Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann: Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann — 1886

DOI Heft:
Nr. 161 - Nr. 170 (14. Juli - 24. Juli)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.42545#0535
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Sideint täglich, Sonntag8 au8ge-

ra Preis moratlich 20 Pſg.

Ölatt em Illuſtrierten Unterhaltungs⸗

Sta 32 Pig. — Wird in der ganzen

dt verteilt und an den Siraßen-
ecken angeſchlagen.



















Alle Zuſendungen werden franko
erbeten.

Für die Aufnahme von Anzeigen

an beſtimmt vorgeſchriebenen Tagen,

wird keine Verantwortlichkeit über—
nommen.



Ar. 170.

N d Reviſion der Muſeums-Bibliothek
det diejes Mal am Montag, Den 26.,
de enstag, den 27. und Mittwod,
den 28, D, MIS., jeweils von 3 bis
ya Ahr ftott und find Jämtlihe Bücher
ͤrend der oben angegebenen Stunden
Ne Ausnahme abzuliefern.
we Ridt zurüdgebradte Bücher
den auf Koſten der Säumigen

abgeholt.
Der Bibliokhek-Schretär.

— —
Heidelberger Schach-Club.

h Jeden Mittwoch und Sams—
tag abend

Spiel-Abend.
x Gäſte ſind willkommen.
Sterbekaffen-Yerein Germania.

Sonntag, den 25. d. M. findet der
Projettierte : .







N Ausflug

det Die verehrl. Mitglieder nebft Familien

en Hierzu freundlichft eingeladen. Zu-

een funft in der Aktienbrauerei, Haupt-

Yüße 115, Abgang präcis Halb 2 Nhr.
Der Borftand.

„„... Kapitalien
* erſtes Unterpfand in Liegenſchaften
Arden fortwährend, jedoch nicht unter
00 Mark, audgelichen von der
argeſellſchaft für Landge—
einden in Heidelberg und
Men Verlagſcheine im Haufe der:
N ben, Atadımieftraße Nr. 4, ein:
Ereicht werden.

Bekanntmachung.

Y Die Erneuerung der Pfänder vom Monat

dember 1885 von Nr. 48,994 bi8 mit

biz 50,258 hat in der Zeit vom 26, Juli
6. Auguft 1. J. flattzufinden.
Beidelberg, den 22. Juli 1886.

, Städt. Seihaus-Derwaltung,
Sitgenfhafts -Herfeigerung.

mig Süfolge Antrags der Beteiligten und
Dis obervormundſchaftlicher Genehmigung
und das dem Kaufmann Friedrich Goo8
ba dem minderjährigen Heinr. Kohl⸗
nmer hier vnabgeteilt gemeinſchaftlich
rige Grundftück:
abi Ar 71 qm. Bauplcg im Knittel,
Arasden der alten und neuen Bergheimer-
en0°, begrenzt: gegen Often H. Rott Wwe.,
rn Weiten Gebr. Gamber, vorn die neue,
en die alte Bergheimerfiraße, am
ontag, den 26. Juli I J.,
Wu} mn mittags @ Uhr .
fe} meinem Geſchäſtszimmer öffentlich ver⸗
abert und endgiltig zugeſchlägen, wenn
daja erlag von Me. 6000 oder mehr
* geboten wird.
eidelberg, den 5. Juli 1886.

Winter,
N Mb rar nn

IIWI
Rohrbacherſtraße 16.
Weg iehle einen guten Ueberrheiner
—8 N, das Viertel zu 12 Pfg. ſowie
tel Sorten, wie bekannt, zu den billigften
Und ſen ſowie verſchiedene Sorten Kuchen
einbäckerei⸗Waren.
Leh.

Tg SOlide Arbeiter fönnen oft erhalten, Nähe:
urengaſſe 16. 1. Stoc,

Um des Mammons willen.
Roman von W. Höffer.

(35. Fortſetzung.)
Beyer a8 iſt Ihnen?“ rief Matthias. „Fräulein
Jollten Sie mehr wiſſen, als ich Jelbft, dann —“
nichtg ein, nein,“ unterbrach fie ihn, „ih. weiß
date Or nichts, Sprachen Sie von diefem Berz
; on mit dem Herrn Iuftizrat 2“

