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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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Seite 2

Heidelberger Zeitung

Montag, den 12. August 1918

Fernsprecher Nr. 82

Nr. IW

Der zweite Tag
-' Vertin, 10. Aus. Auch den zweiten Tag des
Rotzen Angriffes zwischen Ancre und Avre leitete
'er Feind mit großen T a n k a n g r i f f e n ein.
lllein die Panzergcschwader, durch die Vortage
,«schwächt, entwickelten nicht mehr die alte Stoß-
rast. Im Abwehrfeuer der deutschen Batterien
purde ihr Angriff unsicher. Zahlreiche Panzer-
wagen wurden getroffen und brannten mit hoher
weithin leuchtender Stichflamme aus. Andere
kehrten um. Die Infanterie folgte nicht recht; ihr
Angriff blieb liegen. Erst am Nachmittag ver-
mochten die Engländer unter Einsatz frischer
Truppen einen neuen Angriff vorzutreiben. Auf
der ganzen Strecke von «Morlancourt bis an die
Avre brachen tiefgeliederte Sturmwellen vor, de-
üen starke Panzerwagen voranfuhren und über
deren Köpfe starke Fliegergeschwader
heranbrausten, die durch einen Hagel von Maschi-
nengewehrfeuer dis deutschen Reihen zu erschüt-
tern versuchten. Das geschickte Ausweichen und
.Wiedervorstürmen der deutschen Infanterie ließ
.den Kampf hin- und herwogen und brachte schließ-
lich beiderseits der Somme und der großen Rö-
merstraße die Engländer und Franzosen trotz star-
kem Kräfteeinsatz keinen Schritt weiter vorwärts.
Weiter südlich gewannen die englisch-französischen
Angriffe in der Linie Roheres — Ar-villers in
dem für die Verteidigung überaus ungünstigen
Gelände Boden, sodaß infolgedessen auch das
Kampffel-d beiderseits der Somm« frei-
willig aufgegeben wurde, was die wü-
tenden Angriffe der Engländer nicht hatten er-
reichen können. Je weiter die Deutschen zurück-
gehen, desto günstiger wird für sie das Ge-
lände zur Verteidigung, da sie damit in
die rückwärtigen Linien des alten französi"'
Wertsidigungsspstems kommen, während der An-
greifer gezwungen ist, über die kohle, deckungslose
Ebene anzurennen.
Der dritte Slngriststng
WTB. Berlin, 11. Aug. Am Vormittag des
dritten Angriffstages beschränkten sich die Eng-
länder zwischen Ancre und Avre auf Teilan-
griffe nördlich der Somme sowie östlich und
südöstlich von Rosieres. An beiden Stellen wur-
den sie abge wiesen. Bis in die Abendstunden
versuchte der Engländer immer wieder von neuem
seine Angriffe, die teilweise im -Abwehrfeuer,
teilweise im Gegenstoß zurückgewiesen wurden.
Ihre Tankgeschwader sollten der Infanterie den
Weg bahnen. Der größte Teil wurde jedoch zu-
sammengeschossen. Die übrigen kehrten um.
„Kein Dnrchbruch beabsichtigt!"
Der militärische Mitarbeiter der Londoner Times
schreibt über die neue Offensive, es sei kein Durch-
bruch beabsichtigt. „Die Hauptabsicht Fachs sei, die
Initiative in der Hand zu behalten."
Uebereinstimmend machen noch alle Zeitungen dar-
aus aufmerksam, daß das Ziel der Offensive die
Entlastung von Amiens sei.
Der Londoner Korrespondent des „Nieurve Rot-
terdamscheni Courant" meldet, daß man es in Eng-
land als Genugtuung empfinde, daß bei der
neuen Offensive sowohl dis britischen als auch die
französischen Truppen unter dem Befehl
Haies stehen.
Eine Bewegnngsschlacht größten Stils
Berlin, 11. Aug. Am dritten Tage ihrer Offen-
sive sind die «Franzosen zum frontalen A n -
griff auf die deutsche Front zwischen Montdidier
und der Matz geschritten. Da es sich auch hier um
lein festes Stellungssystem, sondern nur um eine
norläusigs Verteidigungsanlage handelt, sind die
deutschen Hauptkräfte in ein günstigeres Kampf-
gelände zu rückgenommen worden. Nach blu-
ti-mtsr Abwehr der französischen Anstürme, die un-
ter schwerstem Verlusten schon vor unserer Nachhut-
linie zusammenbrachen, konnten sich die deutschen
Nachhuten wohlgeordnet vom Feinde lösen und
über die im Heeresbericht genannte Linie zurück-
ziehen. Schwerste Menschenopfer sowie
massen hafte Verluste von Tanks, die zu
Dutzenden zerschossen vor den deutschen Linien lie-
gen, brachten die Ententetruppen ihrem Ziele nicht
daher.

