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Heigelin, Karl Marcell
Lehrbuch der höheren Baukunst für Deutsche (Band 2) — Leipzig, [1830]

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https://doi.org/10.11588/diglit.3371#0080
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höhere organische Natur eben so sehr über der Starrheit, als über der
Unbestimmtheit der Form. Welche vollendetere Schönheit lässt sich den-
ken, als die einer Domkirche? und doch ist ihre Gestalt blos in zwei glei-
che Hälften theilbar; denn vom Eingang des Vorhofes bis zum Ende des
Chores kann, ohne den Zvvek und Karakter zu verlezen, keine Simmetrie
des Ganzen stattfinden, so wenig indess irgend eine regellose Freiheit
walten darf. Bedenke man namentlich, dass blos solche Gebäude, die
nicht in mehr, als zwei gleiche Hälften getheilt werden können, eine
Vorderseite, gleichsam ein Antliz haben, das den Zutretenden begrüst.
Gebäude, die von mehreren Seiten ganz gleich, oder auch zugänglich
sind, haben, "wie auch ihr Zwek niemals einer der erhabensten ist,
eine minder ausdruksvolle Schönheit.

Die Simmetrie öffentlicher Gebäude braucht in den Grundrissen
etwas weniger streng durchgeführt zu werden, als in den Aufrissen.
Wenn nur die Hauptformen auf beiden Seiten sich entsprechen, und
sich auch in ihrer Bestimmung das Gleichgewicht halten. Sehr fehler-
haft wäre es, — und sogar in Beziehung auf Konstrukzion nicht rein —
bei simmetrischem Aufriss in eine Seite des Innern einen grosen Saal,
in die gegenüber stehende mehrere kleinere Gemächer zu verlegen; fast
eben so fehlerhaft, auf einer Seite Gemächer für lebhaften Verkehr, auf
der andern wenig besuchte Repositorien anzulegen, u. s. w. Kleine Ver-
schiedenheiten im Einzelnen der inneren Formen zur Rechten und zur
Linken sind bei gewissen Gebäuden durchaus nicht zu tadeln, und wider-
sprechen der vollkommenen Simmetrie des Aufrisses so wenig, als die
unsimmetrische, aber in schönem Gleichgewicht stehende innere Einthei-
lung des menschlichen Körpers seiner gleichtheiligen äuseren Gestalt.

Weiteres hierüber gibt der dritte Band,
 
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