Mich atthias ſchüttelie den Kopf. „Ich kann es
Süße tt Mich ‚gewinnen, Fräulein Weber. Die
Minſt zu delicater Natur, — ſoll die öffentliche
Über us den armen Krafit nod im Grabe richten,
enem m den verheirateten Mann, herfallen mit
bſ deggendeifer der den Nächſten zerfleiſcht, um
Ände N erhabener, deſto ſittenreiner dazuſtehen ? Ich
dieſ fi t den Mut, irgend einem Menfchen Über
x Hratige Angelegenheit Mitteilung zu machen,“
dig niq Sta jah ihn an. „Dahinter ftedt, wenn
wahr Öt alles täufcht, noch ein „Aber“ — nicht

„Der Graf?“
Außer I Nachſab 1“ viefer. „Nur die beiden Worte:

Ihnen!“

die nn ich ſollte in diefer Angelegenheit für Sie
Oyajau Seh Erfundigungen einzuziehen juchen, Herr

Ach 25
* Fr
t
Celia und ſchön, von rührender, unäusſprechlicher
waheeit fie iſt unglücich e8 würde Ihnen Leicht
5 „Si T ganzes Vertrauen zu gewinnen.“
derr dhn alſo ſelbſt dieſe Bekanntſchaft gemacht,
Verf le Nöte traf auf feine Stirn, „Night ich,“
vl Qefe °t haftig. „Meine Schwägerin hat fie ein:
9 ee — ad, Fräulein Weber, id wil Ihnen
er dies € fagen. G8 gab einen jungen Sigeuner,
Oräfin Mädchen liebte, aus Siferfucht hat er die
Könnte zu der im Sebirge verftecten Hütte geführt.
Ston Nicht der Mörder fein?“

nziska ließ die Hände in den Schoß finken,















48 war e8, um was ih Sie bitten wollte.
Aulein Weber, wenn e8 Ihnen gelänge, bis


Samstag, den 24, Iuli

1886.



Mistorischer Festzug.

Karten für nummerierte Sitzplätze auf den vom Festzugs-Ausschuss er-
richteten Tribünen sind zum Preise von vier, sechs, acht und zehn Mark in
der Köster’schen Buchhandlung zu haben; ebendaselbst das Programm mit
Orientirungsplan etc. für 20 Pfg.

Der Festzugs= Ausschuss.
NB, Die Karten für die vorgemerkten Plätze können abgeholt werden in der
Köster’schen Buchhandlung.

5 Concordia.
Sonntag, den 25. d. M. findet das

Waldfest

beim Gaigberg: Turm {tatt, wozu die Mitglieder nebft Familien freundlichſt einladet
Der Vorstand.










Heute früh entschlief nach langen und schweren
Leiden, im Alter von 68 Jahren,

Frau Hofrat Sophie Weil.

Im Namen der trauernden Hinterbliebenen:
Der Gatte:

Hofrat Weil.

Heidelberg, den 23, Juli 1886.
Die Beerdigung findet Sonntag früh, 9 Uhr, statt.













Flaschenbier
empfiehlt

Th. Rapp, Brauerei 3. ſchwarzen Schiff.

Th. Krafft, Juwelier und Goldschmied,
Heidelberg, Hauptstrasse 26.
£ager in Uhren, Juwelen, Bold», Silber: und Akfenidewaren

zu billigen aber festen Preisen.
Atelier für Reparatur, Vergoldung und Versilberung. '_
Einkauf von antiken Schmucksachen, Münzen, Juwelen, altem Gold und Silber
zu den höchsten Preisen.

Fahnen

A und Buammenfiellung empfiehlt die Niederlage der Kölner Fahnen:
Gebr. Berner in Heidelberg.
Flaſ denbier (Mindener Brauat!)
Bierbrauerei zur Krone in Neuenheim.,

Wasserechte, waschechte Fahnen

von Marineflaggentuch, Dekorationsfähnchen, Wappenschilder, Transparente,
Inschriften, Lampions ete.

Bonner Fahnenfabrik, Bonn aſRh.
Alleinige Niederlage für Heidelberg bei

Rh. Zimmermann.

Reichhaltige Preisverzeichnisse gratis,

Ernstihaler Flaschenbier-Niederlage,

— Krämergasse 13.
neuche 50cm Dentſche und Wiener Silzhüte una Becifen,

feſten Preiſen,
ſowie Cylinderhüte und Jubiläumshüte empfiehlt

Gg. Stachel. Hauptſtraße 35.

Zu u. AM. z. Auſetzen, Dei Zu verkaufen billig ein gut erbaltenes Kin⸗
Kornbranntwein Fri Werner, per 21601000 au Cinrigtung, Rlödftrafe 63.









