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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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Montag den 22. Juli 1918

Fernsprecher Nr. 82

Nr. rv«

Fdelberger Zeitung

Seit«.

Der Genro

des
aus

dem-
des

lD Hockenheim, 21. Juli. Im Holzschopf
Taglöhners Philipp Küchle 71 brach Feuer
und zerstörte rasch den Schopf; dann vernichtete es
auch die Scheune des Bahnqrbeiters Frz. Stohner.

aus
zu
sind

Kleine KriegsnachrichLsn
* Die Pariser Abwehrvorrichtungen. Der Der-
«er Bund erfährt aus Paris, dak dort die Ab-
wehrvorrichtungen ergänzt wurden durch eine Art
Fesselballons, die senkrechte Kabel hoch in
die Luft halten^ um gleichsam als Drahthin-
dernis zum /Schutze wertvoller Gebäude
zu dienen. -

Aus Stadt und Umgegend
* Blendet die Lichter aL. Zur Anzeise kam
e'ne Anzahl Personen, die bei nächtlicher Flieger-
getahr trotz den Warnungen immer wieder die
Zimmer erleuchtet hatte. Wie aus der heutigen
Bekanntmachung hervorgebt. wird die Behörde for-
tan aufs schärfste einschreiten.
* Das Kriegsverdienstkreuz und das Kriegshilse-
krerrz ist. wie seinerzeit gemeldet, aus Anlaß des
Geburtstages des Erotzherzogs einer großen An-
zahl Personen verliehen worden. Der gestrige
Staatsanzeiger enthält in einer 22 Seiten umfas-
senden Beilage mehrere tausend Namen der Belie-
henen, die sich aus Männern und Frauen aller
Kreise und Berufe im Lande, im Reichs, den besetz-
ten Gebieten und im Auslano zusammensetzen. Wir
erwähnen für heute nur dis Verleihung des Krisgs-
verdienstkreuzes an den Reichstagsabgeordneten
Dr. Rieher und den LandtagLabgeordncten Koch
und werden in den nächsten Tagen in Fortsetzungen
die Namen der Beliehenen in Stadt und Umge-
bung veröffentlichen.
* Natiouallibexple Partei. Bei der heutigen
Zusammenkunft im Weihen Bock wird u. a. arch
die militärische Lage besprochen werden.
Zahlreicher Besuch der Parteifreunde ist daher er-
wünscht.
- An den Vorstand des Gnstav-'tidolf-Vereins
richteten bei Gelegenheit seiner 4. Kriegstagung
und 75. Jahresssstes der Erohherzog und die
Grob Herzogin Luise Telegramme, in de-
nen sie für die Begrüßung seitens des Vereins ihren
herzlichen Dank aussprechen und den Segen Gottes
für die weitere Arbeit heraöftehen.
* Stadtiheater — Grotesken-Abcmd von Mein-
hart Maur. .Auf den heute, Montag, stattf'mden-.
den literarischen Unterhaltungsabend sei hier noch-
mals besonders hingewiesen. Anfang 8 Uhr,
* Für unsere 119er. Das Wohltätigkeits-
konzert, das am Samstag abend in der Schlotz-
wirtschaft zu Gunsten der Bürgerstiftung für Las
2. Bataillon der 110er stattfand. erfreute sich eines
außerordentlich starken Besuchs, sodaß für die Stif-
tung ein guter Grundstock zustande kam. Zwar
wurde der Genuß der musikalischen Darbietungen
durch das in neunter Stunde cinsetzsnke Gewitter
beeinträchtigt, doch brachte der Regen nach der
drückenden Schwüle des Tages die ersehnte Er-
quickung und machte nachher Lei.' Aufenthalt um so
