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Heidelberger Beobachter: Kampfblatt der Nationalsozialisten für Odenwald und Bauland (1 (September-Dezember)) — 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.44156#0654
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Seite 6

Montag, den 7. Dezember 1931.

1. Iahrg. / Nr. 186

Forderung nach einer vollständigen Abschaf-
fung aller Reparationen auch im englischen
Interesse liege. Eine neue Friedenskonfe-
renz werde bald kommen. Die Welt könne
die Krise nicht überwinden, solange Deutsch-
land gezwungen werde, Dinge zu tun, die
unmöglich seien. Dem Vertreter der „News
Chronicle" sagte Rosenberg, er sei jetzt nach
England gekommen, um einige persönliche
Freunde Zu sehen, die zwar nicht Mitglieder
der Regierung, aber in der Lage seien, ihn
über die englischen Ansichten über Deutsch-
land und seine Schulden zu unterrichten.
Rosenberg bezeichnete das Gerücht, er habe
den Gouverneur der Bank von England,
Montague Norman, einen Besuch abgestak-
tet, als nicht den Tatsachen entsprechend.
London, 5. Deze. Bezugnehmend auf
den Besuch des nationalsozialistischen Reichs-
tagsabgeordneken Rosenberg in London, so-
wie angebliche nationalsozialistische Ver-
handlungen in Rom, berichtet der Pariser
Mitarbeiter der „Morning Poft", daß man
in Frankreich die Möglichkeit eines baldigen
Regierungswechsels in Deutschland in Be-
tracht ziehe. In französischen Rechtskreisen
sei teilweise die Ansicht vertreten, daß die
deutsch-französischen Verhandlungen mit
einer starken deutschen Regierung leichter
durchgeführt werden könnten, als mit der
jetzigen deutschen Regierung, die so starke
Gegensätze in der Innenpolitik zu bekämp-
fen habe. In Paris sei bisher noch kein
nationalsozialistischer Vertreter erschienen,
jedoch werde ein solcher demnächst erwartet.
— Hier scheint der Wunsch der Vater des
des Gedankens zu sein.
Französische Befürchtungen wegen der
innenpolitischen Lage in Deutschland.
Paris, 6. Dez. Die Erklärungen Hitlers
vor der englischen und amerikanischen Presse
und die anderer nationalsozialistischer Abge-
ordneter bilden immer noch das Hauptthema
der französischen Presse. Der „Excelsior"
fragt besorgt, ob es überhaupt einen Zweck
habe, noch mit der Regierung Brüning zu
verhandeln, wenn die Abkommen in einigen
Wochen oder Monaten von einer national-
sozialistischen Regierung doch nicht aner-
kannt würden. Der sozialistische „Populaire"
verteidigt die Haltung der deutschen Sozia-
listen, die nur durch den Wunsch diktiert sei
den Nationalsozialisten die Uebernahme der
Regierung zu erschweren. Wenn aber das
Zentrum sich dazu entschließen sollte, die
Regierungsführung an die Nationalsoziali-
sten abzugeben, so werde die Sozialdemo-
kratie gezwungen sein, andere Methoden zu
ergreifen. Dies würde jedoch nichts anderes
als den Bürgerkrieg bedeuten. Die links-
gerichtete „Volonte" erklärt, wenn Frank-
reich im Nationalsozialismus eine Gefahr
für den Frieden erblicke, so dürften die Si-
cherheitsmaßnahmeen nicht in der Rüstung
gegen den deutschen Nationalismus liegen,
sondern in einer materiellen Hilfe für das
deutsche Volk. Wenn nichts getan werde,
um der Arbeitslosigkeit in Deutschland zu
steuern und um von Deutschland das Gefühl
zu nehmen, erpreßt und politisch herabge-


Hörfwg kuscht:
Der „Deutsche Volkskurier"
erscheint nicht mehr.

