Kritiken.
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handelt und der Verfasser ein reiches, noch ungedrucktes archivalisches
Material verwertet. Es genüge hervorzuheben, dass L. sich im all-
gemeinen grösserer Zurückhaltung und Vorsicht befleisst, als es in
manchen seiner früheren Schriften der Fall war. Immerhin hält er
an seiner Ansicht von dem zeitlichen Vorrange des Bürgermeister-
amtes vor dem Rate (p. 162) sowie an seiner Konstruktion eines
uralten Handelsbündnisses mehrerer niederrheinischen Städte fest
(p. 35, 39, 577), ohne jedoch für diese mit guten Gründen ange-
fochtenen Aufstellungen neue Beweise beizubringen. Kann man also
das verfassungsgeschichtliche Ergebnis, und damit die Hauptsache,
nicht als besonders befriedigend bezeichnen, so ist doch zu erwähnen,
dass in andern Abschnitten manche lehrreiche Mitteilung enthalten ist,
und es sind diesem Sinne namentlich die Kapitel über die Clevischen
Städtesteuern (p. 340 ff.), das künstlerische und litterarische Wirken,
das Schulwesen (p. 435 ff.), über die Finanzgeschichte Kalkars (p. 466 ff.),
die Geschichte der Wollindustrie (p. 620 ff.) anzuführen. Alles in
Allem ein Buch, dessen Drittel, kurz und klar geschrieben, nützlicher
und erfolgreicher gewesen wäre, als das zerflossene, unübersichtliche
Ganze.
Wien. Karl Uhlirz.
E. R. Daenell, Geschichte der deutschen Hanse in der zweiten
Hälfte des 14. Jahrhunderts. Leipzig, B. G. Teubner 1897.
XH u. 210. 8 M.
Der Verfasser ist schon vor mehreren Jahren mit einer tüchtigen
Arbeit über die „Köln. Konföderation von 1367 und die schonischen
Pfandschaften“ hervorgetreten. Das vorliegende Buch schliesst an
jene Erstlingsarbeit an, schildert, im wesentlichen auf letztere und
die Vorarbeiten älterer Hanseforscher gestützt, in einer Einleitung
die Stellung der Hansestädte in der zweiten Hälfte des 14. Jahr-
hunderts bis 1385, um dann zu einer ausführlicheren Behandlung der
hansischen Geschichte in den letzten 15 Jahren des Jahrhunderts
überzugehen. Darnach hätte dem Titel des Buches füglich wohl eine
etwas engere Fassung gegeben werden müssen.
Auf der breiten Grundlage des kompakten, vortrefflich geord-
neten Materials der hansischen Aktenpublikationen, der Hanserezesse,
des Urkundenbuchs und der Geschichtsquellen, eine darstellende Ge-
schichte der Hanse zu schreiben, ist gewiss eine lockende Aufgabe,
gewiss aber auch schwerer, als dem ersten Blick erscheinen möchte.
Im allgemeinen hat Daenell m. E. die Klippen, an der eine solche
Darstellung scheitern könnte, glücklich vermieden; unnütze Breite
und Versenken ins Detail, wozu das umfängliche Material leicht ver-
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handelt und der Verfasser ein reiches, noch ungedrucktes archivalisches
Material verwertet. Es genüge hervorzuheben, dass L. sich im all-
gemeinen grösserer Zurückhaltung und Vorsicht befleisst, als es in
manchen seiner früheren Schriften der Fall war. Immerhin hält er
an seiner Ansicht von dem zeitlichen Vorrange des Bürgermeister-
amtes vor dem Rate (p. 162) sowie an seiner Konstruktion eines
uralten Handelsbündnisses mehrerer niederrheinischen Städte fest
(p. 35, 39, 577), ohne jedoch für diese mit guten Gründen ange-
fochtenen Aufstellungen neue Beweise beizubringen. Kann man also
das verfassungsgeschichtliche Ergebnis, und damit die Hauptsache,
nicht als besonders befriedigend bezeichnen, so ist doch zu erwähnen,
dass in andern Abschnitten manche lehrreiche Mitteilung enthalten ist,
und es sind diesem Sinne namentlich die Kapitel über die Clevischen
Städtesteuern (p. 340 ff.), das künstlerische und litterarische Wirken,
das Schulwesen (p. 435 ff.), über die Finanzgeschichte Kalkars (p. 466 ff.),
die Geschichte der Wollindustrie (p. 620 ff.) anzuführen. Alles in
Allem ein Buch, dessen Drittel, kurz und klar geschrieben, nützlicher
und erfolgreicher gewesen wäre, als das zerflossene, unübersichtliche
Ganze.
Wien. Karl Uhlirz.
E. R. Daenell, Geschichte der deutschen Hanse in der zweiten
Hälfte des 14. Jahrhunderts. Leipzig, B. G. Teubner 1897.
XH u. 210. 8 M.
Der Verfasser ist schon vor mehreren Jahren mit einer tüchtigen
Arbeit über die „Köln. Konföderation von 1367 und die schonischen
Pfandschaften“ hervorgetreten. Das vorliegende Buch schliesst an
jene Erstlingsarbeit an, schildert, im wesentlichen auf letztere und
die Vorarbeiten älterer Hanseforscher gestützt, in einer Einleitung
die Stellung der Hansestädte in der zweiten Hälfte des 14. Jahr-
hunderts bis 1385, um dann zu einer ausführlicheren Behandlung der
hansischen Geschichte in den letzten 15 Jahren des Jahrhunderts
überzugehen. Darnach hätte dem Titel des Buches füglich wohl eine
etwas engere Fassung gegeben werden müssen.
Auf der breiten Grundlage des kompakten, vortrefflich geord-
neten Materials der hansischen Aktenpublikationen, der Hanserezesse,
des Urkundenbuchs und der Geschichtsquellen, eine darstellende Ge-
schichte der Hanse zu schreiben, ist gewiss eine lockende Aufgabe,
gewiss aber auch schwerer, als dem ersten Blick erscheinen möchte.
Im allgemeinen hat Daenell m. E. die Klippen, an der eine solche
Darstellung scheitern könnte, glücklich vermieden; unnütze Breite
und Versenken ins Detail, wozu das umfängliche Material leicht ver-