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Heidelberger Beobachter: Kampfblatt der Nationalsozialisten für Odenwald und Bauland (1 (Januar-August)) — 1931

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Nr. 81 - Nr. 105 (1. August - 31. August)
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14 Jabrg Ar. 89

Seile 7

Mittwoch, den

2. Auguſt 1931.


Beſuit H. MeiB iſt verantwortlicher
Schriftleiter einer Monatsſchrift „Män-
ner⸗Apoſtolat', die in ganz Deutſchland
_ an die Mitglieder katholiſcher Männer-
vereine verteilt wird. Es iſt kein Ge-
heimnis, daß auch die Männervereine ge-
nau ſo wie zahlreiche andere katholiſche
Vereine in erſter Linie politiſche
Deckorganiſattonen der Zen-
trumspartei ſind; Ddas geht ſchon
daraus hervor/ daß vielerorts Katholiken,


2 nommen werden Wir haben daxüber
ſchon Einzelheiten berichtet.

Zeder wahrhaft überzeugte Chriſt wird
es begrüßen, wenn in Vereinen zur
Pflege des religiöſen Lebens wahrhaft
chriſtentumsfeinoͤliche Beſtrebungen unſe-

rer Zeit bekämpft werden. Zu der Be-
hauptung aber, daß nur die Zentrums-

partei der Garant für die Erhaltung
chriſtlichen Geiſtes im Staat ſei, fehlen in
der Braxis alle Vorausſetzungen ſowohl
nach der negativen, als nach der poſitiven
Seite hin.
Es iſt ſchon eine Lüge, zu ſagen, daß
keine andere Partei ſich kulturpolitiſch
eindeutig zur Erhaltung und Förderung
der freien Entwicklung der chriſtlichen
Konfeſſionen im Staat bekennt; dieſe Litge
bekommt aber das Merkmal einer unver-
ſchämten Frechheit durch die nicht zu be-
ſtreitende Tatſache, daß gerade das Zen-


der Sozialdemokratie in erſter Linie kul-
turpolitiſch mitverantwortlich und mit-
ſchuldig iſt an der unerhörten Ausbrei-
tung der Gottloſenpropaganda des Mar-
rismus und deren ſittlich zerſetzenden
Wirkung auf weite Kreiſe unſeres Vol-
kes.

Wenn nırn der ZJeſuit Meiß in der er-
wähnten Monatsſchrift einmal aus-
nahmsweiſe keine Lügen über den Natio-


einem Bericht über den Wiener Soziali-
jtenfongreß gegen die chriſtentumsfeind-
liche Haltung der Sozialdemokratie tos-
wettert ſo iſt das ein Ereignis an dem
man ſchon wegen ſeiner Seltenheit nicht
vorübergehen darf; angeſichts der aufge-
zeigten ſchweren kulturpolitiſchen Schuld
der Zentrumspartei aber wird diefes Do-
fument zu einem Beweisſtück für dte
Doypelzüngigkeit der Hen-
teumspartet im allgemeinen und
ihrer je ſuitiſchen geiſtigen Füh-
rung im beſonderen. Wir zitieren aus
dieſer großen Zumutung für jeden auch
nur einigermaßen politiſch ortenttexten
Menſchen das Folgende: Z

Wenn ſie ſo weiterarbeiten wie bisher

daun werden wir im Kampfe gegen .. .
Klerikale immer ſtärker werden“, Mit die-
ſem Lob begrüßte am 12. April 1931 der
Wiener FJührer der ſoztaldemokra-
tiſchen Kinderfreunde⸗Internationale die
BehHnijahresarbeit der deutſchen Kin-
' ‚derfreundebewegung. Sie hat in dieſer Zeit
270000 Deutide Schulkinder organifiert,
darunter 1100 Neſtfalkengruppen mit etwa
25000 Kindern im Alter von 6—10 Zahren
1400 Jungfalfenaruppen mit 40 000 Kindern
im Alter von 10—12 Jahren, 1300 Rote-
Falkengruppen mit etma 30000 Kindern
m Alter von 12 bis 14 Jahren uſw. ;

Bei diejen ZahHlen bedenke man bloß
noch das Biel der ganzen Bewegung, die
. der Sozialijt Max Adler einmal 1o gezeic-
_ mnet hat: „Die Kinderfremndearbeit Dat von
* Anfang an das Ziel gehabt, über die bloße

Sorge für die körperliche Wohlfahrt der
Kinder hinaus ihre Secclen zu CXfa f
fen und die Kinder. zu Kämpfern einer
; nexen Welt und einer neuen Sittlichkeit zu
“ „ergiehen“. Neue Welt, das heißt ‚eine


_ /Deit, Neue Sittlichkeit! das iſt ein vom
otttichen Sittengebot unabhängiges Han-
— Ddeln, deſſen Wert nur nach trdiſchen Maß-

— Mtäben gemefjfen wird?


ungeheuren Gefahren hier vorliegen und


* fyltenrattjche‘ weitſichtige Vorbereitung der


alanben hat es uoch rict gegeben, ſolauge


Schulzellenbildung durch

den gottloſen
Freidenkerverband.

