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Heidelberger Beobachter: Kampfblatt der Nationalsozialisten für Odenwald und Bauland (1 (Januar-August)) — 1931

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Nr. 1 - Nr. 9 (3. Januar - 31. Januar)
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monatlich RM. 1.20
24. Januar 1931 Einzelnummer 20 Pfg.

Jahrg. 1 / Nr. 7

HEIDETBERGER -

„greibeit ımd Brot *”

BEOBACHTER

S * — 2 — —
Verlag: HEIDELBERGER BEOBACHTER, HEIDELBERG. 3, Fernzuf 86. — VERBREITUNGSGEBIET / —
Postscheckkonto: Karlsruhe Bankkonto: Otto Wetzel. Vereinsbank — — * 7 2 ——
Schriftleitung: Heidelberg. Marktplatz 3 W 7 z⸗ C /
Erscheint wöchentlich 2 mal Mittwochs und samstass — — 2 *
Anzeigenpreis:Die 8 gespaltene Millimeter-Anzeigenzeile 10Pfg. wiedernomnesrabaut nach G 7 ü— e BUCHEN
besonderem. Tarii 8 * 7*

Erfülungsort und Gerichtsstand. Heidelberg

Bres Austall de- Lieterung ınfolge höherer Gewalt, Betriebsstörung, streis usw Dbestebt
kein”’Anspruch auf Nachlieferung

7 7
* HEIDELBERG * —2
———2— —



— —— ? —

2——

atkavsettte OTTO WETZEL

"KAMPFBLATT DER HEIDELBERCER NATIONALSOZIALIS D

der Gummiknüppel über heidelberg.

Polizei mißhandelt gefeſſelten SA.-Mann.
Remmele und Athenſtaedt im Kampf gegen die Studenten.

Die Ereigniſſe auf dem Univerſitaͤts-
platz am letzten Mittwoch ſind ein Be-
veis für die geradezu beiſpielloſe Roh-
heit der Heidelberger Polizei. Herr
Athenſtaedt, Herr Walther und Herr
Stoll ſcheinen der Brutalität der roten
Polizei anderer Städte nicht mehr nach-
ſtehen zu wollen.

Das Kultusminiſterium löſt aus
parteipolitiſchen Gründen den Heidel-
berger Aſta auf. Aus Angſt vor einer
Neuwahl, die ſicher niemals die von
Heren Remmele gewünſchte marxi-
ſtiſche Mehrheit bringen wird, verbietet
der Herr Miniſter überhaupt jede Neu-
beſetzung. Niemand durfte erwarten,
daß die Studentenſchaft dieſe Heraus-
forderung widerſpruchslos hinnehmen
würde.

Die Proteſtkundgebung am Mittwoch
nachmittag verlief in muſtergültiger
difziplin bis zu dem Augenblick des
Eingreifens der Polizei. Wir ſtellen
ausdrücklich feſt, daß le diglich durch
die Provotation der Polizei die
Unruhen hervorgerufen wurden.

Die Korporationen, die Freiſtudenten
und ein großer Teil der Heidelberger
Bevölkerung, zuſammen weit über 1000
Perſonen, hatten ſich um 4 Uhr auf dem
Univerſitätsplatz eingefunden, als Pg.
Dr. Abendroth das Wort zu einer kurzen
Anſprache ergriff: .

„Niemals wird ſich zie Studenten-
ſchaft dem kleinen Melernich in
Karlsruhe beugen. Sie wirb bewei-
ſen, daß ſie auch ohne ſtaatliche Aner-
kennung poſitive Arbeit leiſten kann!
Trotzig brauſte der alte Geſang, Bur-


lied“ über den Univerſitätsplatz. Heil-
rufe auf das deutſche Vaterland und
auf Adolf Hitler, den Führer des kom-
menden Reiches ertönten.

