Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Beobachter: Kampfblatt der Nationalsozialisten für Odenwald und Bauland (2 (Januar-Februar)) — 1932

DOI Kapitel:
Nr. 1 - Nr. 10 (2. Januar - 13. Januar)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.44157#0009
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2. Iahrg. / Nr. I

Samstag, den 2. Januar 1S32.

Seite 5

HMelsMter HegewO im MmilMn

„Der Aufhebung
nung müßte also
Diktatur folgen,-
nicht wünschen."

dieser Rotverord-
das Chaos oder die
beides können wir

Wir haben uns vor einigen Tagen
den Herrn Habermann, Leitartikler der
Deutschen Handels-Wacht, etwas vor-
gebunden, weil er den Versuch machte,
die zahllosen schlechten politischen Rat-
schläge, die die DHV.-Führung ihren
überwiegend bei uns stehenden Mitglie-
dern in der Vergangenheit gegeben hat,
vergessen zu machen und den Eindruck
Zu erwecken, als sei der DHV. auch in
„Die Milm-W
der wieder einmal klar zeigt, wohin die
DHV.-Führung ihre Mitglieder politisch
lenken würde, wenn diese sich nicht schon
längst in ihrer überwiegenden Mehrheit
der politischen Führung Adolf Hitlers
bedingungslos anvertraut hätten.
Schon die Einleitung beweist, daß
Herr Brüning in Herrn Hegewald einen
guten Fürsprecher für seine Notverord-
nungspolitik gefunden hat:

seiner politischen Führung ein Kernstück
der nationalen Erhebung gegen die Un-
fähigkeit schwarz-roter Politiker gewe-
sen. Die „Handels-Wacht" beeilt sich,
die Wichtigkeit unserer Auffassung
von diesen Dingen zu bestätigen. In der
Weihnachtsnummer dieses Organs be-
findet sich ein Artikel, zwar nicht von
Herrn Habermann, sondern von Max
Hegewald
der letzten Reserven"
letzten Werkes des Herrn Brüning nicht
empfiehlt:
„Die Notverordnung greift so tief in
alle Rechtsbeziehungen der Menschen
zueinander ein, daß die Erschütterun-
gen nicht auszudenken sind, die ein-
treten müßten, wenn durch Aufhebung
der Notverordnung die neuen Rechts-
beziehungen zu Gunsten des alten

Rechtszustandes wieder weichen müß-
ten und wenn dann eine neue Regie-
rung durch ähnliche Maßnahmen auch
diesen Rechtszustand wieder beseitigen
würde."
Das meint Herr Hegewald ernst- das
soll kein Witz sein. Weil also Herr
Brüning schon einmal so lief in die
Rechtsbeziehungen der Menschen zuein-
ander eingegriffen hak, soll kein anderer
nachgreifen. Auf diese Weise wird Herr
Hegemann die DHV.-Mitglieder wohl
schwerlich zu überzeugen vermögen!
Wo; oder Diktatur?
Daß die kommende „neue Regierung"
Maßnahmen ergreifen wird, die denen
des Herrn Brüning nicht ähnlich sind,
das weiß aber auch der „Handelswächter
Hegemann". Er verrät es einige Zeilen
weiter:

„Chaos"?? — Wir meinen, daß ge-
rade unser heutiger innerpolitischer Zu-
stand chaotisch genannt werden muß:
denn Ordnung wird man ihn schwerlich
nennen können!
„Diktatur"?? Was ist die Regierungs-
tätigkeit Brünings, seine Außerkraft-
setzung der wesentlichsten Verfassungs-
bestimmungen anders, als eine versteckte
Diktatur? Kann es also für irgendwen
in Deutschland erschreckend sein, zu
wißen, daß nach Brüning eine Diktatur
kommt? —
Wesentlicher als die Frage der Form
ist heute dem deutschen Volk die Frage
des Inhalts, wichtiger als die Frage der
Mittel, die Frage des Erfolges und der
Wirkung geworden. Und deshalb er-
wartet es mit Sehnsucht die nahe Stunde,
in der die Diktatur des Herrn Brünings
durch die Diktatur eines Fähigen ab-
gelöst wird. -Dst-

