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Itten, Johannes [Hrsg.]; Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen [Hrsg.]; Hering, Karl-Heinz [Bearb.]
Johannes Itten: 10. Dezember 1965 bis 23. Januar 1966, Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf Kunsthalle Grabbeplatz — Düsseldorf: Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.44663#0007
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Vorwort

Johannes Itten, der am 11. November dieses Jahres seinen 77. Geburtstag feierte, ist einer der
großen Kunstpädagogen unserer Zeit. Seine Erkenntnisse und Einsichten haben seit mehr als
vierzig Jahren die fortschrittliche Kunsterziehung geprägt. Entscheidende Jahre seines Wirkens
als Lernender und Lehrender verbrachte der Schweizer Johannes Itten auf deutschem Boden.
Als Studierender im Kreise der Schüler um den Stuttgarter Akademielehrer Adolf Hölzel emp-
fing er grundlegende Impulse, die er eigenwillig ausgebaut und erweitert schon in seiner
Wiener Zeit unterrichtend weitergab. Die Wiener Tätigkeit führte zur Berufung an das Bauhaus,
wo Itten auf Grund seiner Gestaltungslehre den Vorkurs schuf, der für die Schüler die Vor-
aussetzung zum weiteren Studium am Bauhaus bildete. Später setzte er seine Unterrichtsweise
in einer eigenen Kunstschule in Berlin fort, bis er an die Textilfachschule nach Krefeld berufen
wurde. Seine Tätigkeit endete hier, als er im Jahre 1938 in die Emigration nach Amsterdam ging.
Nach kurzer Zeit schon wurde er zum Leiter der Kunstgewerbeschule und des Kunstgewerbe-
museums in Zürich berufen. Nachdem Itten auch die Leitung der Textilfachschule in Zürich über-
tragen worden war, krönte er seine Tätigkeit als Institutsleiter und Museumsfachmann durch
den Aufbau des Zürcher Rietberg-Museums für außereuropäische Kunst.
Johannes Itten ist als Pädagoge weitreichend gewürdigt worden. Die Ergebnisse seiner Arbeit
hat er in dem 1930 erschienenen Tagebuch, in der 1961 veröffentlichten umfangreichen Publi-
kation „Kunst der Farbe“ und in dem 1963 herausgekommenen „Vorkurs am Bauhaus“ nieder-
gelegt. Der Maler Johannes Itten dagegen ist in der breiteren Öffentlichkeit weniger bekannt
geworden. Im Jahre 1957 richtete W. J. H. B. Sandberg dem Künstler die erste große Gesamt-
ausstellung im Stedelijk-Museum in Amsterdam ein. Als im vergangenen Jahr das künstlerische
Werk Ittens in einer Retrospektive des Kunsthauses Zürich dargestellt wurde, war es an der
Zeit, auch in unserem Land dem Maler Itten eine umfassende Präsentation zu widmen.
Daß es nicht möglich ist, die Malerei Ittens von seiner Erziehungsarbeit grundsätzlich zu tren-
nen, versteht sich von selbst. Seine Tätigkeit als Forscher, Denker und Experimentator, der
ständig nach neuen Möglichkeiten zur Erschließung gestalterischer Wege sucht, ist eng mit der
Entstehung des umfangreichen malerischen und graphischen Oeuvres verbunden, das bis
heute noch nicht abgeschlossen ist.
Allerdings ist dieses Werk, wenn man nach einem zeitlichen Kontinuum sucht, sprunghaft. Dies
ergibt sich einmal aus den häufig wechselnden Lebensstationen Ittens, zum anderen war der
Lehrer Itten durch den Unterricht und durch notwendige Verwaltungsarbeit zeitweise so stark
gebunden, daß die eigene schöpferische Arbeit zurückgestellt werden mußte. Es ist jedoch
charakteristisch für das künstlerische Werk Ittens, daß es stets die Ergebnisse des Pädagogen
und Forschers einschließt, ebenso, wie ihm der gestaltende Umgang mit der Farbe und dem
Zeichenstift half, seine Überlegungen und Erkenntnisse zu vertiefen, was wiederum den Schü-
lern zugute kam.
Man darf wohl sagen, daß Itten den entscheidenden Anstoß zu dem Entschluß, nach einem be-
reits abgeschlossenen Universitätsstudium freier Maler zu werden, durch die unmittelbare Be-
gegnung mit der Kunst, wie sie sich um das Jahr 1912 darbot, bekam. In Paris begegnete er
den Bildern der Kubisten, in München begeisterten ihn die Werke der Künstlergruppe „Blauer
Reiter“ und in Köln sah er die heute legendär anmutende Sonderbundausstellung.
 
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