Die gegenwärtig zwischen Ancre und Matz ent-
brannten Kämpfe sind nicht nach dem augenblick-
lichen-Eeländegewinn oder Verlusten zu bewerten,
sondern es bandelt sich um eine Beweg ungs-
s ch l ach t größten Cti l s, die infolge der deut-
schen, menschensparenden Kampfesweise schwer er-
setzbare Lücken in die besten Kampftruppen der En-
tente veißt, die deutschen Truppen dagegen zu künf-
tigen Aufgaben kampfkräftig erhält
Die feindlichen Heeresberichte
ergehen sich natürlich in großen Weitschweifigkei-
ten und Aufzählungen aller nur erdenklichen Ort-
schaften und Geländspunkte, die besetzt worden
sind. Wir beschränken uns daher darauf, da ja
die Kampflinie durch die deutschen Berichte genau
angegeben ist. auf die Wiedergabe der übrigen
Angaben:
Französischer Bericht vom 9. August, 11 Uhr
abends. Unsere Truppen trugen in Verfolgung
ihres Vorrückens auf der Rechten der britischen
Armee gute neue Erfolgs davon. Unsere Fort-
schritte erreichten in dieser Richtung seit gestern
früh 14 Kilometer in der Tiefe. Außer beträchtli-
chem Kriegsmaterial, das noch nicht -gezählt wer-
den konnte, machten wir für unseren Teil 4000
Gefangene.
Französischer Bericht vom 10. Aug. 11 Uhr abds.
An der Schlachtfront an der Avre setzten wir un-
sere Angriffe während des ganzen Tages mit wach-
sendem Erfolg fort. Am frühen Morgen ist
Montdidier. im Osten und Norden überflügelt,
in unsere Hände gefallen. In drei Kampftagen
sind die französischen Truppen mehr als 20 Kilo-
meter längs der Landstraße von Amiens nach
Roye vor,gedrungen. Die Zahl der Gefangenen,
die in der nämlichen Zeit gemacht wurde, über-
schreitet 80 00. Unter dem ungeheuren vom Feind
im Stich gelassenen Kriegsmaterial zählen wir
bisher 200 Geschütze.
Englischer Bericht vom 9. August nachmit-
tags: Unser Fortschritt hielt auf der ganzen
Front an. Nördlich der Somme leistete der Geg-
ner kräftigen Widerstand. Unser Vormarsch
zwischen Chippilly und Morlancourt ging unter
harten Kämpfen vor sich. Die von den verbünde-
ten Heeren eingebrachte Zahl von Gegange-
nen übersteigt 14 000. Wahrend der letzten
Tage fährt der Feind fort, die von ihm besetzten
vorgeschobenen Stellungen im Lysiak zu räumen.
Abends 11 Uhr: Heute früh erneuerte die
verbündete Armee ihren Angriff auf der gesam-
ten Schlachtfront im Süden der Somme. Sie
machte auf allen Punkten Fortschritte k rotz des
wachsenden Wider st and es dkg Fein-
des. Im Norden der Somme werden örtliche
Kämpfe gemeldet. Die .Zahl der Gefangenen
erreichte 17 000. Wir erobertem außerdem
200 bis 300 Kanonen, darunter ein groß-
kalibriges Geschütz auf Schienen. Wir nahmen
ferner Ebabenmörser und Maschinengewehre in
großer Menge und ungeheuere Vorräte an Ma-
terial aller Art, einen vollständigen Eisenbahnzug
und anderes rollendes Material.
Englischer Bericht vom 10. August nachm.: Am
gestrigen Nachmittag und Mend setzten die Ver-
bündeten ihre 'Fortschritte auf der ganzen Front
von südlich Montdidier bis zur Ancre fort. Die
französischen Truppen machten 2000 Gefangene. Die
englischen und amerikanischen Truppen erreichten
alle ihre Ziele, darunter Morlancourt und die im
Südosten des Ortes befindlichen Höben. Die Aahk
der seit dem 8. August eingebrackü-m Gefange-
nen überschreitet 24V00.
Der U-Bostskrieg
32 VW Tonnen
WTB. Berlin, 1». Aug. (Amtlich.) Westlich
des Kanals und an -er Ost lüste Englands
versenkten unsere Unterseeboote, zum Teil aus stark
gesicherten Geleitzügen, 15 909 BRT.
WTB. Berlin, 11. Aug. (Amtlich.) Neue U-
Bootserfolge im Mittelm «er: vier bewaffnete
Dampfer von zusammen etwa 17 900 BRT.
Der Admiralstab der Marine.

