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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1886

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No. 150 - No. 176 (1. Juli - 31. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43926#0706
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der Mitte des nächſten Nonats bei der Nönigin zu
Beſuch erwartet, vorausgeſetzt, daß die Polittt ſeine
Abwefenheit geſtattet. Darwins Sohn wird im
Herbfi das Leben und die Briefe ſeines Vaters ver-
oͤffenilichen. Das Leben ſoll ein autobiographiſches
Kapitel enthalten.
Auerila.
Newyort, 17. Juli.
peſchen zuͤfolge ſollen in Wexito, dem Rio Grande
entlang, hauptſachlich in Tamaulipas, revolutlonäre
Bewegungen ausgebrochen ſein. Nach einer Depeſche
aus Camarzo haͤtten die Aufſtaͤndiſchen die Stadt
Agualeguas eingenommen, wobei fünf Baͤrger ge-
tödtet worden ſeten.



Karlsruhe, 16. Jult. Im Jahre 1885
wurden hier 78 Haupt und 77 Nebengebäude neu
erbaut, 6 Haupt⸗ und 2 Nebenpebäude abgebrochen.
Die Bauthaͤligkeit wird im laufenden Jahr ſehr leb-
haft fortgeſetz. — Das ſo beliebte, Krotodil', eine


weiterung erhalten durch einen kleinen, auf drei
Seiten von hohen Gtebelmauern umſchloſſenen Hof
welcher durch originelle Bemalung der Mauern
nach einer Idee des Malers Schurth in einen
mitielalterlichen Burghof verwandelt iſt. Das
bildet nun einen neuen Anziehungspuakt für die
Refidenzbuͤrger.

Raſtatt, 16. Juli.
die Komitees der hiefigen Geſangdereine „Lieder-
kranz“ und „Freundſchaſt verſammelt, um Über
eine Vereinigung der beiden Vereine zu berathen.
Es wurde beſchloſſen, die Verſchmelzung derſelben
unter dem Namen Liederkranz-Freundſchaft“ in
einen Verein vorzuſchlagen und rieſen Antrag den
demnaͤchſt einzuberufenden Generalverſammlungen vor-
zulegen.

*Mannheim, 16. Juli. Bekanntlich hat die
Lohnkommiſſion des Maurer⸗ und Steinhauervereins
in einer Ende vocig
lichen Verſammlung beſchloſſen, bezüglich der For-
derungen des Lohnes und der Arbettezeit ein noch-
maliges Schriftfiüd an die Herren Meiſter und
Bauuͤnternehmer gelangen zu laſſen, damit auf
friedlichem Wege eine Löſung threr Angelegenheiten
herbeigeflihrt werden kann. Dieſes Schrtftſtuck blieb
aber dis jetzt unbeantwortet und es wurde deßwegen
geſtern der Beſchluß gefaßt, am kommenden Monlag
auf allen Bauſtellen die Arbeit niederzulegen. Schon
iſt auf Montag Mittag 12 Uhr im Saale des
„gruͤnen Hauſes“ eine öffeatliche Vollsverſammlung
anberaumt, in welcher dieſer Schritt näher begrün:
det werden ſoll. Hoffen wir jedoch im Intereſſe
beider Parteien, daß es nicht zum Acßerſten kommt.

VLadenburg, 17. Juli. In der Nacht vom
15. zum 16. d. M., alg der ledige, 21 Jahre alte
Mullerburſche Philipp Friedrich Eyret von Biſch-
weiler, Kreis Hagenau im Elfaß, in der Mühle
des Herrn Ph. Habſch in Schritsheim mit Mahlen
beſchaͤftigt war, begab fich derſelbe auch in die
oberſten Räumen der Muͤhle, um daſelbſt ein Quantum
Schrotkern aus dem Schrotdotrathekaſten in den ſog.
Tremmel der Schrotwalze zu ſchaffen. Da derſelbe
dieſes Geſchaͤft oyne jegliche Beleuchtung verrichtete,

en





*
Mutter und Sohn.

Als Hugo aus ſeiner Bewußtlofigkeit erwachte,
fand er ſich auf dem Sopha des kleinen Wohn-
zimmers ausgeſtreckt und vor ihm ſaßen mit aͤngſt-
licher Wachſamleit Mſß Deane und ihre Dienerin.
An dem Schmerz an der Schulter und den küh-
lenden Bandagen erkannte er ſogleich, daß ſeine
Wunde von der Kugel befreit und gehörtg verbunden
war und an der Kraft, die ihn zu durchdringen be-
gann, erkannte er, daß ihm ein ſtaͤrkender Trank
während ſeiner longen Bewußtlofigkeit eingeflößt
worden war.

