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Heidelbergs Beobachter. Herausgeber: Ot!r Webe'.
Schrislleitung: Luttzerstratze 5S, Telephon 404b
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Nr. 3 / 2. Jahrgang

Dienstag, den 5. Januar 1932

Freiverkanf 15 Pfg.
—L

Brünings Außenpolitik erfolglos!

: . — Am Ende eines jeden Geschäfts-
ein guter Kaufmann sich in
Rechenschaft zu geben über
, ^kand seiner Firma. So wollen auch
ros in» außenpolitische Bilanz des Iah-
Ziehen, nicht weil die „Firma"
cv>^,,6chörte. sondern weil das deutsche
Mk die Folgen der Außenpolitik der
Brüning tragen muß, und
koö -, . Nationalsozialismus im Laufe
"Wahres 1932 die Erbschaft jener „Re-
nn^^.^er Vernunft" anzutreten haben
eine Erbschaft, über deren Wert
av- "az Auskunft geben wird!
außenpolitische Linie der Regie-
Arüning läßt sich heute, soweit man
^haupt ^n einer „Linie" sprechen
1 klar übersehen. Sie ist die kon-
guente Fortsetzung der Stresemann'-

schen Erfüllungspolitik! Als zu Beginn
des Jahres 1931 das Schlagwort von der
neuen „aktiven Außenpolitik" geprägt
wurde, haben wir sofort vor Illusionen
gewarnt. Und dies mit gutem Grund,
denn Herr Brüning hatte kurz vorher
die These aufgestellt: „Erst Sanierung
der öffentlichen Haushalte, dann Revi-
sion der Tributverkräge!" Eine Außen-
politik unter dieser Zielsetzung mußte,
das schrieben wir schon damals, notwen-
digerweise mit einem Fiasko enden. Die
Ereignisse des Jahres 1931 haben uns
recht gegeben.
M ZMMWMiMlW.
Am 21. März erfolgte für das In-
und Ausland überraschend die Bekannt-

kkWltiWAGM der MjWOlMNNhMN

Milmr Mm» des MmMrr.

Berlin. 4. Ian. „Die Reichsbahn" bringt
In "?uchr eine Uebersicht über die Entwick-
<rx.,d Verkehrs und der Finanzen der
Deutschen Aeichsbahngesellschafk im No-
keb^ - 1931- Danach ging der Güterver-
dnr^ ? November weiter zurück, so daß die
beiu allgemeinen Konjunkturrückgang
gl, ugte Schrumpfung des Güterverkehrs
Zok. v. H. gegenüber 1929 betrug. Der
entsprechend hielt auch der Rück-
Mon^» Personenverkehrs im Berichts-
gen - Betriebseinnahmen detru-
69 Personen- und Gepäckverkehr
1K.Z k^-000 Reichsmark, im Güterverkehr
4^000, sonstige Einnahmen 36 456 000,

zusammen 290 010 000 RM., während die
Betriebsausgaben sich auf insgesamt
384 550 000 AM. beliefen. Die Gesamtein-
nahmen der Reichsbahn im November blie-
ben hinter den an sich ungewöhnlich niedri-
gen Oktober-Ergebnissen um rund 46 Mil-
lionen Mark zurück. Die Einnahmen er-
reichten einen Tiefstand, wie er seit Jahren
nicht einmal in den schwächsten Verkehrs-
monaten festgestellt worden ist. Der Ein-
nahmerückgäng betrug gegenüber Novem-
ber 1930 19,7 v. H. und gegenüber Novem-
ber 1929 25,4 v. H. Der Personalstand der
Reichsbahn betrug insgesamt 663 463 Köpfe
gegenüber 675 681 im Oktober 1931.

Vorbereitung zu den Konferenzen.

