Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 3820,299
Lask, Emil; Rickert, Heinrich [Adr.]
(Heid. Hs. 3820,299): Brief von Emil Lask an Heinrich Rickert (Abschrift) — Berlin, 1903 Oktober 21

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27647#0001
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Berlin,den 21.10.03. lUO,^0?
Lieber Herr Professor!



Das vierte Kapitel ist -alt einer Ausnahme,die ick glaube macken
zu müssen -Yg^radezu glanzend gelungen,und ich kann Ihnen nun endlich
meine schlussglückwünsche aussprechen,denn ick hake -wenn auch nur ein
erstes,flüchtiges Mal- auch den Rest schon durchgelesen.Gerade dieser
letzte Teil ist so vorzüglich verfasst,dass ich bei schnellste» Durch-
lesen trotz der darin stehenden weltbewegenden Probleme alles verstan-
den habe. - Früher als ^etzt bin ich nicht fertig geworden und ich will
Ihnen nun in Eile das Notwendige Bitteilen.
Die obige Einschränkung bezieht sieh auf Seite 127 - i00 130. Ich
muss offen gestehen,Ich habe die Dreiteilung der »Fora» nicht verstanden
oder genauer:ich habe den Unterschied tfnicht eingesehn zwischen Form
der Anerkennung und Form des vollzogenen Urteils,also zwischen Form der
Erkenntnisproduktion und der des Erkenntnisproduktes.Es ist Ihrer Dar-
stellung an der betreffenden Stelle nicht gelungen,meine transzendentale
Phantasie ln der Richtung zu leiten,dass mir der unterschied dieser bei-
den transzendentalen Agregatzustände klar geworden ist. Ich bemerke
hier sogleich,dass trotzdem diese Lücke sich später so gut wie
niemals störend fühlbar gemacht hat.Ich folgere aber daraus trotzdem
nicht,dass Sie zu viele oder zu scholastische Unterscheidungen gemacht
haben.Ich glaube selbst über die hier zugrundeliegenden Probleme schon
früher,unzulänglich allerdings,nachgedacht zu haben.Übrigens möchte ich
bemerken,dass wenn Sie S.128 sagen,die Form des vollzogenen Urteils
hafte gleichsam am Seienden,man zunächst dies noch so wenig versteht,
dass man unter umständen daran denken kann. Sie haben das psy^chisehe
Sein des Urteils(im Gegensatz zum Sinn)dabei im Auge.Aber das ist na-
türlich ein Missverständnis.Sach meiner unsicheren Meinung denken Sie
vielmehr daran,dass das »fertige Erkenntnisprodukt» in einem Zustande
zu denken ist,in dem es bereits den Inhalt ergriffen hat.Es ist eben
das fertige Produkt.das.was der empirische Realismus als verselbstän-
digte Wirklichkeit vor sich hingestellt denkt. Aber wenn man auf die
Form hiervon reflektiert.abstrahiert man dann nicht vc)6» Inhalt? Und
andrerseits ist nicht auch schon im Stadium der Erkenntnisproduktion
das Ergreifen der Inhalte zu denket»? Ist der UnterschledPli. beiden Ag-
gregatzuständen vielleicht in mancher Hinsicht zu vergleichen mit dem
Urteil und Begriff(letzterer irgendwie etwas Festgeronnenes)?
Hätte ich einige Tage mehr Zeit,so würde ich vielleicht etwas Greif
bareres und Vernünftigeres produzieren können,so aber muss ich mich
leider hierauf beschränken,damit Sie vor Beginn der Vorlesungen,falls
Ihnen mein Zweifel beachtenswert erscheint,noch darüber nachdenken
können.Ich gehe heute auch garnicht auf den fhhalt der vierten Kapitels
ein und sage garnifcht.was er alles mir und der Welt bringt,sondern
zähle nur ganz kurz folgende Ausstellungen auf. S. 9/10 schicke ich
mit dem, Rest mit,der morgen folgt.
Acfe Seite 133 ist es gut das»Sein» »allgemeines Gegebensein» zu
nennen oder empfielt es sich nicht,den Terminus »Gegebensein» nur für
 
Annotationen