Musik und Liturgie. 71
M. Pf.
817 Tollius, Joh., motecta de dignitate et moribus sacerdotum über I.
Cantus. 4. Venetia, Äug. Gardanus, 1590. 100 —
10 ff. cf. Eitner, Quellenlexikon IX, p. 418.
318 Vesperale Romanum, novum, pro dominicis et festis in quo continen-
tur antiphonae, psalmi . . Tolosae 1760. Veau. 8 —
319 Vidal, A., les instruments ä archet. Les feseurs, les joueurs d’instru-
ments, leur hist. s. le cont. europ. suivi d’un catal. gön. de la musique
de chambre. Av. 122 pl. gr. ä l’eau forte par Fr. Hillemacher. 3 vols.
4. Paris 1876—78. Hfz. Vergriffen u. sehr selten. 275 —
320 Villetard, H., office de Pierre de Corbeil (Office de la circoncision).
Improprement appeld «Office des Fons». Texte et chant publiös
d’aprfes le ms. de Sens (XIIIe sifecle). Av. introd. et notes. Av.
4 planches. Paris 1907. 9 60
Bibliotheque musicologique IV.
321 Wagner, Richard, (1813—1883), das Liebesmahl der Apostel. Original-
Manuskript. 6 Blatt in Hoch-Folio. Die ersten vier Blatt, wovon die
letzte Seite frei, umfassen die vollständige Skizze des ganzen Werkes.
Blatt 5 und 6 bringen den Klavierauszug des vom Orchester begleiteten
Teiles in Reinschrift. Das Manuskript (29—31 Systeme) ist durch-
gängig von Wagners eigener Hand geschrieben und gewährt durch die
Art der Niederschrift und mancherlei Korrekturen einen interessanten
Einblick in die Art des Schaffens des Meisters. Seit langer Zeit dürfte
kein Manuskript Wagners von dieser Bedeutung in den Handel ge-
kommen sein. Es stammt aus Prag. Für die Echtheit desselben über-
nehme ich jede gewünschte Garantie. 12 500 —
Man weiß, daß auf Anregung des um das Dresdner Männergesangslebens hochver-
dienten Prof. Dr. Löwe im Sommer 1843 ein allgemeines Musikfest der sächsischen
Männerchöre in Dresden vorbereitet wurde, und daß Wagner auf Verlangen hierzu
eine Komposition: das „Liebesmahl der Apostel“ zugesichert hatte. Über die
Entstehungszeit ist bisher nichts weiter bekannt geworden, als was C. F. Glasenapp
in seiner klassischen Wagnerbiographie darüber berichtet hat. Er schreibt:
„Bei der stärksten, durch Reissigers Abwesenheit verdoppelten Dienstbeschäfti-
gung hatte er nun in 14 Tagen eine große ernste Arbeit zu liefern, zu der er-
sieh vorher noch die Dichtung verfassen mußte ... Es blieb ihm alsdann noch
übrig, seine anfänglich verschobene und endlich fast zu spät fertig gewordene
Arbeit noch einzustudieren . . . Am 6. Juli nachmittags begann das Fest mit
einer geistlichen Musikaufführung in der für solche Zwecke geeigneten „Frauen-
kirche“. Den Schluß bildete „das Liebesmahl der Apostel“, bei dessen glänzender
Aufführung besonders die „Stimmen aus der Höhe“ von hinreißender Wirkung
waren.“
An der Hand unseres Manuskriptes sind wir nun in der Lage, die Angaben Glasenapps
berichtigen zu können. In der Handschrift finden sich 3 Daten, die ein ganz
neues Licht auf die Entstehungszeit des Werkes werfen. Auf dem ersten Blatt
ist oben rechts der 14. Mai eingezeichnet, d. h. also der Tag, an dem Wagner
die Komposition begann. Bei dem Chor „Wir sind betrübt“ finden wir als
zweites Datum den 19. Mai und am Schluß den 16. Juni. Die Dichtung und der
musikalische Entwurf des Werkes sind also in der Zeit vom 14. Mai bis 16. Juni
vollendet worden. Wir dürfen daher annehmen, daß Wagner entweder den Text
schon gedichtet hatte, bevor er an die Komposition ging, oder daß er Dichtung
und Musik zugleich innerhalb dieser Zeit vollendete. Möglich wäre es auch, daß
er am 14. Mai nur den „Chor der Jünger“ fertig hatte, und den Rest der Dich-
tung in der Zeit vom 14. bis 19. Mai schuf. Darin hat allerdings Glasenapp
recht, daß dem zurzeit stark in Anspruch genommenen Meister nur wenig Zeit
zur Ausarbeitung der Skizze blieb, nämlich die Zeit vom 16. Juni bis 6. Juli,
in der obendrein noch das Ausschreiben der Stimmen und die Einstudierung des
Werkes zu erledigen waren.