Hörsmgs „Deutscher Volkskurier" stellt sein
Erscheinen wieder ein.
Berlin, 6. Dezember. Da die Gründung der
Tageszeitung „Deutscher Votkskurier" nach einer
Meldung Berliner Blätter innerhalb der „repu-
blikanischen Front" zu Mißdeutungen Anlaß
gegeben hak, hak der Führer des Reichsbanners
und frühere Oberpäsidenk Hörsin-g sich ent-
schlossen, das Erscheinen des „Deutschen Volks-
kurier" sofort wieder einzustellen. — Zu deutsch:
Hörsin-g hak vor der Wut des SPD-Vorstandes
gekuscht. Es ist nur noch eine Frage der Zeit,
wann er aus dem Reichsbanner hinausgeworfen
wird, denn die ohnehin nicht große „Autorität"
des Ovambo-Häuptlings ist völlig flöten ge-
gangen.
Goerdeler Preiskommissar?
Leipzig, 5. Dezember. Oberbürgermeister Dr.
Goerdeler erklärt der TelegraphenAnion auf
Anfrage:
,-Es ist richtig, daß mit mir wegen Ueber-
nahme der Stellung eines Reichskomrnissars für
Preissenkung verhandelt wind. Es ist nicht
richtig, daß mir diese Stellung schon übertragen
wurde. Nach meiner Ansicht handelt es sich
hierbei um einen Posten, der tm Nebenamt aus-
zusühren ist, sodaß ich also von meiner Stellung
als Oberbürgermeister in Leipzig nicht zurück-
zukreken brauchte, wenn ich Reichskommissar für
Preissenkung werden würde.
Englands Haltung gegenüber einer etwaigen
nationalsozialistischen Regierung
London, 3. Dezember. Zu der Frage, wie
eine Uebernahme der Regierung Deutschlands
durch die Rechtsparteien oder deren Eintritt in
die Regierung in England ausgenommen würde,
wird von Stellen, die der Regierung na bestehen,

die Ansicht geäußert, daß dies natürlich in erster
Linie eine innere Angelegenheit Deutschlands
sei. England werde einen Regierungswechsel, wie
auch schon früher, als eine Tatsache hinnehmen,
wobei man sich der Hoffnung hingebe, daß eine
neue Regierung ihre Politik den wirklichen In-
terssen Deutschlands anpassen werde, wofür man
englischerseits volles Verständnis haben würde,
da die deutschen Interessen den englischen nicht
zuwiderlausen.
WeW AMn.
Volltagung der Kommunistischen Gewerk-
schafts-Internationale. — Der deutsche und
der polnische Beerichk von der Tagesord-
. nung gestrichen.
Moskau, (über Kowno), 5. Dez. Am
Sonnabend wurde in Moskau die achte
Voütagung der Kommunistischen Gewerk-
schafts-Internationale unter Vorsitz Losows-
kis eröffnet. Auf der Tagesordnung stehen
die Berichte der französischen, englischen
und chinesischen Sektionen der Kommunisti-
schen Gewerkschaften. Losowski hielt eine
große Rede über die Lage des Kapitalismus,
dessen Zusammenbruch jetzt Tatsache sei.
In Moskauer politischen Kreisen ist es aus-
gefallen, daß die Berichte der deutschen und
polnischen Sektion der Kommunistischen In-
ternationale auf Veranlassung der Sowjet-
regierung von der Tagesordnung gestrichen
waren, um „gewisse Unannehmlichkeiten"
mit den Regierungen der beiden bürgerlichen
Länder zu vermeiden. — Man hat also

scheinbar allerhand staatsfeindliche Pläne zu
verbergen.
Letzte Drahtmeldnngen.
Moskau befürchtet neue Verwicklungen
im fernen Osten.
Moskau (über Kowno), 8. Dezember. In
russischen amtlichen Kreisen will man nicht ver-
heimlichen, daß die Ergebnisse der Pariser Be-
ratungen des Völkerbunösrats „wenig dem In-
teresse des Friedens im fernen Osten dienest
und daß man jetzt weitere Ereignisse erwarten
müsse, die unbedingt auch Rußland in Mitleiden-
schaft ziehen würden. Durch starken Einspruch
der USA und England sei es gelungen, die japa-
Nische Offensive gegen Kinkschau zum Stillstand
zu bringen. Das japanische Vorgehen in der
Nordmandschurei sei aber nicht abgeschlossen und
in Paris lege man wenig -Werk darauf, das ja-
panische Vordringen in der Mandschurei aufzu-
halten. Es sei nun zu erwarten, daß sich Japan
aus Kosten der Nordmandschurei schadlos halten
werde. Die Arbeit des geplanten Untersuchungs-
ausschusses werde auf militärischen Operationen
Japans in der Umgebung der chinesischen Ost-
bahn keinen Einfluß haben.
Der Aufstand in San Salvator beendet.
London, 4. Dez. Der Aufstand in San
Salvator ist britischen Meldungen zufolge
beendet. Der bisherige Vizepräsident Mar-
ginez hat an der Spitze eines Militärdirek-
toriums die provisorische Prästdentenschaft
übernommen,. Martinez gibt bekannt, daß
die Ruhe im ganzen Lande wieder hergestellt
sei, und das Volk die neue Regierung un-
terstütze. Die Schießereien zwischen den
Aufständischen und dem regierungstreuen
Militär sind am Freitag nachmittag nach
einem Ultimatum an die regierungstreue
Polizei und die Nationalgarde eingestellt
worden.