Fliegerangriff auf Karlsruhe
WTV. Karlsruhe, 11. Aug. Feindliche
Flieger bewarfen heute vormittag in Karls-
ruhe einige Häuser und ein Offiziersgefan-
genenlager mit Bomben. Einiger Sachschaden
wurde verursacht
d'Annunzio über Wien
Rum. 10. Aug. Amtlich wird gemeldet: Ein
Geschwader van acht Flugzeugen, bestehend
aus einem Zweidecker und sieben Eindeckern unter
dem Kommando des Majors dAnnunzio hat
heute einen Flug nach Wien unternommen.
Die Flieger haben einen Weg von insgesamt 1000
Kilometern rurückgelsgt, davon 800 Kilometer über
österreichisches Gebiet. Die italienischen Flieger
starteten um 5 Uhr und kamen um 9 Uhr 20 Min.,
nachdem sie mit ungünstigen Luftverhältnissen zu
kämpfen gehabt hatten, nach Men, wo sie aus eine
Höbe von weniger als 800' Meter herabgingen und
tausende von Broschüren abwarfen. Die Bevölke-
rung in den Straßen war deutlich erkennbar. Von
Seiten der Oesterreicher wurde nichts gegen die
italienischen Flugzeuge getan. Auf der Rückreise
überflogen die Flieger die Wiener Neustadt. Graz,
Laibach und Triest. Das Geschwader, das in ge-
schlossener Formation aüfgestiegen war, behielt
diese Gruppierung auf dem ganzen Fluge bei und
kehrte um 12 Uhr 40 Minuten nach seinem Flug-
platz zurück. Ein italienischer Flieger wird v er-
mißt, es wird vermutet, daß er infolge eines
Motordesektes gezwungen war, in der Nähe der
Wiener Neustadt niederzugehen.
«NN
Wien, 11. Aug. Der Führer des gestern bei
Schwarza» niedergegangenen italienischen Flug-
zeuges wurde wenige Stunden nach seiner Lan-
dung in Gewahrsam gebracht
Die Beschießung von Paris
wurde nach Havas auch am Freitag und Samstag
fortgesetzt.
Der Petit Parisien meldet, daß die Deutschen
ein deutlich erkennbares System in der
Beschießung der Pariser Bezirke und Umgebung
hätten. Airdere Blätter bestätigen dies und er-
warten, daß - das Pariser Militärgouve-rnement
neue Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung trifft.
Das Ergebnis der viertägigen Beschießung beider
Pariser Seineufer veranlaßte neue Mahnun-
gen an die Bevölkerung, Gespräche über die
Trümmerstätten und die Opferzahl zu unterlassen.
Die finische Königsfrage
Hclsiugfors, 10. Aug. Die heutige Vollsitzung
begann abends 6 Uhr. Zur Erörterung stand der
vom Ausschuß gutgeheißene monarchische An-
trag. dis Regierung zu ersuchen, zur Vornahme
der Königs wähl auf Grund des 8 38 der al-
ten Verfassung dis erforderlichen Maßnahmen zu
treffen. Nach vierstündiger Debatte wurde ein re-
publikanischer Antrag den Monarchistischen
Antrag schlechthin zu verwerfen, mit 68 gegen 33
Stimmen ab «gelehnt, was eine runde Zwei-
drittelmehrheit für die Monarchie bedeutet. Der
monarchistische Antrag siegte schließlich mit 58 ge-
gen 44 Stimmen die einem Kompromiß zusielen,
das die Einbringung einer neuen Regierungsvor-
lage vorsah. Aufgrund des gefakten Beschlusses
wird der Landtag voraussichtlich Ende
August oder Anfang September
zu einer außerordentlichen Tagung zwecks Vor-
nahme der Königswahl einberusen wer-
den. Die ordentliche Tagung schließt morgen in
der herkömmlichen Weise mit einem Gottesdienste
ab.
Akraine und DongebieL
Kiew, 11. Aug. Zeitungsmeldunsen zufolge
unterschrieben Vertreter de» Regierung -er
Ukraine «nd des Dnngebiets am 7. August
einen Vertrag, wonach Rostow und Tagan-
rog mit Landkreis dem Don gebiet znfallen.