Das Manuskript gewährt uns einen interessanten Einblick in das Schaffen des
Meisters. Es ist erstaunlich, mit welcher Sicherheit Wagner die Skizzen ent-
worfen hat. Im großen und ganzen ist der erste Entwurf maßgebend geblieben,
nur an wenigen Stellen sind durchgreifende Veränderungen vorgenommen worden.
Den Chor „Allmächt’ger Vater“ (Partitur S. 12), der ursprünglich „Gebet“ über-
schrieben war, hat er dreimal begonnen, bis er die richtige Fassung fand. Auch
der Übergang „Sende uns Deinen heiligen Geist“ (Part. 8. 13, IV. System u. ff.)
ist ihm nicht leicht geworden. 16 Takte hindurch werden mancherlei Modula-
tionen probiert, bis die Stelle feststeht (s. das Faksimile). Überall aber bedeutet
die vorgenommene Korrektur eine wesentliche Verbesserung. Wie lahm klingt
Karl W. Hiersemann in Leipzig, Königstrasse 29. Katalog 392.
M. Pf.
817 Tollius, Joh., motecta de dignitate et moribus sacerdotum über I.
Cantus. 4. Venetia, Äug. Gardanus, 1590. 100 —
10 ff. cf. Eitner, Quellenlexikon IX, p. 418.
318 Vesperale Romanum, novum, pro dominicis et festis in quo continen-
tur antiphonae, psalmi . . Tolosae 1760. Veau. 8 —
319 Vidal, A., les instruments ä archet. Les feseurs, les joueurs d’instru-
ments, leur hist. s. le cont. europ. suivi d’un catal. gön. de la musique
de chambre. Av. 122 pl. gr. ä l’eau forte par Fr. Hillemacher. 3 vols.
4. Paris 1876—78. Hfz. Vergriffen u. sehr selten. 275 —
320 Villetard, H., office de Pierre de Corbeil (Office de la circoncision).
Improprement appeld «Office des Fons». Texte et chant publiös
d’aprfes le ms. de Sens (XIIIe sifecle). Av. introd. et notes. Av.
4 planches. Paris 1907. 9 60
Bibliotheque musicologique IV.
321 Wagner, Richard, (1813—1883), das Liebesmahl der Apostel. Original-
Manuskript. 6 Blatt in Hoch-Folio. Die ersten vier Blatt, wovon die
letzte Seite frei, umfassen die vollständige Skizze des ganzen Werkes.
