Pfilzer Bote
chluß! 9 Uhr, Samstag 8.30 Uhr vorm.
— 11. Zuli. Vundeskanzler Dr. DolN-
—— am Dienstag — der Geſamt⸗
g dem Bundespräſidenten die Demiſ—
In der Bundesregierung angeboten. Der
Undespräfident beauftragte Dr. Dolliuß
— für die neue Zuſammenſtellung
* — zu machen. Der Bundeskanz-
ird folgende Miniſterliſte unterbreiten:
Regierungschef Dollfuß mit Vundes—
enzleramt. Auswärtige Angelegenheiten,
Sicherheitsweſen, Landwirtſchaft und Lan—
desverteidigung.
Vizekanzler Starhemberg,
Bundesminiſter Fey,
Interrichtsniniſter Schuſchnig'g,
Sorialmin. Neuſtaädter⸗Stürmer,
Finanzminiſter: Bureſch,
dandelsminiſter: Stockinger,
Aiſtizminiſter: Berger-Waldenegg,
Staatsfetretär für Sicherheitsweſen: € ar -
win 169
Statsſetretůr für Aeußeres: der bisherige
— Gefandte Ingenieur Tauſchiß.
die Angelegenheiten der inneren Ver—
wird ein Bundesminiſter in Vor—
Nag kommen Für die Landesverteidigung
* an Stelle des bisherigen Minijters
(stänhur‚q:.f)urtemtetn‚ der aus privaten
hden erſuchte, von einer Wiederbetreuung
Uuſehen, ein Staatsſekretär beſtellt. Ebenſo
* ein Staͤalsfettetar fur die Landwirt—
aft beſtellt werden.
etanzer Dr Dollfuß nahm der Re—
M truttion der Regierung vor, um auf dieſe
CUe eine konzentrierte Zuſammenfaſſung der
tigen auf die Sichekung von Ruhe und
1E hung bezüglichen Veſſorts in ſeiner Hand
fei ‘f)ö_uTuhren und ſo die letzten Reſte ſtaats⸗
— Bewegungen zu beſeitigen. Es
* e ohne Verzug eine Keihe von Maßnah—
* durchgeführt werden, die im beſonderen
ſe tweiterung der auf Sprengjtoffan-
— bezüglichen Geſetze und Vorſchriften
4 Auf den Beſitz von Sprengſtoffen
Bl die Todesſtrafe geſetzt, falls nicht inner⸗
dere einer furz bemeſſenen Friſt, innerhalb
öuge“_ dem unbefugten Beſitzer Strafloſigkeit
welidert wird, die reftloje Ablieferung der
% vorhandenen Sprengſtoffvorräte erfolgt.
—— der Miniſterratsbeſchlüſſe
8 durgh die Einſetzung eines General-
eü5f0mmti\ar5 für außerordentliche Sicher—
— zur Bekämpfung ſtaats⸗
* Beſtrebungen in der Verſon des
8 Üters Fey unterſtrichen, dex Vorftzender
2* ſtändigen Miniſterausſchuſſes und einer
extien Staatskommiſſion mit be⸗
eren Vollmachten wird.
die Ernennung des Verliner Geſandten
auſchitz zum Staatsſekretär des Aeußern.
8 12, Juli. Zu der Ernennung des bishe-
in Olterreichilden Geſandten in Berlin, Tau-
‘fltiifiäur-n Staatsjefretär des Aeußern, ſchreibt die
Hax AOjoziale „Reichspoſt“, daß dieſe Ernennung
2* einer Seite hin einen demonſtrativen Eha—
— trage. Der Geſandtenpoſten in Berlin
8 zu gegebener Zeit wieder beſetzt werden.
Qrg ahin fei die Anweſenheit eines Geſchäftsträ—
vollkommen ausreichend.
D umtliche Erklürung
?‘%n‚ 11. Sult. Amtlich wird mitgeteilt:
Raın ndespräfident Hat die Umbildung des
— genehmigt. Wie die. polttilche
— erfährt, ift der politilde Grund
l Regierungsumbildung vor allem in
— — zu ſehen, daß Bundeskanzler
— die Innen: und Aufenpolitit
Rg SBundesregierung beſondets wichtigen
— Übernimmt und verſoͤnlich führt.
jolfen die letzten Reſte ſtaatsfeind⸗
ſeitigt werden. Der Rücktritt der Bundes⸗
minijter Ender und Schmitz iſt auf die neue
Bundesverfaſſung zurückzuführen, nach der
Funktion eines Landeshauptmanns mit denen
eines aktiven Bundesininiſters unvereinbar
jind. In der Berufung des bisherigen Öjter-
reichiſchen Geſandten in Verlin, Tauſchitz, zum
Staatsfekretär für auswärtige Angelegenhei—
ten liegt keiner Aenderung in der Zielſetzung
der Auͤßenpolitik Oeſterreichs.
