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Antiquariat und Autographenhandlung Heinrich Hinterberger
Katalog: Einblattdrucke und Flugschriften des 15.-19. Jahrhunderts: Interessante alte Bücher — Wien: Antiquariat und Autographenhandlung Heinrich Hinterberger, Nr. 19.[1937?]

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https://doi.org/10.11588/diglit.69767#0059
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Musik

57

DREI VERSCHOLLENE ERSTDRUCKE MOZART’SCHER KINDERLIEDER
Sehnsucht nach dem Frühling („Komm, lieber May . . .”) — Dankes-
empfindung gegen den Schöpfer des Frühlings („Erwacht zum neuen
Leben . . .”) — Das Kinderspiel „W i r Kinder, wir schmecken . . .”)
in:
662 Liedersammlung / für / Kinder und Kinderfreunde / am Cla-
vier. / Frühlingslieder. / Vignette: Eine Dame am Klavier,
umgeben von 6 musizierenden Kindern. Ch. Sambach del. — C 1. K o h 1
sc. / Wien, / gedruckt bey Ignatz Alberti, k. k. priv. Buch-
drucker. MDCCXCL / 1791. Kl.-qu.-fol. 4 nn. Bll. (Titel, 2 Bll. Dedi-
cation des Herausgebers Placidus Partsch an Erzherzog Franciscus u.
Erzherzogin Theresia, 1 Bl. mit Untertitel: Lieder für den Früh-
ling. / (auf dessen Rückseite die gestochene Musik zum ersten Lied),
30 mit röm. Ziffern nummerierte Blätter, auf deren Vorderseiten der Text
der Lieder in Buchdruck und a. d. Rückseiten die Noten zum gegenüber-
liegenden Liede in Kupferstich. Alter weicher Papp-Umschlag. Am Titel
ein kleiner unbedeutender Braunfleck, sonst tadelloses Ex. 850.—
Die nachfolgende Beschreibung verdanken wir Herrn Prof. O. E. Deutsch, der
uns seine im Drucke befindliche Arbeit über die vorliegende Erstausgabe zur Verfü-
gung stellte.
Unter den Liedern Mozarts ist neben dem Veilchen nur sein ,,K omm, lieber
M a i” volkstümlich geworden. Es ist ein Kinderlied wie die beiden anderen Frühlings-
lieder, die in diesem Hefte nicht zufällig damit vereinigt worden sind. Mozart hat sie in
Wien, vor dem Titus und der Zauberflöte, am selben Wintertage seines letzten Lebens-
jahres geschrieben: 14. Januar 1791. In dem eigenhändigen Verzeichnisse seiner letzten
Werke stehen sie unter der gemeinsamen Nummer 124 und es war schon aufgefallen,
daß die dort zitierten Anfangsthemen nicht ganz mit der geläufigen Fassung dieser Stücke
übereinstimmen. Die Handschriften sind nämlich frühzeitig spurlos verlorengegangen, so-
daß dem Erstdruck urkundliche Bedeutung zukam. Aber auch dieser Erstdruck,, der noch
zu Mozarts Lebzeiten erschienen war, ist bisher unauffindbar gewesen. So konnte Prof.
O. E. Deutsch in der mit Cecil B. Öldman verfaßten Liste aller von Mozart selbst be-
sorgten Originalausgaben (Zeitschrift für Musikwissenschaft, Leipzig, Dezember 1931) bei
diesen drei Liedern nur die Alternative aussprechen, daß sie in der Abteilung Früh-
lingslieder oder Sommerlieder einer Wiener Sammlung von Kinderliedern erschienen seien,
die —den Jahreszeiten entsprechend — auf vier Hefte angelegt war. Nur die Winter-
lieder dieser Liedersammlung für Kinder und Kinderfreunde am Klavier, die wahrschein-
lich zuerst erschienen, sind in Mozarts Nachlaß vorhanden gewesen und ein Exemplar da-
von hat sich im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde erhalten; aber dieses Sam-
melheft enthält unter dreißig Winterliedern von Wenzel Müller, Wanhal, Henneberg u. a.
keinen Beitrag von Mozart. Ob das Sommer- und das Herbstheft überhaupt noch erschie-
nen waren, ergab sich nachträglich aus dem Katalog der Wiener Cimarosa-Ausstellung
von 1901, wo sie unter Nr. 360 aus dem Besitz des Fräuleins Julie Wertheimer in Wien
zu sehen waren, ohne daß man ihre Bedeutung damals erkannt hätte. Leider besaß die
Dame das Heft vor mehreren Jahren nicht mehr; sie hatte es offenbar ahnungslos weiter-
gegeben. Und so war beinahe jede Hoffnung geschwunden, es noch einmal wiederzufin-
den. Denn in keiner öffentlichen Bibliothek war es nachzuweisen und auch die pädag-
ogischen Archive, in denen man Kinderschriften suchen kann, versagten in diesem Falle.
Bald darauf aber hat — angeregt durch jene Liste — ein anderer Wiener Sammler das ge-
suchte Frühlingsheft aus dem Nachlaß eines Musikpädagogen erstanden, der es vielleicht
von Fräulein Wertheimer bekommen hat. Außer unserem Exemplar scheint also nur noch
ein Exemplar bekannt zu sein.
Dieses Heft enthält also unter dreißig Frühlingsliedern verschiedener Wiener Kom-
ponisten die drei gesuchten Kinderlieder von Mozart in der authen-
tischen Fassung, die völlig in Vergessenheit geraten war.
Das auf den Titel folgende Blatt trägt folgende Widmung: IHREN KÖNIGLICHEN
HOHEITEN / FRANCISCUS UND THERESIA, / ERZHERZOGEN OESTERREICHS, / WID-
MET MIT TIEFSTER EHRFURCHT / DIESE VIER BAENDCHEN LIEDER UEBER DIE
VIER JAHRESZEITEN / DER UNTERTHAENIGST GEHORSAMSTE HERAUSGEBER / PLA-
CIDUS PARTSCH. I Von diesem sonst unbekannten Herausgeber, der schon unter den
Textdichtern der Winterlieder erscheint, stammt wohl auch das auf dem dem Widmungs-
blatte folgenden Blatte stehende vierstrophige Widmungsgedicht. Erzherzog Franz, der
spätere Kaiser, hatte seine musikliebende Cousine Maria Theresia von Sizilien am 19. Sept.
1790 als zweite Gemahlin heimgeführt. Mozart aber hatte schon Anfang Mai 1790 die Für-
sprache des Erzherzogs beim Kaiser erbeten, als er zweiter Hofkapellmeister und Kla-
vierlehrer der jüngeren Prinzen werden wollte.
Nach dem Zwischentitel LIEDER FUER DEN FRUEHLING folgt als erster Beitrag
gleich der beste: MOZART’S SEHNSUCHT NACH DEM FRUEHLING „Komm, lieber

Antiquariat H. Hinterberger, Wien I, Hegelgasse 17
 
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