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Rotes Kreuz <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Soldatenbüchlein: als Weihnachtsgabe — 1918

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Fehrle, Eugen: Der Weihnachtsbaum
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https://doi.org/10.11588/diglit.30973#0024
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Und da ich jüngst in öder Nacht
An jenen Tranm zurückgedacht,

Da flimmerte voll Herrlichkeit
Mein Christbaum wirklich sternenweit.

Alte Leute aus Heidelberg, deren Jugenderinnerungen
bis vor 1840 zurückreichen, haben in ihrer Kindheit jedes
Jahr einen Weihnachtsbaum gehabt. Er war damals in
Heidelberg schon in allen Bevölkerungsschichten üblich ohne
Rücksicht auf Stand und Konfession, während man ander-
wärts in katholischer Gegend sich bisweilen zunächst ablehnend
verhielt. Jn Dörfern des Schwarzwaldes z. B. war der
Weihnachtsbaum noch Ende des letzten Jahrhunderts wenig
verbreitet. Jetzt ist er aber auch dort überall bekannt.

Es ist ein merkwürdiger Werdegang, den der Weih-
nachtsbaum durchgemacht hat: Zuerst treffen wir ihn als
Volksbrauch in einem kleinen Teil des alemannischen Landes,
vor allem im Elsaß. Jn Zeiten nationaler Erhebung wird
er als Wahrzeichen des Deutschtums durch ganz Deutschland
verbreitet. Unsern Kriegern war er 1870 und jetzt wieder
während des Weltkrieges in der Ferne ein lieber Gruß aus
der Heimat. Deutsche haben ihn nach dem Ausland ge-
bracht. Aber er kann nur im deutschen Hause recht blühen.
Jm Elsaß, wo er zuerst bezeugt ist, wurde er in Zeiten und
an Orten, wo fremder Einfluß mehr galt als heimische Sitte,
als altdeutsch und ^protestantisch verpönt. Heute bilden in
ganz Baden Krippen mit Christbaum oder Tannenzweigen
einen üblichen Weihnachtsschmuck katholischer Kirchen.

Das Aussehen des Weihnachtsbaumes war noch in der
ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts ganz verschieden: er
war nicht überall mit Lichtern geschmückt: bisweilen stellte
man in Norddeutschland einen grünen Laubbaum in Gestalt
eines Bündels von mehreren Zweigen in einer buntgezierten
Butte in die Zimmerecke; die norddeutsche Weihnachtspyra-

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