„Ich fühle mich wieder ganz wohl,“ ſagte Hugo
mit tiefer Stimme. „Ich möchte mich lieber ein
wenig aufſetzen.“

„Sie können gehen, Mrs. Cummings,“ ſagte
Miß Deane. „Machen Sie ein Zimmer für den
lungen Herrn bereit. Er ſoll uns heute nicht ver-
laſſen.“

„Sehen Sie fich vor, Miß Gertrud,“ fluͤſterte


ſtehen lonnte. „Ec fieht den Eoremonds zu aͤhnlich,
vielleicht iſt er ein Spion von Lord Levnhard. —
Stien Sie auf Ihrer Huth.“


während ſich Miß Deane ihrem Gaſte naͤherte.
ſeltfamer Glanz.


„win ich Sie nach dem Lehnſtuhl fuhren.“







ſo hatte derſelbe dabei das Ungluͤck in den etwa 1
Meier tiefen Tremmel zu fallen, in welchem er ſo-
dann in Folge des großen Vorraths von Schrotlern
aberſchuͤttet wurde und dadurch ſeinen Erſtickunge-
tod fand. Erſt etwa um Uhr Norgens wurde
der Bedauernswerthe nach langem Suchen auf frag-
licher Stelle aufgefunden, und bald daxnach der
Thatbeſtand durch die Gendarmerie aus Ladenburg
feftgeſtellt. Dem Mübhlenbefiger Huͤbſch iſt keine
Schuld belzumeſſen, da der Verungluͤckte durch ſeine
Unvorfichtigkeit, daß er ſich ohne etwaige Beleuch-
tung an die beſagte Stelle begeben, ſelbſt die
Schuld trägt.
Edingen, 15. Juli. Die Fruchternte konnte
bei uns Bbeginnen, alein das regneriſche Wetter
| Hält die Leute mit dem Beginn deiſelben roch etwas
ı zurüd, Die Gerſte verſpricht theilweiſe einen
leichen Ertrag; Spelz ſteht ſehr ſchör. Der Tabak
iſt noch ziemlich zuräd im Wachsthum. Für die
Beit der Fruchternie wäre warme ſonnige Witterung
fchr wuͤnſchenswerth.

{ B Kedargemünd, 18. Juli. Heute Nachmlt-
tags Rarb dahler nach kurzem Krantſein der Priva-
tier Dr. Eiſenhardt aus Karlsruhe. Derſelbe hatte
vor Kurzem die früher Gärtner Menzer'ſche Villa
| am Ende der Sladt für 14600 M, erftanden, zog



{
aus Karlsruhe hierher und wollte hier jeweils ſeinen
Sommeraufenthalt nehmen. Mit verſchiedenen Pro- ;
jekten zur Verſchönerung ſeins neuen Heimes befchäfz |
! itgt, raͤffte ihn ſo plötzlich der Tod vinweg. Er it
Wiitwer und hinterlaͤßt ein etra 12jaͤhrißes Toͤch-
terchen. Sein Hinſcheiden wird nicht allein hier,
ſondern auch in ſeinem weiten Bekanntenkreiſe tiefes
Bedauern erregen. Seine Leiche wird nach Karls-
ruhe zur Beiſetzung übergeführt. — Am ſelben Tage
| Rarb hier an Gelbſucht der Schiffer Werner, deſſen!
| Name beſonders in Schifferkreiſen dadurch bekannt
ſiſt, daß er fich ein eiſernes Rheinſchiff bauen ließ,
das über 13,000 Mark koſten ſoll. — Der Wind-
motor mittelſt deſſen das Waſſer für die neue Park- |
anlagen des Herrn Konſul Menzer von der wir
! bereit® berichtelen, gehoben werden ſoll, iſt fertig
geſtellt und zwar derartig, daß er zugleich einen
Luͤsſichtsthurm über die praͤchtige Umgebung bildet.
Schon jetzt wandern viele Hiefige und Auswaͤrtige,
beſondets Heidelberger, dahin, um ihn zu erſteigen
um dieſe Rundſicht zu genießen. Die Packanlage ſoll,
ſokald fie fertiggeſtellt iſt, ebenfalls dem Publikum
gebffnet werden aber mit Ausſchluß von Kindern.
Badeu⸗Badeu, 14. Juli. Kuͤrzlich wurde in
der Nähe der Promenade auf dem Rücen des Beutigs
ein größeres Terrain von einer fremden Geſellſchaft
zur Erbauung eines Sanatoriums kaͤuflich erworben.
Offenburg, 17. Juli. Im Vereinghauſe da-
hier wird die Ackiengeſellſchaft, Badenta? abgehalten
werden. Als Tagesordnung iſt in dem Ausſchreiben
unter Ziffer 1 angegeben: Die Haltung des „Bad.
Beobachter“ und des „Kathol. Volksb.“ die Angriffe
auf dieſe Blätter und die Mittel zur Abwehr dieſer
Angriffe. — Es ſoll wegen der Haltung der ge-












