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Hugo Helbing <München> [Hrsg.]
Ölgemälde moderner Meister des In- und Auslandes: Nachlässe Friedrich Kozel † Buenos Aires, Professor Arthur von Ramberg † München sowie eine Sammlung aus ausländischem Besitz etc. ; Auktion in der Galerie Hugo Helbing, München: Dienstag den 24. September 1929 — München, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.20506#0010
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seiner Herde, ein Lamm, in den Schutz seiner Arme genommen und drückt er wärmend an
sich. Eine tiefgründige reiche Komposition.

Von Ausländern seien genannt: Der Schweizer Johann Jakob Biedermann, aus der
Schule Karl Anton Graff's Dresden — Sohn des Anton Graff — hervorgegangen, befaßt sich
durchwegs mit der einfachen und schlichten Wiedergabe der Natur; ein langjähriger Auf-
enthalt in Rom ist die Ursache, daß seine Bilder eine Wärme durchzieht, die sich besonders
in seinen Schilderungen aus den Schweizer Alpen fühlbar macht. Gustav Courbet's „Wald-
weg" trägt die Jahreszahl 1871. Das Bild läßt in seiner vornehmen Einfachheit nicht von der
bewegten Zeit des Entstehungsjahres erkennen, ehrliche Wiedergabe des Gesehenen ist
diesem Bilde zu eigen. Der der Wallace Gollektion entstammende „Wasserfall" läßt kompo-
sitionell den Gedanken an Joseph Anton Koch wie überhaupt an die Klassiker aufkommen.
J. P. Davis führte den Beinamen Pope Davis, dem er dem Kolossalbilde „The Talbot family
reeeiving the Benediction of the Pope Pius VIP'1" verdankte; die prominentesten Persönlich-
keiten seiner Zeit wmrden von Davis porträtiert, wie er überhaupt zu den geschätztesten
Künstlern dieser Zeit gehörte. In technischer und kompositioneller Auffassung dürfte der
Künstler auch von van Dyck beeinflußt gewesen sein, wenigstens läßt das gegenständliche
Bild „Cupid pretending to be i 11" die Vermutung berechtigt erscheinen. Charles Francois
Daubigny's ernstes Streben nach höchster Vollkommenheit legte ihm große und schwere
Opfer auf, bis es ihm gelang, sich mit der Paysage intime durchzusetzen, während seine
Mitkämpfer Rousseau, Corot, Jules Dupre, Diaz usw. vor ihm dieses Ziel bereits erreichten.
Nachdem er das Probem gelöst hatte, gehörte er mit den Vorgenannten zu den Grund-
pfeilern der Schule von Barbizon. Die gegenständliche „Landschaft mit Fluß und Brücke"
dürfte um 1870 entstanden sein. Jul. Dupre reiht sich hier an, „die strohbedeckte Ferme"
läßt das Studium der alten Niederländer erkennen, anspruchslos, ohne jede Effekthaschung,
nur die Natur in ihrer Wahrheit wiedergeben, sind die Vorzüge dieses Bildes. „Die Herbst-
landschaft" größeren Formates läßt aus einer Notiz auf der Rückseite erkennen, daß das
Bild aus dem Atelier des bekannten Pariser Historien- und Porträtmalers Leo Cogniet stammt.
In Fernando Fader lernen wir einen sehr beliebten argentinischen Künstler kennen, dessen
Motive aus dem Leben der Estanzien entnommen sind; sie zeichnen sich auch durch die beson-
dere Betonung des Sonnenlichtes aus. Francois Louis Francais studierte bei Corot dessen
zeichnerische und kompositionelle Feinheitenihn besonders anzogen. Das vorliegende „Park-
motiv" ist ganz im Geiste seines Lehrers geschaffen, dasselbe befand sich früher in der
Galerie des bekannten Frankfurter Sammlers Leo Lehmann. Viktor Gilsoul und Fritz Thau-
low „Kanal in Flandern" und „Jahrmarkt" kommen sich in technischer Beziehung und im
Eingehen auf die Schilderungen des Alltags sehr nahe. Zu dem bereits erwähnten Frühbild
Ferd. Ilodler's gesellt sich „Der Träumer", eine in der Zeit des „Dialogue intime" und „Blick
ins Unendliche" entstandene Gouache; die das Firmament bedeckenden parallelen Wolken-
streifen sollen die dimensionalen Abstufungen darstellen, in denen sich die vom Traume
umfangene Seele bewegt. Mit ganz besonderem Interesse wird der verstorbene Däne Peter
Severin Kröyer — Kroyer — mit den beiden Zeichnungen „Herrenbildnis" und „Bildnis
seiner Frau", beide in Bozen entstanden, aufgenommen werden, da selten Gelegenheit ge-
geben ist, seine Arbeiten zu sehen. August Theodule Ribot liebte es, seine dem Leben des
Volkes entnommenen Motive in das Halbdunkel eines Raumes zu setzen und mit einem
kräftigen Lichteinfall zu betonen, wodurch ein Sichherausschälen des Körpers aus dem Hin-
tergrunde erreicht wird; dieses schwierige Unterfangen ist ihm bei der „Apfelschälerin" ganz
besonders geglückt. Die Uebergänge in Farben der auf einer Platte gehäuften Aepfel auf
dem Tische sowohl, wie auf dem Boden tragen zu der Aufhellung des Figürlichen bei; die
„Köche" sind ebenfalls auf die geschilderte Technik eingestellt und neigen sich der Humo-
ristik zu. Frank Westen hat sich zweifellos an Ziem gebildet, seine Farbengebung und die
Komposition lassen dieses vermuten. Nun wäre auch noch der Plastiker Erwähnung zu tun.
Von diesen sind zu nennen: Hugo Kaufmann „Die Musik", Emil Kiemlen „Schreitende
Frauengestalt", H. Parzinger „Salome", Gg. Wrba „Europa auf dem Stiere reitend", Ch. v.
Wyk „Mutterliebe" und zwei stilisierte Antilopen eines unbekannten Urhebers. Sämtliche
Plastiken in Bronze.

München, im September 1929. ADOLF ALT.
 
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