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Samstag, den 2. Januar 1932.
2. Iahrg. / Nr. i
SM DMg.
SilikllemMt.
Verhältnismäßig ruhige Silvesternacht. Ent-
gegen früheren Jahren verlief hie Silvesternacht
oiesmal weit ruhiger; Has Loch im Geldbeutel
des Volkes hak sich eben im Jahre 1931 ganz
gewaltig vergrößert und wenn, wie im vergange-
nen Jahre so viel Geld verpulvert wurde, so
bleibt für das Volk zum Silvester-Spuk halt
nichts mehr übrig. So drückte die Not des Vol-
kes auch dem althergebrachten Brauch des Sil-
veskerschießsns ihren Stempel auf. Zn den mei-
sten Wlrkschaftsbekrieben war nicht allzuviel los,
lediglich einige bekanntere Vergnll-gungs- und
Tanzstätten wiesen starken Besuch auf.
Der erste Tag des Jahres 1932. Der gestrige
Ne-ujahrstag machte uns gleich mit dem strengen
Winker bekannt. Das Thermometer ging wäh-
rend Hes ganzen Tages über den Gefrierpunkt
hinaus. Zn den Mittagsstunden schien es, als
wenn mit weiteren Schneefällen zu rechnen sei,
doch hellte sich später der Himmel wieder auf.
Der Tag wurde von den Heidelbergern zu Aus-
flügen in die nahen Wälder, die in herrlichstem
Winterschmuck lagen, reichlich ausqenußt. Auf
dem Königstuhl, wo während des ganzen Tages
reger Verkehr herrschte, war um die siebte
Abendstunde eine Kälte von 7 Grad zu verzeich-
nen. Am Morgen lag über der Stadt ein
herrliches Ne'belmeer; die Temperatur zeigte
-dgrk oben in den Mittagsstunden 4 Grad Kälte.
Der Skibekr-ieb war bei 7 Zentimeter Schnee-
höhe leider bei gefrorenem Schnee mäßig, wäh-
rend die Rodelbahn bis zum Blockhaus herab
stärker benutzt wurde.
Die Eisbahn wieder eröffnet. Die Eisbahn
auf dem Meßplatz wurde am gestrigen Neujahrs-
tag wieder eröffnet. Bei einem Eintrittspreis
von 10 Pfg. für Erwachsene u. Kinder herrschte
auf der Bahn Hochbetrieb.
Aus dem Stadtrat.
Sitzung vom 30. Dezember 1931.
Der Stadtrat hat in seiner Sitzung vom 30.
Dezember 1931 mehrere Projekte für -die Ver-
legung der Odenwald-bahn zwischen Karlstor und
Teufelskanzel und für den Neubau Karlskor-
bahnhof erörtert und für den Fall, daß die Bau-
arbeiten baldigst in Angriff genommen werden,
die Bewilligung eines größeren städtischen Zu-
schusses in Aussicht gestellt.
Der Stadtrat genehmigt aufgrund der vor-
her gemachten außerordentlich günstigen Erfah-
rungen, daß 28 jugendliche Swerbslose während
6 Wochen an einem Fortbildungskurs auf dem
Heuberg teilnehmen.
Zm Hinblick auf die besonderen Verhältnisse
dieses Jahres wird in landwirtschaftlichen Be-
trieben für die auf Martini 1931 verfallenen
Pachtzinsen für landwirtschaftliche Parzellen-
grundstücke allgemein ausnahmsweise ein ein-
maliger Rabatt gewährt und zwar in Höhe von
s 10 Prozent, falls die Pachtzinsen bis spätestens
I 29. Februar 19)2 bezahlt sind.
Geringe SerMnng der StrnbeMmeiie.
M dn den FOsWOkMrii!
Vom Obsrb.n^e-areister wird nvtgekeilt:
Der Nichskommissar für Preissenkung hak zu-
gesagt, den Erlaß der Beförderungssteuer für
diejenigen Straßenbahnrnkernehmungen zu un-
terstützen, welche die Ersparnisse aus diesem
Steuererlaß sowie die Ersparnisse aus der Not-
verordnung vom 8. Dezember 1931 lm vollen
Umfange zur Senkung der Sk-raßenbahntarife
verwenden. Aus diesem Grunde hat der Auf-
sichksrat der Heidelberger Straßen- und Berg-
bahn A.-G. ln der Sitzung vom 29. Dezember
1931 beschlossen, die Ersparnisse zur Senkung der
Tarife zu benutzen, um dadurch der Bevölkerung
entgegenzukommen und den Erlaß der Beförde-
rungssteuer, die heute noch jährlich 57 000 RM
beträgt, zu erreichen. Diese Summe reicht zu-
sammen mit den Ersparnissen aus der Lohnsen-
kung forme sonstigen kleineren in der Notverord-
nung vorgesehenen Vergünstigungen aus, den
Preis der Fahrscheinheftchen derart herabzu-
sehen, daß in Zukunft Hefle zu 1.— RM mit
sechs Fahrscheinen ausgegehen werden und so-
mit der Preis für den Fahrschein des Heftchens
von 18,75 Pfg. auf IS,SS Pfg., also um rund 11
Prozent, herabgesetzt wird. Diese neue Ermäßi-
gung der Fahrpreis wird auch auf den Berg-
bahnstrecken wirksam werden, für die ja erst vor
kurzem eine radikale Senkung durchgeführt
wurde.
