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Rr. 25 / 2. Jahrgang

Mittwoch, den 3. Februar 1932

Freiverkauf 15 «pfg.

Gehört die Heffenpolizei
zur „Eisernen Front"?

NSK Darmstadt, 2. Febr.
Wie aus einer Anfrage der natio-
nalsozialistischen Landtagsfraktion an
das hessische Gesamtministerium hervor-
geht, wurde in Mainz anläßlich der
NSDAP-Massenversammlung am 21.
Januar das Reichsbanner zu P o -
lizeidiensien zugelassen, im beson-
deren zur Absperrung der Anfahrts-
straßen nach dem Versammlungslokal

Die „furores serri" haben den Ber-
linern eine Sonnlagnachmittag-Dorstel-
lung gegeben; Eintritt gegen „republi-
kanischen" Ausweis frei, Kinder und
Polizeibeamte die Hälfte! Bibbernden
Herzens stellte der Dersammlungsleiter
fest, daß der Sportpalast die Massen der
„Eisernen" nicht fassen könne. Das ge-
samte Parkett der Halle galt diesmal
dem Aufmarsch der „aktiven" Kämpfer:
Reichsbanner (in voller Uniform mit
Mühe, Sklarekjacke, Koppel und Schul-
terriemen!) Sportvereine und schließ-
lich die „Hammerschasten". Don den
dargebolenen Reden nahm keine den
Anspruch der Originalität für sich in
Anspruch. Die übliche Hetze, Verspre-
chen der „Vernichtung der -fff- Nazis
bis auf den letzten Mann," die alte Me-
lodie. Betretenes Schweigen sah man
in allen Gesichtern, als der neue Bana-
nenfavorit Höltermann die Parole gab:
„Erobert die Reichshauptstadt für die
Republik!" Mancher der erschienen
verhetzten Arbeiter fragte verwundert
und zweifelnd, wie das wohl im drei-
zehnten Jahre nach Weimar praktisch
geschehen solle.
Nach Schluß der Versammlung
Marschierten die Reichsbannerleute in
voller Uniform durch die Bannmeilen-
zone. Als unser Mitarbeiter die Poli-
zei bescheiden befragte, ob denn das
Uniformverbot aufgehoben sei, wurde

Walls Rwemg WUMM
Dessau, 2. Febr. In der Dlensttagnach-
miktagsitzung des Anhalkischen Landtages
wurde ein Mißtrauensankrag der national-
sozialistischen Fraktion mit 19 gegen 17
Stimmen angenommen, so daß die Regie-
rung gezwungen war, ihren Rücktritt zu
erklären. Ein vorher eingebrachler Ankrag
auf soforkige Landkagsauflösung verfiel lei-
de» der Ablehnung.

und für einen Meldedienst über Kraft-
wagen, in denen Nationalsozialisten ver-
mutet wurden. Nach Schluß der Ver-
sammlung ermöglichte die Polizei den
Reichsbannerüberfall auf ab-
ziehende SA-Gruppen, indem sie
gegen ihre sonstige Gepflogenheit keine
Ueberfallkommandos bereilhielt, obwohl
sich aus der Großen Bleiche Reichs-
bannerhaufen zusammengerotlet hatten.

ihm von dem leitenden Polizeioffizier
die Antwort, daß für diese Versamm-
lung besondere (?) Anweisungen bestän-
den gegen uniformierte Reichsbanner-
leute nicht einzuschreiten. Wir stellen
aber fest, daß der marxistische Berliner
Polizeipräsident offen die Bestimmun-
gen der Notverordnung sabotiert,, sei-
nen Genossen ungestraft die Verletzung
der Anordnungen des Aeichsinnenmini-
sters gestattet. Welche Weiterungen
wird der Herr General Groener hier-
aus folgern, um den Berliner sozialde-
mokratischen Polizeipräsidenten Grze-
sinski zur Rechenschaft zu ziehen?! Oder
gelten etwa für Reichsbanner und
„Eiserne Front" Sonderbestimmungen?!

Stuttgart, 2. Febr. In einer Versamm-
lung der Zentrumsparkei in Laupheim
wandke sich der württembergische Slaats-
präsidenk Dr. Bolz gegen den National-
sozialismus. Er erklärke, die Nakionalsozia-
listen, die das Jahr 1932 als das Jahr der
Entscheidung bezeichneten, hätten schon
öfters den nahen Sieg und die Entscheidung
vorausgesagk. Die Voraussage habe dann
aber immer wieder etwas verlängert wer-
den müssen. Sie müßten schließlich doch
zu der Einsicht kommen, daß sie trotz aller
Wahlerfolge die Hälfte des Volkes nicht
hinter sich bringen würden. Ein Einbruch
in die marxistische Front sei ihnen nicht ge-
glückt. Sie könnten den Sieg einzig und
allein erreichen, wenn sie die bürgerlichen
Parteien vollends zertrümmerten. Daß
ein zusammengelaufener Haufen, wie der
Nationalsozialismus, innerlich nicht ver-
bunden sei und daß das die Schwäche dieser
Partei sei, wüßten die nationalsozialistischen
Führer selbst. Das Zentrum werde mit aller
Kraft helfen, daß ihnen der Sieg nicht zu-
falle.

