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Hirschler & Comp. [Editor]
Der wertvolle künstlerische Nachlass des Herrn Carl Lafite (geb. 4. Juni 1830, gest. 22. Oktober 1900): Ölgemälde, Aquarelle, Zeichnungen; herrliche fertige Natur-Aufnahmen aus Oesterreichs und Bayerns Alpenländern (namentlich Salzkammergut), Donau-Gegenden, Wien (Prater) und Umgebung, Motive aus Nieder-Oesterreich, Böhmen, Mähren, sowie aus Ungarn und Kroatien; Versteigerung: Dienstag, 16. Dezember 1902 und die folg. Tage — Wien, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.36851#0005
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DER NACHLASS CARL LAFITES.

Aus jeder Nachlaßausstellung kann der
Kunstfreund Neues lernen, weil sich ihm
da die innerste Werkstatt eines Künstlers
öffnet; je ernster und verschlossener der
Mensch war, dessen geistiges Leben so der
Welt geoffenbart wird, um so eindringlicher
und überraschender sind die Aufschlüsse,
die man erhält. Mit ganz eigenartigen Em-
pfindungen habe ich die Studienmappen
Carl Lafites durchgenommen, deren Inhalt
jetzt zur Schau gestellt und zum Verkaufe
ausgeboten werden soll. Ich sah den stillen,
zurückhaltenden Mann wieder, wie er un-
auffällig inmitten seiner Kunstgenossen
dahinging; ich sah seine Bilder, die still
und bescheiden, wie ihr Schöpfer, unter
den anderen hingen, gerade und ehrlich
dreinsehend; es war, wie wenn sie vor
nichts so sehr sich hüten würden, wie vor
der Anklage, zu laut zu sein. Statt dieser
reservierten Bilder kommen nun die Zeich-
nungen, Aquarelle, Olstudien zutage, auf
denen sie aufgebaut worden sind, und nun
sehen wir die Grundlagen, auf denen die
künstlerische Tätigkeit Lafites basiert war.
Ist das wirklich ein Wiener Maler aus der
Zeit, von der man heute oft sagt, sie sei
leer und ohne Kunstsinn gewesen, die
Maler hätten schematisch und gedankenlos
nach gegebenen Schablonen gearbeitet —
jener Zeit, auf welche die glorreiche Gegen-
wart so gerne geringschätzig zurückblickt ?
Es ist ja völlig ein Dogma geworden, daß
Wien bis vor ganz kurzer Zeit, bis die neue
Kunst erfunden wurde, in der europäischen
Kunstgeschichte nicht mitgezählt hat, und
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