angenehmer. Die Darbietungen der Kapelle un-
ter Leitung von Kapellmeister Otto Schulze so-
wie die Gesänge der vereinigten Männerchöre un-
ter Musikdirektor Karl Weidt. die dem Zweck des
Abends angepabt waren, fanden dank der vorzüg-
lichen Ausführung den stürmischen Beifall der Be-
sucher. Oberstabsarzt Dr. Ernst traf mit einer
zündenden Ansprache den rechten Ton, sein Hurra
auf die-Kämpfer an der Front weckte begeistertes
Echo. Der Verlauf des Abends bewies daß der
Gedanke der Bürge:stiftung; der üb'-igen--. seiner-
zeit in der ..Heidelberger Zeitung" zum ersten Mal
angeregt wurde, testen Ermd in unserer Bürger-
schaft Munden hat. Da die Sammlungen noch eine
zeitlang weiterlaufen, so sei auch-an dieser Stelle
nochmals die Bitte ausgesprochen, sie zum Besten
Ker Angehörigen unseres Bataillons zu «unter-
stützen. Es ist Ehrenpflicht eines jeden Heidelbergs!
* Stadtthsater. Das Gastspiel des Heimat-
frouttHeaters am gestrigen Sonntag abend
hatte regen Besuch aufzuweisen. Zur Auffüh-
rung gelangte »Das Alter", eine Kleinstadt-
komödie von Paul Quentel, wobei sämtliche
Darsteller bemüht waren zum guten Gelingen
beizutragen und dafür von den Besuchern reichen
Beifall ernteten . Wünschenswert wäre gewesen,
wenn sich Vas Publikum etwas ruhiger verhalten
hätte. Auch verschiedene Bemerkungen hätten die
Betreffenden für sich behalten können.
„Gegenwerts- und Zukunstsfragen Oesterreichs"
besprach am Sa-nrstag abend in der hiesigen Orts-
gruppe des Bundes deutsch-nationaler Studenten
Hofrat Prof. Dr. Rauchberg-Prag. Auf Vie
aufschlußreichen und fesselnden Ausführungen kom-
men wir noch zurück.
* Die Abschlußprüfung in der Sozialen Frauen-
schule Heidelberg fand am 16. Juli zum ersten
Mals unter staatlicher Aufsicht statt. Als Bsauff-
tragter des Ministeriums war Geheimer Ober-
medizinalrat Hauser aus Karlsruhe erschienen.
Es absolvierten dieses Mal nur zwei Schülerinnen
da der Hauptaustritt jeweils Ostern erfolgt. Die
Leiden Damen bestanden gut, teilweise sehr gut
und werden demnächst ihre Stellung als Sozial-
beamtinnen antreten.
* Bargeldloser Zahlungsverkehr. Dio Stelle des
Geschäftsführers der Ortsgruppe Heidelberg
für den bargeldlosen Zahlungsverkehr, umfassend
den Amtsbezirk Heidelberg und den ganzen Oden-
wald wurde dem Direktor der Svargesellschaft stift
Stadt- und Landgemeinden in Heidelberg, Herrn
Albert Dorn durch die Reichs-Lank übertragen.
* Liebesgaben an Obst für badische Lazarette
sind erwünscht. Die dafür erforderlichen Versgnd-
papiere werden von der Geschäftsstelle der badi-
schen Obstversorgung in Karlsruhe -Stephanien-
stratze 4S) Lereitwilligst erteilt.
* Für das Vaterland gestorben. An seiner, in
einent Feldlazarett erhaltenen. Verwundung, starb
Dr. FritzSauer, Professor an der Liselotte-
schule in Mannheim. Er war mit dem Eisernen
Kreuz Zweiter und Erster Klaffe, sowie mit
Ritterkreuz Zweiter Klaffe mit Schwertern
Ordens vom Zähriuger Löwen ausgezeichnet.