Mit befönderem Bedauern wird der Rück⸗
fritt des Bundesminiſters für Landesverteidt—
gung, Schönburg-Hartenſtein, aufgenommen,
der eine der hervorragendſten Perſönlichkei⸗
en der öſterreichiſchen Armee iſt. Sein Rück—
tritt ſoll aus Familienrückſichten erfolgt fein.
Die perfönlichen freundſchaftlichen Beziehungen
Schöuͤbürg Haͤrtenſteins zu Bundestanzler Doll⸗
fuß find allgemein bekannt und nur die von
dem Miniiter vorgelegten Gründe konnten den
Bundespräfidenten bewegen, ſeinem Riüctritts-
gefuch Folge zu leiſten. Wie verlautet, leat Bun⸗
deskanzler Dollfuß beſonderen Wert darauf, die
Erfahrungen Schönhurg-Hartenſteins dem öf⸗
fentlichen Leben Oeſterreichs zu erhalten, was
von der öſterreichiſchen Oeffentlichkeit mit größ⸗
ler Genugtuung begrüßt werden wird.
Vundespräſident Mitlas verweigerte die Ge⸗
ſamtdemiſſion des Kabinetts Dollfuß.
Wien, 11. Juli. Amitlich wird gemeldet: Bun—
deskanzier Dr. Dollfuß erſchien Mittwoch früh
beim Bundespräjidenten Miklas, der ihm auf ſein
Angebot der Demiſſton der Bundesregierung mit⸗
teilte, daß er die Geſamtdemiſſion der Regierung
nicht annehme, ſondern nur den Rücktritt einzel⸗
ner Mitglieder des Kabinetts. Demnach ſcheiden
aus dem Kabinett Or. Dollfuß folgende Mitglie⸗
der aus: Bundesheeresminiſter General Fürſt
Schönburg⸗Hartenſtein, Bundesminiſter Dr. Koer⸗
ber, Bundesminiſter Schmitz. Bundesminiſter En—
der und Staatsſekretär Dr. Glaß. Die Ernennung
des Bundesminifters für die innere Verwaltung
ſowie der beiden Staatsſekretäre für Landesver⸗
leidigung und Landwirtſchaft ſteht unmittelbar be⸗
vor.
Paris, 11. Juli. Außenminiſter Barthon
iſt am Dienstag abend von ſeinex Londoner
Reife nach Paris zurückgekehrt. Preſſevertretern
gegenüber erflärte er ſich über ſeine Lawoner
Beſprechungen höchſt befriedigt Die Pa-
rijer. Morgenpreije macht fich die Zufriedemheit
ebenfalls zu eigen und bringt ſpaltenlange Kom—
mentare über die Ergehniffe der Reiſe, die im
wejentlichen dazu heführt habe, daß England
nicht mur jeden Widerſband gegen ein Dit-Locarmno
aufgeben, fondern ſich ſogar — allevdimgs unter
gewijjen Bedingungen — bereit erklart habe, in
Berlin und Kom für dieſen Pakt Propaganda
zu machen. Die Bedingung, die man enaliſcher⸗
ſeits an einen ſolchen Schritt geknüpft hat, liegt
auf dem Gebiet der ANbriüjtung. Aus den
Ausfuͤhrungen der Pariſer Preſſe geht eimwand—
frel hervor, daß die engliſche Regſerung ſich
zu einem Abſchluß eines Oſt⸗Locarno mur für
den Fall einverſtanden erklärt, daß die natürliche
Folge davon eine allgemeine Rüſtungsbeſchrän⸗
fung und die Aufgabe der ſtarren Haltung
Frankreichs iſt, die in der Note pom 17. April
zum Ausdruck kommt. Aber nicht nur auf dem
Gebiete der Abrüſtung hat die engliſche Regie⸗
rung nach der Darſtellung der Franzöfijchen
Prefe eine Reihe franzöſiſcher Zugeſtaͤndniſſe
gefordert, ſondern ſie hat auch eine dentliche Er⸗
flärung über die Abſichten Frankreichs gegen—
über Rußland verlangt Man befürchtete eng—
liſcherſeits, Rußland könnte in den Uocarno-
vertvag hineingezogen werden bzm, als Gegen⸗
leiſtunz für das Dit-Locarno, in dem es eine
führende Rolle ſpielen ſoll, den Locarno⸗Pakt
mit garantieren. Baldwin hat Barthou zu ver⸗
ſtehen geheben, daß England um keinen Preis
Rußland als Partner in einem Abkommen haben
wolle, in dem ſeine eigenen Intexeſſen auf dem
Spiele ſtünden. Die engliſche Regierung hat
ferner darauf hingowieſen, daß ſie dem Eintritt
Rußlands in den Völkerbund nur dann
zuftimmen würde, wenn die Sopjetunjon aus—
noahm3los alle Verpflichtungen übexnehme, die
au8 dem Völkerbunds⸗ Pakt jedem Mitglied er—
wachſen. Was das Oſt⸗ Loearno aylangt, hat man
engliſcherſeits Wert auf die Feſſſtellung gelegt,
daß diejer Pakt auch wirklich ein Gegenjeitigkeits-
Raft jet, in dem ſich alle Beteiligten gegenſeitig
die Sicherheit garantieren würden Würde es ſich
um ein einjeitiges Ablommen handeln, dann
mwürde ſich die eugliſche Regierung deshalb nicht
damit einverjtanden erklären fönnen, weil es die
augenblickliche Stabilität in Curopa gefährden
fönnte, Erſt nachdem der franzöſiſche Anßen—
minifler verſichert hatte, daß Rußland in keiner
Torm am Locarno-Vertrag beteiligt würde, das
für England aus dem Dit-Locarno evwoche, hat
man englifcherjeit3 ſich dazu bereit erflärt, den
fraͤnzöſifchen Bemühungen wohlwollend gegen-
überzuftehen. Das Verſprechen der engliſchen
KRegierung, in Berlin vorſtellig zu werden,
ım auf die angeblichen Borteile des Paktes hin—
zuweifen, ſcheint ohne beſondexe Ueberzeugung
von dem Erfolg eines ſolches Schrittes gemacht
worden zu ſein.
