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Hirschfelder, Dagmar
Tronie und Porträt in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts — Berlin: Mann, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.47555#0321
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Der Einfluss des Bildtyps Tronie auf die Porträtmalerei

293

CHATSTIRä rTA A.K.S,T. A.S.T.X.A.


AT Elr TA. A-S.L.T A.S.T.L.A.


Abb. 62 Crispijn van de Passe II., Chaniretta und Atteleta, Kupferstich (aus Les Vrais Pourtraits de quelques unes des plus grandes
Dames de la Chrestiente, desguisees en Berger es, Amsterdam 1640) [Kat. 369]

konstatiert. Diana de Marly leitet aus den entspre-
chenden Äußerungen in Verbindung mit dem Bild-
befund derselben Periode das Bedürfnis der Zeitge-
nossen ab, ihren Porträts einen zeitlosen Charakter
zu verleihen.137 Die Autorin differenziert grund-
sätzlich zwischen zwei Möglichkeiten, um sich den
Vorgaben der aktuellen Mode zu entziehen: »the ro-
mantic approach, and the classical approach.«138 Die
erste Form zeitloser Kleidung sieht de Marly in van
Dycks Bildnissen englischer Auftraggeberinnen ver-
wirklicht, die der Maler dem Zeitgenossen William
Sanderson zufolge in einer als »careless Romance«139
zu umschreibenden Weise kostümierte. Der von van

137 Marly 1975; Marly 1978; Marly 1980.
138 Marly 1980, S. 271.
139 Sanderson, William: Graphice or, The use of the Pen and
Pensill, in Designing, Drawing, and Painting. London 1658,
S. 39, zit. nach Gordenker 2001, S. 51, S. 112, Anm. 1. Zu
van Dycks »Careless Romance« vgl. jüngst Gordenker
2001, bes. S. 9-25, 51-66. Gordenker zufolge erschöpft sich
das mit van Dycks »Careless Romance« verbundene Kon-
zept nicht im Postulat der Zeitlosigkeit; vielmehr drücken die
Kostüme die Zugehörigkeit der Dargestellten zur höfischen

Dyck geprägte Trend der Darstellung von Auftrag-
gebern in informeller Kleidung bzw. im >undress<140
wurde in den Nördlichen Niederlanden, wie schon
erwähnt, ab den vierziger Jahren übernommen.141 Zu
der entsprechenden Mode zählt auch der häufig für
männliche Bildnisse verwandte japanische Rock.142
Neben der »romantischen Variante< betrachtet de
Marly die Einkleidung in ein römisches bzw. pseu-
do-römisches Gewand als weitere Möglichkeit zeit-
loser Darstellung im Porträt. Auf die seit den 1640er
Jahren in den Nördlichen Niederlanden verbreiteten
Bildnisse in einer tronieähnlichen Kostümierung
geht die Autorin nicht ein. Ihre These, dass eine nicht
Gesellschaft aus, dokumentieren den Geschmack dieser Ge-
sellschaft und beinhalten höfische Vorstellungen vom Ideal
weiblicher Schönheit und männlicher Tugend (bes. S. 24f.).
140 Marly 1980, S. 276.
141 Vgl. oben, Kap. IV.2.2.2.
142 Zur Verwendung dieses Kleidungsstücks in der Porträtmale-
rei vgl. Lubberhuizen-van Gelder 1947/1949; Marly 1980,
S. 272; Kettering 1997, S. 46f.; Winkel 1998/98, S. 95; dies,
in Kat. Amsterdam 2002/03, S. 96f.; Winkel 2005, S. 56f.
 
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