IN
wie auch die gegneriſche Seite fich in neueſter BA
Zuruͤckhaltung auferlegt haͤtten w

* Sreiburg, 16. Yult, Die große Bierbral”
des Hetrn SGanter iſt in den Befitz einer 7
ſellſchaft uͤbergegangen. Direktor und —
bleibt Herr Gaͤnter. Der Kaufpreis brtraͤgt 12
Marl. Sine Erweiterung des ohnehin jchon 8
Anwefjens durch Ecftelung einer Mälzerei und i
neuen Sudhauſes iſt in Ausficht genommen. 4
Gijenjchaft betebt bis auf Herın Ganter aus *
waͤrtigen Herren. 4

* Konftanz, 16. Juli. Ein vielfac 4
Nebelftand { die große Anzahl der GefehFF ug

In Konftanz giebt €& u
wenig Familienvorftaͤnde, die nicht mehrerel vu
einen angehören. Das verurſacht den —
erhebliche Roßten, wahtend dem Vereinsleben 7
folche Zuſtande wenig gedient wird, da geradt v
zroße Konku trenz der Vereine die Leiftungeſl
Es wird deshalb ſehr DB M
daß gefiern mit der definitiven Verfhmelzung
Vereine „Bodan“ undBuͤrgermuſeum“ zum 8
verein Bodan“ der Anfang der —
fuſions fähiger Vereine gemacht worden iſt. *
Verſchmelzungen duͤrften folgen. In das Pral
des neuen Vereins wurde gewählt der 7 d
Praͤfident des „Bodan“”, Herr duchduckereib 4
Keuß, ferner Herr Konft. Muͤller, die 54 a
4
M
ı08
w

ßotp:;



Vertreter der akiwen Sänger Herr Werkmeiſter
Aus Thüringen, 16. Juli. In Jen
in vergangener Nacht zwijden 20 Rorpsfiu®



einer ernſten Pruͤgelei gekommen, wobet die


Bruſt erlitten haben.

Aus Baden, 17. Juli.
Nonſtanzer Landeskitegerfeſt angemeldeten V⸗ a
beirägt jegt 139 mit zufammen 80 Fajner- 4
wird mwohl auf 3000 auswaruge Feſtthell
rechnen dürfen. Die beiden Präßfidenten des SAg
verbandes Exz. v. Degenfeld und Krtegegrath *
xrumel, werden heuie in Lonſtanz erwarle tel
Gasmonteur Röhlein in Lonſtanz wurde von%

*
Pferde, während er mit einem daſſelbe halreni

i
Die Zahl vet Zl


er jchwerberlept tas Arankenhaus verbracht *
mußte. — Der am 12. d. verunglücte KWÄR
Gotfleber auf Schloß Hegne, M —
ſeinen inneren Verletzungen erlegen. — Am 4
ſauſe in Lichtenau, à. Rehl, find zur geigi
Eheaufgebote aus einer Familie ausgehängt, * g8
(zur zweiten Ehe) Sohn und zwei Toͤchter,
Honfteiten, A. Engen, wurde der 26 IJahre f
Schreiner Koadhim B. verhaftet, weldjer dem DMF G
meifter Greminger etwa 4 Ar halbteifen SA pl
gemäbt, 2 Döftbäume fiark beſchadizt uNnD v
Bürger Hugo Braun einen Bienenkorb ul
Gerſtenacker geworfen zu haben dringend verd 4
it. — In Weiler, A. Villingen, iſt das ug