Blatt 5 und 6 bringen den Klavierauszug des vom Orchester begleiteten
Teiles in Reinschrift. Das Manuskript (29—31 Systeme) ist durch-
gängig von Wagners eigener Hand geschrieben und gewährt durch die
Art der Niederschrift und mancherlei Korrekturen einen interessanten
Einblick in die Art des Schaffens des Meisters. Seit langer Zeit dürfte
kein Manuskript Wagners von dieser Bedeutung in den Handel ge-
kommen sein. Es stammt aus Prag. Für die Echtheit desselben über-
nehme ich jede gewünschte Garantie. 12 500 —
Man weiß, daß auf Anregung des um das Dresdner Männergesangslebens hochver-
dienten Prof. Dr. Löwe im Sommer 1843 ein allgemeines Musikfest der sächsischen
Männerchöre in Dresden vorbereitet wurde, und daß Wagner auf Verlangen hierzu
eine Komposition: das „Liebesmahl der Apostel“ zugesichert hatte. Über die
Entstehungszeit ist bisher nichts weiter bekannt geworden, als was C. F. Glasenapp
in seiner klassischen Wagnerbiographie darüber berichtet hat. Er schreibt:
„Bei der stärksten, durch Reissigers Abwesenheit verdoppelten Dienstbeschäfti-
gung hatte er nun in 14 Tagen eine große ernste Arbeit zu liefern, zu der er-
sieh vorher noch die Dichtung verfassen mußte ... Es blieb ihm alsdann noch
übrig, seine anfänglich verschobene und endlich fast zu spät fertig gewordene
Arbeit noch einzustudieren . . . Am 6. Juli nachmittags begann das Fest mit
einer geistlichen Musikaufführung in der für solche Zwecke geeigneten „Frauen-
kirche“. Den Schluß bildete „das Liebesmahl der Apostel“, bei dessen glänzender
Aufführung besonders die „Stimmen aus der Höhe“ von hinreißender Wirkung
waren.“
An der Hand unseres Manuskriptes sind wir nun in der Lage, die Angaben Glasenapps
berichtigen zu können. In der Handschrift finden sich 3 Daten, die ein ganz
neues Licht auf die Entstehungszeit des Werkes werfen. Auf dem ersten Blatt
ist oben rechts der 14. Mai eingezeichnet, d. h. also der Tag, an dem Wagner
die Komposition begann. Bei dem Chor „Wir sind betrübt“ finden wir als
zweites Datum den 19. Mai und am Schluß den 16. Juni. Die Dichtung und der
musikalische Entwurf des Werkes sind also in der Zeit vom 14. Mai bis 16. Juni
vollendet worden. Wir dürfen daher annehmen, daß Wagner entweder den Text
schon gedichtet hatte, bevor er an die Komposition ging, oder daß er Dichtung
und Musik zugleich innerhalb dieser Zeit vollendete. Möglich wäre es auch, daß
er am 14. Mai nur den „Chor der Jünger“ fertig hatte, und den Rest der Dich-
tung in der Zeit vom 14. bis 19. Mai schuf. Darin hat allerdings Glasenapp
recht, daß dem zurzeit stark in Anspruch genommenen Meister nur wenig Zeit
zur Ausarbeitung der Skizze blieb, nämlich die Zeit vom 16. Juni bis 6. Juli,
in der obendrein noch das Ausschreiben der Stimmen und die Einstudierung des
Werkes zu erledigen waren.
Das Manuskript gewährt uns einen interessanten Einblick in das Schaffen des
Meisters. Es ist erstaunlich, mit welcher Sicherheit Wagner die Skizzen ent-
worfen hat. Im großen und ganzen ist der erste Entwurf maßgebend geblieben,
nur an wenigen Stellen sind durchgreifende Veränderungen vorgenommen worden.
Den Chor „Allmächt’ger Vater“ (Partitur S. 12), der ursprünglich „Gebet“ über-
schrieben war, hat er dreimal begonnen, bis er die richtige Fassung fand. Auch
der Übergang „Sende uns Deinen heiligen Geist“ (Part. 8. 13, IV. System u. ff.)
ist ihm nicht leicht geworden. 16 Takte hindurch werden mancherlei Modula-
tionen probiert, bis die Stelle feststeht (s. das Faksimile). Überall aber bedeutet
die vorgenommene Korrektur eine wesentliche Verbesserung. Wie lahm klingt
Karl W. Hiersemann in Leipzig, Königstrasse 29. Katalog 392.