Ernährung u. Kriegswirtschaft
* Badische Landeskohlenstelle. Durch Veröf-
fentlichung Les Ministeriums des Innern vom 19.
Juli 1918 wurden der neuerrichteten „Badischen
Landeskohlenstelle" die Aufgaben und Befugnisse
übertragen, welche bishrr der dem Landespreis-,
amt angegliedcrten Abteilung für Kohlenversor-t
gung zustanden. Die Landeskohlenstelle bat ihren
Sitz in Mannheim, dgmit die Verbindung
mit dem Roichskommiffa: für die Ko-Llen-verteilung
in Mannheim, dem bei diesopr bestellten Vertre-
ter dcr Grofherzoalichen Negierung und dem
hauptsächlich in Mannheim vorhandenen Groß-
handel möglichst erleichtert wird.

Letzte Drahthsrichts
Dcr Fliegerangriff anf Tondern
Kopenhagen, 20. Juli. „Stiftstidende" teilt
mit: Gestern morgen 4 Uhr flogen drei eng-
lische Flieger, nordwestlich von Bestervedsted
kommend, in südöstlicher Richtung gegen Ton-
dern. Etwas später kehrte ein Flugzeug zurück
Zwei englische Flugzeuge stürzten bei Guldager
und auf Skallin ab. Der Insasse des bei Guldager
hcrabgefallenen Flugzeuges verbrannte. Der Ap-
parat wurde nach Esbjerg Lbergesührt.
Ringköbing, 20. Juli. Zwei englische
Flieger find gestern morgen infolge Benzin-
mangels und 'Motorschadens an der Mländischen
Westküste gelandet, '

erg. und Lesien ' cue-NWSk Wilhelmine geo.!
sreiia von Tustterfeld geboren. Er war ver-
zählt mit der im Jahre 1912 verstorbenen Her-
ogiir Amalie von Bayern und hat 4 Söhne und
, Töchter. Großfürst Mmdo-we. der im 13. Jahr-
mndert lebte, strebte darnach, die Teile Litauens
u einem Reiche zu vereinigen. __

Deutsches Reich
* Hintze im Auswärtigen Amt. Herr von
Hintze hat sich Samstag vormittag in Vas Aus-
wärtige Amt begeben. Dort hatte er eins längere
Unterredung mit dem Stellvertreter des Reichs-
kanzlers, Herrn von Payer. Am Mittag empfing
ihn der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes
zur Vorstellung.
Auszeichnung Kühlmanns. Der Kaiser
hat dem bisherigen Staatssekretär des Auswärti-
gen Dr. v. Kühl mann, den Roten Adlerorden
Erster Klasse verliehen.
» Die Einhsitsbestrebungen der deutschen Eisen-
bahnen. In der Württembergilcken Ersten Kam-
mer erklärte Ministerpräsident von Weiz-
säcker zu den Einheitsbestrebungen der deutschen
Eisenbahnen auf der kürzlichen Eisenbahnminister-
konferenz in Wiesbaden: Die Besprechungen in
Wiesbaden umfaßten einen großen Zu-
kunftsplan. Es handelt sich daher um ein-
heitliche Einrichtungen unk Maßnahmen nicht nur
auf dem Gebiete des Betriebes, sondern auch auf
dem Gebiete des Ausbaues des Verkehrs und der
Verwaltung. Es soll eine Zusammenfassung
des Betriebs der deutschen Eisenbahnen
stottfinden und wir halten die Sache für so wich-
tig, daß die Verhandlungen noch in diesem Mo-
nat von höheren Beamter, der deutschen Eisen-
bahnverwaltunaen fartgesührt werden.