3n Anbetracht der ungünstigen Lage des Un-
ternehmens war es leider nicht möglich, weitere
Ermäßigungen durchzuführen, insbesondere
konnte der Preis für die Wochen- und Monats-
karten nicht weiter herabgesetzt werden, da ab-
gesehen von der für das Unternehmen gegen-
wärtig nicht tragbaren sehr weitgehenden finan-
ziellen Auswirkung einer solchen Maßnahme
dis Wochen- und Monatskarten in Heidelberg
ganz außerordentlich billig sind. Z. B. kostet
bei einer Wochenkarte über vier Zahlstrecken,
etwa auf der Strecke Karlstor—Handschuhsheim
Endpunkt die Fahrt 10 Pfg., was einem Kilo-
meferpreis von etwa 2 Pfg. entspricht. Bei der
gleichen Berechnung ergibt sich für die Monats-
karten ein noch geringerer Preis von 1,6 Pfg.
je Kilometer. Diese Preise liegen schon jetzt so
weit unter den eigenen Selbstkosten, daß eine
weitere Senkung aus wirtschaftlichen Gründen
nicht in Frage kommen kann.
Der Vorschlag der Preissenkung soll dem
Preiskommissar unverzüglich eingereicht werden;
um jedoch der Bevölkerung die Vorteile der
Preisermäßigung sofort zugute kommen zu las-
sen, hat der Aufsichksrat beschlossen, die Ermäßi-
gung schon mit Wirkung vom 1. Januar 1932
einlreten zu lassen.
Filmschan.
In den Schlohlichkspielen steht man den
Lustspielschlager „Er und sein Diener" mit
Paul Henkel, Paul Heidemann, Oskar
Sabo u. a. berühmten Künstlern. Außer-
dem wird ein Lehrfilm „3m Spiele der Wel-
len" gezeigt. Tonwoche und Lustspiel ver- ,
vollständigen das Programm.
Die Kulturfilmbühne zeigt die reizende
Tonfilmopperette „Die drei von der Tank-
stelle" mit Lilian Harvey, Willy Fritsch,
Felix Bressark, Oskar Karlweiß, Fritz Käm-
pers, Olga Tschechowa u. a. Außerdem steht
man einen Kulturfilm „Beschwingte Ehen"
und ein Lustspiel „In Jena sind alle Mädels
so blond". Besonders sei auf die Wochen-
schau hingewiesen, in der der Gottesdienst
anläßlich der Tagung der Nationalen Oppo-
sition in Harzburg gezeigt wird.
Ärztlicher Sonntagsdienst.
Falls der Hausarzt verreist ist. wende man
sich an Dr. Wißet, Karlstraße 9, Tel. 1819.
Zlpothekcn-Sonntagsdienst.
Umversiiätsapotheke, Hauptstraße 114, Tel. 382.
B-rgheimerapotheke, Bergheimerstratze 5.
Kirchliche Nachrichten.
Evangelische Gemeinde.
8. Sonntag »ach Weihnachten, 3. Januar 1932.
Heiliggelstkirche. 10 Uhr: Prof. vr. KnevelS. — Provideiiz-
ktrche. 1410 Uhr: Kirchenrat Schlier.— PeterSkirche. 6 Uhr: Stadt-
vikar Erhardt. — Christuskirche. 1410 Uhr: Stadtvikar Erhardt. —
Dlakonissenhauskapellc (Plöck 47). Punkt 10 Uhr vorn,.: Gottes-
dienst. Pfarrer Rieden. 11 Uhr: Jugendgottesdienst. K UHr nachm.:
Eröffnung der Allianz-GebetSwoche. Pfarrer Rieden. — Montag
bis Freitag jeweils 8)4 Uhr abends: Versammlung der Allianz-
GebetSwoche ini Vereinshaus (Plöck 18). — Herberge zur Heimat
(Hashelgasse). 814 Uhr von».: Stadtmissionar Ricker. — Bergkirche
(Schlierbach). 10 Uhr: Pfarrvikar vr. Haag. — Orthopädische
Klinik (Schlierbach). 8)4 Uhr: Pfarrvikar vr. Haag. — Kapelle
des Akademischeu Krankenhauses. 1410 Uhr: Pfarrer Spitzer. —
Sanatorium SpehererS Hof. S Uhr: Stadtvikar Hessclbachcr. —
Evang. GemeindehausPfaffengrund. 1410 Uhr: Pfarrvikar Tiemer.
11 Uhr: Kindergottesdienst. — Johanneskirche (Neucnheim). 1410
Uhr: Stadtvikar Hammann. — Kriedenskirche (Handschuhsheim).
1410 Uhr: Stadtpfarrer Vogelmann. 1411 Uhr: KindergotteSdienst.
Stadtpfarrer Vogelmann. — Evang. Kirche Kirchheim. (41.0 Uhr:
Hauptgottesdienst. Stadtpfarrer Scharf. )411 Uhr: Kindergottes-
dienst. Stadtvikar Sieber. 1 Uhr: Christenlehre für Knaben. Stadt-
pfarrer Scharf. — Kreuzkirchc Wieblingen. Sonntag, den 3. 1. 32.
1410 Uhr: Predigt, 1411 Uhr: Christenlehre. — Dienstag, den 8.1.
32. 149 Uhr: Männerverein. — Mittwoch, den 8. 1. 32. 148 Uhr:
Wochengoltesdienst im Konfirmandensaal. Kirchenrat v. Neu. —
Wochengottesoienstc.
Mittwoch, den 6. Januar, abends 8 Uhr, in der Friedcnskirche in
Handschuhsheim: Jin AbendsgotteSdieust Vortrag von dem In-
spektor der Ostasienniission, Pfarrer Rosenkranz, über die Mission.
— Donnerstag, den 7. Januar, abends 8 Uhr, in Kirchheim: Wochen-
gottesdienst. Stadtvikar Sieber.
Kirchliche Vereine.
Dienstag, den S. Januar, abends 8 Uhr, im Konfirmandensaal
der Christuskirche: Zusammenkunft der Frauengruppe der Pfarrei
Christuskirche I. Vortrag von Stadtvikar Ernst Otto Becker über
„Ten Sinn der Kirche in unserer Zeit". Männer und Frauen der
Gemeinde sind herzlich eingeladen.
