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VORWORT
INoch ist keinjahr verflossen, daß das Frankfurter Kunstgewerbemuseum sidi der verdienstvollen Aufgabe
unterzog, zum ersten Male in Deutschland eine große Spezialausstellung chinesischer Keramik zu zeigen.
Das ungeheure Interesse, das diese Ausstellung fand, beweist, daß unsere Einstellung auf Ostasiens Kunst-
werke keine Modelaune ist, sondern tiefem, innerem Empfinden entspricht. Und wenn wir dieser Tage
lesen, daß die großen amerikanischen Kunstinstitute neue Expeditionen nach China ausriisten, um dem
Land mit ihren großen Mitteln die Geheimnisse seiner alten Kunst zu entreißen, so sehen wir, daß diese
künstlerische Einstellung einen immer stärker werdenden Wettkampf um den Besitz ostasiatischer Kunst
auslöst.
Es ist ein glücklicher Zufall, daß gerade in Frankfurt, wo die erwähnte China-Ausstellung bei vielen
nicht nur das Interesse für Ostasien wachrief, sondern auch den Wunsch erweckte, derartige Kunstgegenstände
zu erwerben und zu besitzen, eine Sammlung zur Versteigerung kommt, die die edelsten Erzeugnisse
chinesischer Kunst bietet.
Die Sammlung AUGUST G. SPROESSER ist in China entstanden. Mit seltenem Geschmack und feinem
Verständnis hat der Besitzer während seines langen Aufenthaltes in Shanghai eine Sammlung von hohem
künstlerischem Niveau zusammengetragen. Daß dies nicht immer mühelos war, davon erzählen uns die
Berichte des Besitzers, der die von ihm in das Innere des Landes entsandten Männer manches Mal mit
leeren Händen zurückkommen sah.
Durch den Krieg kam die Sammlung nach Deutschland. Sie bietet uns ein Material, wie es, besonders
in den frühen Bronzen, der Frühkeramik, den Jade-Erdfunden in Deutschland kaum vorher zu sehen war.
Und wenn sich heute der Besitzer von ihr trennt, so konnte ihn allein die Sehnsucht nach China und der
Wunsch, dorthin zurückzukehren, zu diesem Entschluß bewegen.
Werfen wir einen Blick auf die Sammlung, so sehen wir, daß ihr Besitzer ausging von rein dekorativen
Stücken des japanischen Kunstgewerbes, dessen unendlich feingemalte Satsumaporzellane ihn zuerst fesselten,
und sich dann den späteren Erzeugnissen chinesischer Kunst zuwandte. Die schönen Porzellane des 18. und
19.Jahrhunderts geben davon Zeugnis. Später beschäftigte sich der Sammler mit den spielerischen, kapriziösen,
stets aber reizvollen Gegenständen der japanischen Kleinkunst — ich verweise nur auf die köstlich geschnittenen
Anhänger in Jade und Elfenbein, auf die schönen Stücke in Rosenquarz —, um sich schließlich in sein
eigentliches Sammelgebiet, in Chinas Frühkeramik, seine frühen Bronzen und die edlen frühesten Jade-
Arbeiten zu vertiefen.
Die ältesten künstlerisch wertvollen KERAMIKEN, von denen wir mit Sicherheit Kenntnis haben,
wurden in der Han-Zeit (206 v. Chr. bis 220 n. Chr.) geschaffen. Außerordentlich selten sind die Stücke, die
wir ihrem Material nach als eine Art Porzellan bezeichnen dürfen. Laufer berichtet in seinem Werk „The
Beginnings of Porcelain in China" (Chicago 1917), daß ihm tausende von Han-Stücken auf seinen Expeditionen
durch die Hände gegangen seien, er aber nur eine ganz kleine Anzahl von den porzellanartigen Typen,
die er in das 3. Jahrhundert v. Chr. setzt, habe auftreiben können. Es ist darum notwendig, auf die beiden
Stücke Nr. 2 und 3 aufmerksam zu macken und zu bemerken, daß der Topf Nr. 2 schlechthin identisch
ist mit dem schönen Stück der Chicagoer Sammlung, das auf Tafel 10 in dem erwähnten Werk abgebildet ist.