Sieg in der Abwehrschlacht
Berlin, 21. Juli. Aus dem Schlachtfeld zwi-
schen der Ais ne und Al ar ne haben di« Deut-
schen am 20. Juli gegen einen Feind, der unter
rücksichtslosestem Einsatz seiner fran-zösijchen. eng-
lischen. italienischen und amerikanischen Truppen
im Verein mit feinen schwarzen Hilfsvölkern
hier die Entscheidung suchte, einen neuen Sieg
in der Abwehrschlacht gewonnen. Zu den
ungeheueren Opfern, die die Engländer und Fran-
zosen feit dein 21. März durch die wiederholten
siegreichen deutschen Durchbruchsschlachten erlitten,
treten neue schwere Verluste hinzu, o-hn« daß es
dem Entente- Generalissimus Fock auch nur im
entferntesten gelang, ferne weit gesteckten Ziele zu
erreichen. ..
Gegen 11 Uhr vormittags wurden starke Be-
reitstellungen des Gegners südlich der Straße
Villers-Cotterets — Soissons erkannt. Desglei-
chen wurden feindliche Tankgeschwader im An-
marsch gesichtet. Mit voller Wirkung faßten unsere
Batterien ihr Feuer gegen diese lohnenden Ziels
zusammen. Gegen 3 Uhr nachmittags steigerte sich
das Feuep zu außerordentlicher Heftigkeit. Kurz
darauf fetzte der erwartete Angriff ein. In har-
tem Kampfe wurde der mit tiefgegliederten Kräf-
ten anrennende Feind unter hohen Verlusten, teil-
weise in erfolgreichen Gegenstößen, zurückgewissen.
Erst gegen 9.Z0 Uhr abends konnte er sich nach er-
neutem Trommelfeuer zu nochmaligem Angriff
aufraffen, fand Hber nur noch Kraft zu Te il-
an griff en, drr blutig in unserem Feuer zer-
schellten.
Weiter südlich begann der Gegner mit seinen
Massenangriffen bereits in den frühen Morgen-
stunden. Seine zusammenschmelzenden Divisionen-
füllte er dauernd durch neue Reserven auf und!
lief den ganzen Nachmittag über zum Sturm ge-°
gen unsere Stellungen a-n. Besonders blutig brach
ein Massensturm des Feindes Um 4 Uhx nachmit-
tags in unserem verheerenden Feuer zusammen.
In den späten Abendstunden hoffte der Gegnet-
immer noch auf Erfolg. Nack überaus starkes
Trommelfeuer rannte er abermals an. wieder verv
gebens. Teilweise gewannen wir sogar im Ge-
gen st o ß Boden. Trotz aller Rücksichtslosigkeit!
und trotz Einsatzes stärkster Kampfkräfte unN
Kampfmittel blieb dem Feinde der erstrebte ErsolL
versagt. Die Größe der nutzlos gebrachteiH
Opfer.des Angreifers ist gewaltig. SiL
läßt sich mit den Verlusten keiner Schl ach?
Lies es Krieges vergleichen. Die FranS
zosen haben wieder die Hauptd dieser verlusftsiO
Hsn Angriffe getragen.
Der zweite Marneübergang
Berlin, 21. Juli. Unsere in der Nacht vonk
19. zum 20. Juli erfolgte Truppenzutücknahme vo«
dem südlichen Marne-Ufer war planmäßig uny
ohne jeglich-e Feindstörung unbemerkt verlaufen-
Sämtliche Pontonbrücken konnten ab«
gebaut werden. Gegen 9 Uhr vormittags sri-U
der Feind unter stärkstem Feuerschutz mit zahlre/-
chen Tankgeschwadern in einheitlichem Angriff un-
sere ehemalige Front an. Am Ostrand von Oeuillq
geriet er bei seinem Luftstoß in unser wirksamstes
flankierendes Maschinengswshrfeuer. Bei Patit!
de Troissy vorgehende Tankgeschrva-der lagen sberu