nanr ten zwei Blaͤtter vielfach Unzufriedenheit be-
ſtehen und deren Abonnentenſtand auf 1. Juli be-
trächtlich zurſickgegangen ſein. Auch ſpricht man
davon, daß nach Freiburg von außerhalb ein Wink
gekommen ſei, in Folge deſſen ſowohl dieſe Blätter,

des Schreiners Johann Böfinger am 15. 1
einer Feuersbrunſt heimgeſucht worden. *
Biberach befindet fich ein zehn Morgen G'g
oͤichenwalb dyne Laub. Die Raupen ſollen!

Laub verzehrt haben. — 2








nach dem Lehnſtuhl, wo fie dann vor ihm ſtehen
blieb und ihn mit einem langen, ſcharfen Blick be-
trachtete.

„Sie haben meine jahrelange Ruhe gebrochen,“
bigann fie hierauf mit bebender Stimme. „Sie
haben die Erinnerung an meinen Gemahl, welcher
fern von mir vor 24 Jahren ſtarb, wachgerufen.
Sie haben mich bei einem Namen gerufen, bei
welchem mich noch nie zuvor Jemand nannte, —
den Namen, welchen ich einſt von meinem Kinde zu
hören mich ſehnte. Aber dieſes Kindes Lippen
ſchloſſen fich vor vierundzwanzig Jahren für immer.
Er ſtarb unter Fremden — mein armer kleiner
Sohn, welchen ich liebte, wie meine eigene Seele.
Warum haben Sie dies Alles gethan? Warum
ſind Sie hierhergelommen, mich in dieſer Weiſe zu
foltern?“

„Wer hat Ihnen geſagt, daß Ihr Sohn todt

„Meise Geſchichte iſt eine fehr traurige, aber
ſollen fie hören: A
„Ich war in eine Schule zu Heidelberg 2
Ich war kaum fürfzehn Jahr alt, da am 2
Vater eine8 Tages, mich zu beſuchen, begleit⸗ 4
ſeinem Zögling, mit dem er eine Tour durch 41
machte. Dieſer Zögling war Lord Pabet Eori
ein Jüngling von noch nicht zwanzig Jahren, ſal
männlich, edel und gut. Mein Vater 4
Bögling verweilten mehrere Wochen in Beidt *
Zwiſchen Lord Paget und mir entſtand ein 4
derhaliniß/ ehe mein Bater es vermuthete.
Vaier war ein ſtolzer Mann, gerecht und ehrenh
in al ſeinem Tyun Es war ſeltfam, daß er i
dies Berratg an feinem Herın, Lord Berwid, pa
welcher andere Abſichten mit ſeinem Sohne 7
Aber mein Vater waͤr lange das Opfer eint? f



iſt?“ fragte Hugo.

Bruder.“

„Und Sie glaubten ihm?“

Die Dame ſtutzte.

„Gewiß, glaubte ich ihm. Beraubte mich nicht
dasſelbe Fleber ſowohl meines Gatten als meines
Vaters? War es unwahrſcheinlich, daß es auch mein
Rind hinraffte?“

„Es war nicht unwahrſcheinlich, doch es ſtarb
nicht. Bitte, erzaͤhlen Sie mir die Geſchichte Ihrer
Heirath und dann geſtatten Sie mir, Ihnen meine
Lebensgeſchichte mitzutheilen.“

Miß Deane betrachte Hugo noch durchforſchender,
dann, tiberwaͤltigt von einem Gefuhl, das fie fich
nicht erklaͤren konnte, ſagte fie:




heilbaren Arankheit geweſen und ſeine eitſi
Liebe uͤberwand ſein Gefühl für Recht. Er A
| tete, mid IchuBlos in der Welt zurüclafle 4
muͤffen, gab aber dennoch den Bitten Lord 74
nicht fogleich nach und als er endlich feine 4 fid
mung gab, war es in dem Augdnblick, al ‘W‘
dem Tode nahe glaubte. Sobald mein Bater 2
etwag befer war, gingen wir drel nad einent * /
eiwas veiter unten am Ryein und Paget UF“ „gl
wurden in einer engliſchen Napelle von d

tigen Raplan getraut.“ al

Hugo athmete bei dieſen Worten erleichte

Gortſetzung folgt.)


 
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