Die engliſche Preſſe über das Ergebnis
Qondon, 11. Juli. Die engliſche Preſſe iſt ſich
im großen und ganzen daͤrüher einig, daß
Barihou nicht mit leeren Händen nach Paris
zurückreiſt; teilt aber keineswegs den von fran⸗
zöfiſcher Seite ausgedruͤchen großen Optimis⸗
mu8. Die allgemeine Anſicht geht dahin, daß
eine gewiſſe platoniſche und mit Klaufeln ver-
jehene Vereinbarung zu dem Oſt/ Loearno⸗ Palt
erzielt worden ſei. Einige Blätter unterſtreichen
aber, daß die Vorausſahen von einer Einigung
ürber eine militäriſche engliſch⸗franzöſiſche Zu-
ſammenarbeit nicht eingetroffen ſind.
Verlin, 11. Juli. Die Reichsſendeleitung teilt
mit:
Im Freitag, den 13. Iuli, abends 20 Uhr,
übernehinen alle deutſchen Sender vom Deutſch—
Jandjender die Uebertragung der Reichstags⸗
ſitzung mit emer Rede des Fuͤhrers/ Keichstang-
Reichsregierung * 8
Die Stunde der Nation wird auf einen ſpäte⸗
ren Zeitpuntt vexlegt.
Der poͤlttiſche — fent aus.
Berlin, 11. Juli. Wie die NSK meldet, hat
der Leiter der Abteilung Rundfunk der Reichs⸗
propagandaleitung der NSDUAP, Dreßlex An⸗
und Ortsgruppenwarte erlaſſen:
„Am Freitag, den 13 Juli, ahendz 20 Whr,
alle deutihen Sender zur geſamten Nation. Zr
Diejen. Tes iſt ein bisher noch nicht dagemejermer
GemeinjOaftsempfamng zu brgauiſieren. Ale
Fundmarte. haben fofort mit den noͤtwendigen
Vorarbeiten: zu beginnen und dafür Sorge zU
tragen, daß aͤuch dem letzten Volfsgenojjen die
Möglichteit gegeben mird, an dieſer bedeutungs“
vollen Kede des Führers teilnehmen zu Iönnen.“
69. Jahrg. / Nr. 158
Für telefoniſch übermittelte Auftrãge wird teine
der heilige vauntmann
Wandlungen des Faſchismus
Dr. Sch. Rom, 10. Jult 1934
Am 27. Juni 1916 iſt der junge italieneſche
Hauptmann und Konipagnieführer Suido
Negri bei einem Angriff auf den Monte Cos
lombard gefallen. Die Italiener nennen ihn den
„capitano janto“, den heiligen Hauptmann. W
jeine Leiche neulich aus dem ehemaligen Kriegt
gebiet an der Etſch von einem Militävfriedbhof
über Vicenza nach ſeiner Henmatſtadt Site am
Venezianiſchen überführt wurde, am es I
Kundgebungen des Volkes, in denen rommer
Gedeuͤken und patriotiſcher Sinn, ürchliche und
faſchiſtiſche Entfaltung des Lebens in einer ein⸗
zigen ſtarken Woge vaterländiſchen und religid⸗
ſen Gefuͤhls zuſammenſchmolzen. Vom Samstag
abend bis zum Sonntag movgen ſtand der Sarg
des „capitano ſanto“, mit der grün weiß roten
Fahne umhüllt, in der Kirche von Santa Maria
della Grazie in Eſte, und die ganze Nacht Yır
durch ſtellten abwechſelnd die Berbände der
Katholiſchen Aktion und die faſchiltiſchen Orga⸗
niſationen die Ehrenwache. Am Sonntag mor⸗
gen hingen von den Fenſtern der Straßen,
durch die ſich der Leichenzug nach dem Dom non
Efte bewegtẽ, wie bei einer Prozeſſion rote Da⸗
maſtteppiche herab, und viele tauſende folgten
dem Sarge, daruntex die geiſtlichen und die
weltlichen Behörden, Vertretẽr des Biſchofs und
der Faſchiſtiſchen Partei, die Gliederungen der
Katholijdhen Aktion und die Kampfyerbände der
Schwarzhemden, Dominikanermönche und Offi⸗
zete, Btittordensleute und Regimentzverene
Kach dem Requiem ſtand das Voll m dichten
Gedränge auf dem Domplatz, die Orgel und die
Stadtiapelle ſpielten das Kriegserinnerungslied
der „Legende vom Piave“, das Volt jamt in die
Aniee und erhob die Hand zum römiſchen Gruß.