„Nein,“ flüfterte fie ftodend, „nein, davon darf Nie: mein Beicdhtvater, mein Abvocat, meine Freundin,
mand etwas erfahren, nicht einmal der Yuftizrat,“ ; alles zugleidh. Ih werde Ihnen danken, {o lange
„Sehen fie wohl! — Ach, meine Freundin,‘ ih atme.“

Die Rafle der Mufeums-Actien-Gefellfchaft

in Heidelberg.
Die auf den 1. X, M. verfallenden und die früheren, bis jeßt aber
noch nicht eingelieferten Coupon? des Gefelljhafts:Anlehenz vom Jahre 1878,
ſowie die BGereit3 auf den 1. Februar d. I. zur Heimzahlung gekündigte
Obligation Nr. 231 Können

Samstag, den 24, und Montag, den 26, d, M.,
jeweils mittags 12—1 Ahr

im Direktion3: Zimmer des Mufjeums umgewechfelt werden.
Heidelberg, den 22. Iuli 1886.

Die ſtädtiſche Sparkaſſe Heidelberg

giebt Darleihen auf erſtes vorſchriftsmäßiges Unterpfand in Liegenſchaften
und wollen Verlagſcheine auf dem Bureau der ftädtijdhen Spar:
kaſſe — Rathaus 3. Stock — abgegeben werden.

Der Verwaltungsrat.

Heidelberger Liederkranz.

Wir beabſichtigen in dem Vorgarten unſerer, an der Bienenſtraße
gelegenen Lokalitäten zur Beſichtigung des Feſtzuges, Sitzplätze zu errichten
uͤnd würden wir bei genügender Beteiligung ſolche an unſere Mitglieder
à Mk. 3.60, an Nichtmitglieder à Mk. 4.— der Reihe nach, wie die
Anmeldung erfolgt, abgeben.

Reflektanten belieben ſich, Hauptſtraße 185, im Eckladen vormerken

Der Vorstand.

Aünchener Kindl-Bräu.

Cafe Vogelsberger.





Reichhaltige Speisekarte
F. Schaefer.

Restauration Goldener Römer.

Heute Anstich
frischer Sendung Hacker-Bräu.
Jür das bevorſtehende Jubiläumsfeſt

empfiehlt



empfehle:
Bordeauxz-Weine, garantiert rein, von Mi. 1.— an per Flaſche,
Rhein⸗ ” „ ” ” ” 0.70 ” ” ”
Pfälzer ” ” ” ” ” 0.60 ” ” ”
Moſel⸗ n „ 2 080 non J
1878er Stein⸗Wein, Boxbeutel von J. Oppmann, Würzburg, i 8.80, 190.
Jubiläums·Sect von J. Oppmann, per Flaſche Mk.3. —
Deulſcher n n ” J 2.80 an,
N Moſel Wouſſeur n n — 1a ME. 2*

Franzöſ. Champagner von E. Mercier &Cie., — —
öl 5 p hot & Chanden | Gpeenad, von ME. 3,50, 4,50, 5,— bi8 6.
ferner: Schinken mit und ohne Knochen, Zungen, italien. Salami, Göttinger,
Gothaer, Braunſchweiger Cervelat- und Salami-Wurſt, Hummern, Oel-Sardinen,
Anchovis, alle Sorten Gemüſe, Compote, Thee, Chocolade, Cacao, feine Deſſert—
Bonbons ꝛc. ꝛc.

Meine geehrte Kundſchaft erſuche höfl. um fruhzeitige Beſtellung, um allen
Wünſchen Rechnung tragen zu können.

C. T. Walker, Hauptſtraße 52.
Jubiläumsbetten.

Eiſerne Betkladen, Seegras-⸗Matratze und Kopfpolſter, Kiſſen mit guten Federn
und rotwollene Bettdecke, zuſammen für 25 Mk., ferner Waſch- und Nachttiſche, ſowie
Spiegel empfehlen in großer Auswahl

Hauptſtraße 79 Jos. Reis Söhne, Hauptſtraße 19.
kreiben Ich kann, ich will nicht länger an dieſem

Orte leben. Matthias, mein Daſein iſt das der
Verdammten, ich leide Folterqualen, mehr als Du weißt,



Verbrehen begangen, doch zum offenen Seftänd-
niſſe der Mut fehlt.
So würde e& auch ihm ergehen, ganz fo. Um


meine legte einzige Vertraute, wenn Sie das Mädchen
auffuchen wollten !“

Ein Kopfnicken antwortete ihm, „Morgen, Herr
Graf, -— der Sonntag gehört mir, ih will Ihnen
jede Stunde desjelben {henken,“

