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MS fisiilssS

für VöMMlS

8ür Kreiheit und Brot!

Freiverkauf 15 Pfx

Montag, den 18. Januar 1932

Mr. 14 / 2. Jahrgang

Brünings Dank an Briand

Ein sonderbares Telegramm

Brüning schweigt

Herriot hetzt

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den

die

man zu diesem
des derzeitigen
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Zoll-
Brü-
diese
mit

MUH: Vekdewergei Beodachler Herausgeber: ONo Wetzel,
kchristleiwng: Luttzerstratze W, Telephon 4648
H« Heidelberger Beobachter erscheint 8 mal wöchentlich und
zHo monatlich r.40 RM. Bet Postbezug zuzüglich so Psg.
tz-Lellungcn nehmen die Postämter und Briefträger entgegen.
W die Zeitung am Erscheinen (auch durch höhere Gewalt
e «Hindert, besteht lein Aawruch »ui Entschädigung

„Werden wir wieder zum alten Regime
der Papierfehen zurückkehren? Für
Deutschland ist es also ein Tribut, wenn
es die Folgen der Zerstörungen bezahlen
soll, die es angehäuft hak, der Brandstif-
tungen, die es anlegte und der Leiden,
die es aufzwang. — Deutschland könne
nur deshalb im Augenblick nicht zahlen,
weil es ungeheure Ausgaben für seine
Aufrüstung gemacht habe. Wenn Dr.
Brüning, -er erst kürzlich mit so viel
Hochachtung in Paris empfangen worden
sei, aus innenpolitischen Gründen die
gleiche These zu unterstützen suche wie
Hitler, so gehe das Frankreich nichts an.
Wir Franzosen fragen uns schließlich
aber dann: „Warum nicht Hitler selbst?"
Zu gleicher Zeit veröffentlicht eine große
Pariser Zeitung eine Karrikatur, die den
deutschen Botschafter als lumpigen Bettler
auf einem zweirädrigen Karren von einem
ebenso zweifelhaften Subjekt gezogen, dar-
stellt.
Man sollte nun denken, der pflichtgemäß
mit -er Wahrung der deutschen Ehre be-
traute Herr Dr. Heinrich Brüning habe
durch den deutschen Botschafter in Paris
Protest erheben lassen gegen diese Unver-
schämtheiten, wie sie die Aeußerungen Her-
riots und jene Karrikatur darstellen. —
Irrtum!
Man hat von einem Protest Brünings
nichts gehört! Er hat anderes zu tun
sicherlich wichtigeres. Nachdem er jüngst das
Ausland vor der „Wellgefahr des Natio-
nalsozialismus" warnte, wird jetzt durch

Pn, eigen: Die 8 gespaltene MiMmeterzelle 10 Pfg. DW
4 gespaltene Millimeterzeile im Textteil 25 Pffl. Für kleine
Anzeigen: Die 8 gespaltene Millimeterzeile 5 Pfg. Bei Wieder-
holung Rabatt nach aufliegendem Taris. Schluß der Anzeigen-
Annahme: 18 Uhr. Anzeigen - Annahme: Lutherstratze 55,
Tel. 4048; Marktplatz 3, Tel. 86. Zahlungs-und Erfüllungs-
ort: Heidelberg. Ausschließlicher Gerichtsstand: Heidelberg.
Postscheckkonto. Heidelberger Beobachter, Karlsruhe 21834