Bischöfliche Methodistenkirche
(Evangel. Freikirche.)
Gemeindehaus: Ladenburger Straße 23.
Sonntag, den 3. Januar, vorm. ;410 Uhr: Predigt. Prediger
Schwenk. ^>11 Uhr: Kiudergottesdienst. Abends 8 Uhr: Eröffnung
der Alltanzgebetswoche. Prediger Schwenk. — Am Dienstag, Mitt-
woch, Donnerstag je abends 8Z4 Uhr: Allianzgebetsstunden.
Altkatholische Kirchengemeinde.
Leiliggcistchorkirche — Marktplatz.
Sonntag, den 3. Januar, vorm. 10 Uhr: Deutsches Aink nist
Predigt. Stadtpfarrer Keussen. — Montag, 8 Uhr: Jugendabend.
— Donnerstag, 8 Uhr: Kirchcnchorprobs.
Katholische Gemeinde.
Pfarrei Heiliggoifi sIesuitenki-rche): Sonntag
morgens von 8 Ahr an Beichtgelegenheit; S Ahr
hl. Messe; 7 Uhr hl. Messe mit gemeinsamer hl.
Kommunion des Männerapostolats; 8 Uhr hl.
Messe mit Predigt; 9.15 Uhr Amt mit Predigt;
11 Uhr hl. Messe mit Predigt (Schüler-gott-es-
öienst); Mittags 2.30 Uhr: Andacht in all-gemei-
nen Nöten un-d Bedrängnissen mit Segen. —
St. Annakirche. Sonntag morgens von 6 Uhr an
Beichtgelegenheit; 7 Uhr Austeilung der hl. Kom-
munion; 8 Uhr hl. Messe mit Predigt; Mittags
2.30 Uhr Vesper. — St. Bonifatmskirche: Sonn-
tag früh von 6 Uhr an Beichbgelegenheit, 6 Uhr
hl. Messe; 7 Uhr hl. Messe mit gemeinsamer hl.
Kommunion der Jungfraunkon-gregaiion; 8 Uhr
deutsche Sin-gmesse mit Predigt; 9.15 Predigt u.
Hochamt; 11 Uhr Schülergottesdienst mit Pre-
digt; 2 Uhr Andacht zum hl. Jesu (S. 403). —
Akademisches Krankenhaus: Sonntag früh 7
Uhr Spendung der hl. Kommunion; 8 Uhr
Singmesse mit Predigt. — St. Raphaelspfarrei:
Sonntag 6.30 Uhr Beichlgslegenheit; 7 Uhr
meße, 9.30 Uhr Hauptgokkesdienst mit Predigt;
11 Uhr deutsche Singm'esse mit Predigt; 2 Uhr
Andach in Zeiten öffentlicher Bedrängnis mit
Segen. — Pfarrei St. Vitus Handschuhsheim:
Sonntag 6 Uhr Beichtgelegenheit, S.15 hl. Kom-
munion; 7 Uhr Frühmesse mit Monatskommu-
nion der Männer und Jünglinge; Kollekte für
das Männerapostolat; 9.30 Uhr Predigt und
Amt; 11 Uhr deutsche Singmesse mit Predigt;
nachmittags 2 Uhr Corporis-Christi-Bruderschaft
mit Segen. — Pfarrei St. Joh. v. Nep. Heidel-
berg-Rchrbach: Sonntag 6 Uhr Beichte; 7 Uhr
Singmesse und Monatskommunion der Jun-g-
srauenkongregakion und aller Jungfrauen; 9.15
Amt mit Predigt. — Krankenhaus: Sonntag 7
Gottesdienst. — Kuratie St. Laurentius Heidel-
berg-Schlierbach: Sonntag 6.15 Uhr Beichte; 7.15
Frühmesse; 9.30 Hauptgotkesdienst mit Predigt;
2 Uhr nachmittags: Cvrporis-Ehristi-Bruder-
schafk. — Kuratie St. Joseph: Sonntag 7 Uhr
Frühmesse mit Monakskommunion des Männer-
apostolats und aller Männer und Jünglinge; 9.30
Uhr deutsche Singmesse mik Predigt; 1 Uhr
Weihnachtsandach-k mit Segen; 7 Uhr Rosen-
kranz. — Pfalfengrund: Sonntag 7 Uhr Auskei-
lung der hi. Kommunion: 9 Uhr deutsche Sing-
messe mit Predigt Und Monakskommunion der
Männe-r und Zünaling«; 5.30 Weihnachksan-
dachk. — St. Bartholomäuspfarrei Heidelberg-
Mieblinaen: Sonntag iFest des hl. Namens
I-suL 73.0 Uhr Frühmesse mit Austeilung der
hl. Kommunion; 9.30 Uhr Haupt-goltesdienst mit
Amt und Predigt; 1.30 Uhr Weihnachtsandachk;
— Orthopädische Klinik Heidelberg-Schlierbach:
Sonntag 7.15 Uhr Singmesse mit Predigt. —
Wielandhelm Heidelberg-Schlierbach: Sonntag
8.30 Uhr: Singmesse mit Ansprache.
Eopyright by Hanseatische Verlagsanflalk.
Hamburg 38.
83. Fortsetzung.
Hohlofenleute lagen im Bette. Heinrich
Korn hatte das Licht brennen lassen r.nd
erzählte. Seine Frau rief einmal über
das andere: „Es ist nit zu glauben!"
lachte dazwischen hinein wiederholt laut:
„Bater, hör auf!" und war zuletzt halb
fröhlich, halb wehmütig. „Bater, ist es nit
eigentlich traurig, daß das notwendig
war?"
