Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 3820,449
Lask, Emil
(Heid. Hs. 3820,449): Brief von Emil Lask an unbekannte Frau — o.O., 1908 Februar 2?

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26778#0001
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
$£20, W

d. 00 2. 2.

."fAlleSjWas Du mir uber Deine Beziekung zu mir

geschrieben hast,kat mich ganz und letztlich durchdrungen.Geliebte,
an meiner Karrne und[meiner Nahe zu Dir kannst Du nie zweifeln.Ich
kann es nicht ausdrücken,ich werde es Dir mündlich kundtun,vie be-
glüekend und beruhigend es für mich ist,dass Du mir Deine Liebe

erhälst und alles was daher geht,_^..

. Und i c h bewundere und liebe A 1 1 e s an Dir.Du bist

für mieh ein seltsames,berauschendes Wesen,neben dem ich als P e r-
scniichkeit ganz verschwinde,denn das bin ioh Ja von D i r
aus gesehen dceh so gut wie garfnicht. Ich bin ja nur ein Gefäss
wissenschaftlich-philcscphiseher Probleme.Darum bist Du z u n ächst
viel zu gross und^schön und reif und zu sehr voller Persönlichkeit
und L e b e n für mich,und in dieser Hinsieht so unendliehnfern»
und »f remd», sojdass ich zunächst Dich zu wenig in irgendeinem
Sinne als meinesgleichen sehe.und meine Liebe dadurch unberechen-
bar grosse Hemmungen erfahren ha.t,sich h e r v orzuwagen.

Mts n ** , Y,ftnr gh a ^ ¥"n n »r j 11vi » *-r -r-.. s p gt} T *r4-r>h t,

“ s ü 'k C u n e n , w i e o o 11 e dan-n mit - -m.i.r- ^4e in-L Ich sage zunächst,
denn es ist ja das Unbegreif1iche,Beglückende gekcmmen,dass von ail
dem die Entwicklung weggeführt hat.dass immer stärker zwischen uns
das »Heimatliehe»,der »Atem von Heimat«,das fertraute,das Ruhen
und Geborgensein im Andern entstanden ist.Du schreibst wieder -
und ich habe mieh dem Zauber dieser Worte nicht entziehen können-
dass Du mich unenalich gut kennst und nicht anders willst.sls ieh
bin. Aber hast ®u aas auch ganz bedaeht? Ich bin Ja noch anders,
schlimmer in meinem SachIichkeitspathos,als scnst die M ä n n e r,
als die einseitigen Wissensehaftle r.Bei
der Kargkeit meiner Natur hat die Sachlichkeit alles Übrige in sich
hineingesogen.Und eben wegen dieser KarghS?^ ist sogar dieses Ein-
zige,o b w o h 1 es das Einzige ist,nieht etwas Stürmiscfees und Sieg-
haftes,sondern unendlich Bescheidenes,allmähllich und mühsam Ab—
jterungenes.Du kast vielleiht das Erzeugen wissenschaftlicher Gedan-
ken nur bei Menschen beobachtet,die etwas von Genialität haben.Das
habe ich garfiieht.Bei mir ist alles unmerklich langsames Reifen,
schwerfäHiges umständliches Erarbeiten aueh des Geringsten,zähes
jserodisches Ringen;Anstrengung und gänzliche Absorption auch für
den kleinsten Erfolg erforderlich. Ieh b e g i n n e Jetzt nach
fünfzehnjährigem Studium meine eigenen Gedanken zu entwickeln,
und jetit wird erst recht jeder weitere Schritt drkäropft werden
müssen.(In meinem Alter haben die meisten Andern ihre ersten Haupt-
werke geschriÄben.)

Das Alles müsstest Du s o ganz erlebt haben,wie i«h,um zu be-
greifen,dass mancherlei Hemmungen in mir auftauehen ^konnen,und
auch Zweifel.ob Du das schon in seiner ganzen Tragweite gewürdigt
hast,diese ungeheure Kluft zwischen uns.meine Unergiebigkeit,an der
Du dcch so oft leldest.

Freilich wenn dies das Einzige wäre.wenn ich nicfet alles doch
auf dem Grunde einer letzten Hoffnung sähe,nicht die Echwierig^
keiten meines Wesens doch für relativ und überwindlich hielte,dann
wijrde ich unsere weitere Zusammengehcrigkeit nicht soersehnen
können,wie ich es tue,söndern als unerträglich empfinden müssen
Du Geliebte,ick kann trotz aliem
 
Annotationen