könnte Professor Wyß vielleicht eine als Halstuch verwendete locker angefertigte
Handarbeit (Filet) gemeint haben.
Welcher Art Stoff wohl die blauen Schürzen gewesen sein mögen, von denen »man
die feinsten aus Zürich bezog?« Von dort her würde man an Seide denken, deren Her-
stellung eine Spezialität jener Stadt war, nur ist es nicht glaubhaft, daß die Haslerinnen
\Aa.VLseidßne Schürzen getragen hätten. Es dürften schwarze seidene, eher aber dunkel-
violett wollene gewesen sein, wie Vogel notierte und wie diese Farbe für die wollenen
Litzen an den Göllern und den Bändern der schwarzseidenen Schürzen bis zum Ab-
gang der Tracht beibehalten worden sind.
Professor Wyß sucht mit seinem Bericht die Trachtenmaler auf den Hochzeits-
schmuck im Oberhasli, wie auch in andern Teilen der Schweiz, als auf etwas Besonderes
aufmerksam zu machen. Leider aber haben selten Künstler noch Schriftsteller dem
Schäppeli als einem sehr alten, von den hohen Ständen zu den Bäuerinnen überge-
gangenen Kopfputz, dessen Gebrauch strenge an die Sitte gebunden war, selten besondere
Aufmerksamkeit geschenkt1). Die Beschreibung von Professor Wyß ist aber ungenau
und erschwert infolgedessen dem Forscher die Aufgabe, die noch schwieriger wird, weil
L. Vogel gleichzeitig eine Haslibraut skizzierte, deren Krone der ungenauen Beschreibung
von Wyß entspricht. Wir ständen vor einem Rätsel, wenn nicht eine genaue Detail-
zeichnung Vogels den Beweis erbringen würde, daß es ein aus dem Wehntal (Zürich)
oder aus dem Aargau nach dem Hasliberg verschlepptes Schäppeli war. Daß sich eine
Haslibraut oder Gotte mit einer fremden Krone geschmückt hätte, ist, wie in jeder
andern Gegend, gänzlich ausgeschlossen. Sie wäre zeitlebens dem Gespötte der ganzen
Burschenschaft und der Schande der Gemeinde anheimgefallen.
Wie aber waren Wyß, wie Vogel zur Schilderung einer solchen Brautzierde auf dem
Hasliberg gekommen ? Vogel dürfte auf der Hinreise dem Maler König in Unterseen
einen Besuch gemacht haben. Dort sah er das Bild »Eine Trauung in der Kirche in
Unterseen« (es zeigt die Braut in der Haslitracht) und kopierte es flüchtig. Vogel
muß dann mit Wyß zusammengetroffen sein, denn seine Skizze (Abb. 115) und die Be-
schreibung von Wyß sind zur gleichen Zeit entstanden. Die wissensdurstigen Herren
haben sich wohl nach allerlei umgesehen, dabei ist ihnen jenes Schäppeli vorgewiesen
worden. In gutem Glauben, es sei die Hochzeitskrone einer Haslerin, hat sie Wyß, wenn
auch ungenau beschrieben, Vogel hat sie auf der Skizze des Bildes von König verwertet,
König hatte seiner Braut unrichtigerweise die Zöpfe, statt hängend, rund um den Kopf,
um das schwarze Mädchenkäppli, gewunden, und ein flachliegendes Kränzlein darüber
gelegt, wie es in der Gegend von Unterseen zur Bernertracht, nicht aber zur Haslitracht,
1) Im Jahr 1919 wurde Prof. O. Stoll zu seinem siebzigsten Geburtstag ein Manuskriptband über-
reicht, dem ich einen Beitrag über Schäppeli beigeben durfte.
99
7
Handarbeit (Filet) gemeint haben.
Welcher Art Stoff wohl die blauen Schürzen gewesen sein mögen, von denen »man
die feinsten aus Zürich bezog?« Von dort her würde man an Seide denken, deren Her-
stellung eine Spezialität jener Stadt war, nur ist es nicht glaubhaft, daß die Haslerinnen
\Aa.VLseidßne Schürzen getragen hätten. Es dürften schwarze seidene, eher aber dunkel-
violett wollene gewesen sein, wie Vogel notierte und wie diese Farbe für die wollenen
Litzen an den Göllern und den Bändern der schwarzseidenen Schürzen bis zum Ab-
gang der Tracht beibehalten worden sind.
Professor Wyß sucht mit seinem Bericht die Trachtenmaler auf den Hochzeits-
schmuck im Oberhasli, wie auch in andern Teilen der Schweiz, als auf etwas Besonderes
aufmerksam zu machen. Leider aber haben selten Künstler noch Schriftsteller dem
Schäppeli als einem sehr alten, von den hohen Ständen zu den Bäuerinnen überge-
gangenen Kopfputz, dessen Gebrauch strenge an die Sitte gebunden war, selten besondere
Aufmerksamkeit geschenkt1). Die Beschreibung von Professor Wyß ist aber ungenau
und erschwert infolgedessen dem Forscher die Aufgabe, die noch schwieriger wird, weil
L. Vogel gleichzeitig eine Haslibraut skizzierte, deren Krone der ungenauen Beschreibung
von Wyß entspricht. Wir ständen vor einem Rätsel, wenn nicht eine genaue Detail-
zeichnung Vogels den Beweis erbringen würde, daß es ein aus dem Wehntal (Zürich)
oder aus dem Aargau nach dem Hasliberg verschlepptes Schäppeli war. Daß sich eine
Haslibraut oder Gotte mit einer fremden Krone geschmückt hätte, ist, wie in jeder
andern Gegend, gänzlich ausgeschlossen. Sie wäre zeitlebens dem Gespötte der ganzen
Burschenschaft und der Schande der Gemeinde anheimgefallen.
Wie aber waren Wyß, wie Vogel zur Schilderung einer solchen Brautzierde auf dem
Hasliberg gekommen ? Vogel dürfte auf der Hinreise dem Maler König in Unterseen
einen Besuch gemacht haben. Dort sah er das Bild »Eine Trauung in der Kirche in
Unterseen« (es zeigt die Braut in der Haslitracht) und kopierte es flüchtig. Vogel
muß dann mit Wyß zusammengetroffen sein, denn seine Skizze (Abb. 115) und die Be-
schreibung von Wyß sind zur gleichen Zeit entstanden. Die wissensdurstigen Herren
haben sich wohl nach allerlei umgesehen, dabei ist ihnen jenes Schäppeli vorgewiesen
worden. In gutem Glauben, es sei die Hochzeitskrone einer Haslerin, hat sie Wyß, wenn
auch ungenau beschrieben, Vogel hat sie auf der Skizze des Bildes von König verwertet,
König hatte seiner Braut unrichtigerweise die Zöpfe, statt hängend, rund um den Kopf,
um das schwarze Mädchenkäppli, gewunden, und ein flachliegendes Kränzlein darüber
gelegt, wie es in der Gegend von Unterseen zur Bernertracht, nicht aber zur Haslitracht,
1) Im Jahr 1919 wurde Prof. O. Stoll zu seinem siebzigsten Geburtstag ein Manuskriptband über-
reicht, dem ich einen Beitrag über Schäppeli beigeben durfte.
99
7