Da legte ihr der Bauer den Arm um
die Schultern und zog sie fest an seine
breite Brust. „Still, Mutter! Ich bin
selber halb so und halb so dabei gewesen,
aber schön war's doch. Wie sie zusam-
menfuhren! Und wie ich durch das Kel-
lerfenster kroch! Jesses, Jesses! — Schlaf
seht, Mutter. Nach der Heuernte ist
Hochzeit. Dann — braucht der Hohl-
öfner keine Dummheiten mehr zu machen,
dann wird er ein gesetzter Mann."
„Alles glaub ich, Bater, aber das nit.
— Gute Nacht!"
Und andern Tages war es so ganz,
ganz anders. Lehrer Siebert schickte
seine alte Aufwärkerin und ließ den Hohl-
öfner zu sich bitten. Es ging aufs Ende
mit ihm. Nun wollte er, was er bislang
aufgeschoben, in Ordnung bringen.
Der Bauer wußte durch Philipp En-
gel, um was es sich handelte. Er saß am
Bette und nickte zu den Ausführungen
des Kranken. Als der zu Ende war,
sprach Korn: „Wenn's denn sein muß,
dann helfen Sie mir, es auch ganz zu
Ende bringen. Meinen Sie, daß es Ih-
nen der Herrgott übel nimmt?" Und er
entwickelte ihm seinerseits einen Plan-
Lehrer Siebert lächelte: „Das nimmt
er mir nicht übel. Wie sollte er denn?
Aber Sie müssen rasch machen."
Am Nachmittage war der Notar aus
dem Städtchen da.
Lehrer Siebert machte Marie Ber-
teles zur alleinigen Erbin seines beschei-
denen Vermögens. Die Summe betrug
nusgerechnet soviel, daß, mit dem zusam-
men, was das Mariele und Rudolf be-
reits besaßen, die geforderten fünftau-
send Taler um zweihundert Mark über-
schritten waren.
Beim Fortgehen drückte der Dauer
dem Kranken die Hand und hielt sie fest.
„Ich nehm's für ein Darlehn, und sobald
alles in Ordnung ist, gebe ich's der
Schule. Dann kann dafür angeschafft
werden, was Kantor Ritter gern haben
will. — Gott helfe Ihnen und: Schönen
Dank für alles!"
Draußen war er, weil ihm die Stim-
me brach! Als er die Abmachung seiner
Frau erzählt hatte, lief die ins Berteles-
häusel, nahm das Mariele in beide Arme
und küßte sie.
„Mariele, komm, der Lehrer stirbt.
Wir wollen ihn noch einmal besuchen."
Sie pflückten zusammen einen gro-
ßen Fliederstrauh und gingen in die
Krankenstube. Der Maienmonü schien.
Lehrer Siebert war schmerzfrei und fröh-
lich. Der Besuch war ihm der schönste
Ausklang seines Lebens.
„Schwester," sagte er, Marie Ber-
teles lächelnd in die Augen sehend,
„Schwester — ich darf's doch sagen?"
Das Mariele nickte. Zu sprechen
vermochte sie nicht.
„Schlägl die Wachtel wieder?"
„Ja, gestern abend habe ich sie ge-
hört," kam es tränenerstickt aus des
Mädchens Munde.
„Wenn Sie morgen hinausgehen an
den Rain, dann denken Sie daran, daß
ich sage: Behüt dich Gott."
In demselben Augenblick klang Phi-
lipp Engels Geige- Er stand unter der
Dorflinde und spielte in die Nacht hin-
aus.
„Philipp ist da!" jubelte der Kranke.
„Jetzt ist alles, alles gut!"
Die Frauen gingen.
In der Nacht starb Lehrer Siebert
in des Freundes Armen.-
Rudolf Korn hatte gekündigt. In
vierzehn Tagen war seine Zeit um. Dann
ging er heim und heiratete das Mariele,
einerlei, ob die fünftausend Taler bei-
sammen waren oder nicht.
Der alte Herr Schmidt begegnete ihm,
als Rudolf aus der Schreibstube trat.
„Nun, Korn? Was haben Sie denn
da drin zu tun gehabt?"
„Ich habe gekündigt."
„Ihre Zeit ist um? — Kommen Sie
noch einen Augenblick her."
Es war in dem bescheidenen Arbeits-
raum des reichen Mannes.
„Setzen Sie sich, Korn," nötigte er.
And dann: „Sie gehen wieder heim
in Ihren Kreis, aus dem Sie eigentlich
nie fortgegangen sind. Ich wünsche Ih-
nen, daß Sie wenigstens in Ihrem Dorfe
erreichen, was Sie erreichen möchten.
Sie glauben, die Stadt zu kennen und
kennen Sie wohl auch bis zu einem ge-
wissen Grade. Nun aber lassen Sie sich
nicht verleiten, beide auf die gleiche Ebene
bringen zu wollen. Das' geht nicht.
Ebenso falsch aber wäre es, eines über
das andere zu stellen. Sie sind verschie-
den und werden und müssen verschieden
bleiben. Wir haben nie ein Wort ge-
sprochen über die Gegenssätze, die absicht-
lich, zu eigennützigen Zwecken, hineinge-
tragen werden. Sie sind aber da, und
wir müssen mit ihnen rechnen- Was Sie
wollen, Bauer und Arbeiter als Men-
schen einander näher bringen, ist so ver-
nünftig, daß es — bekämpft werden wird.
Ich würde Sie bedauern, wenn Sie darin
Ihres Lebens Hauptaufgabe sehen wür-
den, aber ist freue mich, wenn Sie sie
neben Ihrem Beruf, Brot zu schaffen, zu
erfüllen versuchen. — Leben Sie wohl,
Korn."
Das waren Morte, die Rudolf Korn
viel zu schaffen machten.