Muf dem Friodhof hioͤlt Otiavio Dinale die Ge⸗
denkrede, Kriegsgefährte Guido Negris und per⸗
fönlicher Freund Muſſolinis, Schriftleiter des
Popoͤlo d Italia! in Mailand an den früher
Muſſolini ſeibſt die Leitartikel des aufſteigenden
Faſchismus ſchrieb.
Man würde die italieniſche Wirklichkeit von
Heute, in der ſich die Traditionen des Lande
im Zeichen der faſchiſtiſchen Herrſchaft. verſam ·
meln, nicht voll erfaſſen, wollte man den Cıra
druͤck und Sinngehalt ſolcher Szenen ın dem
Gejamtbild vernächläſſigen Aber in dieſen be
fonderen Falle macht die Figur des „capitano
ſanto“ das Bild noch ſchärfer und deutlicher
Wer war dieſer Guido Negri? In der von Ernſt
Wagner herausgegebenen Sammlung „Chrijtuss
jugend“. (bei Herder in Freiburg verlggh wivd
jeine ſeltene Lebensgeſchichte in dem Bändohen
Ehriftustampfer“ erzählt. Ein ungsmöhnliches
Loen von großartig zeſammelter Kraft und Be⸗
fländigteit. Als eines von den zwölf Kindern
einer Kpothekersfamilie in Eſte wächſt der junge
Guido heran. Schon als Zwölfjähriger nimmt er
den tragiſchen Konflikt der ttalieniſchen Vor⸗
kriegskatholiken, die in einem Vaterlande leben,
in dem ſich der Papſt als ein Entrechtetex und
Gejangener betraͤchtet, in ſich auf Die Kunds
gebung Leos XIIl. zum Jubiläumsjahr 1900
haben ihn gepackt, getroffen und nie mehr 108
gelajjen.. Er fpuͤrt die Spannung zwiſchen Papſt
und Kirche auf der einen, Liberalismus und
bürgerlicher Welt auf der anderen Seite. Mit
einer. ſchonungsloſen Folgerichtigleit, wit einer
fauım begreiflichen Leidenſchaft ſuͤcht er die vadt
fale Qöjung: er macht die Sache des Payſtes zu
jeiner eigenen. Aus dieſem Vaͤrſatz des Knaben
formt ſich ſein ganzes Leben Nach Ahſoloierung
des Gymnajiums wird er Offtziersaſpirant und
Student in Padua. Dann fommt er als Leutnant
nach Florenz. Kein finſterer Mucker, ſondern
immer heiter, frohſinnig, geſellig ein elaganter,
junger Offizier, überall beliebt. Aber in jeinem
Hnnern brennt die verzehrende TFlamme. Er
daucht, trinkt und tanzt nicht, und geht jeden
Morgen in Uniform zur Kommunion. Der Rogis
mentzobedſt, der ihn vor dem Spott der Kame⸗
vaden ſchüßzen will, gibt ihm den freundſcheſt
lichen Rat, doch wenigſtens die Uniform dei der
Kommunioar nicht zu tragen, um Aufjehen zu
vermeiden Der Leutnant Negri entmaffnet ihn
mit der kompromißzlos auf daͤs Wejentliche zie-
lenden Frage: „Tue ich . vielleicht eimas, was
Die Uniform nelnes goͤnngs entehrt, iNdem id)
täglich tommunigiere?“” Yn derjalben Weije ers
mingt er ſich die Achtung aller Kreſe, mit demen
er in Berührung fommt. Er 1e6t {icd durch
Sein Beijpiel, jein Wort, jeime Fevſpnlichkeit ü
gine eingige Werbung jür die Sache des Bopjiss,
——