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B. Miniaturmalerei.
von Kindeshand stammenden Eintrags, der vielleicht vor 300 Jahren geschrieben wurde:
am sudag (z)wanzig Dez / berim exodi in mainem / sexdyi ein (?) evgecli. . . / disi
psalm singen ... / ad dumminum (d. i. ad dominum).
Die Pracht-Initialen befinden sich, äusser im Eingang, auf Bl. 24, 39, 52a und b,
67, 85, 104, 111, 119. Der Buchstabe ist stets voll in Gold gemalt, mit wenig Innen-
zeichnung in schwarzen Linien. Er steht auf einem grünen Felde mit blauem Kern,
welches von einer schmalen gelblichen Leiste mit dünnen schwarzen Linien einge-
fasst ist. Der Innenraum wird in der Regel durch rot-weisse Bänder mit stumpfen,
eingekerbten Blatt-Endigungen (vom Aussehen einer Tatze, z. B. eines Katzenfusses)
ausgefüllt, Bandwerk, welches sich in ziemlich übersichtlicher Führung bewegt (in
Spiral-, Brezel- u. dgl. Motiven) und das Buchstabengerüst selbst nur ausnahmsweise
umschlingt (bei dem B der 1. Seite, wo auch das Tiergesicht auffällt). Das S, Bl. 67,
wird durch einen goldenen Drachen mit farbigen Windungen gebildet, das Q, Bl. 52,
mit Hilfe einer ähnlichen Tierfigur geschwänzt. Nicht minder reich gestaltet erscheint
das E< Bl. 75, mit seinem durchbrochenen und verflochtenen Gerüst. Die Ornamentik
hält sich wesentlich in den Traditionen des XIII. Jahrh. An den mittleren und
kleineren Initialen berührt sehr angenehm die vielfache Verwendung der grünen
Farbe, sei es bei dem Buchstaben selbst, oder bei den Ornamenten, die ihn ausfüllen,
oder den Rand entlang umgeben.
367 Psalterium ad usum monasterii ord. S. Clarae Ratisbonensis. Manu-
skript. 14. Jahrh. Auf Perg. 324 Bl. K1.-8. Holzlederband m. fragm.
Besohl. 1600 —
Fol. 1—17: Vigilien und Totengesänge. Fol. 18—23: Kalendarium. Fol. 24—244: Psal-
terium. Fol. 245—325: Landes, Hymni et Collectae.
Sehr schöne lateinische Handschrift deutscher Provenienz, deren Zuweisung zur Regens-
burger Diözese die Kalenderangaben zum 8. Jan. (Erhard) und 22. Sept. (Emmeran)
rechtfertigt. Fast sicher anzunehmen ist, dass das Psalterium für das berühmte
Klarissinnenkloster resp. für eine Schwester daselbst bestimmt war. Dies geht einer-
seits aus dem auf S. 244 befindlichen Gebet und den auf S. 276 b befindlichen Hymnus
an die hl. Klara hervor. Sehr interessant sind die gleichzeitigen handschriftlichen
Zutaten des Psalterium. Auf der Innenseite des Vorderdeckels befinden sich land-
wirtschaftliche und Gesundheitsregeln in deutscher Sprache. Auf Fol. 176 b eine drei-
zeilige Beschwörungsformel: „Jebssa mater laice misco misco memele dusti mosti
dichtiro. Eya smuscuz magret grus dich got Katrusca“. Auf dem oberen Rande der
meisten Blätter des Psalteriums sind in kurzen deutschen Auszügen die Szenen der
Passionsgeschichte verzeichnet, und zwar von derselben Hand, die sich auf Fol. 242b
und 243a in einem Explicit in Form eines 11 zeitigen Gedichtes als die des nicht
näher genannten Schreibers zu erkennen gibt.
Der Anfang des Gedichtes lautet:
„Hie endet sich der salter
Den lis in din alter
So mach din ende w(er)den gut
Vnd wird dine sele wol behüt“ etc.
Darauf folgen zwei deutsche Mariengebete von einer anderen, jedoch gleichzeitigen Hand.
Die Musikbeigaben der Hs. bestehen in vollseitigen Gesangstexten
der Vigilien und der Laudes auf Fol. 291b—324, ferner in den einseitigen Initien
im Hymnarium. An bildlichem Schmuck enthält das Psalterium 8
figurenreiche Miniaturinitialen mit Szenen aus der Passionsge-
schichte, reich in Farben auf leuchtendem Goldgrund von der Hand
eines Miniaturisten ausgeführt.