Ein Teil der Korporationen war ge-
rade im Begriff wieder abzuziehen, als
die Polizei auf ein plötzliches Kom-
mando wie irrſinnig mit geſchwunge-
nem Gummiknüppel auf die Bevölke-
rung ſturzte. Eine alte Frau brach
viehiſch verprügelt unter den
Schlägen eines „Volkspoliziſten“ zuz


auf die Frau eingeſchlagen, daß der
republikaniſche Gummiknüppel in tücke
zerſprang. (Falls Sie dieſe Tatſachen
bemänteln wollen, Herr Athenſtaedt,
ſtehen genügend Zeugen zur Verfü-
gung)

Der Hetzer zum ſinnloſen Zuſchlagen
war der Kriminaloberinſpettor Stoll,
der ungefähr folgendes den Beamten
zurief:

„Wozu habt Ihr denn Eure
Gummiknüppel, ſchlagt doch
feſte zu“!

Mancher anſtändige Beamte, dem
man anſah, wie peinlich ihm dieſer
Befehl war, möge ſich dieſen Herrn Stoll
genau merken.

Stundenlang wurde auf dem Uni-
verſitätsplatz und in den angrenzenden
Straßen ſinnlos und gemein auf Befehl
einzelner beſonders roter Beamter ge-
prügelt. Gegen Abend rückten mehrere
Wagen neuer Bereitſchaftspolizei an.
Durch ihre Maſſe zu neuen Taten er-
mutigt, drangen die Poliziſten wider-
rechtlich in die Räume der Univerſität
ein und ſchlugen in den Gängen die zu
den Kollegs gehenden Studenten zu-
ſammen. Der Hausmeiſter Bauſt, der
ſich ebenfalls in der Univerſität aufhielt,
wurde einfach niedergeknüppelt. Er
brach zuſammen und mußte fort-
getragen werden. Vor dem Portal
ſtanden mehrere Beamte Spalier und
jeder von innen herausgetriebene Stu-
dent mußte Spießruten laufen unter
der Reihe der ihm auf Kopf und Nacken
niederſauſenden Schläge.

Die Brutalität ging ſogar ſoweit, daß
Beamte, die einen SA.Mann feſt-


taͤchtigſten Art und Weiſe gefeſſelt
hatlen dieſen ſo wehrlos gemachtenmoch
auf dent Wege zur Wache (wahrſchein-
lich auch au Wunſch des Herrn Stolh
mit dem Summtifnüppel bearbeiteten.
Selbſt auf der Wache ſchamte ſich dieſe
Geſellſchaft nicht, den Gefeſſelten zu
mißhandeln. *

Bezeidhnend war übrigen? der plöß-
liche Befehl, jeden Photdilparat zU
beſchlaguaͤhmen. Ohne gefeßlid;” DanDd-
habe jtürzten die Beamten auf d7® ein

zelnen Photographen und vernichteten
ihnen die aufgenommenen Platten. Mit
Gewalt wollte man alſo die dokumen-
tariſche Feſthaltung der Gummiknüppel-
attaken verhindern. (Uns iſt es ſelbſt-
verſtändlich trotzdem gelungen, eine
größere Anzahl Bilder ſicherzuſtellen)

Die Rede des Rektors gegen 6 Uhr
abends in der Aula war ein Muſter-
beiſpiel bürgerlicher Unklarheit und
mangelnder Entſchloſſenheit. Ent-
weder ſtellt ſich der Rektor auf die Seite


Juden Gumbel gegen die Studenten.
Etwas anderes gibt es in dieſem Augen-
blick nicht. Es gehört ſchon allerhand
dazu, wie es der Rektor in ſeiner Rede
geian hat, den vom Miniſterium derart
herausgeforderten Studenten ſchwere
Fehler vorzuwerfen, und ihnen die Be-
ſonnenheit abzuſprechen. Die Stu-
dentenſchaft will keine ſchönen Worte,
ſondern klare Entſcheidung, Herr Rektor.
Im übrigen fragen wir die Profeſſoren-
ſchaft, was ſie dagegen zu unternehmen
gedenkt, daß zwei Kriminalbeamte auf
der Empore die Verſammlung in der
Aula beſpitzelten. Oder ſollte man mit
dieſer polizeilichen Bebormundung ein-
verſtanden ſein?

