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Heidelberger Rundschau: Heidelberger Rundschau — 1913

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No. 17 (2. Juli - Ausgabe)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44158#0070
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66

Die städtische historische Kommission hat von ihrem historisch traditio-
nellen Standpunkt aus ganz recht und ich bin am allerwenigsten ge-
neigt, dieses Recht zu bestreiten. Doch darf meines Erachtens nicht
außer acht gelassen werden, daß die traditionellen Farben sicherlich
die Farben des Wappentieres des Pfalzer Wappens sind, aber
nicht die eigentlichen Farben der Stadt. Auch ist diese Tradition
noch eine sehr junge, auf manchen unsicheren Urkunden berubende und
bis in die letzten Zeiten hinein schwankende und wird deshalb auch
immer wieder von neuem angefochten und ventiliert, weil eben diese
Farbenzusammenstellung einfach nicht und niemand befriedigt.
Nachdem nun aber eine Urkunde sich gefunden hat und von un-
serem Mitbürger Herrn Finanzrnt Wilckens 1912 veröffentlicht
worden ist, auch Herr Prof. Sillib hat in seinem Aufsatz „Heidel-
bergs Ursprung und Aufbau" auf diese Urkunde hingewiesen, welche
neben den Farben des Pfälzer Löwen offenbar die Farben
der Stadt in weiß und grün darbietet, scheint mir für
die hiesige historische Kommission die schöne Aufgabe vorzuliegen,
diese Urkunde — das St. Gallener Wappenbuch — auf ihre Äu-
thenti-c und Glaubwürdigkeit hin zu prüfen. Erst
dann ließen sich eventuell ihre Angaben über die Farben von Heidel-
berg entweder annehmen oder ab weisen.
Zur Sache aber genügt es keineswegs, von „Unkenntnis des
Schweizer Malers" zu reden: diese Unkenntnis müßte doch erst be-
wiesen werden: auch ist die Annahme einer Verwechslung mit der
Grafschaft Heiligenberg nicht stichhaltig. Ich halte diese Form des
Namens für einen Ausdruck des volkstümlichen schweizerischen Dia-
lekts, in dem alle Aufschriften jenes Wappenbuches wiederge-
gcnb sind, und habe noch außerdem meinen guten Grund dazu. Denn
zu meiner Zeit studierten mit mir eine ganze Anzahl von Schweizern,
darunter^ vortreffliche liebenswürdige Jünglinge, wie Herold, Heer,
Zschokkeli. a. Wenn sie sich in ihrem Schweizerdeutsch unterhielten,
verstanden wir Süddeutsche sogar nur sehr wenig davon, und wenn
sie das Wort Heidelberg aussprachen, so klang es eher wie Hailgel-
berg, als wie Heidelberg. Also auch diese Einwendung kann ich nicht
gelten lassen. Das Wappen ist auf der einen Seite ganz richtig be-
schrieben, warum sollte nun die andere Seite falsch sein? So sind
noch viele Wappen und Farben von Städten, Stiftern, Freiherren,
Grafen, Fürsten angegeben, die alle richtig sind. Also wenn nicht
die ganze Urkunde als wertlos aufgezeigt werden kann, wird auch
diese Beschreibung der Farben von Heidelberg
ihren Wert behalten müssen.
Die Franzosen in der Kurpfalz
im Jahre 1799.
Von Otto Geibel, Ziegelhausen.
(Schluß.)
II. Ablieferung von Naturalien an das französische Magazin
in Mannheim.
Die Frondienste, welche die Bewohner hiesiger Gegend zu leisten
hatten, waren den Franzosen nicht genug. Sie zogen die hart Be-
druckten noch zur Ablieferung von Naturalien an das französische
Magazin in Mannheim heran. Auf Veranlassung der hohen Hof-
kcmmissiou ging vom Oberamt Heidelberg durch den churfürstlichen
Verwalter Neuberth in Schriesheim ein Befehl an die einzelnen
Orte, wie sie sich bei der Ablieferung zu beteiligen hätten. Er hatte
Folgenden Wortlaut:
An Einen von der unmittelbaren Hohen Hof Comißion dem
Oberamt zugeteilten Nequisitionen allerley Naturalien ist das erste
Drittel von unterstehenden articula so dringend, daß derselben Ab-
lieferung bis zur vollständig gemachten und ehestens nachfolgenden
Reparation keinen Verzug leidet, Churpfalz Zentgraf dery Verwalter
Neuberth wird dahero anbefohlen, angesichts dieses die Verfügung zu
treffen, daß inner 3 tagen bei Vermeidung schon bereit stehenden
Militärischen erecution, 357 malder Haber, 717 Centner 25 Pfund
Heu, 480 Centner 92 Pfund Futterstroh und 129 Centner Lagerstroh
nach Mannheim eingeliefert werden, und die liefernde Partheien oder
Fuhrleuthe sich damit auf dem Rathhauß daselbst melden.
Heidelberg, am Iten April 1799.
Churpfalz Oberamt
v. Wrede Steinwarz.
Wie die einzelnen Orte an der Ablieferung beteiligt waren,
davon steht mir nur ein Teilverzeichnis zur Verfügung. Ich lasse es
im allgemeinen Interesse hier wörtlich folgen: Es waren u. a. be-