Die wirkſamſte vorbeugende Ab-
wehr zu dieſer Erſcheinung wäre nach
unjerer Meinung geweſen wenn ſich das
Zentrum in Ländern und Reich ſeit Jah-
ren ſtatt des chriſtentumsfeindlichen Mar-
rismus an Koalitivnspartner gehaͤlten
hätte, die die Religion nicht als „Opium
für das Volk“ und als die „raffinterteſte
Volks verdummungsmethode“ bezeichnen,
wie das die Marriſten tun.

Es iſt eine große Lüge, wenn das Zen-
trum in ſeinen Verſammlungen und in
der Preſſe dauernd behauptet, es wäre
politiſch zı dieſem Bündnis gezwuün-


14. September klar gezeigt hat, daß das
Volk in einer geradezu überwältigenden
Mehrheit den Marxismus als den größ-


das Zentrum den Bruch mit der Sozial-
demokratie ab. Heute, in der Stunde des
Volksentſcheids gegen die Herrſchaft roter
Bonzen in Preußen, ſtellt ſich der Zen-
trumsmann Brüning vor das Mikrophon
und erklärt, daß er ais Ztaatsbürger nicht
zur Urne ſchreiten werde, trotzdem es ſich
bei dieſem Volksentſcheid um die politi-
ſche Ausſchaltung der Partei handelt, die
naͤch dem urteil des Jeſniten Meiß eine


„ſolch ſyſtematiſche, weitſichtige Borberei-
tung der Zukunftsgeneration für den
gottloſen Unglauben“ betreibt, wie ſie ſeit
Beſtehen des Ehriſtentums ohne Bei-
ſpiel iſt.

Wir leben in der Zeit der Notverord-


völlig ausgeſchaltet Ein Kabinett, in dem
an den maßgebendſten Stellen Zentrums-
leute ſitzen, hat praktiſch geſehen diktato-
riſche Vollmachten in der Reichspolitik.
Wir haben Notverordnungen auf allen
Sachgebieten: über den Zahlungsverkehr,
über die Sanierung wackelnder Iuden-
banken, über Zeitungsſchlagzeilen, über
die Schriftgröße bei Veröffentlichung von
Regierungserklärungen, über politiſche
Kombinationen, über Steuerverzugszin-
ſen von einer Höhe, die man im privaten
Leben als Wucherzinſen eines Halsab-
ſchneiders bezeichnen würde, über öffent-
liche Aufmärſche, braune Hemden uſw.

Wir haben auch eine Notverordnung
zitm Schutz der Religionsgemeinſchaften,
aber die hat einen kleinen Konſtrukttons-
fehler: Es ſteht nämlich nicht feſt, inwie-
weit durch dieſe Notverordnung gerade
die gottloſen Freidenkerverbände als
Religionsgemeinſchaften mitge-
ſchützt ſind gegen etwaige zu heftige An-
griffe der andersdenkenden chriftlichen

Religionsgemeinſchaften. Wir haben an-
geſichts der Tatfache, daß man in maͤrri-
ſtiſchen Kreiſen dieſer Meinung iſt, an
den Keichsinnenminiſter, Zentrums
mann Wirth, der es wiſſen müßte, vor
Monaten eine öffentliche Anfrage gerich-
tet; er hat ſie unfreundlicherweiſe oder
im Drang der Geſchäfte bis heute nicht
beantwortet.

Wir könnten uns eine äußerſt wirkſame
Abwehr gegen die Gottloſenpropaganda
denken, die an Wirkſamkeit die Gründung
von Ortsgruppen des Euchariſtiſchen Kin-
derkreuzzuges erheblich übertreffen
würde. Wie wäre es zum Beiſpiel mit
einer Notverorduung, durch die jegliche
Gottloſenpropaganda in Wort, Schrift
und Bild verboten und mit den ſcharfſten
Strafen geahndet würde, Herr Zentrums-
mann Brüning und Herr Zentrums-
mann Wirth? Wie meinen Sie ——??

lauben Sie, eine ſolche Notverord-
nung wäre eine größere Beſchneidung
der verfaſſungsmäßig garantierten Mei-
nunssfreiheit als etma die Notvernrd-
nung, die politiſche Kombinationen det-
vietet? Wir glauben es nicht, und die -
weiteſten Kreiſe unſeres Volkes teifen
unſere Meinung. Solange aber diefe
Notverordnung von dem zur Stuhde
noch faſt allmächtigen Kabinett Hrüning
nicht exlaſſen iſt ſolange iſt eine Veroͤf
fentlichung von Stil und Ynhalt des zen-
trümlichen Jeſuitenartikels eine ganz

unverſchämte Bauerufaugerei. —Dſt.