Die Han-Dynastie selbst ist mit einer Anzahl seltener, interessanter Stücke vertreten. Das Miniatur-
haus (5), der kleine Kochherd (6), die Hügelurne (7) und die schönen irisierenden Gefäße (9ff) charakterisieren
diese Epoche vortrefflich.
Aus der Tang-Zeit, die als Höhepunkt der chinesischen Kunst gilt, haben wir in der hohen Henkel-
kanne (18) ein Beispiel von großer Kraft und Schönheit. Unendlich edel die türkisblau glasierte Deckelvase (19),
besonders interessant der einen Ziehbrunnen (20) darstellende Grabfund, dessen kräftig blaue Glasur
nach neueren Feststellungen zum ersten Mal in der Tang-Zeit vorkommt.
Unmöglich ist es, auf die zahlreichen Sunggefäße und deren vornehme Nachbildungen aus dem
ersten Drittel des 18. Jahrhunderts näher einzugehen. Man muß sie in der Hand haben, die verschiedenen
Arten der meisterhaften Glasuren tastend beschauen, um ihren Reiz erschöpfend zu genießen. Fast alle
Arten der Sung-Keramik sind in der Sammlung vertreten: Das Lung-diüan yao mit den grünlichen und
bläulichen Seladonglasuren, das weiße Ting yao mit der zarten gelblichen Glasur, das Tz'u-chou yao mit
weißem Anguß, der den reizvollen Grund für die in meist braunschwarzen Farben aufgemalte Ornamentik
abgibt, das Chun yao mit der nuancenreichen „claire de lune"-farbenen, oft fein geflammten Glasur, das
Chien yao mit seiner „Hasenfell"-Glasur, alle bieten sie ein wertvolles Material für den Studierenden.
Aus der späteren Zeit sei nur noch auf das wuchtige, pfauengrün glasierte Stück Nr. 74 und ganz
besonders auf den hervorragend schönen auberginefarbenen Topf der Ming-Zeit im Cloisonnestil (82)
verwiesen.
Die stattliche Anzahl der vielfach mit Gold und Silber legierten B RONZEN gewährt ein erschöpfendes,
in diesem Umfang sehr selten gebotenes Bild der Entwicklung der chinesischen Bronzekunst von den ältesten
INoch ist keinjahr verflossen, daß das Frankfurter Kunstgewerbemuseum sidi der verdienstvollen Aufgabe
unterzog, zum ersten Male in Deutschland eine große Spezialausstellung chinesischer Keramik zu zeigen.
Das ungeheure Interesse, das diese Ausstellung fand, beweist, daß unsere Einstellung auf Ostasiens Kunst-
werke keine Modelaune ist, sondern tiefem, innerem Empfinden entspricht. Und wenn wir dieser Tage
lesen, daß die großen amerikanischen Kunstinstitute neue Expeditionen nach China ausriisten, um dem
Land mit ihren großen Mitteln die Geheimnisse seiner alten Kunst zu entreißen, so sehen wir, daß diese
künstlerische Einstellung einen immer stärker werdenden Wettkampf um den Besitz ostasiatischer Kunst
auslöst.
Es ist ein glücklicher Zufall, daß gerade in Frankfurt, wo die erwähnte China-Ausstellung bei vielen
nicht nur das Interesse für Ostasien wachrief, sondern auch den Wunsch erweckte, derartige Kunstgegenstände
zu erwerben und zu besitzen, eine Sammlung zur Versteigerung kommt, die die edelsten Erzeugnisse
chinesischer Kunst bietet.
Die Sammlung AUGUST G. SPROESSER ist in China entstanden. Mit seltenem Geschmack und feinem
Verständnis hat der Besitzer während seines langen Aufenthaltes in Shanghai eine Sammlung von hohem
künstlerischem Niveau zusammengetragen. Daß dies nicht immer mühelos war, davon erzählen uns die
Berichte des Besitzers, der die von ihm in das Innere des Landes entsandten Männer manches Mal mit
leeren Händen zurückkommen sah.
Durch den Krieg kam die Sammlung nach Deutschland. Sie bietet uns ein Material, wie es, besonders
in den frühen Bronzen, der Frühkeramik, den Jade-Erdfunden in Deutschland kaum vorher zu sehen war.
Und wenn sich heute der Besitzer von ihr trennt, so konnte ihn allein die Sehnsucht nach China und der
Wunsch, dorthin zurückzukehren, zu diesem Entschluß bewegen.