„Laſſen Sie mich Ihre Hand küſſen, Franziska,
— Sie ſind ein Engel.“

„Behüte! Die Engel fertigen nie Weißſtickereien,
meine Hände aber müſſen ſich fleißig dazuhalten.
Leſen Sie mir vor, oder erzählen Sie etwas.“

„Nein, lieber ſagen Sie mir heute, gerade jetzt
in dieſer Stunde, weshalb Sie die Stellung bei
| meiner Schwägerin {o plöglih aufgaben. Ih habe
;nie gewagt, Sie zu fragen, Fräulein Weber, aus
| Furcht, daß vielleicht gegen Sie eine Ranküne ver—
| übt fein Fönnte. Ohne Zweifel wurden Sie entlaffen
jener Affaire wegen, als — —“



Er unterbrach fih felbft. „Und bei alledem freut
es mich in jeder Stunde, daß Sie Hörten, was damals
zwifchen mir und meiner Schwägerin gefprochen
; wurde, Fräulein Weber! Sie wijjen wenigſtens, daß
ich kein Schurke bin, Sie können mich nicht verach—
ten! — Sagen Sie es mir, hat die Gräfin —

„Nein. Die gnädige Frau ſprach mit mir kein
einziges Wort mehr. Es war Ihr Herr Vater, der
einer ganz anderen Veranlaſſung wegen in Zorn
| geriet.“

Und nun erzählte Sie ihın ANes, „Sie fragten
mid, Herr Graf, Sie mußten natürlich wünſchen,
jetzt, nach ſo langer Zeit, einmal zu erfahren, wes—
halb ich überhaupt in den Garten gegangen war,
— nicht weniger treibt e& mich, den Gedanken an —“

„Spionage, wollten Sie doc jagen, nicht wahr,
Fräulein Weber? Sie nahmen aljo wirklich an, id
fönnte von Ihnen etwas dergleidhen glauben ?“

Und nun erhafdhte er doch ihre Hand. „Cs
ift gut, daß wir ung endlidh einmal ganz und gar
gegen einander ausge[prodhen haben, Fräulein Weber,
Sept giebt e8 Feine SGeheimnifjje mehr, — Sie find





„Und,“ feßte er bittend hinzu, „morgen fahren
Sie nad Holingen ?“

„Ich habe es Ihnen verſprochen.“

Während die Schatten tiefer und tiefer herab—
ſanken, graue Schleier um den alten Mauerwinkel
und den Balkon webend, verabredeten die jungen
Leute tauſend Einzelheiten, tauſend Pläne und Fragen,
die derjenigen vorgelegt werden ſollten, über deren
einſames, zeichenloſes Grab auf weiter Haide längſt
ſchon der Herbſtwind wehte, — das ſind die Vor—
ſätze, die Hoffnungen der Menſchen!

Am andern Morgen in aller Frühe, faſt ehe
noch der Tag ſo recht begonnen hatte, ſtand Fran:
ziska ſchon reiſefertig am Fenſter und verabſchiedete
fich von dem Lieutenant, der ihr ſagte, daß dieſer
Sonntag der längſte ſeines Lebens ſein werde. Als
ſie den Fenſterflügel ſchloß, ſchien ihm ein Schatten
über das Antlitz der Sonne zu fliegen.

Und doch hatte gerade das heute für ihn eine
Ueberraſchung aufgeſpart. Briefe durfte er ja em—
pfangen, der Poſtbote brachte ſie ihm häufig, an
dieſem Morgen aber einen, bei deſſen Anblick ſein
Herz mit ſchnelleren Schlägen klopfte. Juliska's
zierliche Handſchrift!

Sonderbar, — das erſte, was er empfand, war
eine Freude über die zufällige Abweſenheit ſeiner
jungen Nachbarin. Sie ſollte dies duftende Billet
nicht ſehen, von dem Inhalte deſſelben nichts erfahren.

Seit er gefangen war und die Briefe, welche
er ſchrieb, offen durch die Hände des Commandeurs
gelangen mußten, hatte natürlich Juliska von ihm
fein Lebenszeichen erhalten uud au felbft nicht
geſchrieben, — und daß ſie es heute that, mußte
jedenfall feine befonderen Gründe Haben. Haftig
rip. Matthias das Couvert herab.