Ein Nachsatz zu diesem Verzeichnis des kurfürstlichen Verwal-
ters Neuberth in Schriesheim weist nochmals auf die strikte Ein¬

teiligt mit:
Hafer
Malier Simme
Heu
Futter
Stroh
ager
Stroh
r Ztr.
Psd.
Zentner
Psd.
Zentner
Psd.
Schriesheim
50 —
104
79
72
25
19
- 46
Dossenheim
31 8
54

38

9
73
Schwabenheim
11 —
17
80
12
82
3
39
Handschuhsheim
44 3
85
10
58
39
11
64
Mönchhos
1 7
3
86
2
61
1

Neuenheim
14 1
28
58
19
57
6

Ziegelhausen
4 3
10
25
6
27
2
37

haltung der Ablieferung hin, bei persönlicher Haftung der Orts-
vorstände. Durch die immerwährenden französischen Einquartie-
rungen, welche obengenannte Orte zu dieser Zeit hatten, konnten sie
natürlich die abzulieferuden Naturalien nicht von ihrem eigenen Be-
darf decken, und sie beschlossen daher kurzerhand, Männer in Gegen-
den zu senden, welche bis jetzt von den Franzosen noch nicht so heim-
gesucht waren, um das Nötige zum billigsten Preise auf Rechnung
der Gemeinde aufzukaufen. Die Gemeinde Ziegclhausen sandte den
Bürger Georg Wolfart in die ihm sehr gut bekannte Gegend von
Eppingen. So konnte dann am 5. April die Ablieferung nach Mann-
heim geschehen. Drei Fuhrleute besorgten den Transport der Na-
turalien nud die Aufsicht hierüber hatten für Ziegelhausen der Ge-
meindevorsteher Alois Schwab und der Bürger Bernhard Michely
(Michaely) zu versehen: dem letzteren war die Magazinsbescheinigung
auszuhändigen. Die Bescheinigung lautete wie folgt:
Die 4 malt. Haber und 3 sinner halten samt denen säcken
473 td gewicht, daß Heu bestehet in 51 Bund, das gersten Stroh in
42 Bund, daß Haaber Stroh in 16 Bund.
Herr Rener wolle instehende Lieferung der Gemeinde Ziegel-
hausen befördern.
Mannheim, den 5ten April 1799.
Brenutano.
Wie genau die Ablieferung kontrolliert wurde, geht schon daraus
hervor, daß der Gemeinde Ziegelhausen noch am selbigen Tage ein
Schreiben zuging, worin der Gemeinde eröffnet wurde, daß 4 Zent-
ner 54 Pfund Stroh zu wenig abgeliefert wurden, welches der Ge-
meinde zur Last gesetzt würde. Der Ortsvorstand Alois Schwab be-
gab sich darauf am folgenden Tage nochmals nach Mannheim, um
Aufklärung in die Angelegenheit zu bringen. Zum Glück stellte sich
heraus, daß ein bloßes Versehen des Magazinbeamten vorlag.
III. Erstellung einer zweiten Nhcinbrücke bei Mannheim.
Außer den Frondiensten und Abgaben von Naturalien, über
welche in Absatz I und II in diesem Aufsatz eingehend berichtet wurde,
forderte die französische Generalität die Erstellung einer zweiten
Rheinbrücke (Schiffbrücke). Zur Herstellung derselben waren laut
Verzeichnis erforderlich: 49 Anker, 46 Seile, 80 Hacken, 45 Lappen,
10 zweibördige Nachen, 4 Anker Nachen, 52 Anker Nachen Riemen,
180 Riemen Lappen und 3 schwere Stränge. Das Neckargrafen Amt
in Heidelberg erhält daher, von der in Mannheim eingesetzten Mili-
tär-Kommission, die Auflage, genannte Requisiten, in den ihr unter-
stellten Orten im Neckartale einzusammeln. Selbstverständlich hatte
die Einsammlung und Ablieferung sehr große Eile, weshalb der