Werfen wir einen Blick auf die Sammlung, so sehen wir, daß ihr Besitzer ausging von rein dekorativen
Stücken des japanischen Kunstgewerbes, dessen unendlich feingemalte Satsumaporzellane ihn zuerst fesselten,
und sich dann den späteren Erzeugnissen chinesischer Kunst zuwandte. Die schönen Porzellane des 18. und
19.Jahrhunderts geben davon Zeugnis. Später beschäftigte sich der Sammler mit den spielerischen, kapriziösen,
stets aber reizvollen Gegenständen der japanischen Kleinkunst — ich verweise nur auf die köstlich geschnittenen
Anhänger in Jade und Elfenbein, auf die schönen Stücke in Rosenquarz —, um sich schließlich in sein
eigentliches Sammelgebiet, in Chinas Frühkeramik, seine frühen Bronzen und die edlen frühesten Jade-
Arbeiten zu vertiefen.
Die ältesten künstlerisch wertvollen KERAMIKEN, von denen wir mit Sicherheit Kenntnis haben,
wurden in der Han-Zeit (206 v. Chr. bis 220 n. Chr.) geschaffen. Außerordentlich selten sind die Stücke, die
wir ihrem Material nach als eine Art Porzellan bezeichnen dürfen. Laufer berichtet in seinem Werk „The
Beginnings of Porcelain in China" (Chicago 1917), daß ihm tausende von Han-Stücken auf seinen Expeditionen
durch die Hände gegangen seien, er aber nur eine ganz kleine Anzahl von den porzellanartigen Typen,
die er in das 3. Jahrhundert v. Chr. setzt, habe auftreiben können. Es ist darum notwendig, auf die beiden
Stücke Nr. 2 und 3 aufmerksam zu macken und zu bemerken, daß der Topf Nr. 2 schlechthin identisch
ist mit dem schönen Stück der Chicagoer Sammlung, das auf Tafel 10 in dem erwähnten Werk abgebildet ist.
Die Han-Dynastie selbst ist mit einer Anzahl seltener, interessanter Stücke vertreten. Das Miniatur-
haus (5), der kleine Kochherd (6), die Hügelurne (7) und die schönen irisierenden Gefäße (9ff) charakterisieren
diese Epoche vortrefflich.
Aus der Tang-Zeit, die als Höhepunkt der chinesischen Kunst gilt, haben wir in der hohen Henkel-
kanne (18) ein Beispiel von großer Kraft und Schönheit. Unendlich edel die türkisblau glasierte Deckelvase (19),
besonders interessant der einen Ziehbrunnen (20) darstellende Grabfund, dessen kräftig blaue Glasur
nach neueren Feststellungen zum ersten Mal in der Tang-Zeit vorkommt.
Unmöglich ist es, auf die zahlreichen Sunggefäße und deren vornehme Nachbildungen aus dem
ersten Drittel des 18. Jahrhunderts näher einzugehen. Man muß sie in der Hand haben, die verschiedenen
Arten der meisterhaften Glasuren tastend beschauen, um ihren Reiz erschöpfend zu genießen. Fast alle
Arten der Sung-Keramik sind in der Sammlung vertreten: Das Lung-diüan yao mit den grünlichen und
bläulichen Seladonglasuren, das weiße Ting yao mit der zarten gelblichen Glasur, das Tz'u-chou yao mit
weißem Anguß, der den reizvollen Grund für die in meist braunschwarzen Farben aufgemalte Ornamentik
abgibt, das Chun yao mit der nuancenreichen „claire de lune"-farbenen, oft fein geflammten Glasur, das
Chien yao mit seiner „Hasenfell"-Glasur, alle bieten sie ein wertvolles Material für den Studierenden.
Aus der späteren Zeit sei nur noch auf das wuchtige, pfauengrün glasierte Stück Nr. 74 und ganz
besonders auf den hervorragend schönen auberginefarbenen Topf der Ming-Zeit im Cloisonnestil (82)
verwiesen.
Die stattliche Anzahl der vielfach mit Gold und Silber legierten B RONZEN gewährt ein erschöpfendes,
in diesem Umfang sehr selten gebotenes Bild der Entwicklung der chinesischen Bronzekunst von den ältesten