MZ deutsche Gesandtschaft in
Rußland
Uebersiedlung nach Pskow
Berlin, 11. Aug. Mit Rücksicht auf die Gefähr-
dung der Mitglieder der Gesandtschaft durch dis
Entwicklung der Verhältnisse in Moskau und be-
sonders die varteiosfisiellen Proklamationen
Sozialrevolutionäre über die Anwen-
dung des Terrors als Kampfmittel ist beschlos-
sen worden, die deutsche Gesandtschaf von
Moskau nach P s k o w z u v e r l e ge n. Es soll
dadurch Zwischenfällen vorgebsugt werden, die un-
ter den obwaltenden Umständen beim besten Wil-
len fast unvermeidlich erscheinen und die geeignet
sein könnten, die Beziehungen zwischen dem Deut-
schen Reiche und der Sowjet-Republik zu se«
sährden.
WTB. Berlin, 11. Aug. sAmtlich.s Staat*'
Minister Dr. Helfferich hat der Regierung LU
Sowjets mitgeteilt, daß die Entwicklung der Ver-
hältnisse in Moskau und besonders die parteiojO"
stelle Proklamation der Sozialrevolutionäre über'
die Anwendung des Terrors als KampfmiUel d--
persönliche Sicherheit der Mitglieder der Gesard'»
schäft außerordentlich gefährdet erscheinen bek-'N.
Um etwaigen Zwischenfällen vorzu-
beugen, die unter diesen Umständen beim beste''.
Willen fast unvermeidlich erscheinen unA
die geeignet sein wrden, die Beziehungen rwisch«"
dem Deutschen Reich und der Sowjetrepublik ernst-
haft zu gefährden, habe er die einstweilige UeS>»'"
siedlnng der Gesandtschaft, zusammen mit der Mit-
gliedern der Gesandtschaft an einen weniger ge-
fährdeten Ort angeordnet. Legationsrat De-
Riezler reiste seither mit den Mitgliedern der Es
sandtichaft und einem Teil der in Moskau weil«"-
den Kommission zunächst nach Petersburg ob-
Mit Rücksicht auf die Lage in Petersburg, n.cleb-
derjenigen in Mvskau ähnelt, ist die Kaiserliche
Gesandtschaft sodann angewiesen worden, zunächst
Pskow als Aufenthaltsort zu wählen. D>s
Reise dorthin findet infolge der Störung der direk-
ten Verbindung zwischen. Pskow und Peterburül
über Helsingfors und Reval statt.
* * *
Pskow, deutsch: Pleskau, liegt südlich voi»
Peipussse an der "Bahnlinie Milna—Dlinab urg^
—Petersburg.
Ankunft Helfferichs in Berlin
Berlin, 10. Aug. Staatssekretär Dr. Helfferich
ist beute in Berlin eingetroffen.
« » »
Nach kaum zehntägigem Aufenthalt kn, Moska'4
ist der deutsche Gesandte Helfferich wieder in Bei'
lin eingetroffen. Die Annahme ist wohl berechtigt
daß nicht die deutsche Regierung ihren Gesandten
von Moskau abrief — denn was hätte er nach 1»
Tagen zu berichten — sondern daß Helfferich selb"
feiner Regierung bedeutete. daß er derarkIS
wichtige Erklärungen über die Lage <»
Rußland abzugeben Habs, die sein persönliches Er-
scheinen erforderten. Nach allen Nachrichten, dis
in den letzten Tagen aus Rußland vorliegen. kam'
auch kein Zweifel mähr darüber bestehen, daß dis
Dinge in Rußland vor einer entscheiden-
den Wendung sieben und daß die Tage,
nicht zu sagen, dis Stunden der SowjetregievunS
gezählt stckd. Was aber schon öfters ausgeiü-yst
würde, muß auch hier wieder betont werden':
ist nicht ausgeschlossen, daß in letzter. Stunde st-
send ein günstiger Umstand der Regierung noch-
mals die Zügel kräftig in die Hand drückt. Ab^
ihr Sturz offenbar näher als die Möglichkeit
ihres Weiterbostebsns. Die Soevfetrsgisrung HÄ
ja augenblicklich auch mft ungeheuren Schwierig
keiten im Innern zu kämpfen. Die Hungersnot m
in Rußland bis aufs höchste gestiegen. Eine Er-
leichterung durch die neue Ernte ist noch nicht
möglich. Die Engländer und die Franzosen brdro--
hen von List Murinanküste und von Archangelsk bet
von! Norden Rußland mit ihrem Einfall, d'e tsche-
cho-slowakischen Banden rücken weiter nach Weste»
vor. die Gegenrevolution dehnt sich mehr und mM

