Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heydemann, Heinrich [Hrsg.]
Illiupersis auf einer Trinkschale des Brygos — Berlin, 1866

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.854#0035
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
37

geflüchtet: beide umklammern daß götterbild; die eine sitzt auf dem altar, die andere ist an seinem fuß nidergesunken. nach
der letzteren strekt ein jugendlicher, mit chlamys und böotischem" heim schwertgehenk und lanze versehener krieger, in eile
folgend, beding seine linke auß; eß ist der lokrische Aias, welcher Kassandra one scheu und erfurcht von dem idol der göttin,
vom Palladion, wegreißen wird, nicht so der junge Griechenheld im gegenüber, der, mit langwallendem helmbusch und gegürteter
chlamys, die lange lanze und den runden schild zur erde gesetzt hatte und eben im gespräch mit der anderen tiefbetrübten')
flüchtigen frau begriffen war, als Kassandra vom Aias verfolgt dem orte nahte. Neoptolemos hat die gleichfals zum Palladion
geflohene Polyxene, im zu folgen, vergebens zu überreden versucht, sie aber gewaltsam fortzuschleppen scheute er sich; villeicht
ermutigt in daß beginnen des Aias, Polyxene gleichfals mit gewalt an sich zu reißen zum opfer für seinen gütlichen vater. den
schrekken, welchen die gotvergeßenheit der Griechenfürsten bei göttern und menschen erregt, gibt hier eine davoneilende priesterin
der heiligen statte kund; dort sitzt im höheren räum Athene in ernster nachdenklicher Stellung da, den blik auf ir entweihteß
bild gerichtet, dem Schänder ires heiligthums gerechte Vergeltung ersinnend, disen seenen des freveis und der Zerstörung
steht die rettung der frommen Aeneaden gegenüber, die vom schiksal bestirnt sind ein neueß mächtigereß reich zu gründen;
daß wir nicht wie sonst Aeneas mit dem vater auf den nakken und dem son an der band sehn, sondern nur den greisen An-
chises, der seinen enkel fortfürt, mag als küntlerische freiheit des vasenbildners gelten, der betonen wolte daß trotz den ge-
brechen des alters und der unerfarenheit der Jugend eben die frömigkeit und die gottesfurcht, welche von den sigern verletzt
werden, die flucht der besigten begünstigten und gelingen ließen, die mit einer binde geschmükte ionische stele, welche den
fortziehenden Aeneaden gegenüber steht, bezeichnet wol daß grabmal des Hektor, der für sein Vaterland kämpfend starb,
durch seinen tod aber Ilions Untergang beschleunigte — wenigstens zweifellos machte; denselben gedanken fanden wir ja auch
auf dem oxforder marmorrelief (Tafel II, 3 S. 31 f.) dargestelt.

Diß sind unter den erhaltenen Überresten der antiken kunst die mir bekant gewordenen darstellungen der Iliupersis;
ire, villeicht oft zu kurze öfters aber zu lange, beschreibung war nötig um die gedankenreiche composition und die schöne
Zeichnung der vuleentischen trinkschale des Brygos nach vollem verdienst würdigen und schützen zu können.

') die traurigkeit ires gesteht saußdruks wird durch die — in der Vasenmalerei sparsam und selten gezeichneten — stirnruuzeln bedeutend vermert:
vgl. auch die gefeßelten freunde Theseus und peirithoos auf einer Jatta'schen Vase (Aren. Ztg., 1S44, 15. Müller -Wieseler, Denkm. der K. II, GS, 862) u. a. m.

Zur Berichtigung.

Neben wenigen unbedeutenden drukfeleru ist auß versehn auf S. 1 seile 4 von unten die uotenziffer 14 hinter den worten: „die mitte i
naäldes lJ) uemen ein u.s.w." außgefalien und dafür ebd. zeile 1 von unten die notenzal 14 välmer in 15 umzuändern.
 
Annotationen