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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.55371#0527
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getreten, und deshalb fn - das praktische in unfern Kleidern
obenan. — Das praküja e iri der Mode liegt in der Art,
wie wir es verstehen uns dem Kriege anzupassen und doch
einigermaßen Leben und Beweglichkeit in das Modebild zu
bringen, denn trotz allen Hindernissen fleht die Mode jedes
Jahr wieder anders aus, und ein neues Kleid, das man sich
aus neuem oder altem Stoffe hcrstellt, trägt immer wieder
ein anderes Gesicht als das alte. Das sehen wir auch an
unsern heutigen Modellen, die durchweg frisch und neu>
artig wirken. ' Annes Köster.

Beschreibung der Bilder.
Nr. 3863. Künstlerkleid aus gelbbraunem Wollstoff. Das
Halsloch ist rundlich ausgeschnitten und mit einem schrägen
Samtstreifen eingefaßt. Als Schärpe ist ein breiter, schräger
Streifen vom selben- Stoff lose um den Körper gelegt, was einen
sehr malerischen Eindruck hervorbringt. Schnitt unter Nr. 5865
in 46, 48, 50 cm halber Oberweite für j.kS M.
Nr. 3879- Vornehmes Gesellschaftskleid aus schwarzem
Samt und Spitzenstoff. Die Lorm ist die des immer noch be-
lebten Kittelkleides. Die durchgehende Vorderbahn und das
Rückenteil samt dem Schößchen sind aus schwarzem Samt, die
Passe mit dem angeschnittenen Aermel und der Rock streifen
in Kniehöhe aus Seide zugeschnilten, die übrigen Teile des
Kleides, so die Aermel, der untere Blusenteil und der Rock
erhielten als Material Spitzenstoss. Schnitt unter Nr. 6879
in 44, 46, 48, 62 cm halber Oberweite für j.50 M.
Nr. 6773. Kleidsames Abendkleid aus zweierlei Stoffen.
Der Kontrast zwischen dem weißen und hamn-nabraunem Woll-
stoff mit der in etwas dunklerem Tone gehaltenen Llechtlitzen-
stickerei für die Verbindungsnahte der zwei Stoffe wirkt sehr


Modenbericht.
war bringt uns die diesjährige Herbstmode? Schönes oder
Häßliches, Neues oder Schondagewesenes, Törichtes oder praktisches?
Die Antwort lautet: Sie bringt uns von allem etwas.
Die Mode ist der belebende Hauch im Kleide der Lrau. Ohne
die Mode würde Eintönigkeit, Langweiligkeit, Nüchternheit in unsern
Kleidern herrschen, noch viel mehr als es schon der Lall ist. Die
Mode schwächt den Einfluß des Krieges, der so viel Existenzen und
Leben, so viel Lrohstnn und Lebensfreude schon zertrümmert hat. Des-
halb müssen wir alle trachten die Mode zu unterstützen. Das kann ge-
fchehen, auch wenn wir an Stoffknappheit und andern Mängeln leiden.
Die Mode bringt uns dieses Jahr Schönes und Häßliches, doch
wenn wir genau untersuchen, so ist das Häßliche nur dort zu finden,
wo die Mod« ohne Verständnis getragen wird. So originell Kleider
aus mehreren Stoffen auf jugendlichen Gestalten wirken, so gesucht
sehen sie aus bei einer älteren Lrau oder bei einer brau, die von den
Grazien stiefmütterlich behandelt wurde. Ist es logisch zu sagen, daß
die Mode nur für schöne Lrauen da ist? Mit Nichten. Di« Lrau, die
nicht mit strahlender Schön-
heit begnadet wurde, muß
vorsichtiger sein in der
Wahl, dann ist die Mod«
auch für sie ein^ Jung-
brunnen. Dis Mode brinA
uns dieses Jahr Neues und
.Schondagewesenes. Das
Schondagewesene sind die
Kittelkleider, die ja in ähn-
licher Lorm schon einige
Zeit getragen werden, aber
immer wieder den Damen
gefallen. Neues erleben
wir in neuen Zusammen-
setzungen von verschiedenen
Stoffen. Neues sehen wir
Un einigen neuen Larbenund
itr Stickereien, die immer
wieder anmutig wirken.
Di« Mode brachte uns
Törichtes und praktisches,
aber Törichtes nicht allzu-
viel, denn dasTörichte kann
wirklich nicht mehr aus-
kommen angesichts des
fürchterlichen wütens des
Krieges. Dieser legt sich
wie «in wüster Nebel über
Modetorheiten, die man
früher nachsichtig belächelte.
Auch die oberflächlichste
Modedame mußte dem
Kriege, dem Ernste der Zeit
ihren Tribut zahlen, auch
an di« lustigsten, jungen
Damen ist das Leid heran-