» «»»SHNAISSSKSSK
x Niemand darf em Kind als Spielzeugs
2 behandeln. Herbart w
^KSSSASSSASSS S
Gespenster des Glücks
Roman von Alfred Maderno
(28. Fortsetzung)
Nachts. Es nützte nichts, daß Nora kn diösev
Nacht keinen Schlaf finden konnte. Daß sie ange-
strengt horchte, als ob sie das Rattern der Räder
vernehmen könne, die draußen über die Ebene da-
hiniagten. Sie jagten auch diese Nacht, doch der
Zug, der ibn. als könne es gar nicht jäh genug ge-
schehen. aus der Tiefe des Schwarzwakdes nach
Norden führte, war bereits im der Nacht Zuvor an
den Bergen von Baden-Baden vorübergebraust.
Heute war Lenrberg bereits in Berlin, bei sei-
ner Mutter, die nun niemand mehr hatte, nur
noch ihren einzigen Sohn.
Und der laß bis spät in dis Nacht hinein an der
Mutter Seite, hielt ihre weichen, müden Hände in
den seinen und ließ ihre gütigen Augen iw seins
neu« Welt voll Hoffnung und Zukunstsfreuden
blicken.
.Schreiben ließ sich das nicht, kleine Mama. Da
mußte ich schon warten, Lis ich wicd-er bei dir
wäre. Denn wenn dir dein Junge erzählen will,
welches Glück seiner harrt, dann sollst du ihm auch
in die Augen sehen können. Schön ist sie, kleine
Mama, und lieb hat sie mich; heute, nein, heute
verdiene ich es ganz gewiß noch nicht so."
Nachdenklich nickte Frau Lenzberg vor sich hin.
..Und später", flüsterte sie und streichelte lang-
sam Kurts HäUde, „später wirst du ihr diese Liebe
nicht danken können. Sie wird dich lieben wie
deine Mutter und wird aus Liebe alles schwei-
gend tragen gleich mir."
Kurt wollte keine weiche Regung auskommen
lassen. Daß seine Mutter so dachte und nicht an-
rrs dachte, konnte ihn nicht befremden; sie grollte
einmal dem Meers und fürchtete stch vor dem Be-
ruf ihres Sohnes. Doch Nora —
..Nein, liebes Mütterlein, sie wird nicht so