S.- Wir berichteten jüngst, daß sich Herr
Dr. Heinrich Brüning unter dem Druck der
nationalsozialistischen Volksstimmung genö-
tigt sah, den Botschaftern der Grvßstaaten
bekannt zu geben, daß Deutschland weder
jetzt, noch in Zukunft Reparationen zahlen
werde — und wir gaben 'chon damals der
Befürchtung Ausdruck, daß die Versuche
der „staatserhaltenden" Presse und eines
Herrn Finanzministers Dr. Dietrich, diese
Erklärung um jeden Preis abzuschwächen,
verheerende Folgen für die deutsche Außen-
politik zeitigen würden.
Noch nicht eine Woche ist seit unserer
damaligen Warnung verstrichen, und schon
liegen die ausgereiften Früchte neudeutscher
außenpolitischer „Strategie" und „Taktik"
vor uns.
England, bekanntlich bisher geneigt, die
endgültige Streichung der Reparationen zu
fordern, ist völlig in die französische Front
eingeschwenkt. Offensichtlich regierungssei-
tig beeinflußte Leitartikel der gesamten eng-
lischen Presse begeistern sich plötzlich ebenso
für eine „vorläufige" Regelung der Repa-
rationen auf der Lausanner Konferenz, wie
fie bisher definitive Entschließungen ver-
langten. Deutlich lassen die amtlichen Ver-
lautbarungen den Wunsch erkennen, in
Uebereinstimmung mit der französischen An-
ficht, die Lausanner Konferenz zu vertagen,
oder zumindest bedeutungslos zu machen.
Deutschland soll nur eine Verlängerung des
Hoovermoratoriums um 5 Monate zugestan-
den werden: dann soll es sich zur Leistung
einer „Minimalsumme" an jährlichen Tri-
butzahlungen verpflichten.
Diesem Vorschlag leihen selbst die bisher
durchaus nicht profranzösisch eingestellten

Herren Layton und Keynes ihre Feder. Der
englische Stimmungsumschwung zu Angun-
sten Deutschlands ist die natürliche Folge
einer deutschen Außenpolitik, die wir schon
einmal mit der Echternacher Springprozes-
sion verglichen haben. Herr Brüning zahlt
keine Reparationen mehr, sso versicherte er
wenigstens): Herr Dietrich zahlt vielleicht
doch, wenn. . . und die Systempresse ver-
sichert, dazu, daß es der Kanzler „gar nicht
so schlimm gemeint" habe! — Was aber tut
der Kanzler und Außenminister des deut-
schen Reiches, nach all diesem verderblichen
Hin und Her? Herr Heinrich Brüning, dem
obliegen sollte, durch eine eindeutige Erklä-
rung der Meinung und dem unabänderlichen
Willen des deutschen Volkes gegenüber dem
Ausland Ausdruck zu geben, von dem man
die Erklärung verlangen müßte:
„Deutschland zahlt niemals mehr Repa-
rationen!"
Herr Heinrich Brüning schweigt sich aus
— und Schweigen ist nicht immer Gold:
was es in diesem Falle ist, dürfen wir lei-
der nicht sagen. —
Im gleichen Ausmaße, in dem der der-
zeitige deutsche Kanzler schweigt, arbeitet die
französische Diplomatie, beeinflußt die fran-
zösische Presse die öffentliche Meinung.
GeneralBourgeois veröffentlicht im „Echo
de Paris" wahre Schauermärchen über deut-
sche Geheimrüstungen. „Petit Parisien"
fordert Vertagung der Lausanner Konferenz.
Einen besonderen Husarenritt leistet sich der
ehemalige Ministerpräsident Herriot. Er
schreibt in einem Artikel, den er der ,.North
American Newspaper Alliance" übergeben
hat:

der nichtpolitischen Verbände von
politischen Verbänden zu unterscheiden.
Praktisch würde es sich also darum handeln,
daß kleinere Abzeichen, Rosetten usw. in
Zukunft wieder zugelassen würden. Die Be-
sprechungen sind bereits so weit gediehen,
so daß in Kürze mit der Aufhebung des
Verbots zu rechnen ist. Das Uniformver-
bot wird natürlich hiervon nicht berührt.
Für die Aufhebung des Abzeichenverbots ist
eine eigene Verordnung des Reichspräsiden-
ten notwendig. — Wahrscheinlich hat man
eingesehen, daß die NSDAP auch ohne
Abzeichen an die Macht kommt!
Frontsoldaten gehen zu
Hitler
Die Frontkriegerbund e. V.-Ortsgrnppe
Karlsruhe — hak sich durch eigenen Be-
schluß selbst aufgelöst und der Ortsgruppe
der NSDAP angeschlossen.

