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J. M. Heberle (H. Lempertz' Söhne) <Köln> [Hrsg.]
Versteigerung zu Köln / J. M. Heberle (H. Lempertz' Söhne): Die freiherrlich von Zwierlein'schen Sammlungen von gebrannten Glasfenstern, Kunstsachen und Gemälden etc. etc. zu Geisenheim: Versteigerung wegen Erbtheilung den 12. bis 15. September 1887 im freiherrlich von Zwierleinschen Hofe zu Geisenheim im Rheingau — Köln, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.13398#0011
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Der Rheingau war Mitte des vorigen Jahrhunderts ein
Paradies üppiger Lebenslust. Wenn jemals der von einem Ein-
zelnen ausgehende Einfluss weltbeherrschend wurde, so ist es der
vom Roy-Soleil, von Ludwig XIV. und seinem Hof zu Versailles
in die ganze damalige gebildete Welt ausstrahlende und unwider-
stehlich in allen Gesellschaftsklassen zündende Geist üppiger
Lehenslust mit seiner Prachtentfaltung und Verschwendung, ele-
ganter Vornehmheit und seinen literarischen wie künstlerischen
Allüren: immer geistreich bei grösster Ungebundenheit.

Die rheinischen Kurfürsten gerieten in der Nachahmung dieses,
ihre finanziellen Kräfte weit übersteigenden Luxus und den damit
zusammenhängenden verschwenderischen Palastbauten innerlich und
äusserlich in französische Abhängigkeit. Von den Mainzer Kur-
fürsten, Primas der deutschen Kirche, Erzkanzler des Reiches, ging
sowol der Sinn für Literatur und Kunst, wie gesellschaftliche
Zerstreuung gleichmässig auf den Adel des Rheingaues über.
Die grossen, reichen Klöster Johannisberg und Eberbach, wie die
kleineren zu Marienthal, Marienhausen, Tiefensee u. s. w.; die
Herrensitze des alten eingesessenen Adels, der Schönborn, Greiffen-
Mau und Jngelheim, welche alle drei Mitglieder ihrer Familie den
Mainzer Stuhl besteigen sahen, sind Stätten reicher Ueberlieferung
für das Culturbild ihrer Zeit, sowol für ernste, wie für heitere
Vorgänge. Auf dem Schlosse der Schönborn zu Geisenheim war
es, wo unter Kurfürst Johann Philipp das „instrumentum pacis"
des westphälischen Friedens entworfen wurde und derselbe mit
Leibnitz an dem Werke: „Die Vereinigung der katholischen und
evangelischen Kirche" arbeitete. — Schon im XV. Jahrb.. hatten
die Mönche von Marienthal eine Buchdruckerei errichtet, deren
Erzeugnisse zu den grössten Seltenheiten gehören. Der Regel
und dem Einfluss des von Bernhard v. Clairvaux, gelegentlich seiner
Rheinreise (1131) umgestalteten Klosters Eberbach unterwarfen sich
 
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