Nino ,4' 3an. Reichskanzler Dr. Brü-
über Är übrigen Reichsminister, die
abw-s v ""chleri und Neujahr von Berlin
haunktt v ""ren, sind wieder in der Reichs-
Das getroffen.
chen ^..^"binekt wird in den nächsten Wo-
Trilmr deutschen Vertretern für die
Vorl,°^ Abrüstungskonferenz die letzten
beraten? für diese Tagungen durch-
sonnp^-^"f ber Tributkonferenz in Lau-
Abordm.» Reichskanzler die deutsche
kinanrmjn-9. fuhren. Ferner werden Reichs-
Kch n,sll?'ö5r Dr. Dietrich und voraussichk-
bald 'chswirtschaftsminister Warm-
Dii> y//b^and in Lausanne vertreten,
ferenz in für die Abrüstungskon-
Neich-im»>.G^ besteht aus dem Kanzler,
von Minister Groener, Staatssekretär
dolnn .. z^^vwie aus den Botschafern Na-
beiden^ Draf Welozek. F^ls sich die
wird überschneiden sollten,
in G»nk Aeichswehrinjirjfttzr den Kanzler
baß Jedoch ist anzunehmen,
an dop Kanzler wenigstens zeitweise
wir». Abrüstungskonferenz teilnehmen

über zu entscheiden, wie ursprünglich beab-
sichtigt, erst am 23. Februar oder bereits
vorher zusammenzutreten soll. Man nimmt
an, daß der kommende Tagungsabschnitt von
längerer Dauer sein wird, da umfangreiche
Beratungsgegenstände vorliegen. Der
Reichshaushaltsplan für 1932 soll unmittel-
bar im Anschluß an die Tributverhandlun-
gen ausgestellt und den gesetzgebenden Kör-
perschaften zugeleitet werden. Bekanntlich
beginnt das neue Haushaltsjahr diesmal erst
am 1. Juli, da infolge des Hoovermorato-
riums das laufende Haushaltsjahr durch
Notverordnung bis zum 30. Juni verlängert
wurde. Dem Reichstag wird also zur Be-
ratung des neuen Haushaltes genügend Zeit
zur Verfügung stehen. 3m übrigen harren
für die nächste Reichstagstagung zahlreiche
Gesehgebnngswerke der Erledigung.
Die Ausschußarbeiten werden im Reichs-
tag bereits in der ersten Ianuarhälfte wie-
der ausgenommen.
Gandhi verhaftet.

De» « Reichstag im neuen Jahr.
«m tz Z»elkestenrat des Reichstages tritt
»no 12 Januar zusammen, um dar

Moskau (über Kowno), 4. Januar. Nach
einer russischen Meldung aus Bombay
wurde Gandhi am Samstag von der Polizei
verhaftet.

gäbe des deutsch-österreichischen Zoll-
ünionplanes. — Wir haben damals so-
fort festgestellt, daß dieser Zollunions-
plan, ungenügend vorbereitet und unter
völlig irrigen außenpolitischen Voraus-
setzungen ins Leben gerufen, geeignet
sei, eine gute nationale Idee unnötig in
Mißkredit zu bringen! Wir wiesen fer-
ner darauf hin, daß dies außenpolitische
Vorhaben der Regierung Brüning von
innecpolitischem Prestigebedürfnis dik-
tiert sei. —
Schon am 25. März beschlossen B r i-
and und Henderson das deutsch-
österreichische Zollabkommen vor den
Völkerbundsrat zu bringen. Am 24. April
hielt der tschechische Außenminister Be-
ne s ch seine bekannte scharfe Rede ge-
gen die Zollunion. Zugleich setzten die
Angriffe, gegen die österreichische Wäh-
rung ein, die schließlich von Paris aus
bis zum Zusammenbruch der österreichi-
schen Kreditanstalt getrieben wurden-
Noch einmal sprang die Bank von Eng-
land ein und rettete die österreichische
Bank vor dem Zugriff durch Frankreich.
— Dieser vorläufige Fehlschlag der fran-
zösischen Pläne kostete Briand die
schon sicher geglaubte Wahl zum fran-
zösischen Staatspräsidenten. Am 13.
Mai wurde Paul Doumer zum Prä-
sidenten gewählt. Zu gleicher Zeit be-
gann das französische Bombardement
gegen die englische Währung. Vom 16.
bis 18. Mai erfolgte für alle Einsichtigen
deutlich genug, in Genf die Beerdigung
der Zollunion. Nach einem scharfen Zu-
sammenstoß zwischen Briand, Lur-
tius und Schober versprach letzterer
„W 5llllillllllg, i!
Das Ziel der Regierung Brüning
war, wie schon erwähnt, „durch Sanie-
rung der öffentlichen Haushalte zur Tri-
butrevision!" Nicht weniger als 48 Not-
verordnungen sind von dieser „Regie-
rung der Vernunft" (diesen Titel
verlieh sie sich selbst) zu diesem Zweck er-
lassen worden. Darunter 4 große Not-
verordnungen. Trotz dieser Fülle von
verfassungsrechtlich höchst zweifelhaften
Maßnahmen ist es der Regierung Brü-
ning nicht gelungen die öffentlichen Kas-
sen zu sanieren. Die Kassen des Reichs,
der Länder und Gemeinden werden mit
einem Defizit in das neue Jahr eintre-
ten, das mit 2 Milliarden eher zu niedrig
als zu hoch angegeben ist. Wäre die
„Regierung der Vernunft" ihren Grund-
sätzen treu geblieben, so hätte sie keine
Revisionsverhandlungen führen dürfen,
denn nach Ansicht des Herrn Brüning
ist eine Tributrevision ohne vorherige
Sanierung der öffentlichen Kassen nicht
möglich. Daß Herr Brüning trotzdem
eine ebenso lebhafte, wie erfolgarme Re-
visionspokitik einleitete, zeigt, daß er
selbst nicht mehr an seine ursprüngliche
von uns Nationalsozialisten bekämpfte
Neviflonsthese glaubt.