einen Herrn Brüning gewiß nicht angeneh-
men Zufall, sein neuestes diplomatisches
Meisterstück bekannt. Anläßlich des Rück
tritts des politischen Rattenfängers Briand
vom Posten des französischen Außenmini-
stern sandte der Herr Doktor Heinrich Brü-
ning folgendes Telgramm an Briand
„Zu meinem großen Bedauern höre ich,
daß Eure Exzellenz die Leitung des franz.
Außenministeriums aufgehoben hat.
Ich denke an den großen Anteil, den Sie
bei den internationalen Bemühungen für
die Lösung der schweren Nachkriegspro-
bleme gehabt haben und an die persöm
liehe Zusammenarbeit in den letzten Jah-
ren, weshalb ich nicht versäumen möchte.
Ihnen in diesem Augenblick meine Grüße
und meine herzlichsten Wünsche zu über-
senden. Ich hoffe aufrichtig, daß die
Mußestunden, die nun für Sie gekom-
men sind, dazu dienen mögen, sich von
den außergewöhnlichen Anstrengungen
der letzten Jahre zu erholen und Ihnen
eine vollständige Wiederherstellung Ihrer
Arbeitskraft bringen."
Man weiß nicht, was
merkwürdigen Telegramm
Reichskanzlers sagen soll,
tischer Höflichkeit" läßt sich dieser höchst
seltsame Schritt nicht entschuldigen, denn es
war bisher nicht internationaler Brauch,
abgesägte oder zurückkreksnde Außenminister
mit Beileids- oder Glückwunschtelegrammen
zu begleiten.
Eine besonders peinliche Note erhält das
Brüningsche Telegramm im vorliegenden
Fall. Bekanntlich war es Briand, der den
Herren Brüning und Curtius die schwerste
außenpolitische Niederlage beibrachte, die
Deutschland seit Versailles erlitten hak.
Jedem Deutschen brennt heute noch die
Schamröte im Gesicht, wenn er daran denkt,
wie auf das Briandsche Mort in Genf —
„Zollunion verbiete ich"
— Herr Curtius und mit ihm Brüning ge-
horsamst auf die deutsch-österreichische
union verzichteten! Meinte Herr
ning in seinem Telegramm vielleicht
gute „persönliche Zusammenarbeit"
Briand.
Zu gleicher Zeit, da der Deutschenhasser
Herriot gegen uns hetzt, macht der Kanzler
des deutschen Reiches eine ehrfürchtige
Verbeugung vor Herrn Briand. Wahr-
scheinlich werden auf solche Art die deut-
schen Interessen bestens vertreten.
Wir Nationalsozialisten find zwar der
Ansicht, daß -ran Fußtritte keinesfalls mit
freundlichen Telegrammen beantwortet.
Aber wir treiben ja nach Ansicht der Ky-
stempresse Kakastrophsnpolikik — Herr Brü-
ning dagegen geniale Außenpolitik!

Oldenburg, 16. Ian. Die Einzeichnungs-
frist für die Eintragungen zum Volksbe-
gehren ist am Freitag im allgemeinen abge-
laufen, nur im Landesteil Birkenfeld läuft
fie bis zum 19. Januar. Von 238 Gemein-
den haben bisher 35 die Einzeichnungslisten
zurückgereichk, die 35 990 Stimmen auf-
weisen.
Die Veranstalter des Volksbegehrens
rechnen, wie verlautet, mit etwa 50 000 Ein-
tragungen. In diesem Falle könnte die
Auflösung des Landtages durch Aeberein-
kommsn der Parteien erfolgen, um
Kosten des Volksentscheides zu sparen.
Hitler freigesprocheu!
Das Urteil im Stennes-Httler-Prozeß.
Berlin, 16. Ian. In dem Beleidi-
gungsprozeß, den Hauptmann a° D.
Stennes gegen Adolf Hitler und den
Chefredakteur des „Angriff", Dr.

Lippert, angestrengt hakte, sprach der
Einzelrichter beim Amtsgericht Berlin-
Mitte, Amtsgerichksrak Dr. Bues, fol-
gendes Urteil: Hitler wird freigespro-
chen, Dr. Lippert wird wegen übler
Nachrede zu 300 Mark Geldstrafe, er-
satzweise 30 Tage Gefängnis verurteilt.
Die Kosten fallen, soweit Verurteilung
erfolgt ist, Dr. Lippert, soweit Freispruch
erfolgte, dem Hauptmann a. D. Stennes
zur Last.
Aufhebung
des AözeichenverboLs?
Berlin, 16. Ian. Ueber die Aufhebung
des Abzeichenverbots schwebett im Reichs-
innenministerium schon seit längerer Zeit
Erwägungen, da sich bei der Handhabung
der Notverordnung Schwierigkeiten ergeben
haben. Den Polizeibeamten ist es in vielen
Fällen nicht möglich gewesen, die Abzeichen
 
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