(Fortsetzung folgt).
Samstag, den 2. Januar 1932.
2. Iahrg. / Nr. i
SM DMg.
SilikllemMt.
Verhältnismäßig ruhige Silvesternacht. Ent-
gegen früheren Jahren verlief hie Silvesternacht
oiesmal weit ruhiger; Has Loch im Geldbeutel
des Volkes hak sich eben im Jahre 1931 ganz
gewaltig vergrößert und wenn, wie im vergange-
nen Jahre so viel Geld verpulvert wurde, so
bleibt für das Volk zum Silvester-Spuk halt
nichts mehr übrig. So drückte die Not des Vol-
kes auch dem althergebrachten Brauch des Sil-
veskerschießsns ihren Stempel auf. Zn den mei-
sten Wlrkschaftsbekrieben war nicht allzuviel los,
lediglich einige bekanntere Vergnll-gungs- und
Tanzstätten wiesen starken Besuch auf.
Der erste Tag des Jahres 1932. Der gestrige
Ne-ujahrstag machte uns gleich mit dem strengen
Winker bekannt. Das Thermometer ging wäh-
rend Hes ganzen Tages über den Gefrierpunkt
hinaus. Zn den Mittagsstunden schien es, als
wenn mit weiteren Schneefällen zu rechnen sei,
doch hellte sich später der Himmel wieder auf.
Der Tag wurde von den Heidelbergern zu Aus-
flügen in die nahen Wälder, die in herrlichstem
Winterschmuck lagen, reichlich ausqenußt. Auf
dem Königstuhl, wo während des ganzen Tages
reger Verkehr herrschte, war um die siebte
Abendstunde eine Kälte von 7 Grad zu verzeich-
nen. Am Morgen lag über der Stadt ein
herrliches Ne'belmeer; die Temperatur zeigte
-dgrk oben in den Mittagsstunden 4 Grad Kälte.
Der Skibekr-ieb war bei 7 Zentimeter Schnee-
höhe leider bei gefrorenem Schnee mäßig, wäh-
rend die Rodelbahn bis zum Blockhaus herab
stärker benutzt wurde.
Die Eisbahn wieder eröffnet. Die Eisbahn
auf dem Meßplatz wurde am gestrigen Neujahrs-
tag wieder eröffnet. Bei einem Eintrittspreis
von 10 Pfg. für Erwachsene u. Kinder herrschte
auf der Bahn Hochbetrieb.
Aus dem Stadtrat.
Sitzung vom 30. Dezember 1931.
Der Stadtrat hat in seiner Sitzung vom 30.
Dezember 1931 mehrere Projekte für -die Ver-
legung der Odenwald-bahn zwischen Karlstor und
Teufelskanzel und für den Neubau Karlskor-
bahnhof erörtert und für den Fall, daß die Bau-
arbeiten baldigst in Angriff genommen werden,
die Bewilligung eines größeren städtischen Zu-
schusses in Aussicht gestellt.
Der Stadtrat genehmigt aufgrund der vor-
her gemachten außerordentlich günstigen Erfah-
rungen, daß 28 jugendliche Swerbslose während
6 Wochen an einem Fortbildungskurs auf dem
Heuberg teilnehmen.
Zm Hinblick auf die besonderen Verhältnisse
dieses Jahres wird in landwirtschaftlichen Be-
trieben für die auf Martini 1931 verfallenen
Pachtzinsen für landwirtschaftliche Parzellen-
grundstücke allgemein ausnahmsweise ein ein-
maliger Rabatt gewährt und zwar in Höhe von
s 10 Prozent, falls die Pachtzinsen bis spätestens
I 29. Februar 19)2 bezahlt sind.
Geringe SerMnng der StrnbeMmeiie.
M dn den FOsWOkMrii!
Vom Obsrb.n^e-areister wird nvtgekeilt:
Der Nichskommissar für Preissenkung hak zu-
gesagt, den Erlaß der Beförderungssteuer für
diejenigen Straßenbahnrnkernehmungen zu un-
terstützen, welche die Ersparnisse aus diesem
Steuererlaß sowie die Ersparnisse aus der Not-
verordnung vom 8. Dezember 1931 lm vollen
Umfange zur Senkung der Sk-raßenbahntarife
verwenden. Aus diesem Grunde hat der Auf-
sichksrat der Heidelberger Straßen- und Berg-
bahn A.-G. ln der Sitzung vom 29. Dezember
1931 beschlossen, die Ersparnisse zur Senkung der
Tarife zu benutzen, um dadurch der Bevölkerung
entgegenzukommen und den Erlaß der Beförde-
rungssteuer, die heute noch jährlich 57 000 RM
beträgt, zu erreichen. Diese Summe reicht zu-
sammen mit den Ersparnissen aus der Lohnsen-
kung forme sonstigen kleineren in der Notverord-
nung vorgesehenen Vergünstigungen aus, den
Preis der Fahrscheinheftchen derart herabzu-
sehen, daß in Zukunft Hefle zu 1.— RM mit
sechs Fahrscheinen ausgegehen werden und so-
mit der Preis für den Fahrschein des Heftchens
von 18,75 Pfg. auf IS,SS Pfg., also um rund 11
Prozent, herabgesetzt wird. Diese neue Ermäßi-
gung der Fahrpreis wird auch auf den Berg-
bahnstrecken wirksam werden, für die ja erst vor
kurzem eine radikale Senkung durchgeführt
wurde.