Aus der Zeit vor dem letzten VBerbot
liegt uns noch eine Menge von Mate-
xial vor das zum größten Teil inzwiſchen
überholt iſt; einige Dinge jedoch haben
unbeſtreitbaren „Ewigkeitswert, d. h.
ſie ſind ſo ſchön, daß es ſchad waͤre, wollte
man ſie einer breiteren Oeffentlichkeit
vorenthalten. — — **

Dazu iſt unbedingt ein einzig ſchöner
„Offener Brief“ zu rechnen, welchen —
man höre und ſtaune! — Herrn Hörſings
Reichsbanner an die Adreſſe der Kommu-
niſten ſchrieb Der Wiſch kam auf ſeltſame
Weiſe in unſere Hände und beginnt fol-
gendermaßen:

Offener Briefl!

An die Kameraden des Kampfbundes
gegen den Faſchismus!

In dem ungewöhnlichen Kampf gegen
Faͤſchismus und Kapitalismus, den Heute
die arbeitende Majiz zu beſteben hat, gibt
eider teine Sinheitsfront — aller
Schaffenden, der dieſem Kampf ſchnell und
wirkfjam u begegnen vermöchte!

Schuld daxan tragen nicht nur wir, ſen-
dern diejenigen, die bewußt und mit den
unehrlichiten. Mitteln nidht nır die yoli-
kiſchen, fondern auch die wirtſchaftlichen
Organijationeh der Arbeiterklaſſe zu ſpal-
ten verſuchen!

Cure Leitung bekämpft angeblich den
Safchismus und hetzt dabei aber in der
Hauptfacdhe gegen das Reichsbanner und
ihre Führer, Unbejonnene Kameraden von
Cuch alauben, man befämpfe den FJajchis-
aus auch damit, indem man junge NeichS-
bannerkameraden dazır Hberredet, mit uuſ-
rer Uniform in Euren Reihen 3ı mar-
{cOhieren, die nicht einmal ganz ihr Sigen-
tum iſt! ;

Andere
unfre neſchloffenen Formatienen auf Df-
jener Straße auf das gemeinſte beichimpft,
Dieſe und andere Fälle, welche wir leider
verzeichmen müſfen/ ſind kein
Kampf gegen den Fajchismus, jondern .
eine Entzweinng der Kaffengenofjfen -
und Berrat an der Sache des arbeiten-

5 den Volkes! *

Dem Reichsbannex iſt es noch nie einz
gefallen, Eure. geſchloſſene Formation auf
pffener Straße zu befhimpfen und 3zu

‘ verleumden. Die Führung des Reihsban-
ner hat im Gegenteil immer den SGedanken
der Neutralität und des gegenſeitigen Ver-
tragen8 bei allenm Beſprechungen der Ka-
meradihaft in den Vordergrund weftellt!
Wir werden aber in Zukunft nicht mehr

2— —


rer befhimpft und Kameraden beſchimpft
werden und unzuläſſige und abtrünnige
Kameraden von uns in Euren Reihen die
Reichsbanneruniform zur Schau tragen!
_Wir dürfen wohl annehmen, daß wenn
; "das Gegenteil der Fall märe, Or eine
jolche harakterlofe Geſinnung nidt billigen
@ ilt ja wirflic ein erhebendes Bild,
wenn Eharakterlumpen andern Charak-


terlumpen — „Charakterlofigfeit“ unter
die Naſe reiben, aber ſchließlich iſt das
nur ſchmückendes Beiwerk zum vorlie-
genden Schreiben, während als Kern der
Sache doch wohl betrachtet werden darf,
daß hier offenkundig ein aus Angſt und
Geſinnungslumperei geborener Annähe-


erhaltenden Reichsbannerhelden und Hör-
ſingbanditen an die ſtaatszerſtörenden


ſich geht, ein Verſuch, der bisher wohl
nur infolge der notoriſchen Liebloſigkeit
ſeitens der Kommuniſten noch nicht vom
Erfolg gekrönt worden iſt. Aber das
kann mit der Zeit ja alles noch kommen.