Neckargraf in eigner Person für die schnellste Erledigung der Angele-
genheit verantwortlich gemacht wurde. Zum Einsammeln des Ma-
terials war der Mannheimer Vrückenmeister und Ratsverwandte
Weißenbach bestellt worden, welcher in seiner Eigenschaft die Be-
scheinigung über erhaltene Gegenstände ausstellte, wofür dann später
den Gemeinden eine Entschädigung geleistet wurde. Außerdem
wurde noch der Rheinbrückenmeister Weißenbach durch den Bruder-
meister Rummel und durch den Rheinbrückenmeister Bremer bei
dieser Arbeit unterstützt. Zunächst versuchte man, die erforderlichen
Gegenstände in Heidelberg zu sammeln: da man aber hier dieselben
nicht aufbringen konnte, ging man unverzüglich an die Orte Ziegel-
hausen, Neckargemünd, Neckarsteinach, Hirschhorn, Eberbach und wei-
ter hinaus bis nach Haßmersheim. Die Gemeinde Ziegelhausen
stellte laut Verzeichnis folgende Artikel: Einen Ecken Nachen taxiert
zu 50 Kronen, einen Anker Nachen zu 6 Krönen 16 Kreuzer, vier
Riemen zu 2 Kronen, vier Höch zu 4 Kronen, einen Lappen zu 2
Kronen 24 Kreuzer.
Die Taxe der oben erwähnten Nachen wurde von den Rhein-
brückenmeistern nud dem Brudermeister festgesetzt, während der Preis
für die anderen Gerätschaften gerichtlich bestimmt wurde. Die Be-
scheinigung der richtigen Ablieferung der Gegenstände wurde von den
drei Beamten unterzeichnet. Erwähnt muß noch werden, daß bei dem
Befehl des Neckargrafcn-Amts ausdrücklich darauf hingewiesen
wurde, daß im Falle einer Widersetzung von feiten einer Gemeinde
die Gegenstände durch ein militärisches Kommando abgeholt würden
und die betreffende Gemeinde für den entstandenen Schaden ver-
antwortlich gemacht würde.
IV. Einquartierung französischer Truppen in Ortschaften
hiesiger Gegend.
Daß zu dieser Zeit die Einwohner hiesiger Gegend auch von
Einquartierungen französischer Truppen überhäuft wurden, läßt sich
ohne weiteres denken. So war auf dem Haarlaß während des
Monats März ein französisches Piquet, bestehend aus 1 Offizier und
6 Soldaten. Dieses Piquet wurde von dem Orte Ziegelhausen wäh-
rend dieser Zeit mit den nötigen Naturalien versorgt. Die ein-
zelnen französischen Regimenter waren in den Ortschaften Hand-
schuhsheim, Schriesheim, Dossenheim und in dem Städtchen Laden-
burg einquartiert. Von hier aus wurden die Vorposten in das
Neckartal bis in die Gegend von Neckargemünd ausgesandt. So kam
es, daß der Ort Ziegelhausen täglich von französischen Patrouillen
heimgesucht wurde, welche auch von der Gemeinde verpflegt wurden.
Trotz mehrerer Beschwerdeschriftcn seitens der Gemeinde Ziegel-
hausen an die zuständige Behörde, wegen der allzuvielen Berpfle-
qungskostcn, ließen die Einquartierungen nicht nach. Nur eines
wurde bezweckt, daß die Truppen für die erhaltene Verpflegung
Bons, auf Befehl des französischen Generals, ausstellen mußten.
Erwähnt sei noch besonders die Einquartierung einer französischen
Patrouille in der Stiftsmühle, welche ebenfalls längere Zeit dort
 
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