3n Anbetracht der ungünstigen Lage des Un-
ternehmens war es leider nicht möglich, weitere
Ermäßigungen durchzuführen, insbesondere
konnte der Preis für die Wochen- und Monats-
karten nicht weiter herabgesetzt werden, da ab-
gesehen von der für das Unternehmen gegen-
wärtig nicht tragbaren sehr weitgehenden finan-
ziellen Auswirkung einer solchen Maßnahme
dis Wochen- und Monatskarten in Heidelberg
ganz außerordentlich billig sind. Z. B. kostet
bei einer Wochenkarte über vier Zahlstrecken,
etwa auf der Strecke Karlstor—Handschuhsheim
Endpunkt die Fahrt 10 Pfg., was einem Kilo-
meferpreis von etwa 2 Pfg. entspricht. Bei der
gleichen Berechnung ergibt sich für die Monats-
karten ein noch geringerer Preis von 1,6 Pfg.
je Kilometer. Diese Preise liegen schon jetzt so
weit unter den eigenen Selbstkosten, daß eine
weitere Senkung aus wirtschaftlichen Gründen
nicht in Frage kommen kann.
Der Vorschlag der Preissenkung soll dem
Preiskommissar unverzüglich eingereicht werden;
um jedoch der Bevölkerung die Vorteile der
Preisermäßigung sofort zugute kommen zu las-
sen, hat der Aufsichksrat beschlossen, die Ermäßi-
gung schon mit Wirkung vom 1. Januar 1932
einlreten zu lassen.
Filmschan.
In den Schlohlichkspielen steht man den
Lustspielschlager „Er und sein Diener" mit
Paul Henkel, Paul Heidemann, Oskar
Sabo u. a. berühmten Künstlern. Außer-
dem wird ein Lehrfilm „3m Spiele der Wel-
len" gezeigt. Tonwoche und Lustspiel ver- ,
vollständigen das Programm.
Die Kulturfilmbühne zeigt die reizende
Tonfilmopperette „Die drei von der Tank-
stelle" mit Lilian Harvey, Willy Fritsch,
Felix Bressark, Oskar Karlweiß, Fritz Käm-
pers, Olga Tschechowa u. a. Außerdem steht
man einen Kulturfilm „Beschwingte Ehen"
und ein Lustspiel „In Jena sind alle Mädels
so blond". Besonders sei auf die Wochen-
schau hingewiesen, in der der Gottesdienst
anläßlich der Tagung der Nationalen Oppo-
sition in Harzburg gezeigt wird.
Ärztlicher Sonntagsdienst.
Falls der Hausarzt verreist ist. wende man
sich an Dr. Wißet, Karlstraße 9, Tel. 1819.
Zlpothekcn-Sonntagsdienst.
Umversiiätsapotheke, Hauptstraße 114, Tel. 382.
B-rgheimerapotheke, Bergheimerstratze 5.
Kirchliche Nachrichten.
Evangelische Gemeinde.
8. Sonntag »ach Weihnachten, 3. Januar 1932.
Heiliggelstkirche. 10 Uhr: Prof. vr. KnevelS. — Provideiiz-
ktrche. 1410 Uhr: Kirchenrat Schlier.— PeterSkirche. 6 Uhr: Stadt-
vikar Erhardt. — Christuskirche. 1410 Uhr: Stadtvikar Erhardt. —
Dlakonissenhauskapellc (Plöck 47). Punkt 10 Uhr vorn,.: Gottes-
dienst. Pfarrer Rieden. 11 Uhr: Jugendgottesdienst. K UHr nachm.:
Eröffnung der Allianz-GebetSwoche. Pfarrer Rieden. — Montag
bis Freitag jeweils 8)4 Uhr abends: Versammlung der Allianz-
GebetSwoche ini Vereinshaus (Plöck 18). — Herberge zur Heimat
(Hashelgasse). 814 Uhr von».: Stadtmissionar Ricker. — Bergkirche
(Schlierbach). 10 Uhr: Pfarrvikar vr. Haag. — Orthopädische
Klinik (Schlierbach). 8)4 Uhr: Pfarrvikar vr. Haag. — Kapelle
des Akademischeu Krankenhauses. 1410 Uhr: Pfarrer Spitzer. —
Sanatorium SpehererS Hof. S Uhr: Stadtvikar Hessclbachcr. —
Evang. GemeindehausPfaffengrund. 1410 Uhr: Pfarrvikar Tiemer.
11 Uhr: Kindergottesdienst. — Johanneskirche (Neucnheim). 1410
Uhr: Stadtvikar Hammann. — Kriedenskirche (Handschuhsheim).
1410 Uhr: Stadtpfarrer Vogelmann. 1411 Uhr: KindergotteSdienst.
Stadtpfarrer Vogelmann. — Evang. Kirche Kirchheim. (41.0 Uhr:
Hauptgottesdienst. Stadtpfarrer Scharf. )411 Uhr: Kindergottes-
dienst. Stadtvikar Sieber. 1 Uhr: Christenlehre für Knaben. Stadt-
pfarrer Scharf. — Kreuzkirchc Wieblingen. Sonntag, den 3. 1. 32.
1410 Uhr: Predigt, 1411 Uhr: Christenlehre. — Dienstag, den 8.1.
32. 149 Uhr: Männerverein. — Mittwoch, den 8. 1. 32. 148 Uhr:
Wochengoltesdienst im Konfirmandensaal. Kirchenrat v. Neu. —
Wochengottesoienstc.
Mittwoch, den 6. Januar, abends 8 Uhr, in der Friedcnskirche in
Handschuhsheim: Jin AbendsgotteSdieust Vortrag von dem In-
spektor der Ostasienniission, Pfarrer Rosenkranz, über die Mission.
— Donnerstag, den 7. Januar, abends 8 Uhr, in Kirchheim: Wochen-
gottesdienst. Stadtvikar Sieber.
Kirchliche Vereine.
Dienstag, den S. Januar, abends 8 Uhr, im Konfirmandensaal
der Christuskirche: Zusammenkunft der Frauengruppe der Pfarrei
Christuskirche I. Vortrag von Stadtvikar Ernst Otto Becker über
„Ten Sinn der Kirche in unserer Zeit". Männer und Frauen der
Gemeinde sind herzlich eingeladen.
