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J. M. Heberle (H. Lempertz' Söhne) [Editor]
Versteigerung zu Köln / J. M. Heberle (H. Lempertz' Söhne): Collection Bourgeois Frères: Katalog der Gemälde ; Gemälde von Meistern des XIV. bis XVIII. Jahrhunderts ; Gemälde, Zeichnungen etc. neuzeitiger Meister ; Versteigerung zu Köln bei J. M. Heberle (H. Lempertz' Söhne), 27., 28. und 29. Oktober 1904 — Köln, 1904

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.21494#0012
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Von großem Vorteile ist diese Eigenschaft bei den Gruppenbildern,
als deren Vertreter ich die Grablegung Christi von SANDRO BOTTICELLI
und die Kreuzabnahme von LORENZO LOTTO anführen möchte. Erstere
ist in Komposition gleich dem bekannten Bilde des Meisters in Mailand,
Museo Poldi-Pezzoli, in Farbenpracht und Ausführung jedoch fast
höher anzusetzen.

Bei letzterem ist neben dem Farbenreichtum die charakteristische
Auffassung der einzelnen Persönlichkeiten von besonderem Wert.

Diese Fähigkeit hatte sich namentlich durch die Porträtkunst ent-
wickelt, die in jenen Tagen bereits auf eine erhebliche Höhe gestiegen
war. Sie vertritt hier in würdiger Weise unter anderen BARTOLOMMEO
VENETO mit einem männlichen Bildnis und BRONZINO mit einer in
leuchtenden Farben wiedergegebenen Frauenbüste und vor allem
SEBASTIAN0 DEL PIOMBO mit zwei weiblichen Porträts, die von ihrem
ursprünglichem Platze im Palazzo Bandini zu Rom sofort den Weg in
unsere Sammlung nahmen. Sie veranschaulichen uns zwei ganz ver-
schiedene Charaktere aus wildbewegter, großer Zeit. Hier Vittoria
Colonna, die feinsinnige Freundin Michelangelos, dort die stolze
Fürstin Katharina Sforza in farbenprächtiger Kleidung als hl.
Katharina dargestellt, jene männlich denkende Frau, die lieber ihren
eigenen Sohn opferte, als von ihren stolzen Plänen abwich. Welcher
Gegensatz in Charakter und Auffassung der Personen und dennoch
jedes ein würdiges und passendes Gegenstück zum andern!

Aber selbst mit diesen Meisterwerken der italienischen Porträtkunst
vermögen die Bildnisse der Künstler der übrigen europäischen Schulen
in edlen Wettkampf zu treten. In ihren Reihen fällt besonders ein
Doppelporträt des großen Spaniers DIEGO DE SILVA Y VELAZQUEZ
und des besten Rubensschülers ANTHONIE VAN D YCK auf.

Ersteres führt uns in der fein empfindenden Art des Meisters die
Infantin Margarita Maria vor Augen, die zarten Formen des lieblichen
Kinder ge sichts in meisterhafter Weise durch die energischen, fast ab-
schreckend häßlichen Züge der ihr als Erzieherin beigegebenen Zwergin
Maria Bärbola gehoben.

Letzteres Bild, augenblicklich auf Wunsch der Kommission in der
Kunstausstellung zu Düsseldorf, verewigt die Züge des großen Ant-
werpener Kunstmäcens Rockox. Energisch in der Auffassung, in Einzel-
heiten, so namentlich in der zarten weichen Durchbildung der Hände
schon die spätere, oft süßliche Art des Meisters verratend und daher
wohl noch in oder kurze Zeit nach van Dycks Tätigkeit im Rubensschen
Atelier anzusetzen.
 
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