„Die Regierung Brüning hat mit der
4. Notverordnung dem gesamten deut-
schen Volk außerordentlich schwere
Opfer auferlegt. Sie sind für die Ge-
samtheit so schwer und für jeden ein-
zelnen so schmerzlich, daß sie überhaupt
nur ertragen werden können, wenn
man sie als einen außenpolitischen Ein-
satz wertet, der um der deutschen Frei-
heit willen gewagt werden muß."
Damit wird das Kernstück Brüning-
scher Regierungstaktik, innerpolitische
Verordnungen neuer Not und neuer
Lasten mit Hilfe von Hinweisen auf
schwebende Probleme einer unentschlossen
geführten Außenpolitik durchzusetzen,
sanktioniert. Der Stresemanngeist: „Er-
füllung bis zum Zusammenbruch" spricht
aus diesen Zeilen des Herrn Hegewald.
Man scheint in der politischen Füh-
rung des DHV. sonderbare Vorstellungen
von der „deutschen Freiheit" zu haben.
Nachdem man immer wieder ihre Er-
kämpfung durch weitere Verelendung
der Massen für möglich hält.
Herr Hegewald dreht sich in seinen
Gedankengängen stetig im Kreise. Er
geht von der falschen Voraussetzung aus,
daß mit einer Ausfuhrsteigerung Deutsch-
lands der Schlüssel zur Behebung der
deutschen Krise gegeben sei, eine Ansicht,
die sich gerade in den letzten Jahren durch
die Praxis auch für diejenigen als falsch
erwiesen haben sollte, die die Gründe
dieser Erscheinung theoretisch nicht er-
fassen können. Herr Hegewald erwartet
von der letzten Notverordnung Brünings
eine Ausfuhrsteigerung und neue Be-
schäftigungsmöglichkeiten für die Ar-
beitslosen) er leitet diese Hoffnung ab
aus dem Glauben, daß die Preissenkung
mit der Lohnsenkung Schritt halte. Ganz
abgesehen davon, daß dieser Glaube sich
heute schon als ein Aberglaube erweist,
vergißt Herr Hegewald, daß sich das
Ausland jeder Ausfuhrsteigerung Deutsch-
ands in der Vergangenheit entschieden
)ur chpolitische Gegenmaßnahmen wider-
eht hat und auch in Zukunft mit dem-
elben und mit dem neuen Mittel wäh-
rungspolitischer Maßnahmen widersehen
wird. Es scheint dem Handelswächter
Hegewald auch entgangen zu sein, wie
sehr der innere Markt gerade durch das
Prinzip der Ausfuhrsteigerung um jeden
Preis in seiner Aufnahmefähigkeit ge-
schwächt wurde und wie wenig eine Not-
verordnung mit so erheblicher Steigerung
der unsinnigsten aller Steuern, der Um-
satzsteuer, geeignet ist, dieser maßgeben-
den Ursache unseres besonders großen
deutschen Wirtschaftslebens entgegenzu-
treten.
Das alles weiß Herr Hegemann of-
fenbar nicht mit dem gesunden wirtschaft-
lichen Reorganisationsprogramm unserer
Bewegung, der Errichtung einer Natio-
nalwirtschaft auf der gedanklichen Grund-
lage der Bedarfsdeckung, scheint er sich
im Gegensatz zu der Mehrzahl seiner
Verbandsmitglieder noch nicht ausein-
andergesetzt zu haben.
Fast unglaublich aber ist die Begrün-
dung dieses Herrn dafür, daß er, trotz
mancher Bedenken, die Aufhebung des

UMMA MM bei ber SrtWlizei in ZieMMn

Miimicht iMMeiMile M.