Selrt M rellkwö «etter!



drückt zu werden, so werde die nationalso-
zialistische Welle alles überschwemmen.
In der deutschen Presse werden unter
dem Schlagwort „Hitlers Propaganda in
Italien" Meldungen verbreitet, die den An-
schein erwecken, als ob die NSDAP beab-
sichtige, in die Kreise des Auslandsdeutsch-
tums Uneinigkeit hineinzutragen. Als An-
laß wird eine Inspektionsreise des Leiters
der Ausländsabteilung, Dr. N i e l a n d,
M.d.A., nach Italien genommen. Demge-
genüber wird festgestellt, daß nach Mittei-
lung der ausländischen Ortsgruppen der
NSDAP unter den Deutschen im Ausland
dur chamkliche deutsche Stellen Hetzschriften
gegen den Nationalsozialismus verbreitet
werden. In einem Fall wurde ermittelt,
daß eine Hetzschrift in größerer Anzahl sei-
tens des Auswärtigen Amtes an eine deut-
sche Gesandschaft zur Verbreitung geschickt
wurde. In dieser vom Auswärtigen Amt
versandten Hetzschrift, deren Verfasser nicht

den Muk hakte, sie mit seinem Namen zu
decken, wird neben anderen unglaublichen
Verleumdungen erklärt, die Nationalsozia-
listen beabsichtigen, in Deutschland die Viel-
weiberei einzuführen.
Angesichts dieses mit amtlicher Unter-
stützung im Auslande geführten Hehfeld-
zuges gegen den Nationalsozialismus macht
es die Würde und das Ansehen der NSD-
AP erforderlich, daß das Auslandsdeutsch-
kum die Wahrheit erfährt. Aus diesem
Grunde hat sich der Leiter der Ausländsab-
teilung der NSDAP veranlaßt gesehen, in
den ausländischen Ortsgruppen und Stütz-
punkten aufklärende Vorträge zu halten.
In Italien sind derartige Vorträge besonders
darum notwendig, weil dort Vertreter der
augenblicklichen deutschen Machthaber irre-
führende Vorträge über die deutschen Ver-
hältnisse hielten. Kürzlich hat beispielsweise
mit offensichtlicher Unterstühungdes deut-
schen Gesandten Dr. Lohen-Reuß, Mitglied
des Reichswirtschafksrates einen solchen


Vortrag in Rom gehalten. Dieser einstige
Führer der Soldatenräte hat u. a. erklärt:
Deutschland müsse unbedingt mit Frank-
reich gut stehen, denn nur Frankreich habe
das Geld und da sei es ganz natürlich, daß
es dieses Geld nur gegen politische Forde-
rungen herausgebe
Anker Berücksichtigung dieser raffinierten
Methoden ist es dringend notwendig, daß
dem Auslandsdeutschtum die Wahrheit über
den Stand der Dinge in Deutschland nichi
vorenthalken wird. Die Reise des Leiters
der Ausländsabteilung, Dr. Nieland M.d.R-
hak deshalb den Zweck, den Ausländsdeut-
schen in Italien die Ansichten der überwäl-
tigenden Mehrheit des deutschen Volkes
wahrheitsgemäß zu übermitteln. Das ins-
besondere die marxistischen Kreise durch die
Aktivität der Ausländsabteilung der NS-
DAP beunruhigt werden, ist natürlich und
für jeden vaterländisch denkenden Menschen
verständlich.
*


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Hamburg 3g.
63. Fortsetzung.
Die Hohlöfnerin schrie auf. „Er—
schossen?"
„Nit so laut, Mutter. Komm nur
weiter. Ja, erschossen. Seine Frau hat
ihn heute früh tot vor dem Schreibtisch
gefunden."
„Sind denn Kinder da?"
„Ja. zwei."
„Dann muß sich der Mann ins Grab
hinein schämen, daß er den Kindern das
angetan hat."
„Darüber denkt man hier anders."
„Da ist gar nix zu denken. Mensch
ist Mensch, ob in der Stadt oder auf dem
Dorfe. Der Herrgott ist überall, und je-
der Vater Hal an seine Kinder zu denken,
damit sie nit zeitlebens mit einem Flecken
auf ihrem Namen Herumlaufen müssen.
Warum hat er denn das gemacht?"
„Er soll schwere Verluste im Geschäft
gehabt haben."
„Du meine Zeit, hätte er halt wieder
von vorn angefangen-" Sie schüttelt^ den
Kopf. „Wie kann sich ein Mensch das
Leben nehmen! Alles ist wieder gutzu-