Von berufener Seite wurde mir bezüglich der vermutlichen Provenienz der Handschrift
noch mitgeteilt, dass vielleicht weniger Regensburg in Betracht kommt, da im Kalen-
darium der dortige Diözesenpatron, der H. Wolfgang, keinen Feiertag aufweist, als
vielmehr Augsburg, da der H. Ulrich als Feiertag eingetragen ist. Das Manuskript
besteht aus 2 Teilen, deren grösserer in einem Benediktinerkloster geschrieben ist;
der andere, kleinere Teil scheint jedoch in einem Franziskanerkloster entstanden zu
sein, und von hier dürfte auch der Hymnus für St. Klara stammen.
368 Psalterium vel Lectarionarum latinum. Prgt.-Hs. deutschen Ur-
sprungs aus d. XIV. Jahrh. m. 15 kunstvollen, farbigen u. vielen kleineren
Initialen; mit Zusatzblättern u. Einträgen aus d. XV. Jahrh. 198 BL,
z. T. mit Gebrauchsspuren. Lederüberzogener Holzband mit Blind-
pressungen und Schliessen. 8. Bl. 135 fehlt, ebenso 1 BL, aber späterer
Schrift, vorn vor BL 13, und dasjenige vor BL 19. Der alte Text umfasst
BL 22—187, vielleicht auch den Kalender. 1720 —
Inhalt:
1. Bl. 1—2: Deutsche und latein. Gedicht-Strophen geistlichen Inhalts.
2. Bl. 2a: Verschiedene Gebets-Anweisungen.
3. Bl. 2b: Längerer Eintrag, historisch noch zu würdigen, s. unten.
4. Bl. 3—9: Verzeichnis der Hauptfeste des Kirchenjahres mit Angabe der Kollekten
und Responsorien.
5. Bl. 10: Hymnus Aeterne rex conditor; 11—12a: deutsche Prosa-Gebete.
6. Bl. 12b: „Responsorium“, kalligraphisch, mit der Unterschrift: bittet got für den schriber.
7. Bl. 13a: Latein. Gebet in schöner, aber nicht ganz ursprünglicher Kalligraphie (XV. Jh.).
8. Bl. 13b—18: Kalender, wohl zum ursprünglichen Bestand gehörend.
Karl W. Hiersemann in Leipzig, Königstrasse 29. Katalog 442.
B. Miniaturmalerei.
von Kindeshand stammenden Eintrags, der vielleicht vor 300 Jahren geschrieben wurde:
am sudag (z)wanzig Dez / berim exodi in mainem / sexdyi ein (?) evgecli. . . / disi
psalm singen ... / ad dumminum (d. i. ad dominum).
Die Pracht-Initialen befinden sich, äusser im Eingang, auf Bl. 24, 39, 52a und b,
67, 85, 104, 111, 119. Der Buchstabe ist stets voll in Gold gemalt, mit wenig Innen-
zeichnung in schwarzen Linien. Er steht auf einem grünen Felde mit blauem Kern,
welches von einer schmalen gelblichen Leiste mit dünnen schwarzen Linien einge-
fasst ist. Der Innenraum wird in der Regel durch rot-weisse Bänder mit stumpfen,
eingekerbten Blatt-Endigungen (vom Aussehen einer Tatze, z. B. eines Katzenfusses)
ausgefüllt, Bandwerk, welches sich in ziemlich übersichtlicher Führung bewegt (in
Spiral-, Brezel- u. dgl. Motiven) und das Buchstabengerüst selbst nur ausnahmsweise
umschlingt (bei dem B der 1. Seite, wo auch das Tiergesicht auffällt). Das S, Bl. 67,
wird durch einen goldenen Drachen mit farbigen Windungen gebildet, das Q, Bl. 52,
mit Hilfe einer ähnlichen Tierfigur geschwänzt. Nicht minder reich gestaltet erscheint
das E< Bl. 75, mit seinem durchbrochenen und verflochtenen Gerüst. Die Ornamentik
hält sich wesentlich in den Traditionen des XIII. Jahrh. An den mittleren und
kleineren Initialen berührt sehr angenehm die vielfache Verwendung der grünen
Farbe, sei es bei dem Buchstaben selbst, oder bei den Ornamenten, die ihn ausfüllen,
oder den Rand entlang umgeben.
367 Psalterium ad usum monasterii ord. S. Clarae Ratisbonensis. Manu-
skript. 14. Jahrh. Auf Perg. 324 Bl. K1.-8. Holzlederband m. fragm.
Besohl. 1600 —
Fol. 1—17: Vigilien und Totengesänge. Fol. 18—23: Kalendarium. Fol. 24—244: Psal-
terium. Fol. 245—325: Landes, Hymni et Collectae.