Wie schon im „Hei-Beo" berichtet,
versucht man uns Nationalsozialisten für
das Bombenattentat auf Geibel, sofern
von einem Bombenattentat überhaupt die
Rede sein kann —, verantwortlich zu
machen, genau wie man uns auch gar zu
gerne für den Störungsversuch in der
Rose s. Zt. verantwortlich machen möchte.
Seit diesem Vorkommnis hat man nichts
anderes zu tun, als unsere Parteigenossen
in Ziegeihausen zu beobachten und zu be-
spitzeln, ja nächtlicherweile sogar zu ver-
folgen. Man tut so, als ob kein Mensch
außer uns Nationalsozialisten fähig wäre,
eine derartige Tat zu begehen. Tatsäch-
liche Vorgänge beweisen das.
Am Sonntag abend gegen 10 Uhr
verließ unser Pg. Ortsgruppenleiter Ge-
meinderat Odenwälder in Begleitung
von Pg. Moßmann das Lokal zum „Ad-
ler" in Ziegelhausen. Beide begaben sich
gemeinsam auf den Weg nach Hause.
Pg. Odenwälder und Moßmann wohnen
in der Heidelbergerstraße. Beim Hause
51, wo Pg. Odenwälder wohnt, verab-
schiedeten sich beide. Moßmann ging
weiter, und mochte so ungefähr 200 Me-
ter gegangen sein, als er merkte, daß er
von einer Person verfolgt wurde. Pg.
Moßmann machte sofort kehrt und lief
direkt auf diese Person zu, die dann
etwas verlegen unseren Pg. Moßmann
mit Heil-Hitler begrüßte. (Seit wann
ist denn bei der Kriminalpolizei der Gruß
Heil Hitler üblich?) Pg. Moßmann sagte
im Vorübergehen, daß er er sich noch-
mals anders überlegt hätte,- er würde
noch ein Glas Mein trinken. Er glaubte
damit diesen ungebetenen nächtlichen Be-
gleiter abschütteln zu können. Dieser
aber machte ebenfalls mit Moßmann
Kehrt und sagte, er würde in die „Rose"
oder „Pfalz" gehen.
An der Straßenkreuzung Hauptstraße-
Peterstalerstraße standen zwei Ziegel-
häuser Ortswachtmeister. Moßmann
ging an diesen vorbei bis zur Ecke am
„Adler", von wo aus er den Platz der
Polizei übersehen konnte. Von dort aus
konnte Moßmann beobachten, wie jener
Herr in Zivil auf die Ortswachtmeister
zuging und sich mit diesen unterhielt.
Pg. Moßmann ging nun weiter durchs
Dorf in die Fuchs'sche Wirtschaft. Kaum
war aber Pg. Moßmann dort angekom-
men, als auch schon die Ziegelhäuser
Wachtmeister erschienen und Moßmann
im Auge behielten. Einem anderen Pg.,
der auch in der Wirtschaft zugegen war,
war dies schon aufgefallen, obwohl er
von der ganzen Sache gar keine Ahnung
hatte. Für Pg. Moßmann war es nun
aber völlig klar, daß man ihn planmäßig
verfolgte. Er machte eine Probe aufs
Exempel.
Moßmann ging nach Schlierbach und
fuhr mit dem Zug nach Neckargemünd.

Auf dem Bahnsteig angekommen, be-
merkte er aber auch schon wieder den
Zivilisten, der auch in den Zug einstieg.
Zn Neckargemünd stieg Pg. Moßmann
wieder aus dem Zug aus, und in die ge-
rade nach Schlierbach fahrende elektrische
Straßenbahn wieder ein, was auch jener
Herr tat. Dieses Hintereinanderherlau-
fen ging noch eine kurze Zeit weiter, bis
der wandelnde Schatten den Anschluß
verloren hatte.
Pg. Moßmann ging nun mit Pg.
Rode zusammen bis zu dessen Wohnung,
von wo aus beiden Parteigenossen Ge-
legenheit gegeben war, festzusteilen, wie
sich um das Haus des Redakteur Geibel
einige verdächtige Gestalten Herum-
trieben. Pg. Rode verständigte sofort
die Orkspolizei, die aber schon wieder
hinter unseren beiden Parteigenossen
her war, und bat diese, die Personen
festzustellen. Pg. Moßmann und Rode
begleiteten die Polizei nach dem Hause
Geibel. Inzwischen aber waren die
verdächtigen Gestalten verschwunden und
man traf dort lediglich einen Mann, der
in Geibels Haus wohnt.
War von irgend einer Seite wieder
ein Attentat auf Geibel geplant, und
machten sich diejenigen, die etwas vor-
hatten. beim Herannahen der Polizei aus
dem Staub?
Oder hat auch an diesem Abend die
Reichsbananen-Hifo wieder, wie schon
mehrfach, Polizei gemimt?