den Abbruch der Zoliverhandiung mit
Deutschland bis zur Entscheidung des
Haager Gerichtshofes. Paris arbeitet
indessen folgerichtig weiter, um die Nie-
derlage der deutschen Außenpolitik direkt
zu einer internationalen Demütigung der
„aktiven" Außenpolitiker Brüning, Cur-
tius und Schober zu machen!
Am 16. Juni stürzt das österreichische
Kabinett. Die englischen Kredite an die
österreichische Kreditbank werden zurück-
gezogen, und die Kreditanstalt damit der
französischen Finanz ausgeliefert! Zu-
gleich nimmt die Kündigung in Deutsch-
land investierter ausländischer Kredite
durch die Bank von Frankreich und durch
das mit starkem französischem Kapital
arbeitende Bankhaus Morgan Um-
fänge an, die im 13. Juli zum Zusam-
menbruch der Danatbank, zur Schließung
aller Börsen, Banken und Sparkassen
führen. Deutschland steht vor dem Ban-
krott. Am 3. September kapitulieren
Curtius und Schober in Genf und
verzichten auf die Zollunion, noch ehe
am 5. September der Haager Schieds-
spruch mit 8 gegen 7 Stimmen gegen die
Zollunion bekannt ist! Das ist das Ende
jener ersten Etappe „aktiver Außenpoli-
tik" des Herrn Brüning! Daß Herr
Curtius erst am 6. Oktober zurück-
tritt, daß ihm am 7. Oktober die 1. Re-
gierung Brüning folgt, daß aber trotzdem
dieser Kanzler der schwersten außenpoli-
tischen Niederlage seit Versailles am 10.
Oktober die neue Regierung bildet, dies
alles gehört zu den Todeszuckungen eines
sterbenden Systems
Ml MlltttllW!"
Die zweite außenpolitische Kampagne
wurde eingeleitet durch das von Hoover
am 22. Juni erklärte Feierjahr und durch
die erfolglose Pumpreise, die der Reichs-
bankdirektor Luther per Flugzeug am
9./10. Juli unternahm. Dabei muh dar-
auf hingewiesen werden, daß der immer
noch Finanzminister des Deutschen Rei-
ches, Dietrich, am 18. April in Stutt-
gart in einer öffentlichen Versammlung
erklärte: „Das Reich denkt nicht an die
Aufnahme neuer Anleihen." — Noch
nicht 2'/- Monate später raste Herr Lu-
ther von einer ausländischen Bank zur
anderen, um neue Gelder zu pumpen! —
Jedoch erfolglos!
Am 5./7. Juni waren Brüning und
Curtiusin Chequers, nicht ohne gleich-
zeitig dem deutschen Volk vorher eine
neue Notverordnung (2.) beschert zu ha-
ben! Diese Methode, Akte der auswär-
tigen Politik mit neuen Notverordnun-
gen zu verbinden, wurde seitdem von
Herrn Brüning eifrig geübt. — Wir ge-
ben folgend kurz die hauptsächlichen Da-
ten: 18. Juli, Brüning und Curtius in
Paris. (Pressenotverordnung.) 29. Juli,
Beginn der Londoner Sachverständigen-
Konferenz. 27./20. Juli, Macdonald und
 
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