Jedenfalls beweiſt an ſich ſchon die
traute Anrede „Kameraden!“, daß alle
Sprüche von der ſtaatserhaltenden und
hyperlegalen Wirkſamkeit des Reichsban-
ners nichts ſind, als leerer Schall und
Rauch, und daß hüben wie drüben das


bleibt eben Marxiſt, gleichgültig, ob er
ſich nun zufällig rot oder ſchwarzrotgol-
den gebärdet. Und man darf der erbärm-
lichen Augſt welche die Burſchen heute
mit vollem Recht vor dem Nationalſozia-
lismus in den Hoſen haben, dankbar ſein,


daß man die Brüder nunmehr in ihrer

edeln Nacktheit als bewußt volkszerſtö-

rende Elemente zu Geſicht bekommt.
Der bemerkenswerte Brief fährt fort:

Wir haben anläßlich der Dreherverſamm-
lung mit Eitren Führern einen einheit-
lichen Abwehrkampf angeſtrebt und mit
CEuren Führern Vexeinbarungen getroffen-
Euch auch einen Reoner neben dem unſren
zugebilligt, dieje Einigung wurde aber von
Euren Führern hintertrieben! Fragt doch
dieſelben wer gegen ein einheitliches Vor-


Das iſt einzig! Da wurden wieder ein-
mal die Bärenfelle ſchon vorher verteilt
und ſind nachher anſcheinend auf der
beiderſeitigen Feigheit davongeſchwom-
men jedenfalls war's Eſſig, und nun


Ohren voll wer Schuld daran ſei.
Zür uns und dielleicht auch für


nalſozialiſtiſcher Berfammlungen getrof:



in der gefamten Judenpreſſe wieder etn-
Mal zu leſen geweſen:
nfolge des provosierenden Berhaltens
der Nationalivzialijten Lan es zu bedauer-
lichen HZujammenftößen, Sin MNativnal-

‚Tostalife umzingelte eine große Anzahl von

%etiamm!}ung?‚befutfi‘ern und begann, mit

i‘)q‚chen‚ äUtenerl_x‚ Piſtolen und Gummi-

_ fnüppeln auf fe _ einzujdlagen, Dabei

ſcheint er ſich ſelbſt verleßt zu haben, er

tarb auf dem Transport ins Krankenhaus,

Die Leiche wurde beſchlagnahmt, gegen fie

wird ein Vexfahren wegen Landfriedens-

bruch und Moöroͤverfuch anbängig gemacht
werden.“

Das iſt doch ſo ungefähr der tiefere
Sinn aller derartigen Berichte der Zu-
dengazetten; edenfalls läßt ſich, wie vor-
liegender „Brief“ beweiſt, überhaupt
nichts Harmloſeres denken als eine Hor-
de waſchechter Hörſingbanditen.

Der Aufruf ſchließt mit folgenden
hohen Tönen:

unſer Kampf gilt in erſter Linie dem

Taldhismus der Hifler und feiner offenen

und verſteckten Anhänger, wir Fämpfen für

‚einen demokratiſchen VBolksitaat mit dem

Endziel der ſozialen Gerechtigkeit.

.Qan}enaöe;n des Kampfbhundes! Vergeßt
nie ‚Ddie Achtung vor der Veberzengung

— anderen! Unſre Organifationen und -

%}‘zfi‘rer haben ſich in . jabhrzehntelangen

Lämpfen bewährt, Auch für CSuch wurden

Opfer an SGut und Blut gebracht.

Wir baben heute noch ein gemeinfames,

ein hobes Ziell

Kämpft mit uns gegen die Hitlerneit!

. Gegen die Diktatur von reOtsl. Wir ”

haben eine Loſung!

Tod dem Faſchismus!!

Bilden wir eine geſchloffene Maͤcht und der

Siea iſt unſer!

Die Kameraden des Reichsbanners und

der Schufo!

Fewiß⸗ ſie haben ein herrliches, ein
hohes Ziel: Tod dem Faſchismus! Nar .
ſchade, daß dieſer Faſchismus mit aller
Gewalt — nicht ſterben will, und bei
allem Geſchrei und Zammer der Hör-
ſingſchen „Schufoten“ unglaublich wächſt
und gedeiht. Wogkgen es viel wahrfchein!
licher erſcheint daß die Zeit gar nicht
Mehr fern iſt, da die Nachwelt einem pp.
Reichsbanner Kränze flechten wird, die-
weil es an der „Hitlerpeſt? (wir ver-
zeihen den Ausdruck in gewohnter Groß-
mut) eingegangen iſt. Tornat

*

Lest und verbreitet
Heidelberger Beobachter.

*—
 
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