabeln
a-usgetneben und dann auf -der Flucht Mgenom-
men worden. Der Verhaftete ist ein fahnenflüch-
tiger Hamburger.
Willingen, 8. Juli. Einem Beamten Les würt-
tembergffchen Kriegswucheramtes ist cs gelungen,
einen umfangreichen Schmuggel von Milch-
schweinen von Württemberg nach Waden aufzu-
decken. Die Schweine wurden auf verschiedenen
wütttembergrschen Schweinemärkten im Auftrag
eines badischen Schweinehändlers aus dem Mos-
bacher Bezirk aufgekauft und nach Smlingen Lei
Neckarsulm befördert. Der Beamte beschlagnahmte
73 Milchschweine. Es wurde füstge,stellt, daß insge-
samt ungefähr 300 Schweine von den betr. Perso-
nen nach Baden geschmuggelt wurden.

Gerichtszeitung
Strafkammerfitznng vom S. Juli.
1. Koch Heinrich Engelhardt von Bruchsal,
der kurze Zeit als Wächter bei der hiesigen Wach-
urd Schließgcsellfchaft tätig war, wußte sich mehrere
mit Lor Unterschrift des Direktors versehene Quit-
tungsformulare über Bezahlung der Vewachungs-
gebübven zu verschaffen und füllte diese fälschlich
aus. Er gab sie in mehreren hiesigen Geschifften
ab und bestimmte di« Geschäftsinhaber zur Zah-
lung der eingesetzten Beträge. Der Angeklagte, ein,
Kriegsbeschädigter, ist nach dem erstatteten Gut-
achten des Medizinalrats Dr. Holl Psychopath, der
zwar strafrechtlich veranwortlich, dessen Tat aber in
milderem Lichte zu betrachten sei. Er wurde we-
gen Urkundenfälschung und Betrugs zu 6 Wochen
Gefängnis verurteilt, die durch die erlittene Un-
tersuchungshaft verbüßt gelten. — 2. Schüler Her-
bert Hans Schweizer von hier nahm in einer
hiesigen Privatlühranstalt, Li« er besuchte, aus dem
Schreibtisch eines Lehrers einen größeren Geldbe-
trag und Schmncksachcn. Es wurde auf einen Ver-
weis erkannt. — 3. Im März d. I. verübte die Lina
genannte Elise Merlo geb. Eichhorn von Rohr-
bach, eine rückfällige, arbeitsscheue Diebin, in Sins-
heim und Heidelberg mehrer« Diebstähle. Das Ur-
teil lautete auf 6 Monate Gefängnis, abzüglich 6
Wochen Untersuchungshaft.

Aus dem Leserkreise
(Für di« Auslastungen unter dieser Ueberschrift
trägt die Schriftleitung nur die vreßgesetzlichej
Verantwortung. — Die Zuschriften müssen d«r
Schriftleitung gegenüber mit dem vollen Namen
des Einsenders versehen sein. Auf Wunsch wird
der Name verschwiegen).

Straßenbahn nnd Hutnadeln
In den letzten Monaten haben die langen spieß-
artigen ungeschützten Hutnadeln wieder er-
schreckend überhand genommen. Besonders in den
überfüllten Straßenbahnen bedeutet dies ein« ernst-
liche Gefahr Mr Gesichter und Augen der Miifah-
renden. Früher erinnerten öfters die Schaffner
daran. Di« weiblichen Beamten scheinen aber noch
keine dahingehende Anweisung bekommen zu haben.
Sie lasten ruhig die langen Spieße herausvagen!
Sie könnten ja leicht auf das im Wagen ange-
brachte Schild Hinweisen (auch alle neuen Wagen
sollten diese Schilde bekommen), und veranlassen,
daß die Betreffende wenigstens für Liess Fahrt Gr«
Nadel zurückzieht. — Ein Hinweis auf Hut -
nadslschützer für weitere Fahrten!
sollte aber stets hin zu gefügt werden. Sehr
wichtig ist es auch, Lab die einschlägigen Geschiffte
stets die Nadeln nur mit den Schützern verkaufen,
sie jedenfalls immer mit empfehlen und vor-
rätig hab em r

Theater und Musik
* Ein badischer Vertoner. Am 8. Juli feierte
Musikdirektor Julius Klump in Jllenau bei
Achern, wo er schon seit über einem Menschenalter
als Musiklehrer an der Er. Heil- und Pflegeanstalt
tätig ist, seinen 60. Geburtstag. Klump ist als
Kompon ist überall, wo der Männergesang
gepflegt wird, durch seine Chöre und im Komert-
saal Lurch seine ansprechenden Lieder schon lange
rühmlich bekannt. Auch seine musikalisch wertvollen!
Kompositionen Mr Violine und Cello sind weit ver-
breitet.
* Robert Volkner. Der frühere Intendant der
Frankfurter Bühnen, Robert Volkner, wurds
zum Intendanten der städtischen Bühnen inBar-
mon-Elberfeld. die ab 1. Mai 1019 zum
ersten Male unter städtischer Verwaltung vereinigt
werden, gewählt.

Kunst und Wissenschaft
* Zum 75jährigen Jubiläum der ..Leipziger Jl-
lustiertcn Zeitung" ist eine Festnummer erschienen,
die Heinrich Pfeiffer, der Redakteur der Sonder-
nummern. Heraussegeben bat. Sie enthält wert-
volle künstlerische Beiträge, u. a. eine eigens für
die Jubiläumsnummer angefertigte Bleistiftzeich-
nung von Mar Klinger, Farbstiftzeichnungen von
Fritz Deutsch, einen Holzschnitt von Wilh. Howard
und einige Aufsätze namhafter Autoren.
* Von der Universität Freiburg. Die a. o. Pro-
fessur Mr Apologetik in der theologischen Fakultät
der Universität Freiburg wird auf 1. Oktober!
d. I. in eine ordentliche Professur Mr
Apologetik und Religionswistenschaft umge-
wandelt werden; dis Berufung auf Li^elbe ist
dem bisherigen a. o. Professor der Apologetik d^
selbst Dr. theol. Heinrich Straubinger anse-
boten worden. Geboren 1878 zu Salmendingeil
(Hohenzollern). studierte Straubinger in Freiburg
Theologie, war dann Vikar in Wald-Hut. später
Präfekt im Knabenssminar zu Sigmaringen, pro-
movierte 1903, hielt sich einige Zeit studienhalber
in Rom auf. war dann wieder in der Seelsorge in
Mannheim. Dettingen und Haigerloch tätig und er-

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