falls unter unserem zusammen gefaßten Ver-
nichtungsfeuer. Die vorgehenden feindliche!»
Infanteriekolonnen fluteten unter dem wirkungs-
vollen Angriff unserer Schlachtflieger. Die vor«
auÄschaudnds Maßnahme der Trupvenzurücknahmä
auf das nördliche .Marneufer hat uns so nicht nur
jeden Verlust erspart, sondern dem Gegner schwer^
Blutopfer auferlrgt.
Gedämpfte feindliche Stimmung
Amsterdam, 21. Juli. Nach einer Meldung
des Algemeen Handelsblnd aus London schreibt
Daily Mail anläßlich der französischen Gegen,
offensive. Ludendorff habe nicht viel Zeit zu ver«
lieren. denn seine Reserven sind durch die Ner«
lüste an der Marne und bei sSoissons stark ge«
schwächt. Er verfügt aber immer nock über 40 Di»
Visionen. Die Besorgnis und die Unsichere
heit bei den Alliierten werden nicht frühed auff
hören, als bis auch diese in den Kampf gebracht;
und geschlagen seien. — Die Times warnt voL
.einer Uebertveibung der Folgen, die der Gegen«
angriff haben würde, ehe diese Folgen nicht voll«
ständig eingetreten seien. Die Absicht Fachs soll
die Deutschen in ihrem neuen Sektor womöglich
zum Rückzug zu zwingen. Aber es fei kein An»
Zeichen vorhanden, daß das zu hoffen sei, sie M
überwältigen. Fach habe auf die noch i in«
mer schwierige Lase zwischen Oise und del
See noch keinen kräftigen Einfluß ausüben könnet
Die Armee des Prinzen Rupprecht sei noch vol»
ständig intakt und man Habe noch länge
nicht fein letztes Wort vernommen. Di«
Engländer würden nicht gern im Norden, wo ff«
noch immer kräftigen Widerstand fänden. Geländl
verlieren
Ein neutra Ui Urteil
Haag, 21. Juli. Nieuwe Courant schreibtl
über die Offensive der Franzosen: Die Ergebnis^
die die französischen und ameckanischen Truppe»
Lei ihrem ersten Angriff erreicht Haben, sind nicht
jo groß wie die Berichte uns glauben Mcher
wollen.' Falls Fochs Gegenoffensive als schwere«
Schlag gegen die Deutschen gedacht war. dann iff
das nach allen einlaufenden Rackrichten fetzt be«
reits vollständig mißglückt. Die Deutsche:»
Laben ihre Truppen, die so tapfer über di«»
Warne vorgedrungen waren, zurückgenommen, unc
bemerkt, was der Wahrheit entspricht, sonst hättet
die Alliierten schon die große Trommel gerührt.
Der Tod des Sohnes- Roosevelts
Berlin, 21. Juli. Bei dem Versuch eines am«
rikanischen Geschwaders, die deutsche Lustsperri-
über der Marne zu durchbrechen, fand au«
Quentin Roosevelt, der Sohn des früherer
Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerikc
den Tod. Ein Geschwader von stehen deutsche
Flugzeugen, das an der Marne kreuzte, wurde ir
- der Gegend' von Dormans einer Gruppe von zwöb
amerikanischen Jagdfliegern ansichtig und war!
sich sofort den Amcriaknern entgegen. Es ent,
' spann sich ein heftiger Luftkampf Lei dem besonder-
- ein Amerikaner seinen Angriff hartnäckig wick-v
holte. Der Kamps gipfelte in einem Luftduell
- zwischen dem Amerikaner und dein deutsches
- Jagdflieger Unteroffizier Krever. Nach kurzen
> Ringen gelang es Ercver seinen tapferen, ab».
im Luftkampf noch unerfahrenen Gegner gut va