hübsch. Blusenschnitt unter Nr. 6775 in 44, 46, 4S, 62 cm halber
Oberweite für 76 Pf. Rockschnitt unter Nr. 3675 in S6, 100, 108,
116 cm Hüftweite für l M.
Nr. 3884- Kittelkleid in panzerartigem Schnitt aus dunklem und
kariertem Wollstoff, vorder- und Hinterbahn sind durchgehend ge-
schnitten, die panzerartige Taille ist ziemlich lose und vorn viereckig
ausgeschnitten. Der aus dem karierten Stoff zugeschnittene Rock ist
am oberen Rande eingereiht und an den Panzer genäht. Schnitt unter
Nr. 5SS4 in 44, 46, 43, 52 cm halber Oberweite für j.30 M.
Nr. SSgp Hübsches Straßenkleid bestehend aus Rock und langer
Lchoßtaille. Cs kann aus drei oder vier verschiedenen Stoffen her
gestellt werden, wirkt aber trotzdem sehr kleidsam, da der Schnitt von
Rock und Jacke sehr einheitlich ist. Schnitt unter Nr. 5891 in 4V,
44, 48 cm halber Oberweite für Z.SS IN.
Kr. 8SH0. Loses Kittelkleid aus gepunktetem und glattem Papier
stoss. Der lei ^t gerundete, gereihte Rock ist durch einen hohen in Ecken
ausgsfchnitie... . Ansatz ergänzt, zu dem der glatte Stoff verwendet
wurde, vom s«lben Stoff sind die klappenverzierten Besatzteile des
Rockes und der Bluse, schnitt unter Nr. 6890 in 40, 44, 48 cm
halber Oberweite für
r.ks m.
Nr. SZgL. Sehr ge-
schmackvolles, im ganzen
geschnittenes Kleid aus
Samt und Seide. Schnitt
unter Nr. 6892 in 44, 48,
52 cm halber Gberw. für
r.80 M.
Nr. 687L. Reizendes
Jungmädchenkleid mit
Heberock aus geblumter und
glatter Seide verbunden mit
gefälteltem Mull. Schnitt
unter Nr. 6872 in 40, 42.
44, 46 cm halber Ober-
weite für j.50 M.

Die Dosenmoöt.
Unserer an ernsten
Problemen gewiß niclff
armen Zeit ist eine neue
schwere Sorge erstanden.
Die Hosensrage ist wieder
einmal ins Rollen geraten.
Aus Amerika kommt di«
Kunde, daß die Hosevon
neuem die Lrau er-
obern will, und da die
Meldung in pariser Blät-
lern bereits „sehr ernst"
genommen wird, so steht zu
erwarten,daßwirdemnächst
auf dem Potsdamer Platz
oder auf der Tauentzien-
straße der ersten Hosen-
Modedame begegnen, vor-
aussichtlich werden, aber

auch rechtzeitig Stimmen erschallen, die nicht nur aus ästhetischen,
sondern auch aus nationalen Gründen die deutsche Lrau vor
der „Entente-Mode" bewahren wollen. Diesen nun sei im
voraus verraten, daß sie sich in einem historischen Irrtum be-
finden. Denn die Lrauenhos« ist ein gut altgermanisches
Inventar, und Tacitus verbürgt uns, daß sie sich durchaus
nicht von der Männerhose unterschied, nur pflegten schon die
Damen der Germania die leichteren Stoffe zu bevorzugen. Das
lange, weite Gewand, in dein auf den Bildern pilochs u. a.
Thusnelda einherschritt, ist nicht typisch für die deutsche Lrau,
sondern ist die Tracht der Römerin, die nur die vornehmen der
Grenzgebiete angenommen hatten. Auch ist die Lrauenhofe nicht,
wie Herr poiret und die meisten Zeitgenossen annehmen, ein«
türkische oder auch nur kleinasiatische Erfindung, sondern sie
entstammt, wie alle enganliegenden Kleider, der „borealen^
Zone, das heißt den Nord- und Hochgebirgsvölkern. Ihr Ur-
sprungsland ist vermutlich die Heimat der Arier, der Iran,
von hier aus hat sie erst im Mittelalter über den ganzen Is-
lam Verbreitung gefunden, während umgekehrt der alttürkische
Weiberrock, die „Dschubba" (französisch „jupe") im vierzehnten
Jahrhundert über Spanien nach Europa kam und bis zum
heutigen Tage die Herrschaft behauptet. Uebrigens braucht sich
unsere DaMenwelt über die Anfeindungen, die die weibliche
Hosentracht bei uns erleidet, nicht zu beschweren: den Männern
ist es ehedem nicht besser ergangen. Als um die Mitte des
ersten Jahrhunderts n. Ehr. ein vornehmer Römer namens
Caecina zum ersten Male wagte, in den Straßen Roms in
Hosen einherzugehen, erhob sich ein allgemeiner Sturm der
Entrüstung; und noch drei Jahrhunderte später verbot ein ge-
strenger römischer Kaiser die Hosen als „barbarisch", viel-
leicht wird der Kampf der Lrau um die Hose weniger lange
dauern, nachdem sie sich tMKriege die Hoseutracht redlich er-
arbeitet hat R. L.

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SO—LLO kveit.
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