schwer daran tragen wie du. Sie liebt mich um
der Härte meiner Pflichten, um der Grüß« der Ge-
fahren willen, die mich begleiten, nur noch mehr
und wird mir. wenn ich Heimkehr«, kein trauriges
Eosicht zeigen und durch ein bitteres Schweigen die
Freude des -Wiedersehens nicht rauben. Sie wird
bei meiner Heimkehr nicht daran denkew. nicht die
Tage zählen, wann ich wieder fort muß; sie wird
sich freuen, daß mich die Pflicht auch immer wie-
der ihr zuvückgkbt, und in dieser Gewißheit wird
sie nicht verzagen können." ,
Deine Worte sollen wühl einen Vorwurf für
deine einsame Mutter enthalten?" fragte Frau
Lenzberg leise und beinahe ängstlich.
Nein, kleine Mama. Dich umgibt die Trauer
um den Vater wie etwas Heiliges; an dich darf
kein« solcher Worte heran. Doch eins, einsam
wirst du dich dann nicht mehr zu nennen brauchen.
Wenn wir erst in Kiel unser Heim haben werden,
dann ziehst auch du dorthin. Mich siehst du dann
öfter, und Nora wird gerne viel um dich sein,
wenn es wochenlänge Trennung -gibt."
Die Mutter nickte. An die wochenlänge Tren-
nung glaubte sie schon. Dann fragte sie und -wurde
lebhafter dabei.
..Hast du Fräulein Rademann auch schon von mir
erzählt?"
„Ihr und ihren Eltern. Mel freilich nrcht; es
ging ja alles so schnell, und auf Ja und Nein
war ich gar nicht mehr in Baden-Baden, sondern
lief aus einem Wald in den andern, wie herrlich,
Mutter, tagelang."
„Das schriebst -du. und darum rief ich -dich auch
ungern heim. Aber —"
„Kein aber! Das ist doch ganz natürlich, daß
du mich jetzt bei dir haben willst, und über sine
Woche kann ich nun auch noch Lei dir bleiben."
„Wirst du Fräulein Nadsmann vor Ablauf dei-
nes Urlaubs noch einmal sehen?"
„Das hoffe ich. und wie innig, kannst du mir
glauben. Noch ist Nora ja nicht meins Braut,
aber dennoch wissen wir, daß wir für einander be-
stimmt sind. Wenn ich sie nur nochmals sehen
dürfte, ehe ich auf die Brandenburg zurück muß.
Man weiß ja nie. wie lange cs dauern kann, bis
man wieder aus ein paar Tags heimkommt."

