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Hugo Helbing <München> [Hrsg.]
Ölgemälde moderner Meister: Nachlass Georg Nicklas, Berlin ; Auktion in München in der Galerie Helbing, 8. Juli 1919 — München, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.23031#0007
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Dn Beruf Kunstgewerbler, er war Goldschmied und Ziseleur, stand Georg Nicklas von Jugend

V auf in engster Fühlung mit der Kunst. Sein geschulter und geübter Blick kam ihm, als er
in den Kunsthandel übertrat, vortrefflich zustatten. Er hatte es sich zur Aufgabe gestellt, die
deutsche Kunst und insbesondere die Münchener Schule in ihren verschiedenen Epochen namhaft
zu machen, wobei wieder in erster Linie die Schulen und Kreise von Piloty, Leibi, Diez, Böcklin,
Feuerbach etc. den Vorzug genossen.

Gar manche vergessene oder längst verstorbene Kraft wurde so durch ihn der Vergessenheit
entrissen und ihr in staatlichen und privaten Sammlungen der gebührende Platz eingeräumt.
Es sei hier nur auf Hagemeister hingewiesen; jenem neben Schuch wohl heute am meisten ge-
nannten Mitglied des Leibi- und Courbetkreises, dessen Namen wohl vielen seiner Freunde aus
der Leibizeit der Erinnerung entschwunden war; ihn suchte Nicklas in seiner Einsiedelei von
Werder auf, wo der Künstler nur sich und seinem Schaffen lebte, und befreite die Zeugen jahre-
langen Schaffens aus ihren Verliesen, um sie der gesamten Kunstwelt als Gemeingut zuzuführen,
gleichzeitig dem Künstler die Genugtuung verschaffend, das im stillen sehnsüchtig Erträumte,
den Erfolg seines Könnens, noch bei Lebzeiten verwirklicht zu sehen.

Der ebenfalls dem engeren Kreise Leibis entstammende A. Benedikter hatte sich in Rothen-
burg o. d. Tauber ein seinen Neigungen zusagendes Künstlerheim geschaffen. Dort entstanden
im Geiste Leibis Werke, die, sei es dem Figürlichen, der Architektur oder der Landschaft ent-
nommen, stets die Erinnerung an Leibi wachhielten. Nach seiner Übersiedelung in die Nähe
Münchens entdeckte auch ihn Nicklas für die größere Öffentlichkeit, und enthält der Nachlaß
Nicklas Werke dieses Künstlers, die, zurückreichend bis in die 6oer Jahre, großes Interesse finden
werden. Ganz besonders sei auf das Stilleben Blaukohl am Wasser, (Nr. 15) hingewiesen, ein
Werk, das ohne Überhebung zwischen Buchholz und Schuch gestellt werden muß. Die Namen
Theod. Alt, ü Eibl, R. Hirth du Frenes, Charl. Schuch (eine kleine Landschaft), Johann Sperl
und Max Thedy, deren Wirken genügend bekannt ist, ergänzen noch die Mitglieder des Leibischen
Kreises.

Eines Künstlers hier muß ebenfalls noch gedacht werden, nämlich Jos. Wopfners; derselbe
gehörte ebenfalls dem Leibi-Kreis an, obwohl er zu jener Zeit bereits vollständig auf eigenen
Füßen stand, gelüstete es ihn doch auch, in Leibis Technik einzudringen, und darf der Rückenakt
(Nr. 261) wohl diesem Umstand seine Entstehung verdanken. Die »Nonne von Frauenwörth«,
von dramatischem Einschlag, darf hier ebenfalls nicht unerwähnt bleiben.

Die Zusammengehörigkeit des Leibischen Kreises mit der Diez-Schule ist durch den gemein-
samen Lehrer dieser beiden Künstler Piloty gegeben, und deshalb möge gleich hier auf die Diez-
Schule übergegangen sein, der ebenfalls gar manches talentierte Mitglied angehörte, das der Ver-
gessenheit anheimzufallen drohte. Wenn aus dieser Schule an erster Stelle J. E. Squindo genannt wird,
so möge dieses damit begründet sein, weil dieser Künstler, der früh, im Jahre 1883, starb, nur wenigen
bekannt war; der damals 26jährige hinterließ Beweise seines Könnens, die, als sie durch Nicklas
der Öffentlichkeit übergeben wurden, allseitig berechtigtes Erstaunen erregten. Die Glut der
Begeisterung und der Drang nach immer weiterer Vervollkommnung ließen Squindo nicht zur
Ruhe kommen, der Tatendrang trieb ihn rastlos vorwärts, und diesem Drange war der Körper
 
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