Bischöfliche Methodistenkirche
(Evangel. Freikirche.)
Gemeindehaus: Ladenburger Straße 23.
Sonntag, den 3. Januar, vorm. ;410 Uhr: Predigt. Prediger
Schwenk. ^>11 Uhr: Kiudergottesdienst. Abends 8 Uhr: Eröffnung
der Alltanzgebetswoche. Prediger Schwenk. — Am Dienstag, Mitt-
woch, Donnerstag je abends 8Z4 Uhr: Allianzgebetsstunden.
Altkatholische Kirchengemeinde.
Leiliggcistchorkirche — Marktplatz.
Sonntag, den 3. Januar, vorm. 10 Uhr: Deutsches Aink nist
Predigt. Stadtpfarrer Keussen. — Montag, 8 Uhr: Jugendabend.
— Donnerstag, 8 Uhr: Kirchcnchorprobs.
Katholische Gemeinde.
Pfarrei Heiliggoifi sIesuitenki-rche): Sonntag
morgens von 8 Ahr an Beichtgelegenheit; S Ahr
hl. Messe; 7 Uhr hl. Messe mit gemeinsamer hl.
Kommunion des Männerapostolats; 8 Uhr hl.
Messe mit Predigt; 9.15 Uhr Amt mit Predigt;
11 Uhr hl. Messe mit Predigt (Schüler-gott-es-
öienst); Mittags 2.30 Uhr: Andacht in all-gemei-
nen Nöten un-d Bedrängnissen mit Segen. —
St. Annakirche. Sonntag morgens von 6 Uhr an
Beichtgelegenheit; 7 Uhr Austeilung der hl. Kom-
munion; 8 Uhr hl. Messe mit Predigt; Mittags
2.30 Uhr Vesper. — St. Bonifatmskirche: Sonn-
tag früh von 6 Uhr an Beichbgelegenheit, 6 Uhr
hl. Messe; 7 Uhr hl. Messe mit gemeinsamer hl.
Kommunion der Jungfraunkon-gregaiion; 8 Uhr
deutsche Sin-gmesse mit Predigt; 9.15 Predigt u.
Hochamt; 11 Uhr Schülergottesdienst mit Pre-
digt; 2 Uhr Andacht zum hl. Jesu (S. 403). —
Akademisches Krankenhaus: Sonntag früh 7
Uhr Spendung der hl. Kommunion; 8 Uhr
Singmesse mit Predigt. — St. Raphaelspfarrei:
Sonntag 6.30 Uhr Beichlgslegenheit; 7 Uhr
meße, 9.30 Uhr Hauptgokkesdienst mit Predigt;
11 Uhr deutsche Singm'esse mit Predigt; 2 Uhr
Andach in Zeiten öffentlicher Bedrängnis mit
Segen. — Pfarrei St. Vitus Handschuhsheim:
Sonntag 6 Uhr Beichtgelegenheit, S.15 hl. Kom-
munion; 7 Uhr Frühmesse mit Monatskommu-
nion der Männer und Jünglinge; Kollekte für
das Männerapostolat; 9.30 Uhr Predigt und
Amt; 11 Uhr deutsche Singmesse mit Predigt;
nachmittags 2 Uhr Corporis-Christi-Bruderschaft
mit Segen. — Pfarrei St. Joh. v. Nep. Heidel-
berg-Rchrbach: Sonntag 6 Uhr Beichte; 7 Uhr
Singmesse und Monatskommunion der Jun-g-
srauenkongregakion und aller Jungfrauen; 9.15
Amt mit Predigt. — Krankenhaus: Sonntag 7
Gottesdienst. — Kuratie St. Laurentius Heidel-
berg-Schlierbach: Sonntag 6.15 Uhr Beichte; 7.15
Frühmesse; 9.30 Hauptgotkesdienst mit Predigt;
2 Uhr nachmittags: Cvrporis-Ehristi-Bruder-
schafk. — Kuratie St. Joseph: Sonntag 7 Uhr
Frühmesse mit Monakskommunion des Männer-
apostolats und aller Männer und Jünglinge; 9.30
Uhr deutsche Singmesse mik Predigt; 1 Uhr
Weihnachtsandach-k mit Segen; 7 Uhr Rosen-
kranz. — Pfalfengrund: Sonntag 7 Uhr Auskei-
lung der hi. Kommunion: 9 Uhr deutsche Sing-
messe mit Predigt Und Monakskommunion der
Männe-r und Zünaling«; 5.30 Weihnachksan-
dachk. — St. Bartholomäuspfarrei Heidelberg-
Mieblinaen: Sonntag iFest des hl. Namens
I-suL 73.0 Uhr Frühmesse mit Austeilung der
hl. Kommunion; 9.30 Uhr Haupt-goltesdienst mit
Amt und Predigt; 1.30 Uhr Weihnachtsandachk;
— Orthopädische Klinik Heidelberg-Schlierbach:
Sonntag 7.15 Uhr Singmesse mit Predigt. —
Wielandhelm Heidelberg-Schlierbach: Sonntag
8.30 Uhr: Singmesse mit Ansprache.
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Hamburg 38.
83. Fortsetzung.
Hohlofenleute lagen im Bette. Heinrich
Korn hatte das Licht brennen lassen r.nd
erzählte. Seine Frau rief einmal über
das andere: „Es ist nit zu glauben!"
lachte dazwischen hinein wiederholt laut:
„Bater, hör auf!" und war zuletzt halb
fröhlich, halb wehmütig. „Bater, ist es nit
eigentlich traurig, daß das notwendig
war?"
