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Hugo Helbing [Mitarb.]; Messinger, Otto Eugen [Bearb.]
Katalog der Sammlung Messinger: Gemälde alter Meister — München: Helbing, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.56464#0005
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VORWORT

Die Kollektion des Herrn Otto Messinger ist das Ergebnis einer langjährigen Sammeltätig-
keit des Besitzers in Italien. Man merkt sehr bald, daß ein ganz bestimmter Geschmack,
eine unbeirrbare Vorliebe für gewisse künstlerische Epochen den Kunstfreund stets beim Ankauf
geleitet haben. In einer Zeit, wo fast alle Sammler nur für die Renaissance in Italien Augen hatten,
galt Messingers ganze Liebe dem italienischen Barock und Rokoko und damit zusammenhängend
der französischen Kunst jener Epochen, ja darüber hinaus dem lange Zeit hindurch unbeachtet
gebliebenen italienischen und französischen Klassizismus vom Anfang des 19. Jahrhunderts.
Die Gemälde der Sammlung fesseln sowohl den Kunsthistoriker wegen einer großen Anzahl
wichtiger Stücke berühmter Meister und einer nicht minder großen Zahl von Arbeiten höchst
interessanter fast oder ganz unbekannter Künstler, durch den sehr aufschlußreichen Einblick,
den uns eine Reihe von Gemälden in die Tätigkeit und in die künstlerischen Ziele der französischen
Maler gewährt, die in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts in Italien, vor allem in Rom
gewirkt haben, als auch den genießenden Kenner und Kunstfreund durch die hohe Qualität,
die eine Anzahl Meisterwerke von bekannter und unbekannter Hand besitzen.
Unter den italienischen Gemälden erregt neben den interessanten Genrestücken von Passerotti
und der außerordentlich malerisch behandelten Giorgioneske Stimmung und Charakter nachahmen-
den »Dornenkrönung Christi« von Pietro dellaVecchia, dasiebensgroße Bildnis des berühmten
Abenteurers und Günstlings der Maria von Medici Concino Concini von JacopodaEmpoli und
der ausgezeichnete »hl. Sebastian« des Bernardo Strozzi besondere Aufmerksamkeit, dessen große
Qualität es begreiflich macht, daß das Bild früher van Dyck zugeschrieben worden ist. Neben einem
packenden Bildnis der Donna Olympia Pamphili, die eine so bedeutende Rolle in dem Leben
Roms im 17. Jahrh. gespielt hat, und zwei fesselnden weiblichen Porträts der Florentiner Schule
aus dem Sustermann-Kreis ragt als ein Hauptstück der Sammlung das jugendliche Selbstbildnis
von Lorenzo Bernini hervor. Zu der überaus sympathischen Katharinen Verlobung des Pietro
Novelli gesellen sich die glänzend gemalten Bildnisse des Papstes Alexander VII. und seines
Bruders Mario Chigi von der Hand eines der besten Porträtmaler jener Zeit, von Baciccia. Von
Luca Giordano sieht man zwei sehr apart und sorgfältig komponierte, in malerischer Hinsicht vene-
zianischen Einfluß verratende Bilder aus dem Leiden Christi. Die Landschaftmalerei jener Zeit ver-
tritt vor allem eine größere Arbeit Torregianis und das Architektur-und Ruinenstück, zwei sehr
amüsante Bilder von Codagora und Magliolo. Die süditalienische Stillebenmalerei wird durch
einige vortreffliche Neapolitaner Stücke, vor allem von Ruoppoli und durch zwei Arbeiten des
sonst unbekannten Sizilianers Ajello, sehr gut repräsentiert. Der Pseudospanier Amorosi, dessen
Werke vielfach lange Zeit hindurch den stolzen Namen Velasquez getragen haben, stellt sich uns
hier mit einigen sehr charakteristischen Arbeiten vor, unter denen »der Winzer« das beste Bild ist
und zu den glücklichsten Arbeiten des Künstlers überhaupt gehört. Zum italienischen Rokoko
leitet ein höchst lebensvolles Bildnis des Fra Vittore Ghislandi über. Aus der Blütezeit des
italienischen Rokoko stammt die von französischer Grazie erfüllte oberitalienische Landschaft.
 
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