Aus Baden
Persoualnachrichteu. Pro-. Hans SLiewing
ist von der Realschule in Wiesloch an die Humbold-
schnle in Karlsruhe versetzt wocden. Die Lehramts-
praktikanten Karl Rotzbach und Oskar Mo-
drow von Heidelberg sind zu Profess-reu an der
Eoetheschule in Karlsruhe und Valentin Ullrich
von Klepsau zum Professor an der Realschule in
Wiesloch ernannt worden.
Schwetzingen, 21. Juli, Der Ecmeinderat hat
um Freitag eine Sondersitzung abgehalten, die sich
mit den Gerüchten über Unregelmäßig-
keiten in der städtischen Lebensmittelversorgung
befaßte. Es wurde fcstgrstellt, daß die finanzielle
Seite der ganzen Lebensmittelversorgung derart
ist, daß ein Unterschleif als vollständig ausgeschlos-
sen gelten kann. Währmd der drei letzten Jahre
beträgt der Warenumsatz rund zwei Millionen
Mark, ein nennenswertes Defizit ist nicht einge-
treten. In der Angelegenheit ist gerichtliche
Untersuchung eingeleitet.
Mannheim, 21. Juli. Der Staidtrat hat zur
Leistung von Darlehen und Zuschüssen an Hausbe-
sitzer zum Umbau von Dnchräumen oder bisher ge-
werblich benutzten Räumen für Wohnzwecke
vorläufig einen Kredit von 100 000 M. zur Verfü-
gung gestellt.
Grotzsachsen b. Weinheim, 22. Juli. Beim Pflau-
menbrechen stürzte dis 66jährige Landwirtsfrau
Marg. Bitzel Ww. aus drei Meter Höhe ab,
brach das Genick und war sofort tot.
Hohensachsen sA. Weinheims, 21. Juli. Infolge
der Schadhaftigkeit eines Schornsteins entstand im
Wohnhaus des Fabrikarbeiters Nicolaus Bitzel
ein Brand. Das Haus wurde eingeäjchert. Das
Feuer sprang auch auf die Wohnhäuser des Fabrik-
arbeiters Karl Götz und des Polizeidieners Michael
Fath über.
Baden-Baden, 21. Juli. Im Stadtteile Ge-
rolds au verursachten spielende Kinder ein
Schadenfeuer. Es brannte das Wohnhaus
und die Remise des Maurerpoliers Otto Bär und
das Oekonomiegebäude des Schuhmachers Franz
Meermann nieder. Ein Schwein und eine Ziese
und zahlreiche Fahrnisse sind mitverbrannt.
Willingen, 21. Juli. Durch den in der Nacht zum
letzten Donnerstag im ganzen- Schwarzwald Hau-
senden orkanartigen Sturm wurde die Stark-
stromleitung von Laufenburg derart beschä-
digt. datz Villingen, Donaueschingen, St. Georgen
und andere Orte längere Zeit ohne elektrischen
Strom und sämtliche Betriebe eingestellt waren.
Singen, 21. Juli. Verhaftet wurde kaut Sing.
Nachr. eine Frauensperson namens Katharina
Lehmann geb. Staudinger, die offenbar in
einem Anfall von Geistesgestörtheit versucht hat,
in der Nähe des Weiherhofes bei Böhringen einen
13jährigen Schallnahen Martin Pfänder von hier
durch zwangsweises Ein geben ge-
tränkten Zuckers zu vergiften. Sie
drohte dem Jungen, der glücklicherweise nicht le-
bensgefährlich erkrankte, mit Totschlägen, wenn er
den Zucker nicht esse. Die sonderb-ar.e Tat kann,
wie bemerkt, wohl nur in einem Wahnsinnsanfall
verübt sein. Die Untersuchung wird das Nähere
ergeben.
Bruckfelden, 20. Juli. Der Jagdaufseher Andreas
Hochmuth blieb vom 15. auf 16. Juli im Tüftn-
ger Wald über Nackt. Um HL11 Uhr kamen 4 Rus-
sen auf ihn zu; Hochmuth sprang schnell auf, schrie
laut „Hände hoch oder ich schieße". Ms vier streck-
ten die Hände und Hochmuth brachte sie bei Mond-
schein nach Tüfingen.
Freiburg, 22. Juli. Durch Fahrlässigkeit ent-
sllcud auf einem Lagerplatz beim Südbahnhof ein
größeres Schadenfeuer, dem Oele, Teer, Spi-
ritus und Benzin zum Opfer sielen. Eine Ausdeh-
nung des Feuers auf die Güterhalle konnte ver-
hütet werden.
Konstanz, 21. Juli. Unter der Anklage des
Mordversuchs und des Totschlagsversuchs
hatte sich der ledige 22jährise Taglöhner D.
Hecken dorn aus Schopfheim vor dem Schwur-
gericht zu verantworten. Er war beschuldigt, am
Abend des 23. März in der Nähe von Schopfheim
versucht zu Hatzen, Len von der Jagd heimkehren-
den Kommerzienrat Otto Bally zu erschießen
und ferner den Gendarmen Schapinger als
dieser ihn verhaften wollte, mit einem Militär-
dolch gestochen und schwer verletzt zu haben. Aus
der Verhandlung ging hervor, Latz Heckendorn ein
Opfer der Schundromans geworden ist. Seine
Bibliothek zählte mehr als 109.Bände der berüch-
tigren Jndianergejchichten. Das Urteil lautete auf
sechs JahZe. Gefängnis. __
Nachbarstaaterr
Körrigsbach fPfolzj, 20. Juli. D':s am Bahnhof
wohnende Witwe des verstorbenen Dahnverwalters
Nnstadt wurde tot in ihrem Beite aufgefunden.
Hände und Füße war^n der Frau gebunden und
ein Strumuf in den Mund geschoben. Die Um-
stände lassen auf einen Raubmord schließen.