Da legte ihr der Bauer den Arm um
die Schultern und zog sie fest an seine
breite Brust. „Still, Mutter! Ich bin
selber halb so und halb so dabei gewesen,
aber schön war's doch. Wie sie zusam-
menfuhren! Und wie ich durch das Kel-
lerfenster kroch! Jesses, Jesses! — Schlaf
seht, Mutter. Nach der Heuernte ist
Hochzeit. Dann — braucht der Hohl-
öfner keine Dummheiten mehr zu machen,
dann wird er ein gesetzter Mann."
„Alles glaub ich, Bater, aber das nit.
— Gute Nacht!"
Und andern Tages war es so ganz,
ganz anders. Lehrer Siebert schickte
seine alte Aufwärkerin und ließ den Hohl-
öfner zu sich bitten. Es ging aufs Ende
mit ihm. Nun wollte er, was er bislang
aufgeschoben, in Ordnung bringen.
Der Bauer wußte durch Philipp En-
gel, um was es sich handelte. Er saß am
Bette und nickte zu den Ausführungen
des Kranken. Als der zu Ende war,
sprach Korn: „Wenn's denn sein muß,
dann helfen Sie mir, es auch ganz zu
Ende bringen. Meinen Sie, daß es Ih-
nen der Herrgott übel nimmt?" Und er
entwickelte ihm seinerseits einen Plan-
Lehrer Siebert lächelte: „Das nimmt
er mir nicht übel. Wie sollte er denn?
Aber Sie müssen rasch machen."
Am Nachmittage war der Notar aus
dem Städtchen da.
Lehrer Siebert machte Marie Ber-
teles zur alleinigen Erbin seines beschei-
denen Vermögens. Die Summe betrug
nusgerechnet soviel, daß, mit dem zusam-
men, was das Mariele und Rudolf be-
reits besaßen, die geforderten fünftau-
send Taler um zweihundert Mark über-
schritten waren.
Beim Fortgehen drückte der Dauer
dem Kranken die Hand und hielt sie fest.
„Ich nehm's für ein Darlehn, und sobald
alles in Ordnung ist, gebe ich's der
Schule. Dann kann dafür angeschafft
werden, was Kantor Ritter gern haben
will. — Gott helfe Ihnen und: Schönen
Dank für alles!"
Draußen war er, weil ihm die Stim-
me brach! Als er die Abmachung seiner
Frau erzählt hatte, lief die ins Berteles-
häusel, nahm das Mariele in beide Arme
und küßte sie.
„Mariele, komm, der Lehrer stirbt.
Wir wollen ihn noch einmal besuchen."
Sie pflückten zusammen einen gro-
ßen Fliederstrauh und gingen in die
Krankenstube. Der Maienmonü schien.
Lehrer Siebert war schmerzfrei und fröh-
lich. Der Besuch war ihm der schönste
Ausklang seines Lebens.
„Schwester," sagte er, Marie Ber-
teles lächelnd in die Augen sehend,
„Schwester — ich darf's doch sagen?"
Das Mariele nickte. Zu sprechen
vermochte sie nicht.
„Schlägl die Wachtel wieder?"
„Ja, gestern abend habe ich sie ge-
hört," kam es tränenerstickt aus des
Mädchens Munde.
„Wenn Sie morgen hinausgehen an
den Rain, dann denken Sie daran, daß
ich sage: Behüt dich Gott."
In demselben Augenblick klang Phi-
lipp Engels Geige- Er stand unter der
Dorflinde und spielte in die Nacht hin-
aus.
„Philipp ist da!" jubelte der Kranke.
„Jetzt ist alles, alles gut!"
Die Frauen gingen.
In der Nacht starb Lehrer Siebert
in des Freundes Armen.-
Rudolf Korn hatte gekündigt. In
vierzehn Tagen war seine Zeit um. Dann
ging er heim und heiratete das Mariele,
einerlei, ob die fünftausend Taler bei-
sammen waren oder nicht.
Der alte Herr Schmidt begegnete ihm,
als Rudolf aus der Schreibstube trat.
„Nun, Korn? Was haben Sie denn
da drin zu tun gehabt?"
„Ich habe gekündigt."
„Ihre Zeit ist um? — Kommen Sie
noch einen Augenblick her."
Es war in dem bescheidenen Arbeits-
raum des reichen Mannes.
„Setzen Sie sich, Korn," nötigte er.
And dann: „Sie gehen wieder heim
in Ihren Kreis, aus dem Sie eigentlich
nie fortgegangen sind. Ich wünsche Ih-
nen, daß Sie wenigstens in Ihrem Dorfe
erreichen, was Sie erreichen möchten.
Sie glauben, die Stadt zu kennen und
kennen Sie wohl auch bis zu einem ge-
wissen Grade. Nun aber lassen Sie sich
nicht verleiten, beide auf die gleiche Ebene
bringen zu wollen. Das' geht nicht.
Ebenso falsch aber wäre es, eines über
das andere zu stellen. Sie sind verschie-
den und werden und müssen verschieden
bleiben. Wir haben nie ein Wort ge-
sprochen über die Gegenssätze, die absicht-
lich, zu eigennützigen Zwecken, hineinge-
tragen werden. Sie sind aber da, und
wir müssen mit ihnen rechnen- Was Sie
wollen, Bauer und Arbeiter als Men-
schen einander näher bringen, ist so ver-
nünftig, daß es — bekämpft werden wird.
Ich würde Sie bedauern, wenn Sie darin
Ihres Lebens Hauptaufgabe sehen wür-
den, aber ist freue mich, wenn Sie sie
neben Ihrem Beruf, Brot zu schaffen, zu
erfüllen versuchen. — Leben Sie wohl,
Korn."
Das waren Morte, die Rudolf Korn
viel zu schaffen machten.
(Fortsetzung folgt).