„Triumph“ fchrieb die junge Frau, „Triumph,
Geliebter, endlich ſtehen wir am Ziel! IH habe
jet Geld, wir fliehen, Du mußt einwilligen oder
Du mußt mid dem Wahnfinn in die offenen Arme

als Du zu ahnen vermöchteft. Aber Deinetwegen, alles,
alles — ih lache nur, denke ich der Hindernifje, die das
Leben zwifhen Did und mich werfen möchte. Du
bift nicht bewacht, Fein Auge beobachtet Deine Schritte,
fie halten DiH durch einen Schatten, ein Nichts
gefeſſelt, — die Thoren! Was iſt das ſogenannte
Ehrenwort gegen den Lockruf des Glückes! Komm,
Matthias, heute abend um 10 Uhr wartet ein ver⸗
ſchloſſener Wagen an der Ecke des Marktes und
der Wallpromenade, — darin findeſt Du mich. Meine
Juwelen haben uns den Weg geebnet, binnen fünf
Tagen ſind wir in London und dort ſicher. Ohne—
dies wirſt Du freigeſprochen, Matthias, ſie können
Dir nichts beweiſen. Ha, ha, ha, um ein Lächeln,
einen bedeutſamen Blick von mir würde der vortreff—
liche Obriſt ſein Seelenheil dahingeben, — wie viel
leichter alſo verrät er, was ihm der Auditeur erzählt.
Du wirſt freigeſprochen, Matthias, — nimm daher
Dein gutes Recht um ein paar Tage zu früh, ſchneide
Deine Halme grün, wer darf Dir dreinreden. Heute
abend, wenn es zehn ſchlägt und Du biſt uicht an
der Ecke der Wallpromenade, dann bricht mein Herz
— dann geſchieht Schreckliches!

Mit Liebesgrüßen Deine Juliska.“

Es war nicht das Ausſehen eines Verliebten,
eines Slüchlichen, das des Grafen Matthias. Bleicher
und. immer bleicher werdend, ftarrte fein Auge unver:
wandt auf eine beftimmte Zeile des Briefes, eine
einzige, als jet der Übrige Inhalt für ihn nicht vor-
handen.

„Ohnedies wirft Du freige[prodhen, Matthias,
fie fönnen Dir nichts beweifen 1“

Darum alfo, darum? Weil e& an Beweifjen
fehlte, Auch der Straßenräuber muß freigefprochen
werben, wenn niemand ihn mit Sicherheit zu Über:
führen vermag, aber doch weiß die ganze Welt,
daß er den arglofen Wanderer erfhlug, nur um



deſſen Beſitz an ſich zu bringen, doch {ft er gerade



um fo tiefer verachtet, weil ihn, nadjdem er das

das Sut des Gemorbeten an fihH zu bringen, tauchte
er die Hände in deffen Blut, — alle Welt wußte es,

Ein Seufzer, faſt ein Aechzen hob ſeine Bruſt.
„Nein, Kuliska, feine Flucht, und lägen alle Erden:
{Häße offen am Wege, wäre alleS mein, was je ein
Menſch begehrte, — feine Flucht. IH will hier
bleiben, gerade hier, id will forſchen, ſuchen und
müßte iQ Himmel und Hölle in Bewegung feben,
um den Schuldigen zu entlarven.“

Er zerfnitterte das Blatt in der Hand und
jaß wieder grübelnd, arollend, mit fig und dem
Leben zerfallen, wie früher, ehe Franziska fam, um
mit ihrer Janften Stimme Troft in {ein verbittertes
Herz zu bringen. Er zählte die Stunden, bis fie
zurüdfommen mußte, fieberhaft unruhig, oft nahe
daran, den Maßftab für Wirklihes und Singebil-
detes volljtändig zu verlieren. Alles Warten ift aufs
reibend, aber das thatloſe Harren eines Gefangenen
iſt Folterqual.

Die Nacht ſank herab, Licht und Schatten floſſen
zuſammen in dichte undurchdringliche Finſternis, ein
feiner ſtäubender Negen rieſelte unaufhörlich vom
Himmel und einzelne Windſtöße fuhren kalt und
unheimlich durch die Luft. Schon um neun Uhr
hätte Franziska zurück ſein können, jetzt gegen zehn,
war immer noch ihr Fenſter dunkel. Wie oft er
auch hinüberſpähte, — kein Lichtſtrahl erhellte die
Scheiben.

Von Viertelſtunde zu Viertelſtunde wuchs die
Unruhe des Gefangenen. DO, dies qualvolle, ent:
ſetzliche Alleinſein, wie es folterte!

In jeder Minute ſah er auf die Uhr. Als das
Schlagwerk aushob und die zehnte Stunde verkündete,
da ging durch alle ſeine Adern ein Schauer. Jetzt
hielt an der Ecke des Marktes jener Wagen und
Juliska wartete.

(Fortſetzung folgt.)


 
Annotationen