Sie, Herr Bürgermeister Bollsch-
weiler, sind Vorsitzender der Ortspolizei
und voll und ganz, trotz Notverordnung,
verantwortlich für die Ortspolizei. Wir
fragen daher: Ist Ihnen, Herr Bürger-
meister, die Zusammenarbeit der Hifo
mit der Ortspolizei bekannt, und war ge-
denken Sie Herr Bürgermeister zu tun,
um etwas Derartiges zu unterbinden?
Wir erwarten auch Antwort von Iknen,
Herr Bürgermeister, wenn Sie der Mei-
nung sein sollten, daß die Ziegelhäuser
Ortspolizei nicht mehr Herr der Lage
wäre. Im übrigen aber verbitten wir
uns, daß man unsere Parteigenossen
verfolgt und verdächtigt, und wenn die
Schufo oder Hifo nicht umgehend ihre
Tätigkeit einstellk. dann behalten wir uns
genau dieselben Rechte vor. Wir haben
es nicht notwendig und sind nicht aewillk,
uns in Ziegelhausen von einer Minder-
heit drangsalieren zu lassen: das mögen
sich die roten Schleicher hinter die Ohren
schreiben!
Eine Frage sei noch erlaubt: Wie
man hört, soll dieser Tage in Ziegelhausen
der Ortsvolizei von junaen Leuten eine
Tracht Prügel verabreicht worden sein.
Ein Wunder, daß man uns National-
sozialisten in diesem Falle nicht auch
gleich wieder verdächtigt! Warum geht
man über eine derartige Sache so still-
schweigend hinweg? Unangenehm, was?
Sehr unangenehm! K.

And Eckert sprach
„Kommunismus ist Klassenherrschaft" sagt
der kommunistische Pfarrer Eckert:
„Es ist eine Klassenherrschaft, aber diese
bildet den Anfang zur klassenlosen Gesell-
schaftsordnung. In Rußland gibt es nie-
mand, der auf Kosten der Arbeiter sein
Leben fristen kann. In Rußland kann
jeder, der arbeiten will, Arbeit haben und
er kann leben, er kann gut leben. Auf
alle Fälle hat er zu essen, er kann woh-
nen und er kann sich entsprechend klei-
den."
So sehr gut kann man doch nicht leben,
Herr Eckert, wenn Sie sich erschrocken über
Ihre Behaupkung sofort wieder korrigieren.
Auf alle Fälle .... Auch bei uns hat der
Arbeitslose zu essen, kann wohnen, kann sich
entsprechend kleiden. Aber wie? Essen: Not
an Lebensmitteln, sagten Sie vorhin. Woh-
nen: in engen Wohnverhältnissen, meinten
Sie anfangs.. Kleiden: die Leute sehen
„anders" aus, begannen Sie. Ein schöner
„sozialistischer Aufbau", fürwahr!
Der kommunistische Pfarrer Eckert be-
stätigt die russische Lebensmikkelnok:
„Aber es muß gesagt werden, daß die
Zentren in einem ungeheuren Wachstum

begriffen sind. So z. B. leben heute in
Moskau 4 Millionen Menschen, wo vor
einem Jahr noch keine 2 Millionen Men-
schen gewohnt haben. In Moskau ist
dieser Zustrom so gewaltig, daß die Roh
die sich daraus ergibt, Beschaffung von
Lebensmitteln, Verteilung von Lebens-
mitteln für jeden verständigen Mensche»
begreiflich sein muß."
Man bedenke, Lebensmittelnot in dem
Land, das vor dem Weltkrieg als der größt«
Agrarstaat der Welt galt! Abgesehen davon,
daß der gutgläubige Thomas Eckert wohl
keine Volkszählung veranstaltet haben wird,
ob Moskau sich in einem Jahr verdoppelt
hat, ist durchaus nicht einzusehen, daß, einen
solchen Fall angenommen, die Leute ver-
hungern müssen. Das tritt dann ein, wenn
die Verkehrsmittel versagen, keine Fahr-
zeuge vorhanden, der „sozialistische Aufbau"
eine Lüge und ein Bluff ist.
Sonre», ^r'<?
 
Annotationen