die die vorüberziehenden Nationalsozia-
listen mit einem Hagel von Flaschen,
Gläsern usw. überschütteten. Die Poli-
zei erschien jedoch sofort, als sich die
Ueberfallenen zur Wehr setzten, und
traktierte diese unter Schimpfworten,
wie „Schweinehunde, Sau-
bande", mit Gummiknüppeln,
obwohl ein Revierpolizeibeamter den
führenden Offizier darauf aufmerksam
gemacht hatte, daß die Reichsbanner-
horde Angreifer war. Ein nie-
dergeknüppelter junger Na-
tionalsozialist wurde von 4
Polizeibeamten mit Fußtrit-
ten mißhandelt, und als eine Pas-
santin gegen diese Roheit protestierte,
erhielt sie die Antwort: „Und wenn sie
totgeschlagen werden; sie bekommen
Hiebe, daß sie die Wände hinaufgehen!"
Die Aktion war offenbar zwischen
der Polizei und dem Reichsbanner ver-
abredet gewesen, da beobachtet wurde,
wie an der Skadkhalle einige Reichsban-
nerführer einem Polizeioffizier auf die
Frage „Klappt es?" mit „Ja" ant-
worteten.
Unsere Hessenfraktion fordert von
der Regierung, daß sie die beteiligten
Polizeibeamten zur Rechenschaft zieht
und solche empörende Uebergriffe und
Roheiten der Polizei sowie ihr pflicht-
widriges Zusammenarbeiten mit einer
bestimmten politischen Organisation für
die Zukunft verhindert.

Gewitzigt durch die jüngsten Erfahrun-
gen enthalten wir uns jeder weiteren Be-
merkung zu den Ausführungen des Zen-
trumsmannes Bolz, da man nie wissen
kann, ob es nicht einer hohen Behörde
gerade in den Strumpf paßt, Morte der
Kritik an einem Parteipolitiker nicht auf
diesen, sondern auf den Staatspräsidenten
Bolz, zu beziehen und einen Verbotsgrund
aus der Abwehr gegen solche Angriffe zu
konstruieren. Aber eine Frage hätten wir
in diesem Zusammenhang an den Staats-
präsidenten Bolz zu richten, und zwar:
Halten Sie es nicht für reich-
lich ungeschickt, dem deutschen
Volk das parteipolitische Ge-
sicht eines Landespräsidenken
just in dem Augenblick zu zeigen,
in dem sich Ihre schwarzen Ge-
sinnungsgenossen so eifrig be-
mühen, das Amt des Reichsprä-
sidenten als ein unpolitisches
darzoskellen?!

Berliner Z Illustration
zur selben Frage

...und In Wckmdnn M miin BW

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S.— Nun findet sie also glücklich doch
noch statt, die „Abrüstungskonferenz. Jah-
relang hat man sie verschoben und sabotiert,
und als es schließlich, ohne den Völkerbund
nicht noch weiter zu einer lächerlichen Ein-
richtung zu machen, als er ohnehin schon ist,
keinesfalls mehr so weikergehen könnte, da
hat Frankreich durch die Einengung des
Verhandlungsgegenstandes von vornherein
dafür gesorgt, daß die Abrüstungskonferenz
nur ein voller Mißerfolg werden kann.
— Wozu der Lärm um eine Angelegenheit,
deren Nutzlosigkeit nur noch' von der
Verlogenheit übertroffen wird, mit der
sie in Szene gesetzt worden ist. Der
Völkerbund ist tot, — aber sagt es nur
leise weiter, damit die Genfer Atmosphäre
nicht getrübt wird, — er weiß es nämlich
noch nicht!
Gleichsam als Empfangsgeschenk für die
in Genf versammelten Abrüstungsherren,
hat Japan den Herrschaften seine „Polizei-
aktionen" gegen China als Frühstück ser-
viert. Ein unverdaulicher Brocken gleich
am Anfang.
Die gesamte Mandschurei ist militärisch
und wirtschaftlich in japanischen Händen.
Den von der chinesischen Bevölkerung als
Antwort proklamierten Boykott japanischer
Waren erwiderte Japan mit einem „freund-
schaftlichen" Besuch in Schanghai und mit
der Beschießung (und inzwischen wahr-
scheinlich Besetzung) der chinesischen Haupt-
stadt Nanking.
Von der vielgerühmten Höflichkeit der
Japse war bei diesen Besuchen wenig zu
merken. Die chinesischen Teile Schanghais
wurden stundenlang mit schweren Bomben
belegt, so daß nur noch ein Trümmerfeld
vorhanden ist, das eilig zusammengezogene
chinesische Truppen aussichtslos zu verteidi-
gen versuchen. Auch sonst scheint die „Be-
suchszeit" von den Söhnen der aufgehenden
Sonne auf längere Dauer anberaumt zu sein.
Man hat offensichtlich beschlossen, im chine-
sischen Lande zu bleiben und sich dort mehr
oder minder redlich zu nähren. — Versteht
sich, nur „zum Schutz" der hier und dort
wohnenden Japaner.
Deutschland ist an diesen ostasiatischen
Vorgängen nicht direkt interessiert. Sie
sind jedoch in zweierlei Hinsicht auch für
uns von nicht zu unterschätzender Wichtig-
keit. Einmal die Bedeutung des chinesisch-
japanischen Krieges für die politischen Be-
ziehungen zwischen Japan, Amerika und
England untereinander, sowie die Ver-
schiebung des politischen Kräfteverhältnisses
im Pazifik und zum anderen die fürchter-
liche Entlarvung und Blamage des Völker-
bundes.
Durch den Kräftezuwachs, den Japan er-
hält, wenn es, was anzunehmen ist, zumin-
dest einen beträchtlichen Teil seiner „fried-
lich eroberten Gebiete" nicht wieder aus den
Fingern läßt, wird zunächst die politische
Macht Japans erheblich gestärkt und die
amerikanischen Besitzungen in Ostaflen,
die Philippinen, verlieren an Sicherheit.
Noch bedeutsamer aber dürfte sich der
Kräftezuwachs wirtschaftlich auswirken.
Japan hat es bisher verstanden, den eng-
 
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