machen, aber das nit. — Was wird denn
nun mit dir?"
„Darüber wollte ich eben reden. Die
Frau hat mir sagen lassen, ich solle um
elf zu ihr kommen. Da wird ihr Vater
da sein. Es tut mir leid, Mutter, daß ich
euch eine Weile allein lassen muß."
„Da ist nir leid zu tun. Mach du nur
deine Sachen. Die gehen vor. Ich fahre
erst morgen wieder fort. — Nun hast du
doch fürs erste keinen Posten?"
„Nein, vorläufig nit, aber es wird sich
schon wieder etwas finden."
„Dummes Zeug, Rudolf. Hört auf
mit euren Dummheiten, ihr zwei Dick-
köpfe. Komm heim."
„Noch nit, Mutter. Nun habe ich erst
Appetit gekriegt."
„And der auf daheim vergeht dir?"
„Nein, der wird Hunger."
„So. Darüber müssen wir mehr
reden."
„Da wohnt Grete Frieders."
Die Hohlöfnerin sah an dem himmel-
hohen Hause hinauf.
„Wieviel Leute wohnen da eigent-
lich?"
„Ich weih nit, aber hundert werden
das wohl sein."
„Du bist nit gescheit! Das ist ja das
halbe Dorf."
„Es gibt Häuser, in denen mehr woh-
nen als in ganz Schönbach."
„Hör auf. Wenn ich das nit mit
eigenen Augen sähe, tät ich's nit glau-
ben."
Sie stiegen die Treppe hinauf, und
Korns Mutter blieb öfter stehen. „Ach

du lieber Gott, du lieber Gott! Immer
noch höher?"
„Bis unter das Dach."
„Rudolf!"
„Dafür ist's droben um so hübscher."
„Junge, hübsch kann das nit sein!"
Grete Frieders stand schon wartend
vor der Tür, hörte die zwei sprechen und
lächelte.
Sie ging der Hohlöfnerin Mit ausge-
streckker Hand entgegen.
„Guten Tag, Frau Korn."
„Guten Tag und schönen Dank, daß
Sie mich aufnehmen. Werde Ihnen doch
auch nit zuviel?"
„Gar nicht. Ich freue mich, daß Sie
zu mir kommen. Rudolf hat mir schon so
viel erzählt."
„Was ist denn von mir groß zu er-
zählen? Ich kome vom Dorfe."
Grete Frieders hielt ihre Hand fest
und sah ihr Hellen Auges in das gute Ge-
sicht. „Kommen Sie nur, Frau Korn,
mein Mädelchen wartet auch schon auf
Sie."
„Die Hohlöfnerin nahm das Kind auf
den Arm. „Du kleines Dingelchen. —
Fragt sie nit manchmal nach dem Va-
ter?"
„Das tut sie, aber sie weih ja, wo
er ist."
„Im Himmel, gelt, du kleines Herz-
blatt. — Ach, lieber Gott, ist das eine
Welt! Nun Hal sich auch noch dem Ru-
dolf sein Herr erschossen."
Frau Grete wußte es schon. „Es
soll schlecht mit ihm gestanden haben,"
sagte sie.

Die Bäuerin ließ keine Entschuldi-
gung gelten.
Rudolf sah nach der Ahr. „Mutter,
ich muß jetzt gehen. Es wird nit lange
dauern, dann bin ich wieder da."
„Geh nur, Rudolf. Wir erzählen uns
derweile."
Als er gie Tür hinter sich geschlossen,
nahm die Hohlöfnerin Frau Gretes
Hand. „Sie gefallen mir. Ich muß das
imm ersagen, wie ich's meine. Sie ge'
fallen mir, und ich danke Ihnen, daß Sie
den Jungen so ausgenommen haben. Da
hat er doch wenigstens ein bissel ein Zm
Hause."
„And ich habe einen Menschen, mit
dem ich wie mit einem Bruder reden
kann."
Minna Korn nickte und berichtete,
wie sie und ihr Mann die kurze Nach'
richt in der Zeitung gelesen und wie sie
versucht hätten, sie voreinander zu vek'
bergen.
„Das hak uns in der Seele leid ge'
tan," fuhr sie fort. „So jung, und Sie
haben so gut miteinander gelebt."
„Frau Korn, wir leben noch mitein'
ander und werden immer miteinander
leben."
„Na ja, aber. . . Man begreift den
Herrgott manchmal nit."
„Den begreift man überhaupt nie'
mals, und begriffe man ihn, dann wäre
er nicht mehr der Herrgott."
„Das möchte ich doch nit sagen. 3rh
müß mir das anders zurechklegen."
(Fortsetzung folgt.)
 
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