„Fürchtest du eine längere Reiss?"
„Fürchten, kleine Mama?"
„Verzeih'!" Frau Lensberg senkte beschämt den
Kopf. „Glaubst du, daß —"
„Ein Kommando nach Tsingtau kann uns jeden
Tag blühen."
Frau Lenrberg fragte nicht mehr.
Und Kurt setzte nachdenklich hinzu: „Gerne
würde ich Nora nochmals sehen. Das hängt na-
türlich ganz davon ab, wann die Familie nach Ber-
lin zurückkehrt."
„Ich hätte mich sehr gefreut", sprach 'Frau Lens*
berg, um nicht trüben Gedanken nachhuhän-gen,
Fräulein Rademann schon jetzt kennen zu lernen.
Das gebt nun wohl nicht?"
Kurt wußte nicht recht, was er daraus antwor-
ten sollte. Auch.ihm wäre nicht bald etwas lieber
gewesen, als Nora seiner Mütter zuzuführsn.
„Nein, nein, das seht nicht, solange ihr noch
nicht verlobt seid oder eure Verlobung nicht un-
mittelbar bevorsteht. Wir haben noch kein Recht
auf Fräulein Rademann, Wenn mir der Name der
Familie völlig unbekannt wäre, könnte ich aller-
dings darauf dringen, das Mädchen eine gute
Weile vor der Verlobung kennen zu lernen. So
aber wollen wir weder mißtrauisch noch zudring-
lich sein, Es wird sich schon alles in Ruhe uiH
Ordnung finden. Vorschnelle Freundschaft hat »och
niemals gut getan".
Kurt atmete befreit auf. als er seine Mutter
so einsichtsvoll sprechen hörte. Es würde sich, wie
sie sagte, eben alles ordnungsgemäß finden müssen.
ZU schämen brauchte er sich seiner Mutter nicht
und Frau Lenzberg wieder nicht ihres stillen
Herms. Reichtümer hatte ihnen der Vater nicht
hinterlassen, und die Pension des Gymnasial-
professors, der auf einer Studienreise tödlich ver-
unglückte, noch ehe er die Anzahl der Jahre er-
reicht hatte, die seine Witwe zum Bezug -des vol-
len Gehalts berechtigte, war auch nicht groß.-Doch
fehlte es an nichts, uns die Vornehmheit des
Hauses brauchte nicht notdürftig aufrecht erhal-
ten M werden. Uebrigens batten Noras Eltern
Las alles in Ordnung und recht gesunden.
Wenn sie fetzt nur auch rechtzeitig nach Berlin
zurückkehren wollten!
Unerwartet einsetzendes schlechtes Wetter, das

sogar den Winter wicderzubringen drohte, veran-
laßte die Familie Rademann dazu. Nora erschien
dieser Zufall von einer ihr wohlgesinnten Mach'
gesandt zu sein, und sie freute sich im stillen dar--
über, wie über ein großes Glück. Wußte sie doab
-wen sie in Berlin noch vorfand, daß sie das erste
Wiedersehen erwartete.
-Es war zugleich der zweite Abschied. Iened
auf der kleinen Waldblöße hock über dem Oostale
glich er ja nicht an wehmütiger Schönheit, aber
schön war auch er, und sie dankten es diesmal iu-
ren Eltern, die den Leutnant zu Tisch gebeiM
hatten. .-
Zu Hause! Lenzberg sah, Nora das erstemal da-
heim. „ . ,
Der Geheimrat stieß mit dem jungen Omzn-n
ans Soldatenglück und Seemanns-Heil an; Nor»
auf dreimal feste Treue.
Mächtig hallten diese Worte in Lenzberg-
Brust wider, wenn sie auch nur von innigen Blic-
ken ausgesprochen worden waren.
Tags darauf kehrte der Leutnant an Bord d"
»Brandenburg" zurück.
»Irgend ein Auslandko-mmando in Sicht?"
„Bis jetzt nichts bekannt".
„Also Dienst!"
Wuchtig drängten die Flanken der „Branden
bürg" wider die grünen Wogen der Ostsee.
(Fortsetzung folgt.)

Neues aus aller Welt
* Der preußische Landwirtschastsminister
stöhlen. Eine Verbrechergilde bat während de
großen Rennwochs in Hannover ihr Wesen S '
trieben. So wurde im Hotel Königlicher Hos dA,
in Hannover eingstroffenen preußischen LandwM'
schaftsminister v. E is en h a r d t - R o t h e
Geldbörse mit 150 M. und dem OLerrsgierungsro
Thomsen eine solche mit 300 M. gestohlen. Im L-z
tel Kasten stattete ein Dieb dem Rittmeister un^
Starter Grasen Hallwnl nachts einen Besuch "
und stahl ihm sämtliche Wertsachen. Aus br,
Rennplätze wurde einem Besucher eins solo-''
Uhr mit Kette, einem anderen 3000 M!. in Par"?
gelb gestohlen. --

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