Bereits auf dem- Sowjetkongretz hatte dec Kom-
missar der Auswärtigen Angelegenheiten der rus-
sischen Republik. Titsche rin, -davon -Mrtterlung
gemacht, Latz die Wteregcerung den Javanern
angcboten habe ihnen wirtschaftliche Vorteile in
Sibirien zu gewähren und datz Verhandlungen
schwebten, die das Nichteingreisen der Japaner in
Sibirien bezweckten. In,Tokio ist daraufhin der
diplomatische Beirat zusammengetreten. Die Te-
legramme über dessen Beschluß stammen, da alle
anderen Verbmdumgen -abgeschnitten sind, aus enc^
lischsn und amerikanischen Quellen. L-ie natüruch
die Meldungen darüber stark färben. Immerhin
ließ sich erkennen, daß der diplomatische Beirat die
Intervention in Sibirien abgele h n t
hat. Damit zerrann ein Hosfnungstraum des
Verbandes, vielleicht noch mehr, das Lioherrge Ver-
hältnis Japans zur Verbandspolitik zerbrach.
Entscheidemd auf jeden Fall ist die Sitzung der
alten Staatsmänner Japans, des Genro. gewesen.
Der Genro allein leitet Japans Auswärtige Poli-
tik. Japans Presse und Japans Parlament sind
ihm gegenAer Faktoren, die keinen Einfluh auf
den Gang der Ereignisse Laben. Nun besteht die-
ser Genro aber zum größten Teil aus alten Mili-
tärs und Divlonraten. die durch deutsche Schulen
gegangen sind -und im Laufe ihres langen prak-
tischen Lübens kühle Beobachter -des Wellgetriebes
wurden. Für Japan gab es nur zwei Möglichkei-
ten: Entweder es griff in Sibirien militärisch ein
und entfesselte so für immer den Hatz der Russen,
verbaute sich jede Möglichkeit, mit Rußland in ein
Einvernehmen zu kommen oder es lehnte die In-
tervention ab und entschied sich so in einem ent-
scheidenden Augenblick von der Gesamtvolitik der
Entente. Japan hat Las Letztere gewählt. Bis-
lang hat es immer wieder die Intervention hin-
ausgezögert. hatte sich nicht gebunden. Mittler-
weile nahm Ls die Verdoppelung seines Heeres vor,
rüstete gewaltig, brachte es durch Riesen gewinne
dahin, finanziell unabhängig von Amerika und
England:«» werden, und trieb Politik auf eigene
Faust. Während! die Vereinigten Staaten fieber-
haft Mstetem. trotzdem ihre Rüstungen für den
europäischen Krieg zu spät kommen, bereitet sich Ja-
pan auf eine Auseinandersetzung mit der Macht
vor. mit der es den Kampf um die Oberherrschaft
im Süllen Ozean, Aber den fernen Osten über-
haupt. au siecht en muh. Das ist nicht der Verband
der Mittelmächte, das ist nicht Rußland. Natür-
liche Nebenbuhler im fernen Osten und Gegner
des politischen und wirtschaftlichen Ausdehnungs-
dranges der Japaner sind die Vereinigten Staaten
von Nordamerika und die Briten.
Uetzer kurz oder lang muhte also die javanische
Politik ihren Kurs ändern. Entweder sie
blieb den Alliierten treu — aber japanische Treue
gibt es nicht gegenüber den Weißen da gibt es nur
politische Interessen — oder Japan versuchte, auf
dem astatischen Festlands voräufig Lurch die Un-
terjochung Chinas gesättigt, ein Einvernehmen
mit Rußland und vielleicht auch mit den Mittel-
mächten gegen die riesenhafte Macht des Angel-
sachsentums amerikanischer und britischer Färbung.
Denn daß Briten und Amerikaner im Falle eines
Konfliktes mit Japan rusammenhalten würden,
bedingt schon ihr natürliches Notzemnteresse.
In der sibirischen Frage trennt sich Mn Japan
von seinen bisherigen -Verbündeten und stärkt da-
mit diejenigen Teile des russischen Volkes, die sich
mit aller Kraft dagegen wenden, daß im Osten auf
Kosten Rußlands von der Entente eine neue Kampf-
front gegen Deutschland geschaffen wird. Wenn
Japan ein Interesse -an der Rettung- des Vielver-
bandes hätte, würde es Lurch seine Intervention
in Sibirien die Aufrichtung dieser Front gefördert
Haben. Denn nur über Sibirien war dem Ver-
bände die Möglichkeit dazu gegeben. Als sich Ja-
pan dem widersetzte, änderte es nicht nur den Kurs
seiner Politik, sondern schlug gleichzeitig die Vor-
bedingungen einer politischen Mächtckonsiellation
für die Auseinandersetzung des Javaner- und An-
«elsachsentums. Der Genro hat stets bewiesen, datz
keine Politik mit Jahrzehnten, und nicht mit Mo-
Raten oder gar Wochen zu rechnen vermag.
Eingreifen Japans?
Amsterdam, 20. Juli. Reuter meldet
Tokio: Japan hat beschlossen, in Sibirien
intervenieren. Die notwendigen Maßnahmen
getroffen
Die Lage in Sibirien
Moskau, 20. Juli. Die Presse meldet: Birsk
ist von den Tschechen eingenommen; die Räteirup-
pen ziehen sich zurück.
Schanghai (ohne Datum). Meldung des Reu-
terjchen Büros. Alexejew hat eine neue Re-
gierung zwischen Tomsk, Nischnj und Udinsk
gebildet, um mit Horvat zusammenzuiwirkon.
 
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