Sehr schöne lateinische Handschrift deutscher Provenienz, deren Zuweisung zur Regens-
burger Diözese die Kalenderangaben zum 8. Jan. (Erhard) und 22. Sept. (Emmeran)
rechtfertigt. Fast sicher anzunehmen ist, dass das Psalterium für das berühmte
Klarissinnenkloster resp. für eine Schwester daselbst bestimmt war. Dies geht einer-
seits aus dem auf S. 244 befindlichen Gebet und den auf S. 276 b befindlichen Hymnus
an die hl. Klara hervor. Sehr interessant sind die gleichzeitigen handschriftlichen
Zutaten des Psalterium. Auf der Innenseite des Vorderdeckels befinden sich land-
wirtschaftliche und Gesundheitsregeln in deutscher Sprache. Auf Fol. 176 b eine drei-
zeilige Beschwörungsformel: „Jebssa mater laice misco misco memele dusti mosti
dichtiro. Eya smuscuz magret grus dich got Katrusca“. Auf dem oberen Rande der
meisten Blätter des Psalteriums sind in kurzen deutschen Auszügen die Szenen der
Passionsgeschichte verzeichnet, und zwar von derselben Hand, die sich auf Fol. 242b
und 243a in einem Explicit in Form eines 11 zeitigen Gedichtes als die des nicht
näher genannten Schreibers zu erkennen gibt.
Der Anfang des Gedichtes lautet:
„Hie endet sich der salter
Den lis in din alter
So mach din ende w(er)den gut
Vnd wird dine sele wol behüt“ etc.
Darauf folgen zwei deutsche Mariengebete von einer anderen, jedoch gleichzeitigen Hand.
Die Musikbeigaben der Hs. bestehen in vollseitigen Gesangstexten
der Vigilien und der Laudes auf Fol. 291b—324, ferner in den einseitigen Initien
im Hymnarium. An bildlichem Schmuck enthält das Psalterium 8
figurenreiche Miniaturinitialen mit Szenen aus der Passionsge-
schichte, reich in Farben auf leuchtendem Goldgrund von der Hand
eines Miniaturisten ausgeführt.
Von berufener Seite wurde mir bezüglich der vermutlichen Provenienz der Handschrift
noch mitgeteilt, dass vielleicht weniger Regensburg in Betracht kommt, da im Kalen-
darium der dortige Diözesenpatron, der H. Wolfgang, keinen Feiertag aufweist, als
vielmehr Augsburg, da der H. Ulrich als Feiertag eingetragen ist. Das Manuskript
besteht aus 2 Teilen, deren grösserer in einem Benediktinerkloster geschrieben ist;
der andere, kleinere Teil scheint jedoch in einem Franziskanerkloster entstanden zu
sein, und von hier dürfte auch der Hymnus für St. Klara stammen.
368 Psalterium vel Lectarionarum latinum. Prgt.-Hs. deutschen Ur-
sprungs aus d. XIV. Jahrh. m. 15 kunstvollen, farbigen u. vielen kleineren
Initialen; mit Zusatzblättern u. Einträgen aus d. XV. Jahrh. 198 BL,
z. T. mit Gebrauchsspuren. Lederüberzogener Holzband mit Blind-
pressungen und Schliessen. 8. Bl. 135 fehlt, ebenso 1 BL, aber späterer
Schrift, vorn vor BL 13, und dasjenige vor BL 19. Der alte Text umfasst
BL 22—187, vielleicht auch den Kalender. 1720 —
Inhalt:
1. Bl. 1—2: Deutsche und latein. Gedicht-Strophen geistlichen Inhalts.
2. Bl. 2a: Verschiedene Gebets-Anweisungen.
3. Bl. 2b: Längerer Eintrag, historisch noch zu würdigen, s. unten.
4. Bl. 3—9: Verzeichnis der Hauptfeste des Kirchenjahres mit Angabe der Kollekten
und Responsorien.
5. Bl. 10: Hymnus Aeterne rex conditor; 11—12a: deutsche Prosa-Gebete.
6. Bl. 12b: „Responsorium“, kalligraphisch, mit der Unterschrift: bittet got für den schriber.
7. Bl. 13a: Latein. Gebet in schöner, aber nicht ganz ursprünglicher Kalligraphie (XV. Jh.).
8. Bl. 13b—18: Kalender, wohl zum ursprünglichen Bestand gehörend.
Karl W. Hiersemann in Leipzig, Königstrasse 29. Katalog 442.