Erſt in den ſpäten Abendſtunden trat
wieder etwas Ruhe ein. Die Erregung
der Heidelberger Bevölkerung und der
Studentenſchaft wird aber fortdauern,
bis diejenigen Beamten und verant-
wortlichen Stellen, die die Schuld an
den Zuſammenſtößen tragen, gemaß-


der Studentenſchaft und der Bevölke-
rung entſchuldigt haben. Wir fordern
ſofortige Unterſuchung dieſer polizei-
lichen Ausſchreitungen. w.

*

Berichte
von Augenzeugen.

Man mag zu den Vorgängen an un-
ſeret Uniwerfitaͤt ſtehen, wie man will,
wer aber — wie ich — zufällig Augen-
Ees des Sturmangriffs der Polizei auf

ie Menſchenanſammlung auf dem Uni-
verfitätsplaB war, dem ſteigt die Scham-

röte ins Geſicht, darüber, daß ſo etwas
in Deulſchland / in Baden, in der Univer-
8 Heidelberg, überhaupt möglich
iſt.

Was iſt geſchehen? Eine Anzahl Stu- '
denten proteſtiert vor der Univerfität
gegen die Anordnungen des Miniſte-
riums. Ich komme als Paſſant von der
Hauptſtraße gerade dazu, wie ein halbes
Dugend Polizeibeamte unter Führung
eines hefiig geſtikulierenden Polizeileut-
nants, wie loͤsgelaſſene Wölfe, wahllos
auf die Menſchenmenge mit dem Gum-
miknüppel einhaut. ;

Ich ſehe eine alte Fran ſtürzen, an-
dere über ſie hinweg, ich ſehe, wie ein
Arbeitet, am Bürgerſteig der Graben-
gaſſe von einem wütenden Polizeibeam-
fen den Knüppel ins Genick bekommk.

Mir ſteigt der Ekel hoch ob dieſes
menſchenuͤnwürdigen Gebahrens. Ich
habe die Spartahiſtenkämpfe in Berlin
und Thüringen mitgemacht, aber ſo hat
keiner unſerer Leuie die Nerven ver-
loren.

Ein ehemaliger Landesjägerleutnant.

*

Ich fuhr in die Stadt und ſtieg am
UniverfitätsplaB aus der Straßenbahn.
Auf der Straße geriet ich in ein Ge-
draͤnge und ehẽ ich noch hegreifen konnte,
was hier vor ſich ging ſah ich die Doli-.
zei im Sturmaͤngriff auf die wehrloſe
Bevölkerung mit geſchwungenem Gum-
miknüppel einſchlagen. Anter der Menge
befand ſich auch ein Kind, das durch die
zurückflutenden Maſſen zu Fall kam und
ſchon befürchtete ich, daß es in dem Ge-
wühl ernſtlich verlegt werden könnte, als
ein unbeteiligter Paͤſſant ſich des Kindes
annahm. Ich fah ihn die Polizei auf-
merkjam machen, daß er das Kind forf-
ſchaffen möchte, fand es aber unverſtänd
lich, daß die Beamken, ſtatt ihm Gehör
zu ſchenken, ihn erbarmungslos mit ihren
Gummiknüppeln bearbeiteten. Ich habe
noch niemals einen Fall ähnlicher Rück
ſichisloſigkeit erlebt oder geſehen. F. .

*

Wiederzuſammentrilt des Prenfijchen
Landlags.

RNSPD. Präfident Bartels hat iebt
die Tagesordnung für die nächſte Sitzung
des Pkeußiſchen Landtages feftgefeBt,
der nach längerer Meihnachtspauje am
Dienstag, den 27. Januar wieder zuſam
menfriff. Zur Beratung ſtehen neben
einer großen Reihe Kkleinerer Borlagen
die Beroͤrdnung der Staatsregierung
über die Gehaltskürzung der Beamten,
die bereits vom Preußiſchen Staatsrat
genehmigt worden iſt.
 
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